VwGH 2002/10/0232

VwGH2002/10/023221.11.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des L R in G, vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Grossmann, Dr. Eduard Klingsbigl, Dr. Robert Lirsch und Mag. Florian Masser, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 27, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 5. November 2002, Zl. LF1-FO-103/030-2002, betreffend forstpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs4 idF 1998/I/158;
AVG §18 Abs4;
AVG §59 Abs1 idF 1998/I/158;
ForstG 1975 §16 Abs1;
ForstG 1975 §16 Abs3;
ForstG 1975 §172 Abs6;
HGB §17 Abs1;
HGB §17 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §18 Abs4 idF 1998/I/158;
AVG §18 Abs4;
AVG §59 Abs1 idF 1998/I/158;
ForstG 1975 §16 Abs1;
ForstG 1975 §16 Abs3;
ForstG 1975 §172 Abs6;
HGB §17 Abs1;
HGB §17 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. März 2002 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (BH) die "Fa. L R" folgende Vorkehrungen im Waldbereich der Parzellen 121 und 122/2 der KG T. zu treffen:

"1. Sie haben von den im beiliegenden Plan gelb gekennzeichneten Waldteilflächen der Parzellen 121 im Ausmaß von 200 m2 und der Parzelle 122/1 im Ausmaß von 150 m2, beide KG T, das gesamte angeschüttete Material mit einer Gesamtkubatur von 300 m3 bis spätestens 30. Mai 2002 zur Gänze zu entfernen.

2. Das Material ist nachweislich auf eine geeignete Deponie zu verbringen und der Behörde ist ein entsprechender Nachweis unaufgefordert vorzulegen."

Als Rechtsgrundlagen wurden § 16 Abs. 1, 2a und b sowie 3 in Verbindung mit § 172 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975 (in der Folge: ForstG) genannt.

Begründend führte die belangte Behörde unter Wiedergabe des Gutachtens des forstfachlichen Amtssachverständigen aus, dass im gegenständlichen Fall eindeutig eine Waldverwüstung vorliege. Dem Beschwerdeführer sei als "ausführende Firma" die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Entfernung des Materials inklusive der entsprechenden Entsorgung bzw. die Wiederaufforstung vorzuschreiben. Als befugten Gewerbetreibenden hätte dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein müssen, dass die Ablagerung von Aushub im Grünland strengen Reglementierungen unterworfen sei. Es wäre daher von ihm zu erwarten gewesen, dass er sich entweder von der Grundeigentümerin vor Beginn der Arbeiten den Bewilligungsbescheid hätte zeigen lassen oder sich selbst über die rechtlichen Erfordernisse bei der Behörde hätte erkundigen müssen. Dies habe er offenbar bewusst unterlassen.

Nach dem in den Verwaltungsakten erliegenden Rückschein wurde dieser Bescheid an "Herrn L R" adressiert und von dessen Ehegattin übernommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen von der "Fa. L R" erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen, jedoch insofern abgeändert, als die Frist zur Durchführung der vorgeschriebenen Maßnahmen bis 31. Mai 2003 verlängert wurde.

Nach der Begründung habe auch die belangte Behörde ein forstfachliches Gutachten eingeholt, nach dem die verfahrensgegenständliche Fläche Teilfläche einer Waldfläche sei, deren Größe weit über 1000 m2 liege. Das angeschüttete Material neige auf Grund des hohen Lehmgehaltes zur Dichtlagerung, wodurch einerseits der Anteil des pflanzenverfügbaren Wassers im Boden sehr niedrig sei, andererseits der Aufschluss des Bodens durch Wurzeln erschwert werde. Das völlige Fehlen der nährstoffreichen Oberbodenhorizonte mache einen Schüttboden mit einem intakten Waldboden nicht vergleichbar. Die vorgenommene Anschüttung stelle daher eine wesentliche Schwächung der Produktionskraft des Waldbodens dar.

Zum Berufungsvorbringen, bei der Erledigung der BH handle es sich um keinen Bescheid, da die dem Beschwerdeführer zugestellte Bescheidausfertigung weder die Unterschrift des Genehmigenden noch eine Beglaubigung der Kanzlei aufweise, sei auf § 18 AVG zu verweisen, wonach bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt würden, die Beisetzung des Namens des Genehmigenden genüge, eine Beglaubigung durch die Kanzlei jedoch nicht erforderlich sei.

Zum weiteren Vorbringen, der Bescheid der BH sei an die "Firma L R" adressiert, doch lasse sich weder aus dem Spruch noch aus der Bescheidbegründung entnehmen, ob "Herr L R" persönlich oder die "Firma L R" verpflichtet werden solle, sei anzumerken, dass Bescheidadressat im Zuge des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens die Firma L R gewesen, sei, die durch Herrn L R vertreten werde. Verpflichteter sei somit eindeutig die Firma.

Gemäß § 16 Abs. 1 ForstG sei jede Waldverwüstung verboten. Dieses Verbot richte sich gegen Jedermann. Die Forstbehörde sei daher im Falle einer Waldverwüstung zum Einschreiten von Amts wegen verpflichtet, ohne Rücksicht darauf, ob die Waldverwüstung vom Waldeigentümer oder von einer anderen Person verursacht worden sei. Der Auffassung des Beschwerdeführers, dass primär die Grundeigentümerin zur Durchführung der Maßnahmen zur Abstellung der Waldverwüstung heranzuziehen gewesen wäre, könne daher nicht beigepflichtet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst - wie bereits im Verwaltungsverfahren - die Auffassung vertreten, die schriftliche Ausfertigung der Erledigung der BH vom 14. März 2002 genüge nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG. Würde die schriftliche Ausfertigung eine originalgetreue Wiedergabe des unterzeichneten Originales darstellen, so müsste die Unterschrift oder Beglaubigung zumindest auf der Kopie ersichtlich sein. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die für Erledigungen, die mittels ADV erstellt worden seien, vorgesehene Begünstigung komme im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung, da der vorliegende Bescheid nicht auf eine solche Weise erstellt worden sei. Unter einer Bescheiderstellung mittels ADV könne nämlich nicht bloß die Heranziehung eines Computers "als moderne Schreibmaschine" verstanden werden, da ansonsten sämtliche Bescheide in den Genuss der Ausnahmebestimmung kämen. Unter einer automationsunterstützten Erstellung eines Bescheides könnten nur solche Erledigungen subsumiert werden, die zu einem wesentlichen Teil auch inhaltlich durch ADV vorgefertigt worden seien, wie etwa

z. B. Verkehrsstrafsachen. Da die belangte Behörde über eine Berufung gegen einen rechtlich nicht existenten Bescheid meritorisch entschieden habe, habe sie ihre funktionelle Zuständigkeit überschritten. Die Unzuständigkeit sei von Amts wegen wahrzunehmen.

Nach § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 hat jede schriftliche Erledigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, haben schriftliche Erledigungen auch die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten. An die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Erledigung mit dem Erledigungstext des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die Genehmigung im Sinne des Abs. 2 aufweist; das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Werden schriftliche Erledigungen vervielfältigt, so bedarf nur das Original einer Unterschrift oder Beglaubigung. Schriftliche Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden sind oder die telegraphisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise übermittelt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.

Für die Wirksamkeit einer solchen Erledigung reicht es - abgesehen von der Notwendigkeit einer im Sinne des § 18 Abs. 2 AVG genehmigten Erledigung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/09/0169) - demnach aus, dass ihre schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde und den Namen des Genehmigenden enthält (vgl. dazu zB. das Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl. 2001/09/0184).

Ob eine Erledigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung hergestellt wurde, ist nicht etwa nur aus der DVR-Nummer, sondern unter anderem auch aus Art und Form, in der Schriftstücke ausgedruckt werden, zu erkennen. Ist es für den Verwaltungsgerichtshof offenkundig, dass die strittige Ausfertigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung hergestellt wurde, so ist die Behauptung, es liege kein Bescheid vor, unrichtig, vielmehr stellt eine solcherart hergestellte Ausfertigung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einen rechtsgültigen Bescheid dar, weil in einem solchen Fall gemäß § 18 Abs. 4 AVG weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung geboten ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 98/03/0273). Bei einer Erledigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung muss es sich nicht um eine "Massenerledigung" handeln (vgl. dazu das Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl. 2001/09/0184).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist im Beschwerdefall offenkundig, dass die strittige Ausfertigung schon im Hinblick auf Art und Form des Ausdruckes sowie der DVR-Nummer mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung hergestellt worden ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die Erledigung der BH einen rechtsgültigen Bescheid darstellt.

In der Beschwerde wird ferner die Auffassung vertreten, der angefochtene Bescheid richte sich an eine rechtlich nicht existente Person, da der "Firma L R" keine Rechtspersönlichkeit zukomme und die Person "L R" ausdrücklich nicht Bescheidadressat sei.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Ein an eine "Firma" gerichteter Bescheid entfaltet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen normativen Gehalt, weil er an eine "Nichtperson" ergeht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 90/16/0015, mwN).

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Mai 1992, VwSlg. 6675F/1992) schadet eine verfehlte Parteibezeichnung aber dann nicht, wenn deutlich erkennbar ist, wen die Behörde als Partei behandelt hat und wem gegenüber der Bescheid erlassen werden sollte. Diese Rechtsprechung wurde auch auf die Fälle der Verwendung des Begriffes "Firma" bei der Bezeichnung des Adressaten angewendet (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. September 2002, Zl. 98/17/0310, mit weiteren Hinweisen).

Zur Frage des Bescheidadressaten hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter anderem darauf hingewiesen, dass dies im Zuge des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens die Firma L R gewesen sei, die "durch Herrn L R vertreten" werde. Damit hat die belangte Behörde - deren Darlegungen offenbar die Auffassung zu Grunde liegt, dass die Verwaltungsübertretung vom Beschwerdeführer im Betrieb seines (möglicher Weise protokollierten) Einzelunternehmens begangen wurde - erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass sie den Beschwerdeführer als Partei des Verfahrens betrachtet hat. Dafür spricht auch die Adressierung des Bescheides der BH an "Herrn L R". Im Übrigen behauptet auch die Beschwerde nicht, dass mit der Bezeichnung "Fa. L R" - im Hinblick auf die Existenz einer diesen Namen tragenden juristischen Person - jemand anderer als der Beschwerdeführer angesprochen sein könnte.

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde eine verfehlte "Ermessensübung" vorwirft, da sie den forstpolizeilichen Auftrag nicht an den Waldeigentümer gerichtet hat, der den Auftrag zu einer Waldverwüstung einem Dritten (gemeint: dem Beschwerdeführer) erteilt habe, ist auf § 16 Abs. 1 ForstG zu verweisen, wonach jede Waldverwüstung verboten ist. Diese Verbot richtet sich ohne Unterschied gegen Jedermann. Die Forstbehörden sind zum Einschreiten von Amts wegen, ohne Rücksicht darauf, ob die Waldverwüstung vom Eigentümer oder von einer anderen Person verursacht worden ist, verpflichtet (vgl. etwa Brawenz/Kind/Reindl, ForstG3 (2005), E 1 zu § 16).

Wurde eine Waldverwüstung festgestellt, so hat die Behörde gemäß § 16 Abs. 3 ForstG die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung der Waldverwüstung und zur Beseitigung derselben vorzukehren. Insbesondere kann sie hiebei in den Fällen des Abs. 2 eine bestimmte Nutzungsart vorschreiben, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist jede Fällung an eine behördliche Bewilligung binden oder anordnen, dass der Verursacher die Gefährdung und deren Folgewirkungen in der Natur abzustellen oder zu beseitigen hat. Privatrechtliche Ansprüche des Waldeigentümers bleiben unberührt.

Danach ist Verpflichteter jedenfalls der Beschwerdeführer.

Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie den Beschwerdeführer, der unbestrittener Maßen die gegenständliche Waldverwüstung verursacht hat, zu den im angefochtenen Bescheid umschriebenen Maßnahmen verpflichtet hat.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. November 2005

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