Normen
ABGB §21;
AsylG 1997 §1 Z6 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §10 Abs1 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §10 Abs1;
AsylG 1997 §10 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §9;
AsylGNov 2003;
B-VG Art140;
FrG 1997 §20 Abs1 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrGNov 2002;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ABGB §21;
AsylG 1997 §1 Z6 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §10 Abs1 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §10 Abs1;
AsylG 1997 §10 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §9;
AsylGNov 2003;
B-VG Art140;
FrG 1997 §20 Abs1 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrGNov 2002;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 5. April 1988 geborene (minderjährige) Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, ist der Sohn von Veronika K. Der Mutter des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. Februar 2002 durch Erstreckung - bezogen auf die durch Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. Oktober 2001 erfolgte Asylgewährung an ihren Ehemann Alexei K. - Asyl gewährt.
Am 5. April 2001 hatte der (durch seine Mutter vertretene) Beschwerdeführer den Antrag gestellt, ihm nach seiner Mutter durch Erstreckung Asyl zu gewähren. In einer Stellungnahme vom 28. Februar 2002 begehrte der Beschwerdeführer "in eventualiter", ihm "direkt" nach seinem Stiefvater Alexei K. durch Erstreckung Asyl zu gewähren.
Mit Bescheid vom 25. März 2002 wies das Bundesasylamt den "Asylerstreckungsantrag vom 05.04.2001" gemäß § 10 Abs. 1 und 2 AsylG (in der damals geltenden Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) als unzulässig zurück, wobei es die Auffassung vertrat, davon sei auch das (in der Stellungnahme vom 28. Februar 2002 geltend gemachte) Begehren erfasst, dem Beschwerdeführer "unmittelbar" nach seinem "Stiefvater" durch Erstreckung Asyl zu gewähren. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Juni 2002 ab.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
I. Zur Rechtslage:
Das bis zum Inkrafttreten der AsylG-Novelle 2003 am 1. Mai 2004 vorgesehene Rechtsinstitut der "Asylerstreckung", das durch das "Familienverfahren" ersetzt wurde, war in den §§ 10 und 11 AsylG geregelt. Diese Bestimmungen lauteten in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung (auszugsweise):
"§ 10. (1) Fremde begehren mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl.
(2) Asylerstreckungsanträge können frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.
§ 11. (1) Die Behörde hat auf Grund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist."
Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 AsylG konnten nur die dort genannten Personen zulässigerweise einen Asylerstreckungsantrag stellen. Ein Asylerstreckungsantrag, der von Personen gestellt wurde, die in keinem der angeführten Verwandtschaftsverhältnisse bzw. in keiner aufrechten Ehe zu einem Asylberechtigten standen, war nach dieser Bestimmung - unabhängig davon, ob allenfalls ein schützenswertes Familienleben im Sinne von Art. 8 EMRK vorlag - "unzulässig" und daher zurückzuweisen (vgl. Punkt 2. der Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 12. Juni 2003, Zl. 99/20/0426, mit dem Hinweis auf die Regierungsvorlage zum AsylG, 686 BlgNR 20. GP 20 f, sowie auf Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 (Stand Jänner 2003) 230).
II. Zur Erstreckung des der Mutter des Beschwerdeführers durch Erstreckung gewährten Asyls:
1. Hinsichtlich des Begehrens, das der Mutter des Beschwerdeführers durch Erstreckung gewährte Asyl auf den Beschwerdeführer weiter zu erstrecken, verwies die belangte Behörde auf den Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 1 AsylG, in dem "die Möglichkeiten, das einem Angehörigen gemäß § 7 oder § 9 AsylG gewährte Asyl zu erstrecken, abschließend geregelt sind".
2. Dem hält die Beschwerde entgegen, Sinn und Zweck der Asylerstreckung sei der Schutz der Familieneinheit, wobei eine möglichst gleiche Rechtsposition aller Familienmitglieder erreicht werden solle. Der Asylerstreckungsantrag des Beschwerdeführers müsse "folglich vor dem Hintergrund des Art. 8 MRK gesehen werden". Indem die belangte Behörde lediglich "die Feststellung trifft, dass eine Asylerstreckung auf Asyl, das aufgrund eines Erstreckungsantrages gewährt wurde, nicht möglich" sei, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass "die ursprüngliche Grundlage des Asylerstreckungsantrags gerade eben ein Asylantrag eines Familienmitglieds" (nämlich jener des Ehemannes der Mutter, von dem auf sie erstreckt wurde) sei und dass der Beschwerdeführer mit seiner Mutter und seinem Stiefvater ein Familienleben nur in Österreich führen könne, werde "das Prinzip des Schutzes der Familieneinheit im Sinne des Art. 8 MRK völlig seiner Substanz beraubt". Der Asylerstreckungsantrag der Mutter des Beschwerdeführers sei daher als "Asylantrag" iSd § 10 Abs. 1 AsylG zu verstehen und es dürfe "im Zusammenhang mit § 11 AsylG keine Auslegung zu meinen Ungunsten erfolgen, die einzig durch den fehlenden Wortteil 'erstreckungs' zu erklären wäre."
3.1. Nach dem Wortlaut des oben wiedergegebenen § 10 Abs. 1 AsylG war nur die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages (§ 7 AsylG) oder von Amts wegen (§ 9 AsylG) gewährten Asyls zulässig. Die Erstreckung des auf Grund eines Asylerstreckungsantrages gewährten Asyls war im Gesetzestext nicht vorgesehen, was auch die Beschwerde zugesteht. Angesichts der Erläuterungen zur Regierungsvorlage (686 BlgNR 20. GP 20), wonach die Asylerstreckung "stets von der Asylgewährung nach § 7 oder § 9 abhängig" sei, kann insofern aber auch keine - durch Analogie zu beseitigende - "planwidrige" Unvollständigkeit angenommen werden. Vielmehr war es offenbar Absicht des Gesetzgebers, nur eine einmalige Asylerstreckung und keine (unbegrenzte) Kette von Erstreckungen zuzulassen.
3.2. Diese Regelung erscheint weder unsachlich noch unter dem Gesichtspunkt des - in der Beschwerde angesprochenen - durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens (verfassungsrechtlich) bedenklich. Die Zulässigkeit eines allfälligen Eingriffes in das Familienleben des Beschwerdeführers ist nämlich ohnehin im Rahmen eines Verfahrens zur Setzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf Grundlage des § 37 FrG zu prüfen (vgl. in diesem Sinn auch Punkt 4.1. der Entscheidungsgründe des bereits erwähnten Erkenntnisses vom 12. Juni 2003, Zl. 99/20/0426). Der Anregung in der Beschwerde, ein Gesetzesprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof einzuleiten, war daher nicht näher zu treten.
3.3. Eine Erstreckung des der Mutter des Beschwerdeführers durch Erstreckung gewährten Asyls war demnach nicht möglich (vgl. in diesem Sinn auch Feßl/Holzschuster, a.a.O. 229, und Schmid/Frank, Asylgesetz 1997, 185, K 4 zu § 10). Insoweit ist der belangten Behörde beizupflichten.
III. Zur Erstreckung des dem "Stiefvater" des Beschwerdeführers gewährten Asyls:
1. Die belangte Behörde stützte die Zurückweisung des Antrages in Bezug auf eine "direkte" Asylerstreckung nach dem Stiefvater des Beschwerdeführers auf den wiedergegebenen Wortlaut des § 10 Abs. 2 AsylG, durch den der Personenkreis festgelegt werde, der "in den Genuss der Asylerstreckung" kommen könne, und von dem eine Asylerstreckung "von anderen Personen als den (leiblichen) Eltern" nicht umfasst sei.
2. Dazu wird in der Beschwerde vorgebracht, zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Stiefvater bestehe eine ausreichend intensive Beziehung, die ein Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstelle. In der "heutigen Zeit" sei eine "Vielzahl von neuen Familienkonstruktionen anzutreffen", die wie in der vorliegenden "Konstellation (Stief)vater - Mutter - (Stief)sohn im Alltag derart gut funktionieren", dass dem Beschwerdeführer noch nicht einmal bekannt sei, dass es sich beim Ehemann der Mutter um seinen Stiefvater handle. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR sei die Konvention "im Lichte der Umstände der heutigen Zeit" zu interpretieren. Art. 8 EMRK beinhalte auch den Schutz der "Stieffamilie". Folglich sei § 10 Abs. 2 AsylG derart auszulegen, dass unter "Kinder" alle Kinder, auch "Stiefkinder", zu verstehen seien. Die von der belangten Behörde vorgenommene "enge Interpretation" stelle eine Verletzung von Art 8 EMRK dar.
3. Die Beschwerde wirft mit diesen Ausführungen die Frage auf, ob § 10 Abs. 2 AsylG dahin auszulegen ist, dass eine Asylerstreckung nicht nur für die leiblichen Kinder, sondern auch für die "Stiefkinder" (Kinder des Ehepartners) des Asylberechtigten zulässig ist.
3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in dem bereits erwähnten - nach Erlassung des hier angefochtenen Bescheides und nach Verfassung der gegenständlichen Beschwerde ergangenen - Erkenntnis vom 12. Juni 2003, Zl. 99/20/0426, in dem die Zulässigkeit einer Asylerstreckung von einem erwachsenen Sohn auf seine Mutter zu beurteilen war, mit dem in der Beschwerde angesprochenen Verhältnis des § 10 Abs. 2 AsylG zu Art. 8 EMRK zu befassen. In diesem Erkenntnis, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Entstehungsgeschichte des Rechtsinstitutes der "Asylerstreckung" (u.a.) auch auf die Ausführungen im UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft (1979) Bezug genommen. Dort sei hinsichtlich der Frage, welche Familienmitglieder in den Genuss des Grundsatzes der Einheit der Familie kommen sollten, die "Mindestforderung" erhoben worden, "dass der Ehegatte und die minderjährigen Kinder davon erfasst werden". Zusammenfassend kam der Verwaltungsgerichtshof (in Punkt 4. der Entscheidungsgründe) zu dem Ergebnis, dass sich der Gesetzgeber in Bezug auf den in § 10 Abs. 2 AsylG erfassten Personenkreis - in bewusstem Gegensatz zu einer Regelung, die eine Übereinstimmung mit dem Personenkreis des Art. 8 EMRK herbeigeführt hätte - auf die im UNHCR-Handbuch erwähnte "Mindestforderung" beschränkt und eine Erweiterung nur insofern vorgenommen habe, als sie in etwas anderen Zusammenhängen im Schengener Durchführungsübereinkommen und im Dubliner Übereinkommen vorgezeichnet gewesen sei, nämlich hinsichtlich der Eltern minderjähriger Kinder. Damit scheide Art. 8 EMRK - trotz des einleitenden Hinweises in den Erläuterungen zu § 4 Asylgesetz 1991 - als Maßstab für allfällige Planwidrigkeiten des § 10 Abs. 2 AsylG aus. Das gilt - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - auch für die Heranziehung der genannten Konventionsbestimmung als Auslegungshilfe für den Wortlaut der erwähnten Regelung des AsylG, insoweit eine völlige Übereinstimmung demnach nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein muss.
3.2.1. In § 4 Asylgesetz 1991, in dem der österreichische Gesetzgeber erstmals die Frage einer Asylgewährung an nicht verfolgte Familienmitglieder geregelt hatte, war vorgesehen, dass die Gewährung von Asyl - unter bestimmten Voraussetzungen - auf "die ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kinder und den Ehegatten auszudehnen" ist. Dass die neu eingeführte Bestimmung nur eine Ausdehnung des Asyls auf minderjährige Kinder und Ehegatten ermöglichte, wurde in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (270 BlgNR 18. GP 14) in Bezug auf den Ausschluss eheähnlicher Lebensgemeinschaften mit dem Interesse an einer Übereinstimmung mit Art. 35 Abs. 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens begründet (die zuletzt erwähnte Vertragsbestimmung bezieht allerdings die Eltern lediger Kinder unter achtzehn Jahren ein). Da § 42 ABGB unter dem Begriff "Kinder" alle Verwandten in der absteigenden Linie verstehe, werde - so die Erläuterungen in diesem Zusammenhang noch - klargestellt, dass sich die Ausdehnung der Asylgewährung "nur auf die ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kinder erstrecken soll".
3.2.2. Mit den eingangs zitierten §§ 10 und 11 AsylG wurde das Rechtsinstitut der "Asylerstreckung" eingeführt und der Adressatenkreis der neu gestalteten Regelung auf die "Eltern eines Minderjährigen" ausgedehnt. In der Regierungsvorlage (686 BlgNR 20. GP 21) wurde - anders als in den Erläuterungen zum Asylgesetz 1991 und zu den Ministerialentwürfen vom Mai 1996 und März 1997 - allgemein auf Beschlüsse des Exekutiv-Komitees für das Programm des UNHCR hingewiesen. Dabei wurde u.a. aus dem Beschluss Nr. 15 (XXX) zitiert, die Staaten sollten "zumindest" den Ehegatten und "minderjährigen oder abhängigen Kindern" des Flüchtlings "die Aufnahme in ihr Land erleichtern" Der in § 10 Abs. 2 AsylG verwendete Begriff "minderjährige unverheiratete Kinder" wurde nicht näher erläutert, insbesondere wurde die Frage, ob davon auch "Stiefkinder" erfasst sein sollten, nicht angesprochen.
3.2.3. Gleichzeitig mit dem AsylG trat am 1. Jänner 1998 das Fremdengesetz 1997 (FrG) in Kraft. In den §§ 20 ff FrG wurde der "Familiennachzug für auf Dauer niedergelassene Fremde" näher geregelt, wobei der dafür in Betracht kommende Personenkreis in § 20 Abs. 1 FrG - insoweit der Wortfolge in § 10 Abs. 2 AsylG entsprechend - auch mit "Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern" umschrieben wurde. In den diesbezüglichen Erläuterungen zur Regierungsvorlage (685 BlgNR 20. GP 69) hieß es:
"Im Entwurf wird von Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern als Familie gesprochen. Die Festlegung auf Kinder - ohne den im geltenden Recht vorhandenen Zusatz: ehelich oder außerehelich - soll sicherstellen, dass auch Adoptiv- und Stiefkinder von Fremden in dem vom Gesetz eingeräumten Rahmen (§ 21) das Recht auf Familiennachzug haben."
3.2.4. Diese Erwägung lässt sich aber auch auf das Verhältnis des § 4 Asylgesetz 1991, in dem ebenfalls noch der Zusatz "ehelich und außerehelich" enthalten war, zu § 10 Abs. 2 AsylG, in den diese Wortfolge (wie in § 20 Abs. 1 FrG) nicht mehr aufgenommen wurde, übertragen. Das führt zur Schlussfolgerung, dass auch von dem in § 10 Abs. 2 AsylG verwendeten Begriff "Kinder" die "Adoptiv- und Stiefkinder" erfasst sein sollten. Für eine gegenteilige Absicht des Gesetzgebers lassen sich - auch vor dem Hintergrund der Ausführungen in dem im Punkt 3.1. erwähnten Erkenntnis - keine Anhaltspunkte finden. Vielmehr wird das hier erzielte Zwischenergebnis durch die weitere (für den vorliegenden Fall nicht mehr unmittelbar maßgebliche) Rechtsentwicklung bestätigt.
3.3.1. Durch die am 1. Jänner 2003 in Kraft getretene FrG-Novelle 2002 wurde in § 20 Abs. 1 FrG nach den Worten "Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern" der Klammerausdruck "Kernfamilie" eingefügt. Damit sollte - wie sich aus den nachfolgend zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage für diese Novelle (1172 BlgNR 21. GP 30) ergibt - keine inhaltliche Änderung vorgenommen werden:
"Die Einfügung des Wortes 'Kernfamilie(n)' dient der Klarstellung und legt fest, dass die Kernfamilie aus den Ehegatten und den unverheirateten minderjährigen Kindern dieser Fremden besteht."
3.3.2. Mit der am 1. Mai 2004 in Kraft getretenen AsylG-Novelle 2003 wurde - wie eingangs erwähnt - das Rechtsinstitut der "Asylerstreckung" durch das "Familienverfahren" ersetzt. In Bezug auf den davon erfassten Personenkreis nennt § 10 Abs. 1 AsylG nunmehr nur allgemein die "Familienangehörigen" und verweist dazu auf die (ebenfalls mit dieser Novelle) in § 1 Z 6 AsylG aufgenommene Definition dieses Begriffes. Danach ist "Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist". Diese Bestimmung erwähnt somit dieselben Familienangehörigen wie § 10 Abs. 2 AsylG (in der Stammfassung). Insoweit wurde daher durch die AsylG-Novelle 2003 keine Änderung vorgenommen, sondern lediglich der Klammerausdruck "Kernfamilie" eingefügt, was in der Regierungsvorlage zu dieser Novelle (120 BlgNR 22. GP 13) wie folgt erläutert wurde:
"Der Begriff der 'Kernfamilie' findet nunmehr (nach dem Fremdengesetz) auch in das Asylgesetz Eingang; diese besteht aus den Eltern und den unverheirateten minderjährigen Kindern; die Minderjährigkeit richtet sich nach österreichischem Recht (§ 21 ABGB) und endet mit der Vollendung des 18. Lebensjahres."
3.3.3 Aus diesen Erläuterungen ergibt sich, dass der in § 10 Abs. 1 iVm § 1 Z 6 AsylG (idF der AsylG-Novelle 2003) und der in § 20 Abs. 1 FrG (idF der FrG-Novelle 2002) umschriebene Personenkreis, der nunmehr einheitlich als "Kernfamilie" bezeichnet wird, nach den Vorstellungen des Gesetzgebers identisch sein soll. Das setzt voraus, dass dem in beiden Bestimmungen verwendeten Begriff "minderjährige unverheiratete Kinder" inhaltsgleiche Bedeutung beigemessen wird. Da aber - wie dargestellt - durch die genannten Novellen keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen wurden, ist dieser (ohnehin identischen) Wortfolge auch schon in den Stammfassungen des § 10 Abs. 2 AsylG und des § 20 Abs. 1 FrG dieselbe Bedeutung beizumessen. Ausgehend von den unter Punkt 3.2.3. zitierten Gesetzesmaterialien sollten davon auch die "Adoptiv- und Stiefkinder" erfasst sein (vgl. in diesem Sinn zur Rechtslage nach der AsylG-Novelle 2003 Schmid/Frank/Anerinhof, AsylG2, 27, K 26 zu § 1, wonach der Umfang der Kernfamilie "den internationalen Gepflogenheiten, insbesondere der in der Dublin II-Verordnung normierten Definition" der Familienangehörigen entspreche, in Verbindung mit Schmid/Filzwieser, Dublin II-Verordnung, 63, K 34 zu Art. 2, wonach als Familienangehörige auch "alle minderjährigen Kinder des Antragstellers und die Kinder seines Ehegatten bzw. Lebenspartners" gelten; siehe darüber hinaus aber auch den Gesetzeswortlaut der am 1. Jänner 2006 in Kraft tretenden § 2 Abs. 4 Z 12 Fremdenpolizeigesetz 2005 und § 2 Abs. 1 Z 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005, wonach die "Kernfamilie" ausdrücklich auch die "Adoptiv- und Stiefkinder" umfasst).
3.3.4. Demnach sind nach den Bestimmungen des AsylG auch Asylerstreckungsanträge von minderjährigen unverheirateten "Stiefkindern", die sich auf das dem Ehemann der Mutter ("Stiefvater") oder der Ehefrau des Vaters ("Stiefmutter") gewährte Asyl beziehen, zulässig.
3.4. Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die belangte Behörde den Asylerstreckungsantrag des Beschwerdeführers nicht als unzulässig hätte zurückweisen dürfen. Insoweit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. Dezember 2005
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