VwGH 2003/05/0040

VwGH2003/05/004015.6.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Dr. Elisabeth Persy in Wien, vertreten durch Proksch & Partner OEG, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/1/11, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21. November 2002, Zl. MA 64 - BE 114/93, betreffend Kostenvorauszahlungsauftrag gemäß § 4 VVG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §59 Abs2;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;
AVG §59 Abs1;
AVG §59 Abs2;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Punkt 3. des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 29. November 1990 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Liegenschaft H.-gasse 70 gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) der hier verfahrensrelevante Auftrag erteilt, binnen sechs Monaten den Verputz an den straßen- und hofseitigen Krönungsgesimsen instandzusetzen.

Mit Verfahrensanordnung vom 7. Jänner 1992 räumte die erstinstanzliche Vollstreckungsbehörde der Beschwerdeführerin zur Erfüllung dieser Verpflichtung eine Paritionsfrist von einer Woche ein und drohte für den Fall der Nichterfüllung die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG an.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 21. Juli 1993 wurde der Beschwerdeführerin als verpflichteter Haus- und Grundeigentümerin die Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten für die Durchführung der Instandsetzung im Wege der Ersatzvornahme in der Höhe von S 130.000,-- aufgetragen. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Zu einer ihr in der Folge bekannt gegebenen Aufgliederung der geschätzten Kosten der Ersatzvornahme führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass das Krönungsgesimse nicht in der ganzen Länge ausbesserungswürdig sei, sondern es seien lediglich kleine Stellen möglicherweise schadhaft.

Die Magistratsabteilung 37 teilte dazu mit Stellungnahme vom 14. Juni 1994 mit, dass eine Teilerneuerung nicht sinnvoll erscheine und vom technischen Standpunkt Bedenken gegen eine Teilerneuerung bestünden. Da derartige Gesimsschäden zumeist schadhafte Verblechungen etc. und in weiterer Folge Wassereindringungen zur Folge hätten, sei es durchaus möglich, dass nicht nur im sichtbaren Schadensbereich, sondern auch in den optisch unbeschädigten Bereichen Verputz und Mauerwerksteile absturzgefährdet seien.

Mit Schreiben vom 29. September 1994 gab die Beschwerdeführerin dazu an, dass sie im August 1994 das straßen- und hofseitige Krönungsgesimse zur Gänze von Fachleuten habe kontrollieren lassen. Dabei seien die möglicherweise schadhaften Verputzteile abgeklopft worden, sodass keinerlei Absturzgefahr bestehe. Mit Schreiben vom 29. November 1995 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die gegenständliche Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 27. Februar 1995 verkauft habe.

Die Magistratsabteilung 64 brachte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. Jänner 1996 zur Kenntnis, dass laut Stellungnahme der Magistratsabteilung 25 vom 29. Dezember 1995 seit Februar 1993 keine Maßnahmen gesetzt und der lockere Verputz nicht abgeschlagen worden sei. Verputzteile seien lediglich "abgestürzt".

Die Beschwerdeführerin teilte dazu mit Schreiben vom 26. Jänner 1996 mit, dass die nunmehrigen Eigentümer mit der Erledigung der Angelegenheit beauftragt worden seien. Dabei handle es sich jedoch nur um eine Vorsichtsmaßnahme, da die Beschwerdeführerin der Ansicht sei, den Bauauftrag erfüllt zu haben. Vorgelegt wurde unter anderem ein Schreiben der E. Ges.m.b.H. vom 29. Jänner 1996, in welchem bestätigt wurde, dass im August 1994 am gegenständlichen Haus im Zuge einer Dachreparatur die losen Mauerteile des Krönungsgesimses abgeschlagen worden seien.

Die Magistratsabteilung 37 führte dazu mit Schreiben vom 1. März 1996 aus, dass der Auftrag nach wie vor nicht erfüllt worden sei. Mit dem Schreiben der E. Ges.m.b.H. sei lediglich mitgeteilt worden, dass der Verputz abgeschlagen worden sei. Eine Instandsetzung sei dadurch jedoch nicht bestätigt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Ablaufes der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Nachfrist (5. Februar 1992, Zustellung am 29. Jänner 1992 mit einer Woche Frist zur Durchführung der Maßnahme) bücherliche Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft gewesen sei. Daher sei sie für die Dauer des gesamten Vollstreckungsverfahrens Verpflichtete und für die Kosten der Ersatzvornahme (voraus)zahlungspflichtig. Der von der Beschwerdeführerin angesprochene Rechtsübergang durch Verkauf der Liegenschaft könne daran nichts ändern. Dem gegenständlichen Bauauftrag sei nicht entsprochen worden. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe den Bauauftrag erfüllt, da sie im August 1994 lose Mauerteile des Krönungsgesimses habe abschlagen lassen, sei nicht zielführend. Ein bloßes Abschlagen des losen Verputzes (was im Übrigen von der kontrollierenden Behörde als nicht geschehen bezeichnet worden sei) stelle keine Instandsetzung dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass der angefochtene Bescheid weder eine bestimmte Person als Adressaten noch eine bestimmte Zahlungsfrist nenne. Tatbestandsmäßige Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Kostenvorschreibung nach § 4 Abs. 2 VVG sei ferner eine rechtskräftige Verpflichtung des Adressaten des Kostenvorauszahlungsauftrages zu einer Naturalleistung. Diese Verpflichtung sei im Bescheid der Magistratsabteilung 37 vom 29. November 1990 ausgesprochen worden. Da sie jedoch gemäß § 129b BO als dinglich anzusehen sei, könne die Beschwerdeführerin nach der Veräußerung der Liegenschaft nicht mehr als Verpflichtete gemäß § 4 Abs. 2 VVG herangezogen werden. Daher könnten auch die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme nicht mehr gegen sie vollstreckt werden. Sie könnte allenfalls nur dann zum Kostenersatz verpflichtet werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Vollendung der angedrohten Ersatzvornahme noch Eigentümerin der Liegenschaft (gewesen) wäre. Darüber hinaus verstoße der angefochtene Bescheid gegen das durch § 2 VVG zum Ausdruck gebrachte Schonungsprinzip, zumal der Bescheid vom 29. November 1990 pauschal von der Instandsetzung des Verputzes spreche, ohne dass ihm entnommen werden könne, welche konkreten Arbeiten darunter zu verstehen seien. Es sei daher auch nicht möglich, die Angemessenheit der Höhe des Kostenvorauszahlungsbetrages von S 130.000,-- zu überprüfen.

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Nach § 4 Abs. 2 leg. cit. kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Bestimmtheit des Bescheidadressaten ist auszuführen, dass der Bescheid eindeutig erkennen lassen muss, wer Bescheidadressat ist, dies gerade auch im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung. Es bedeutet aber keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichnet (z.B. Eigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenige Person benennt, auf welche sich der Spruch bezieht, weil durch eine solche Erfassung der Person des zu einer Leistung Verpflichteten das im Spruch des Bescheides genannte konkrete Rechtsverhältnis klar zum Ausdruck kommt. Wird also im Spruch eine Person nur abstrakt bezeichnet, so kommt der Zustellverfügung, in der sie dann namentlich bezeichnet ist, wesentliche Bedeutung zu, weil dadurch erst die notwendige Individualisierung bewirkt wird (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 , S. 733 unter E 87a zitierte hg. Rechtsprechung). Der angefochtene Bescheid - der im Übrigen dadurch, dass er die Berufung spruchgemäß abgewiesen hat, den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zu seinem Spruchinhalt gemacht hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, S. 1301 unter E 312 ff zitierte hg. Judikatur) - genügt diesen Anforderungen.

Auch die Rüge der Beschwerdeführerin, dass der Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten ohne Fristsetzung ergangen sei, ist nicht berechtigt. Ein Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 2 VVG ist zwar keine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG, jedoch ein im Vollstreckungsverfahren ergangener Bescheid. § 4 Abs. 2 VVG stellt sich demnach insoweit als lex specialis zu § 59 Abs. 2 AVG dar, als der Auftrag zur Vorauszahlung nach § 4 Abs. 2 VVG keine Frist zur Ausführung der Leistung enthalten muss. Der angefochtene Bescheid ist daher nicht deshalb rechtswidrig, weil er keine Fristsetzung enthält (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/05/0238, mwN, und vom 15. November 1999, Zl. 97/10/0117).

Zum Vorbringen hinsichtlich der Kostentragung ist auszuführen, dass das eigentliche Vollstreckungsstadium bereits mit dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Paritionsfrist beginnt. Von diesem Zeitpunkt an bis zum tatsächlichen Abschluss der Ersatzvornahme sind die Eigentümer der hievon betroffenen Baulichkeit als Verpflichtete bezüglich des Auftrages zur Vorauszahlung der Kosten ungeachtet einer nachfolgenden Änderung der Eigentumsverhältnisse anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Slg. Nr. 12.942/A, sowie das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 94/05/0272). Die Beschwerdeführerin tritt der Feststellung der belangten Behörde, sie sei laut Grundbuchsauszug im relevanten Zeitpunkt bücherliche Eigentümerin gewesen, nicht entgegen. Sie bringt lediglich vor, seit dem Jahr 1995 nicht mehr Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft zu sein.

Selbst wenn sich der Käufer zur Erfüllung des Bauauftrages verpflichtet hat, vermag dies die öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Beschwerdeführerin zum Kostenersatz nicht zu berühren. Dieser Umstand begründet allenfalls einen Regressanspruch der Beschwerdeführerin gegenüber dem Käufer, den sie im Zivilrechtsweg geltend machen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl. 97/05/0078).

Mit dem Beschwerdevorbringen, dass der rechtskräftige Titelbescheid vom 29. November 1990 lediglich pauschal von einer Instandsetzung spreche, ohne dass ihm entnommen werden könne, welche konkreten Arbeiten darunter zu verstehen seien, weshalb die Angemessenheit des Kostenvorauszahlungsbetrages nicht überprüfbar sei, versucht die Beschwerdeführerin, eine Unbestimmtheit und somit mangelnde Vollstreckbarkeit des Titelbescheides geltend zu machen. Ein Titelbescheid ist schon dann vollstreckungstauglich, wenn Art und Umfang einer Leistung von einem Fachkundigen festgestellt werden können (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., S. 986 unter E 70 f zitierte hg. Judikatur). Es obwalten keine Bedenken dahingehend, dass der Titelbescheid dieser Anforderung nicht gerecht würde, und solche werden von der Beschwerdeführerin auch nicht konkret vorgebracht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin steht somit der Titelbescheid einer Nachvollziehbarkeit der Kostenschätzung, die im vorliegenden Fall durch Amtssachverständige vorgenommen und von der Beschwerdeführerin nicht durch konkretes Vorbringen auf fachlicher Ebene in Frage gestellt wurde, nicht entgegen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. Juni 2004

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