VwGH 2002/15/0196

VwGH2002/15/01969.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der "F" - Liegenschaftsvermietungs GmbH & Co KEG in G, vertreten durch Herburger & Allgäuer, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 2. Oktober 2002, GZ. RV 1502/1-V6/01, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1999, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §188;
EGG §1 Z2;
EGG §1;
EStG 1988 §23 Z2;
EStG 1988 §28;
HGB §120;
HGB §121;
HGB §161 Abs1;
HGB §167 Abs3;
BAO §188;
EGG §1 Z2;
EGG §1;
EStG 1988 §23 Z2;
EStG 1988 §28;
HGB §120;
HGB §121;
HGB §161 Abs1;
HGB §167 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1,171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH & Co KEG. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 22. Juli 1998 errichtet. Ihre Gesellschafter sind eine GmbH (Komplementärin) sowie (zunächst sechs, in der Folge) sieben natürliche Personen (Kommanditisten). Ihr Gesellschaftskapital betrug 4,5 Mio. S und ergibt sich aus den Pflichteinlagen der Kommanditisten (zwischen 375.000 S und 1,5 Mio. S), welche zugleich deren Hafteinlagen darstellen. Der Unternehmensgegenstand besteht in der Vermietung und Verpachtung von Liegenschaften und Liegenschaftsanteilen.

Die Bilanz der Beschwerdeführerin zum 31. Dezember 1999 weist eine Bilanzsumme von ca. 95,5 Mio. S aus. Die Aktivseite ist geprägt durch die Positionen Grundstücke und Bauten von ca. 19,1 Mio. S, geleistete Anzahlungen und Anlagen in Bau von ca. 55,4 Mio. S sowie Guthaben bei Kreditinstituten von ca. 16,8 Mio S. Die wesentliche Position auf der Passivseite ist die Verbindlichkeit gegenüber der H-Bank in Höhe von ca. 82 Mio. S.

Nachdem die Beschwerdeführerin für das Jahr 1998 einen Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung von 3,447.636 S ermittelt hatte, ergab sich für das Jahr 1999 ein solcher von 4,782.419,57 S. Im Rahmen der Verlustverteilung rechnete die Beschwerdeführerin der Komplementär GmbH eine Haftungs- und Geschäftsführungsvergütung zu, den Kommanditisten hingegen Verlustanteile.

Im Zuge des Verfahrens zur Feststellung der Einkünfte für 1999 hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, dass der Gesellschaftsvertrag keine Nachschusspflicht für die Kommanditisten festlege. Für Zwecke der Verlustzurechnung werde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Vereinbarungen über eine allfällige Nachschusspflicht der Kommanditisten vorzulegen.

In der Folge legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22. Jänner 2001 eine Vereinbarung zwischen der H-Bank einerseits und der Beschwerdeführerin sowie ihren Kommanditisten andererseits vom 11. November 1999 vor, in welcher sich die Kommanditisten verpflichten, über Verlangen der H-Bank, Nachschüsse in das Gesellschaftsvermögen von insgesamt 5 Mio. S zu leisten.

Die Vereinbarung lautet auszugsweise:

"In Anbetracht des Umstandes, dass das Gesamtkapital der (Beschwerdeführerin) ATS 4,500.000,-- (Schilling viermillionenfünfhunderttausend) beträgt wird zur weiteren Besicherung der H-Bank vereinbart, dass die Gesellschafter der (Beschwerdeführerin) über Aufforderung der H-Bank den Gesellschaftsvertrag dieser Gesellschaft in der Weise ändern, dass eine Nachschusspflicht um bis zu insgesamt ATS 5,000.000,-- gesellschaftsvertraglich vereinbart wird und dieser Verpflichtung auch unverzüglich von sämtlichen Gesellschaftern nachgekommen wird. Dies gilt für den Fall, dass sich die (Beschwerdeführerin) mit der Zinsbedienung bzw. Kapitaltilgung trotz Nachfristsetzung mehr als 10 Tage im Rückstand befindet.

Vereinbarungsgemäß ist die Verpflichtung zur Leistung der Nachschüsse ausschließlich zur Finanzierung der Kredite der H-Bank zu verwenden.

III.

Die (Beschwerdeführerin) verpflichtet sich, durch ihre organschaftlichen Vertreter die Nachschüsse einzufordern, soferne die H-Bank berechtigt (das bedeutet: bei Vorliegen von Zinsbedienungs- bzw. Kapitaltilgungsrückständen von mehr als 10 Tagen) dies einfordert. Die Gesellschafter verpflichten sich, den Gesellschaftsvertrag nicht in der Form abzuändern, dass die Nachschusspflicht aufgehoben oder betraglich vermindert oder sonst einschränkend geregelt wird. Die Gesellschafter verpflichten sich weiters, der Nachschussverpflichtung im obgenannten Falle nachzukommen.

Für den aus der Nichteinhaltung der Verpflichtung aus dieser Vereinbarung entstehenden Schaden haften die Gesellschafter der H-Bank persönlich, in jedem Falle der Haftungsinanspruchnahme - welchem Grunde auch immer - ist die Haftung jedes Gesellschafters aliquotiert auf die von ihm gehaltenen Gesellschaftsanteile beschränkt. Eine Solidarhaftung mit den übrigen Gesellschaftern oder der Gesellschaft tritt nicht ein.

IV.

Diese Vereinbarung geht allseits auf Rechtsnachfolger über. Hinsichtlich der Gesellschafter geht diese Vereinbarung auf die Rechtsnachfolger in den Anteilen an der (Beschwerdeführerin) und der (Komplementärin der Beschwerdeführerin) über. Bei jeder Veräußerung unter Lebenden und bei Schenkungsverträgen auf den Todesfall ist diese Vereinbarung zu überbinden. Im Ablebensfalle geht diese Vereinbarung auf die Erben oder Legatare oder sonst letztwillig Bedachte über."

Bei Erlassung des Feststellungsbescheides nach § 188 BAO für das Jahr 1999 wies das Finanzamt den Kommanditisten Verluste nur mehr mit jenem Betrag zu, mit welchem die bestehende Pflichteinlage des jeweiligen Kommanditisten den Betrag des bereits für das Jahr 1998 zugewiesenen Verlustes überstieg. Den darüber hinausgehenden Verlust von ca. 3,7 Mio. S wies das Finanzamt der Komplementär GmbH zu. Zur Begründung wird ausgeführt, die aus einem Werbungskostenüberschuss einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft resultierenden Verluste seien, soweit sie über die Hafteinlage des Kommanditisten hinausgingen, nicht ihm, sondern dem Komplementär zuzurechnen. Der Gesellschaftsvertrag sehe keine Nachschusspflicht für die Kommanditisten vor. Die im November 1999 zwischen der H-Bank als Kreditgeberin und den Gesellschaftern getroffene Vereinbarung sehe zwar eine Verpflichtung zur Änderung des Gesellschaftsvertrages vor, wenn die Beschwerdeführerin mit der Zinsbedienung bzw. Kapitaltilgung trotz Nachfristsetzung mehr als zehn Tage im Rückstand sei. Bisher sei jedoch keine diesbezügliche Änderung des Gesellschaftsvertrages und keine Einforderung von Nachschüssen erfolgt. Ein Abfluss von Werbungskosten für die über die Hafteinlage hinausgehenden Verlustzuweisungen sei daher im Jahre 1999 nicht erfolgt.

In der Berufung gegen diesen Bescheid begehrte die Beschwerdeführerin die uneingeschränkte Zurechnung der Verluste an die Kommanditisten. Die Kommanditisten hätten zum 31. Dezember 1999 Einlagen im Gesamtbetrag von 4,5 Mio. S geleistet. Gemäß der Vereinbarung vom 11. November 1999 hätten sie sich verpflichtet, über Verlangen der H-Bank eine gesellschaftsvertragliche Nachschusspflicht über 5 Mio. S zu begründen und umzusetzen. Den Kommanditisten seien in den Abgabenerklärungen der Jahre 1998 und 1999 insgesamt negative steuerliche Ergebnisanteile von 8,201.473,84 S zugewiesen worden. Die Summe dieser Werbungskostenüberschüsse liege zwar über dem Betrag von 4,5 Mio. S, aber unter jenem von 9,5 Mio. S. Einem Kommanditisten solle dann kein Verlust zugerechnet werden, wenn er kein Verlustrisiko trage. Eine Verlustzuweisung über den Kapitalanteil des Kommanditisten hinaus sei aber insoweit möglich, als dieser sich zu einer Haftung verpflichtet habe. Die Handelsbilanz zum 31. Dezember 1999 weise Verbindlichkeiten von ca. 94,3 Mio. S aus. Davon entfielen ca. 82 Mio. S, also 87 %, auf

Verbindlichkeiten gegenüber der H-Bank. Der Anteil der Verbindlichkeiten gegenüber der H-Bank an den gesamten Verbindlichkeiten werde in weiterer Folge noch ansteigen. Die H-Bank könne als Hauptgläubiger bezeichnet werden. Gegenüber dieser H-Bank bestehe die vertragliche Verpflichtung der Kommanditisten, über Verlangen Nachschüsse zu leisten. Auch wenn zur Leistung der Nachschüsse vorab eine Gesellschaftsvertragsänderung beschlossen werden müsse, sei entscheidend, dass sich die Gesellschafter bereits unbedingt zu einer solchen Gesellschaftsvertragsänderung verpflichtet hätten. Solcherart komme die Nachschussverpflichtung einer gesellschaftsvertraglich normierten Verpflichtung gleich.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Vereinbarung vom 11. November 1999 sei von sämtlichen Gesellschaftern notariell beglaubigt unterfertigt worden. Ohne die Unterfertigung hätte die Kreditgeberin das Bauvorhaben nicht finanziert. Die Beschwerdeführerin vermiete Geschäfts- und Büroflächen in einem einzigen Gebäudekomplex. Die Finanzierung sei von der H-Bank vorgenommen worden, diese Bank sei der entscheidende Kreditor. Andere Verbindlichkeiten bestünden nur im untergeordneten Ausmaß und beträfen nur den kurzfristigen Bereich. Der wirtschaftliche Erfolg der Beschwerdeführerin drücke sich im Erreichen der geplanten Vermietungserlöse aus. Diese Vermietungserlöse bestimmten den Umfang der vorhandenen liquiden Mittel, welche wiederum zur Bedienung des Fremdkapitals heranzuziehen seien. Ein wirtschaftlicher Misserfolg betreffe somit praktisch unmittelbar die Beziehung zur H-Bank. Die Nichterfüllung der Verpflichtung gegenüber der H-Bank sei praktisch das einzig denkbare Resultat aus dem Nichterreichen der gesteckten Vermietungsziele. Dem wirtschaftlichen Gehalt nach könne somit die in der Vereinbarung mit der H-Bank festgelegte Bedingung des Nichterfüllens von Annuitätenverpflichtungen mit dem Nichterreichen der Vermietungsziele gleichgesetzt werden.

In der Berufungsverhandlung brachte die Beschwerdeführerin vor, die von ihr vorgenommene Errichtung eines Vermietungsobjektes erfordere ein Finanzierungsvolumen von ca. 100 Mio. S Eine Bank strebe in der Regel eine Eigenkapitalfinanzierung von 30 % an. Im gegenständlichen Fall seien lediglich 5 Mio. S Eigenkapital vorhanden gewesen. Um eine bessere Sicherheit für die Bank zu erlangen, sei die in Rede stehende Vereinbarung vom 11. November 1999 getroffen worden. Sollten die Geschäfte nicht gut gehen, treffe die Gesellschafter eine Nachschussverpflichtung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte jedoch den Bescheid dahingehend, dass der der Komplementär GmbH zugewiesene Gewinnanteil, weil er zufolge § 7 Abs. 3 KStG nicht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern jenen aus Gewerbebetrieb zuzuordnen ist, aus der einheitlichen und gesonderten Feststellung ausgeschieden wurde. Gemäß § 1 Z 2 Erwerbsgesellschaftsgesetz sei in Anknüpfung an § 161 Abs. 1 HGB die Haftung der Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern - im Gegensatz zur unbeschränkten Haftung der Komplementäre - auf einen bestimmten Betrag beschränkt. Gemäß § 167 Abs. 3 HGB nehme der Kommanditist am Verlust nur bis zum Betrage seines Kapitalanteils und seiner noch rückständigen Einlage teil. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass der Kommanditist mangels anderer Regelung niemals mehr als jenen Betrag verlieren könne, welchen er einzusetzen sich verpflichtet habe. Gemäß § 171 Abs. 1 HGB hafte der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft nur bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung sei ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet bzw. diese das Gesellschaftsvermögen entsprechend vermehrt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 21. Februar 2001, 2000/14/0127 bis 0130, ausgesprochen, dass die gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkung des Kommanditisten einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft eine Zuweisung von über das Ausmaß seiner Hafteinlage hinausgehenden Verluste nicht zulasse, wenn der Kommanditist den seine Einlage übersteigenden Verlustanteil wirtschaftlich nicht tragen müsse. Die Zurechnung eines Werbungskostenüberschusses werde allerdings über die handelsrechtliche Haftung des Kommanditisten hinaus insoweit zu erfolgen haben, als diesem Gesellschafter insbesondere auf Grund einer ernst gemeinten Haftungserweiterungs- bzw. Garantieerklärung für die Gesellschaft eine Inanspruchnahme tatsächlich drohe. Im Beschwerdefall stehe fest, dass auf Grund der Vereinbarung mit der H-Bank eine Erweiterung der Haftung der Kommanditisten über die Pflichteinlage hinaus zwar möglich sei, diese tatsächlich aber nur dann zum Tragen komme, wenn sich die Beschwerdeführerin der H-Bank gegenüber mit der Zinsenbedienung bzw. der Kapitaltilgung trotz Nachfristsetzung mehr als zehn Tage im Rückstand befinde, und die H-Bank die Kommanditisten auffordere, Nachschüsse in das Gesellschaftsvermögen von insgesamt 5 Mio. S zu leisten. Abgesehen davon, dass auf Grund der genannten, sämtliche Gesellschafter der Beschwerdeführerin betreffenden Vereinbarung weder der genaue Zeitpunkt noch die konkrete Höhe einer möglichen Haftung feststehe, sei die Verpflichtung der Gesellschafter, sofern die erwähnten Bedingungen eintreten sollten, noch vom erklärten Willen der H-Bank abhängig. Es sei somit nach dem eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung das Entstehen der Verpflichtung der Kommanditisten im Falle eines Zahlungsverzuges von einer im Ermessen der H-Bank liegenden Ausübung eines Gestaltungsrechtes abhängig.

Nach Ansicht der belangten Behörde bestehe ein Unterschied zwischen einer bürgschaftsähnlichen Übernahme von Gesellschaftsschulden einerseits und einer Haftungserklärung andererseits, auf Grund derer sich der Kommanditist bereit erkläre, auch über seine Einlage hinaus an den Verlusten der Gesellschaft teilzuhaben. Im ersten Fall gehe es um Verluste aus der Inanspruchnahme durch Dritte, im zweiten Fall hingegen um die Zuweisung von Gesellschaftsverlusten, die auf Grund der Verlustübernahmeerklärung ohne weiteres über die Einlage hinaus dem Kommanditisten zuzuweisen seien, sobald sie in der KEG anfielen.

Für die Frage, ob eine Inanspruchnahme der Kommanditisten im Streitjahr tatsächlich drohe, sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Vereinbarung mit der H-Bank erst im November des Streitjahres getroffen worden sei, die Ertragslage zu diesem Zeitpunkt aber bereits absehbar gewesen sei und eine Inanspruchnahme noch im Jahr 1999 daher nicht mehr ernsthaft angestanden sei.

Die Beschwerdeführerin habe nicht dargetan, dass die H-Bank im Jahre 1999 ernsthaft daran gedacht hätte, sich an den Kommanditisten schadlos zu halten. Die Vermögenslage spreche vielmehr dafür, dass die H-Bank im Streitjahr keinen Anlass gehabt habe, die Inanspruchnahme der Kommanditisten in Erwägung zu ziehen. Im Übrigen sei die H-Bank auch durch die ansonsten unbelastete Immobilie besichert.

Die Vereinbarung mit der H-Bank sei daher nach Ansicht der belangten Behörde nicht geeignet, das Vorliegen einer grundsätzlichen Nachschusspflicht der Kommanditisten erkennen zu lassen. Die Absicht der Gesellschafter sei darauf gerichtet gewesen, eine Haftungserhöhung der Kommanditisten festzusetzen, um eine höhere Verlustzuweisung einkommensteuerlich geltend machen zu können, ohne dass eine höhere Haftung tatsächlich bereits gegeben wäre.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 21. Februar 2001, 2000/14/0127, 0128, 0129 und 0130, in Bezug auf eine KG ausgesprochen, dass die gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkung des Kommanditisten einer vermögensverwaltenden KG die Zuweisung von über das Ausmaß seiner Hafteinlage hinausgehenden Verlusten steuerlich nicht zulasse, weil der Kommanditist dem seine Einlage übersteigenden Verlustanteil wirtschaftlich nicht zu tragen habe. Die steuerliche Verlustzurechnung an Kommanditisten sei von deren Haftung abhängig und daher bei Fehlen einer Nachschusspflicht mit der Einlage begrenzt. Da Kommanditisten auf Grund ihrer handelsrechtlichen Stellung nicht über mehr die Verfügungsmacht verlieren könnten als über ihre Einlage, finde der bei der Personengesellschaft erfolgte Abfluss von Ausgaben auf der Ebene der Gesellschafter für die Frage der Zuweisung des Verlustes im Ausmaß der Kommanditeinlage seine Grenze. Aus einem Werbungskostenüberschuss resultierende Verlustanteile könnten daher über die Einlage des Kommanditisten hinaus im Jahr der Entstehung nicht den Kommanditisten, sondern nur den Komplementär treffen. Verluste dürften einem Gesellschafter nur zugerechnet werden, wenn sie sich bei ihm wirtschaftlich belastend auswirken könnten. "Die Zurechnung des Werbungskostenüberschusses wird allerdings über die handelsrechtliche Haftung des Kommanditisten hinaus insoweit zu erfolgen haben, als diesem Gesellschafter insbesondere auf Grund einer ernst gemeinten Haftungserweiterungs- bzw. Garantieerklärung für die Gesellschaft eine Inanspruchnahme tatsächlich droht (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 28 Tz 90)".

Die im zitierten Erkenntnis für die Kommanditgesellschaft getroffene Aussage gilt für die Kommanditerwerbsgesellschaft entsprechend. Für die im Beschwerdefall strittige Frage der Zurechnung eines Werbungskostenüberschusses an die Kommanditisten über die im Gesellschaftsvertrag festgelegte Hafteinlage hinaus ist somit entscheidend, ob dem Kommanditisten etwa auf Grund einer ernst gemeinten Haftungserweiterungs- bzw. Garantieerklärung für die Gesellschaft eine Inanspruchnahme für weiter gehende Verluste tatsächlich droht.

Dass die Vereinbarung zwischen der H-Bank einerseits und der Beschwerdeführerin sowie ihren Kommanditisten andererseits eine ernst gemeinte Vereinbarung ist, wird von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.

Unbestritten handelt es sich bei der H-Bank um die Hauptgläubigerin der Beschwerdeführerin. Der weitaus überwiegende Anteil der Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin besteht gegenüber der H-Bank. Diese Verbindlichkeiten stehen mit der eigentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Zusammenhang, nämlich der Errichtung und Vermietung einer Immobilie. Solcherart hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren zutreffend aufgezeigt, dass im Falle von wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Rückzahlung der Verbindlichkeiten gegenüber de H-Bank bzw. die Zinszahlung ins Stocken geraten können und damit die in der Vereinbarung mit der H-Bank festgelegten Voraussetzungen für die Einforderung einer die Nachschusspflicht begründenden Gesellschaftsvertragsänderung gegeben sind. Es ist nicht erkennbar, aus welchem Grund die H-Bank in einer solchen Situation von der ihr in der Vereinbarung vom 11. November 1999 eingeräumten Befugnis nicht Gebrauch machen sollte, wenn die Bedienung der Kredite durch die Beschwerdeführerin nicht mehr hinreichend sichergestellt ist.

Bei dem gegebenen Sachverhalt trifft es nicht zu, dass die Kommanditisten nicht mit der Inanspruchnahme für Verluste der Beschwerdeführerin rechnen müssen. Da die Vereinbarung mit der H-Bank noch im Jahr 1999 Rechtsgültigkeit erlangt hat, hat bereits im Streitjahr die latente Gefahr des Einstehenmüssens für Verluste der Beschwerdeführerin bestanden. Damit sind aber die Voraussetzungen für die Zurechnung von Verlusten an die Kommanditisten über deren Hafteinlage hinaus (bis zum Betrag der möglichen Inanspruchnahme) gegeben, hat doch der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 21. Februar 2001 zum Ausdruck gebracht, dass die Zuweisung steuerlicher Verluste vorzunehmen ist, wenn festgestellt werden kann, dass der Gesellschafter für die Verluste, aus welchen Gründen immer, tatsächlich einzustehen hat. Dass die Kommanditisten im entsprechenden Jahr in Anspruch genommen werden oder aktuell mit ihrer Inanspruchnahme rechnen mussten, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht als Voraussetzung für die Verlustzuweisung angesehen; eine derartige Voraussetzung besteht nicht. Auch im Falle einer vermögensverwaltenden offenen Handelsgesellschaft oder offenen Erwerbsgesellschaft - bei diesen Gesellschaftsformen besteht grundsätzlich keine Einschränkung der Verlustzuweisung - hängt die Zurechnung des Jahresverlustes nicht davon ab, dass im Verlustentstehungsjahr aktuell mit einem Zugriff auf das Vermögen des jeweiligen Gesellschafters zu rechnen ist.

Im genannten Erkenntnis vom 21. Februar 2001 hat der Verwaltungsgerichtshof als eine der möglichen Konstellationen, welche zur Verlustzuweisung über die Hafteinlage hinaus führt, das Abgeben einer Garantieerklärung gegenüber der Kommanditgesellschaft angesehen. Auch dieser Fall der Garantieerklärung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass die Verlustzuweisung nur erfolgen dürfte, wenn im Verlustentstehungsjahr aktuell mit der Inanspruchnahme zu rechnen ist. Entscheidend ist lediglich, dass der Kommanditist im Ernstfall für den Verlust einzustehen hat. Der Verlustzurechnung steht es nicht entgegen, dass im Falle eines günstigen wirtschaftlichen Verlaufes die Inanspruchnahme unterbleibt, weil es der Gesellschaft aus eigener Kraft gelingt, ihre Außenstände abzudecken.

Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, hat die belangte Behörde durch die Verweigerung der begehrten Verlustzuweisung an die Kommanditisten die Rechtslage verkannt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 9. September 2004

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