Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 15. November 1999 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 71 der Bauordnung für Wien (BO) auf jederzeitigen Widerruf die Bewilligung erteilt, auf einer näher genannten Liegenschaft unter Einbeziehung des bestehenden Sommerhauses ein ebenerdiges Kleinhaus mit ausgebautem Dachgeschoss und teilweiser Unterkellerung in Holzkonstruktion zu errichten.
Mit dem beim Magistrat der Stadt Wien am 7. Juli 2000 eingelangten Ansuchen begehrte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 70 BO für einen Planwechsel und einen Zubau. Der Einreichung waren auch Nachbarerklärungen angeschlossen, gegen die Bauführung keinen Einwand zu erheben. Die Nachbarn zogen diese Erklärungen in der Folge zurück.
Mit Bauansuchen vom 22. Jänner 2001 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 71 BO für ein Sommerhaus. Diesem Ansuchen waren Baupläne und ein Auswechslungsplan angeschlossen. Zum Gegenstand "Ansuchen um Planwechselbewilligung gemäß § 71 BO für Wien" fand am 20. Juni 2001 eine mündliche Verhandlung statt. Dabei gaben die Nachbarn zu Protokoll, nach § 71 BO keinesfalls zuzustimmen. Sie machten Verletzungen des Abstandes zur Grundgrenze, der Gebäudehöhe und der Fluchtlinien geltend.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 7. August 2001 wurde gemäß "§§ 70, 71 und 73 der Bauordnung für Wien" die Bewilligung versagt, näher genannte Zubauten und Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben durchzuführen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2002 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen und der Bescheid vom 7. August 2001 mit der Maßgabe bestätigt, "dass sich die Versagung auf die §§ 71 und 73 der Bauordnung für Wien gründet". In der Bescheidbegründung legte die belangte Behörde dar, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich bloß einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für das gegenständliche Vorhaben nach § 71 BO eingebracht habe. Die Versagung der Baubewilligung nach § 70 BO sei daher ohne zu Grunde liegenden Antrag erfolgt, weshalb der Spruch entsprechend abzuändern gewesen sei. Vom Beschwerdeführer werde weder in Abrede gestellt, dass es sich um ein auf Dauer ausgerichtetes Bauvorhaben handle (dies stehe auch nach dem Umfang und dem Charakter der Baumaßnahmen außer Zweifel), noch werde von ihm das Vorliegen eines Ausnahmegrundes geltend gemacht, der die Erteilung einer Baubewilligung nach § 71 BO sachlich rechtfertigen würde. Schon allein aus diesen Gründen sei die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 71 BO rechtlich unzulässig. Außerdem setze eine Bewilligung nach § 71 BO die ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung der durch die Baubewilligung betroffenen Nachbarn voraus. Da die Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Freihaltung der ihnen zugekehrten gärtnerisch auszugestaltenden Grundfläche hätten, habe die Baubehörde erster Instanz in Anbetracht der Verweigerung der Zustimmung der Nachbarn zu Recht die Baubewilligung gemäß § 71 BO versagt, weil die entsprechende Ausgestaltung im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Zutreffend seien weiters die Ausführungen der Baubehörde erster Instanz, dass bei einer Baubewilligung nach § 71 BO im Gegensatz zu einer definitiven Baubewilligung nach § 70 BO die Ausnahmeregelung des § 69 BO nicht zur Anwendung komme. Das gegenständliche Bauvorhaben stelle im Übrigen auf Grund der Vergrößerung der Kubatur und der bebauten Fläche sowie des Umfanges der baulichen Änderungen im Inneren des Gebäudes ein aliud gegenüber dem mit Bescheid vom 15. November 1999 bewilligten Bauvorhaben dar. § 73 BO (betreffend Planwechselbewilligung) sei daher nicht anwendbar.
Mit Schreiben vom 30. September 2002 legte der Beschwerdeführer dar, dass die Einreichung vom 6. Juli 2000 (gemeint offenbar das am 7. Juli 2000 beim Magistrat eingelangte, undatierte Ansuchen) eine reine "Änderungsplanung" betreffe, zu der die Zustimmung der Anrainer eingeholt und beigelegt worden sei. Darüber hinaus unterscheide sich die "Änderungsplanung" in diversen Punkten von der Einreichung vom 23. Jänner 2001, über die mit dem Bescheid vom 7. August 2001 entschieden worden sei. Der Beschwerdeführer beantragte ausdrücklich eine Entscheidung hinsichtlich der "Änderungsplanung".
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. November 2002 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Baubewilligung für Abweichungen vom bewilligten Bauplan und Zubau gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid änderte die belangte Behörde den Bescheid vom 22. November 2002 dahingehend ab, dass das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 7. Juli 2000 um Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung von Zubauten und zur Abweichung von dem mit Bescheid vom 15. November 1999 bewilligten Bauvorhaben hinsichtlich des Kleinhauses mit ausgebautem Dachgeschoss und Unterkellerung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen wurde. Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, dass die Bauansuchen vom 7. Juli 2000 und vom 22. Jänner 2001 hinsichtlich des Hauptgebäudes nur in unwesentlichen Punkten voneinander abwichen, die keine vom Bescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2001 abweichende Entscheidung zuließen. Die Summe der geplanten Baumaßnahmen beider Bauvorhaben bezwecke die Herstellung eines aliud gegenüber der Baubewilligung vom 15. November 1999, welches auf Grund der Ausführungen in der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 13. Februar 2002, insbesondere wegen des Widerspruches der Bauvorhaben zu den Bau- und Bebauungsvorschriften, nicht bewilligungsfähig sei. Die Sachlage habe sich hinsichtlich der Nichteinhaltung der relevanten Bebauungsbestimmungen und Bauvorschriften nicht geändert. Die Verletzung von Nachbarrechten auf Freihaltung der gärtnerisch auszugestaltenden Teile der Liegenschaft gelte umso mehr für ein Bauansuchen nach § 70 der Bauordnung für Wien. Eine Ausnahmebewilligung nach § 69 der Bauordnung für Wien komme ebenfalls nicht in Betracht, da das Bauansuchen der Zielrichtung des zu Grunde liegenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes widerspreche, zumal sich das Gebäude zur Gänze auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Grundfläche befinde. Außerdem sei aktenkundig, dass die Nachbarn ihre Zustimmungserklärungen zurückgezogen hätten. Hinsichtlich des Hauptgebäudes liege somit zweifelsfrei res iudicata vor, da sich gegenüber der Entscheidung der belangten Behörde vom 13. Februar 2002 (betreffend das Bauansuchen vom 22. Jänner 2001) die Sach- und Rechtslage nicht in wesentlichen Punkten unterscheide und sich keine im Ergebnis anderslautende Entscheidung herbeiführen ließe. Hinsichtlich eines (näher genannten) Nebengebäudes liege jedoch im Hinblick auf die Trennbarkeit des Bauvorhabens keine res iudicata vor, da dieses Nebengebäude nicht Gegenstand des Bauansuchens vom 22. Jänner 2001 gewesen sei. Darüber habe die Baubehörde erster Instanz inhaltlich abzusprechen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Zurückweisung damit begründet, dass im Hinblick auf ihren Bescheid vom 13. Februar 2002 res iudicata vorliege.
In der Begründung des Bescheides vom 13. Februar 2002 hat die belangte Behörde ausdrücklich dargelegt, dass der Beschwerdeführer bloß einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung nach § 71 BO eingebracht habe. Soweit mit dem Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 7. August 2001 die Versagung der Baubewilligung auch auf § 70 BO gestützt worden war, hat die belangte Behörde diese Entscheidung ausdrücklich deshalb behoben, weil dem kein Antrag zu Grunde gelegen sei.
Damit steht jedenfalls fest, dass die belangte Behörde mit dem Bescheid vom 13. Februar 2002 nicht über das Bauansuchen vom 7. Juli 2000 in der Sache entschieden hat, weil dieses Bauansuchen ausdrücklich die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 BO bezweckte. Dem entsprechen auch die weiteren Ausführungen in der Begründung des Bescheides vom 13. Februar 2002, wonach die Bewilligung deshalb zu versagen gewesen sei, weil es sich um ein auf Dauer ausgerichtetes Bauvorhaben handle, der Beschwerdeführer das Vorliegen eines Ausnahmegrundes nicht geltend gemacht habe, die Nachbarn nicht zugestimmt hätten und eine Ausnahme nach § 69 BO nicht in Frage käme. Alle diese tragenden Begründungselemente kämen bei einer auf § 70 BO beruhenden Versagung einer Baubewilligung nicht in Frage.
Gleichwohl hat die belangte Behörde damit das Vorliegen eines auf § 70 BO gestützten Antrages verneint. Darin ist auch eine Entscheidung über den Antrag vom 7. Juli 2000 gelegen und zwar dahingehend, dass dieser keinen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung nach § 70 BO darstellt. Allerdings hat der Beschwerdeführer mit seinem Schreiben vom 30. September 2002 ausdrücklich eine Sachentscheidung über diesen Antrag begehrt. Damit lag jedenfalls ein die von der belangten Behörde entschiedene Sachlage änderndes Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung nach § 70 BO vor.
Entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG, die einer neuerlichen Entscheidung entgegenstehen würde, liegt aber dann nicht vor, wenn der Beschwerdeführer im zweiten Verfahren den Antrag auf einen anderen Rechtsgrund als im vorangegangen stützt und mit dem vorangegangenen Bescheid nicht auch unter dem Gesichtspunkt dieses anderen Rechtsgrundes über die Sache abgesprochen worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/12/0141).
Im Hinblick darauf kann es dahingestellt bleiben, ob die nach den beiden gegenständlichen Bauansuchen geplanten baulichen Maßnahmen in einem Ausmaß voneinander abweichen, dass auch auf Grund dessen keine entschiedene Sache mehr vorliegen würde. Entschiedene Sache lag nämlich schon deshalb nicht vor, weil sich der Bescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2002 eindeutig auf einen anderen Rechtsgrund stützte als dies zur Erledigung des weiteren Bauansuchens, das sich eindeutig auf § 70 BO bezog, notwendig gewesen wäre. Der Bescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2002 beruft sich sowohl seinem Spruch als auch seiner Begründung nach ausdrücklich nur auf § 71 BO (vgl. hingegen jenen Fall, der dem hg. Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 91/05/0089, zu Grunde gelegen ist).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG. Auf Grund des § 59 Abs. 1 VwGG war Aufwandersatz nur im beantragten Ausmaß zuzuerkennen.
Wien, am 29. April 2005
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