VwGH 2002/11/0235

VwGH2002/11/023523.5.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dkfm. Mag. Dr. E in W, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth, Dr. Alexander Neurauter und Dr. Martin Neuwirth, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Petersplatz 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. September 2002, Zl. MA 65 - 8/286/2002, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §57 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1 idF 2002/I/081;
FSG 1997 §26 Abs3 idF 2002/I/081;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4 idF 2002/I/081;
AVG §57 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1 idF 2002/I/081;
FSG 1997 §26 Abs3 idF 2002/I/081;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4 idF 2002/I/081;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 26 Abs. 3 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F und G für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab der (am 22. Mai 2002 erfolgten) Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides, entzogen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei angezeigt worden, weil er am 3. November 2001 als Lenker eines Pkws auf einer näher bezeichneten Straßenstelle die innerhalb des Ortsgebietes zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 64 km/h überschritten habe. Die Geschwindigkeitsmessung sei mit dem Geschwindigkeitsmessgerät MU VR 6F 1.941, sohin mit einem technischen Hilfsmittel im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG, festgestellt worden. Die Messtoleranz sei bereits berücksichtigt worden. Der Beschwerdeführer sei mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 2. Mai 2002 rechtskräftig wegen der Übertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 20 Abs. 2 StVO 1960 bestraft worden. Dem Berufungsvorbringen, im Verwaltungsstrafverfahren sei kein Ermittlungsverfahren zum Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung durchgeführt worden, sei zu erwidern, dass dem Beschwerdeführer als Beschuldigtem im Strafverfahren sehr wohl die Ermittlungsergebnisse vorgehalten worden seien, die er unbestritten gelassen habe. Der Beschwerdeführer habe das Ausmaß der ihm angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitung nur allgemein bestritten, ohne auszuführen, weshalb das Messergebnis nicht richtig sein solle und nur eine maßstabgetreue Skizze vom Tatort bzw. ein Lokalaugenschein zur Wahrheitsfindung hätte beitragen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 5. Führerscheingesetz-Novelle BGBl. I Nr. 81/2002) maßgebend:

"Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

...

4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;

...

(4) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

Sonderfälle der Entziehung

§ 26.

...

(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z. 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z. 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 vorliegt - hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

..."

Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe keine ausreichenden Ermittlungen zum Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung durchgeführt. Ihm sei auch kein Parteiengehör zu den Ermittlungsergebnissen gewährt worden.

Dem Beschwerdeführer ist entgegen zu halten, dass die belangte Behörde sich auf die im Verwaltungsstrafverfahren durchgeführten Ermittlungen stützen durfte. Nachdem der Beschwerdeführer in seiner Rechtfertigung vom 19. März 2002 die ihm angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung bestritten hatte, holte die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg als Verwaltungsstrafbehörde von der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos Niederösterreich eine Äußerung ein, der unter anderem das Radarfoto, der Eichschein sowie Lichtbilder vom Ort der Messung angeschlossen waren. Dem Beschwerdeführer wurde dazu Parteiengehör gewährt. Nach der am 2. Mai 2002 von der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg aufgenommenen Niederschrift bekannte sich der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig, worauf das Straferkenntnis verkündet wurde. Der Beschwerdeführer verzichtete auf Rechtsmittel. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid machte der Beschwerdeführer unter anderem geltend, das Straferkenntnis enthalte keine bindende Feststellung über das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, weshalb die Behörde dazu Ermittlungen hätte durchführen müssen. Er begehre in diesem Zusammenhang die Vorlage des Eichscheins, die Vernehmung des die Messung durchführenden Beamten, die Vorlage einer maßstabgetreuen Skizze sowie die Einholung eines verkehrstechnischen Sachverständigengutachten.

Dem Beschwerdeführer war sohin bereits auf Grund des Verwaltungsstrafverfahrens bekannt, dass das verwendete Radargerät nach dem Eichschein vom 18. April 2001 am 15. März 2001 geeicht wurde und die Nacheichfrist erst am 31. Dezember 2004 abläuft. Der neuerlichen Beischaffung des Eichscheines durch die belangte Behörde und der neuerlichen Gewährung von Parteiengehör dazu bedurfte es demnach nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist einem mit der Radarmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzutrauen (siehe dazu unter anderem das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/03/0154, mwN). Da der Beschwerdeführer keine konkreten Umstände vorgebracht hat, die in seinem Fall gegen eine korrekte Messung mit dem verwendeten Radargerät sprechen würden, war die belangte Behörde nicht auch gehalten, ein Gutachten eines Sachverständigen für Verkehrstechnik einzuholen. Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Sachverhaltsannahme, der Beschwerdeführer habe am 3. November 2001 im Ortsgebiet die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 64 km/h überschritten, begegnet demnach keinen Bedenken.

Der Beschwerdeführer macht als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, er habe seinen Rechtsmittelschriftsatz vom 23. Mai 2001 als "Vorstellung in eventu Berufung" bezeichnet, weil er der Auffassung sei, der erstinstanzliche Entziehungsbescheid sei ein Mandatsbescheid, weil ihm kein Ermittlungsverfahren vorangegangen sei. Es hätte daher die Erstbehörde über die Vorstellung entscheiden müssen.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, dass für die Beurteilung der Frage, ob ein Mandatsbescheid vorliegt, allein maßgebend ist, ob sich die Behörde unmissverständlich auf § 57 Abs. 1 AVG gestützt hat (siehe dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), unter E. Nr. 10, 13 und 14 zu § 57 AVG zitierte Rechtsprechung). Der erstinstanzliche Bescheid vom 14. Mai 2002 enthält keinerlei Hinweis auf § 57 Abs. 1 AVG. Auch der in ihm enthaltene Ausspruch gemäß § 64 Abs. 2 AVG betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung sowie die Rechtsmittelbelehrung, in der auf die Möglichkeit der Einbringung einer Berufung hingewiesen wird, lassen keinen Zweifel, dass es sich bei diesem Bescheid um keinen Mandatsbescheid handelt. Die belangte Behörde hat demnach das vom Beschwerdeführer eingebrachte Rechtsmittel zutreffend als Berufung behandelt.

Ausgehend von den unbedenklichen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde hat diese mit Recht das Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG angenommen. Da im Falle der erstmaligen Begehung einer derartigen Übertretung die Entziehungsdauer gemäß § 26 Abs. 3 FSG zwei Wochen beträgt, war die Entziehung für diese Dauer auszusprechen. Von der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung hatte der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2002, G 203/02, u.a., auszugehen.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Mai 2003

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