Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 9. Jänner 2002 forderte die Bundespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 4 in Verbindung mit § 26 Abs. 5 des Führerscheingesetzes auf, binnen vier Monaten nach Zustellung dieses Schreibens ein amtsärztliches Gutachten beizubringen. Bei Nichterfüllen dieser Forderung müsse dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung entzogen werden. Nach den Angaben auf dem im Verwaltungsakt erliegenden Rückschein wurde das Schriftstück vom Beschwerdeführer am 11. Jänner 2002 (persönlich) übernommen. Auf dem Rückschein findet sich auch die Angabe, der erste Zustellversuch habe am 11. Jänner 2002 stattgefunden und die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches sei in das Hausbrieffach eingelegt worden, doch ist die Datumsangabe "11.1.02" durchgestrichen.
Nachdem der Beschwerdeführer (durch seinen Rechtsvertreter) am 28. Jänner eine Berufung zur Post gegeben hatte, brachte der Landeshauptmann von Wien dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14. Februar 2002 zur Kenntnis, dass die Berufung offensichtlich verspätet eingebracht worden sei, weil das Schriftstück schon am 11. Jänner 2002 persönlich übernommen, die Berufung jedoch erst am 28. Jänner 2002 zur Post gegeben worden sei.
Mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 4. März 2002 (zur Post gegeben am selben Tag) nahm der Beschwerdeführer zu diesem Vorhalt Stellung und stellte unter einem den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Begründend wurde ausgeführt, auf dem RSa-Kuvert befinde sich auf der Vorderseite in Druckschrift lediglich die Unterschrift des Übernehmers, nicht jedoch ein Datum. Auf der Rückseite des Briefumschlages befinde sich der übliche Poststempel mit den Ankündigungs- bzw. Hinterlegungsvermerken. Hiebei sei allerdings bei "angekündigt für" das Datum 14. Jänner 2002 samt der Paraphe des Zustellers angeführt. Auf Grund dieses Ankündigungsvermerkes, welcher ja sinnlos wäre, wenn das Kuvert schon am 11. Jänner 2002 übernommen worden wäre, sei die mit der Fristeintragung befasste Mitarbeiterin des Rechtsvertreters, welche seit Jahren die Fristeintragungen zuverlässig durchführe, davon ausgegangen, dass die Zustellung eben beim angekündigten zweiten Zustellversuch am 14. Jänner 2002 vorgenommen worden sei. Es für sie nicht absehbar und erkennbar gewesen, dass der Bescheid entgegen dem Vermerk, der einen zweiten Zustellversuch für 14. Jänner 2002 angekündigt habe, dennoch am 11. Jänner 2002 zugestellt worden sei. Da die Versäumung der Frist zur Einbringung der Berufung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verursacht worden sei, nämlich den Umstand, dass die auf dem RSa-Briefumschlag angeführte Ankündigung eines zweiten Zustellversuchs unrichtig gewesen sei, werde um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ersucht. Beigeschlossen war dem Antrag eine Kopie der Vorderseite und Rückseite des erwähnten RSa-Kuverts. Auf der Vorderseite ist nur die Unterschrift (des Beschwerdeführers als Übernehmer des Schriftstücks) zu erkennen, auf der Rückseite ein rechteckiger Stempel, wobei in der Zeile "angekündigt" das Datum "14.1.02" sowie eine Paraphe aufscheinen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 16. Juli 2002 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom Landeshauptmann von Wien gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Wien aus, ein Irrtum über den Zeitpunkt der bewirkten Zustellung des Bescheides, der offensichtlich in Ermangelung der gehörigen Aufmerksamkeit zu Stande gekommen sei, vermöge einen Antrag auf Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht zu stützen. Es falle jedenfalls unter die Sorgfaltspflicht des Berufungswerbers, seinen Rechtsvertreter über die Zustellung des Bescheides, den der Beschwerdeführer nachweislich persönlich übernommen habe, zu informieren. Die Nichtweitergabe dieser "terminrelevanten Information" durch den Beschwerdeführer sei jedenfalls als eine über den minderen Grad des Versehens hinausgehende Fahrlässigkeit, welche letzten Endes zur Terminsäumnis geführt habe, anzusehen. Dem Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer sei nicht rechtskundig und habe aus diesem Grunde einen Rechtsanwalt mit der Einbringung des Rechtsmittels beauftragt, sei entgegen zu halten, dass es keiner Rechtskundigkeit bedürfe, um eine solche Information an den Rechtsvertreter weiter zu leiten. Dem Beschwerdeführer habe auf Grund der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 9. Jänner 2002 bekannt sein müssen, dass die Rechtsmittelfrist mit der Zustellung zu laufen beginne, dass somit der Umstand der persönlichen Übernahme des Schriftstücks am 11. Jänner 2002 für die rechtzeitige Einbringung der Berufung wesentlich sei. Aus dem Originalbriefumschlag sei die Zustellung mittels persönlicher Übernahme durch den Beschwerdeführer jedenfalls nicht erkennbar gewesen, weshalb es auch keinen Sinn gemacht habe, dem Rechtsvertreter das Originalkuvert zu übersenden, ohne ihn ausdrücklich auf die persönliche Übernahme am 11. Jänner 2002 hinzuweisen. Hätte der Beschwerdeführer dies getan, wäre es zu dem eingewendeten Irrtum gar nicht gekommen. Die Versäumung der Frist sei sohin ausschließlich durch das fahrlässige Verhalten des Beschwerdeführers verursacht worden und könne keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der im Beschwerdefall einschlägige 71 AVG lautet (auszugsweise):
"§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist ... ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten, ... und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft ..."
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 71 AVG, dass der Wiedereinsetzungsantrag ein Vorbringen über seine Rechtzeitigkeit zu enthalten hat und dass anzugeben ist, aus welchem Grund der Antragsteller einen Tatbestand des § 71 Abs. 1 AVG als erfüllt ansieht. Dabei trifft ihn die Obliegenheit, bereits im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund bereits im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen, was aber als Grundlage entsprechende Behauptungen voraussetzt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 4. Dezember 1998, Zlen. 96/19/3315, 3316, 3674 und 3675, und vom 24. Oktober 2000, Zl. 99/11/0158).
Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer am 11. Jänner 2002 persönlich den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 9. Jänner 2002 übernommen hat. Der Beschwerdeführer hat auch in seinem Wiedereinsetzungsantrag nicht etwa vorgebracht, über dieses Datum im Irrtum gewesen zu sein. Zu seiner Vorgangsweise hat er nur vorgebracht, sowohl die Bescheidausfertigung als auch das sie enthaltende Originalkuvert seinem Rechtsvertreter übermittelt zu haben. Im weiteren Verwaltungsverfahren hat er dieses Vorbringen noch mit dem Hinweis darauf präzisiert, über Nachfrage seines Rechtsvertreters angegeben zu haben, er habe das Schriftstück persönlich übernommen und nicht etwa vom Postamt abgeholt. Dass der Beschwerdeführer seinem Rechtsvertreter auch mitgeteilt hätte, wann er das Schriftstück persönlich übernommen habe, wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht vorgebracht.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig, weil es dem Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, im Hinblick auf das Fehlen jeglicher Ausführungen dahingehend, dass er seinem Rechtsvertreter das Datum der persönlichen Übernahme des Schriftstücks mitgeteilt habe, nicht gelungen ist darzutun, dass ihn an der Versäumung der Berufungsfrist kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden traf.
Selbst wenn man aber der Auffassung wäre, dass dem Beschwerdeführer selbst die Bedeutung des Zustelldatums auf Grund besonderer - von ihm freilich nicht vorgebrachter - Umstände nicht bekannt gewesen sein sollte und ihm dies bloß als den minderen Grad des Versehens nicht übersteigendes Verschulden zugerechnet werden dürfe, wäre für ihn nichts gewonnen. Mangels entsprechendem Wiedereinsetzungsvorbringen war nämlich davon auszugehen, dass er von seinem Rechtsvertreter nach dem Datum der persönlichen Übernahme des Bescheides nicht gefragt wurde, dass der Rechtsvertreter sich vielmehr ausschließlich auf die auf der Rückseite des Originalkuverts aufscheinende Datumsangabe verlassen hat. Bei diesem Verhalten des Rechtsvertreters, das dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist, läge aber jedenfalls ein den minderen Grad des Versehens überschreitendes Verschulden vor, muss es einem Rechtsanwalt doch klar sein, dass für die Frage des Beginns des Fristenlaufes der durch den Rückschein im Sinne des § 22 Abs. 1 des Zustellgesetzes beurkundete Zeitpunkt der persönlichen Übernahme (und nicht sonstige Angaben auf dem Briefkuvert) maßgeblich ist.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 17. Dezember 2002
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