VwGH 2002/09/0130

VwGH2002/09/01303.6.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Christoph Haffner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Burgfriedstraße 11, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 27. März 2002, Zl. 33.003/18-IV/3/2001, betreffend Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs8 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs9 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §3 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSV 2002 §2 Abs1;
DMSV 2002 §2 Abs2;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs8 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs9 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §3 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSV 2002 §2 Abs1;
DMSV 2002 §2 Abs2;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 23. Oktober 2000 wurde festgestellt, dass die Erhaltung des im Eigentum des Beschwerdeführers befindlichen Bürgerhauses in W, Uplatz, gemäß §1 und § 3 des Denkmalschutzgesetzes (in der Folge DMSG) im öffentlichen Interesse liege. Die Behörde erster Rechtsstufe stützte sich in ihrer Bescheidbegründung auf das eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen, der Folgendes festhielt:

"Das Haus liegt giebelständig in der geschlossenen Verbauung der unteren westlichen Platzfront unweit des F-Platzes. Rückseitig schließt das Gebäude an der ehemaligen Stadtmauer des 13.-

15. Jahrhunderts an, deren Kern in den heutigen Bau integriert noch weiterbesteht und als solcher im Baualterplan von Adalbert Klaar eingetragen ist. Die Parzelle befindet sich in jener Erweiterungszone, die in die 2. Stadtbauperiode fällt und in den Zeitraum 2. Hälfte 12. Jahrhundert bis 1273 einzuordnen ist. Die über Jahrhunderte gewachsene, großteils aus dem Barock stammende Bausubstanz reicht im ältesten Kern bis in die Stadtbefestigungsphase zurück. Seit 1649 wird in diesem Bürgerhaus das Bäckereigewerbe ausgeübt, zwischenzeitlich war hier aber auch eine Bier- und Mostschankgerechtsame radiziert.

Das aus der Bauflucht etwas vortretende Gebäude erstreckt sich über tief gestreckter Parzelle zweigeschossig unter Schopfwalmdach. Seine unregelmäßig vierachsige Straßenfassade wird mit Faschenelementen, Holzläden am Erdgeschoss, Bäckerzeichen und Ausleger gegliedert. Im Erdgeschoss bestehen einige Räume mit Gewölben, darunter eine frühneuzeitliche Stichkappentonne sowie Platzlgewölbe über Korbbogengurten mit Stuckleisten um 1927.

Das Bürgerhaus bildet einen integrierenden Bestandteil bzw. ein wichtiges Strukturelement der Altstadt von W, die in ihrer heutigen Form noch ein weitgehend homogenes Verbauungsgefüge einer mittelalterlichen Stadtanlage darstellt. Die an der Mündung des Sbaches in die b strategisch günstig positionierte Stadt erfuhr um die Mitte des 12. Jahrhunderts bis gegen 1400 unter bischöflich freisingischer Herrschaft planmäßige Ausbauten in fünf Etappen und erlangte um 1500 als stark befestigter Hauptort eines Gauhandelsverbandes mit ca. 250 ansässigen Schmieden im Bereich der niederösterreichischen Eisenwurzen höchste wirtschaftliche Blüte bzw. Bedeutung. Die vom Spätmittelalter bis gegen Ende der Freisinger Herrschaft (1803) prosperierende, auf Eisen verarbeitendem Gewerbe und Handel basierende Wirtschaftsentwicklung fand in der überlieferten urbanen Verbauung ihren architektonischen Ausdruck und ist noch heute weitgehend in der gotischen Grundstruktur bzw. der vorwiegend seit dem 15./16. Jahrhundert gewachsenen Bausubstanz erhalten."

Das Bundesdenkmalamt führte darauf aufbauend rechtlich aus, die Bewertung des Gebäudes durch den Sachverständigen als Denkmal von geschichtlicher, künstlerischer und kultureller Bedeutung sei unbestritten geblieben. Das Vorliegen des öffentlichen Interesses an der Erhaltung dieses Denkmals sei dadurch gegeben, dass durch den in diesem Haus gegebenen frühneuzeitlichen Typus des giebelständigen, tiefgestreckt zweigeschossigen Bürgerhauses, nicht zuletzt auch durch die Einbindung in die ehemalige Stadtmauer die Besonderheiten der alten Eisenstadt W signifikant repräsentiert bzw. dokumentiert würden. Dem Gebäude erwachse aufgrund der gewölbten Räume des Erdgeschosses als Gestaltungsformen bürgerlicher Baukultur während der Freisinger Herrschaftsperiode eine nicht zu vernachlässigende kulturhistorische Aussagekraft. Darüber hinaus komme ihm als Bindeglied in einer geschlossenen Abfolge von denkmalwertigen und fast komplett unter Denkmalschutz gestellten Bürgerhäusern ein erhöhter Stellenwert im Ensemble zu.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. März 2002 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 29 Abs. 1 DMSG keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufs und der Rechtslage sowie unter Bezugnahme auf das vom Sachbearbeiter der belangten Behörde verfasste Ergebnis des am 13. Juni 2001 im Berufungsverfahren in Anwesenheit des bereits in erster Instanz beigezogenen Amtssachverständigen durchgeführten Augenscheins begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung dahin gehend, der Augenschein habe ergeben, dass das berufungsgegenständliche Gebäude von außen und in seinem Inneren eingehend besichtigt worden sei. Bei der Begehung habe der beigezogene Amtssachverständige des Bundesdenkmalamtes auf die wesentlichen Feststellungen in erster Instanz verwiesen. Er habe insbesondere ausgeführt, dass W vom Spätmittelalter bis in das 19. Jahrhundert durch Eisenverarbeitung und Handel eine prosperierende Stadt gewesen sei, in deren Architektur sich bis heute in bemerkenswerter Geschlossenheit die baulichen Zeugnisse dieser Zeit erhalten hätten. Auch das gegenständliche Bürgerhaus, dessen Bausubstanz noch aus der Barockzeit stamme, zähle zu diesen bedeutenden Gebäuden. Das Gebäude habe insbesondere seine historische äußere Erscheinung und seine äußere Proportion bewahrt, wie sie im erwähnten Amtssachverständigengutachten beschrieben seien. Zum Inneren sei allerdings festgestellt worden, dass hier durch Einbauten für die Konditorei samt den dazugehörigen Betriebsräumen, welche vor allem durch den Vater des Beschwerdeführers in der Zwischenkriegszeit und in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt worden seien, nur noch geringe Reste der historischen Bausubstanz vorhanden seien. Insbesondere sei festgestellt worden, dass im Inneren ehemals vorhandene Mauerstrukturen weitestgehend durchbrochen oder überhaupt verloren gegangen und sowohl im Erdgeschoss als auch im ersten Obergeschoss die früheren Binnenstrukturen nur noch in Resten vorhanden seien. Zum Dachgeschoss (zweites Obergeschoss) habe der Berufungswerber ausgeführt, dass dieses 1962 von seinem Vater ausgebaut worden sei. Zum "Platzlgewölbe" im ersten Obergeschoss habe der Berufungswerber angemerkt, dass er nicht sicher sei, ob auch dieses von seinem Vater nach historischem Vorbild errichtet worden sei (wie etwa das "Scheingewölbe" im Verkaufsraum der Bäckerei).

Zusätzlich werde zur Kenntnis gebracht, dass folgende Objekte am Uplatz in W unter Denkmalschutz stünden: Nr. 2 (Teilunterschutzstellung), 7, 8, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 21, 22, 23, 24, 27, 30, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 41, 42, 43, 44. Unterschutzstellungsverfahren liefen hinsichtlich der Häuser Nr. 28, 29, 39, 40.

Dieses Ergebnis des Augenscheins sei dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht worden, dieser habe auch eine Stellungnahme dazu abgegeben, in welcher er sich dadurch verletzt erachtet habe, dass der bereits in erster Instanz tätig gewordene Amtssachverständige auch diesem Verfahren beigezogen worden und nicht lediglich eine (Teil-)Unterschutzstellung der Fassade des Gebäudes erfolgt sei. Vor dem Hintergrund der dargelegten Rechtslage werde festgestellt, dass es sich bei dem gegenständlichen Gebäude um ein im Wesentlichen aus der Barockzeit stammendes Bürgerhaus handle, in welches als älterer Teil die mittelalterliche Stadtmauer "rückwärts integriert" sei. Bedeutung komme dem Gebäude insbesondere auch im Zusammenhang der in ihrem historischen Gefüge erhaltenen W Altstadt zu. Die Bedeutung des gegenständlichen Objekts sei jedoch insofern gemindert, als im Inneren die historischen Strukturen weitgehend verloren seien. Für die Berufungsbehörde sei in diesem Verfahren jedoch nicht entscheidend, dass im Inneren des Gebäudes die historische Bausubstanz nur noch in geringen Resten vorhanden sei und dieses ohne geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung sei, die für sich betrachtet bereits ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der Gebäudes zu begründen vermöchte. Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals sei hinsichtlich des ganzen Gegenstandes zu treffen, der die geforderte (künstlerische, geschichtliche oder sonstige kulturelle) Bedeutung habe und sich zivilrechtlich als Einheit darstelle. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen sei eine Einschränkung der Feststellung auf einen abgegrenzten Teil eines solchen Gebäudes zulässig. Es sei zulässig, ein Gebäude als Ganzes unter Schutz zu stellen, auch wenn dieses (bloß) auf Grund seiner äußeren Erscheinung ein Denkmal darstelle und sein Inneres nicht als eine ausreichende Grundlage für eine Unterschutzstellung anzusehen sei. Diese Judikatur sei auch im Hinblick auf § 1 Abs. 8 DMSG weiterhin maßgeblich, da diese Bestimmung nicht die Voraussetzung einer Teilunterschutzstellung regle, sondern lediglich für jene besonders gelagerten Ausnahmefälle, in welchen eine Teilunterschutzstellung (überhaupt) zulässig sei, besondere Rechtsfolgen anordne. Dies ergebe sich schon aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung und werde durch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage bestätigt. Die Behörde sei daher der Ansicht, dass die Erhaltung des gegenständlichen Objektes (offenbar gemeint: uneingeschränkt) im öffentlichen Interesse gelegen sei.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass in W andere Gebäude nicht unter Schutz stünden, sei darauf hinzuweisen, dass aus der Tatsache, dass andere (auch gleichartige) Bauten nicht unter Denkmalschutz stünden, niemand ein Recht für sich ableiten könne. Ebenso wenig sei daher auch das Vorbringen des Berufungswerbers beachtlich gewesen, welches sich auf das am Oplatz "befundene Wetterhäuschen" beziehe. Auch seien das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den befürchteten wirtschaftlichen Auswirkungen einer Unterschutzstellung nicht relevant, da das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals ausschließlich anhand dessen geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung zu prüfen sei und eine Abwägung mit anderen Interessen (insbesondere auch mit nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichteten Interessen, die die Gemeinde oder das Land zu vertreten hätten) nicht stattzufinden habe. Diese Argumente seien gegebenenfalls in einem Verfahren gemäß § 5 DMSG (Veränderungs- oder Zerstörungsverfahren) beachtlich. Zu der Beiziehung des bereits im erstinstanzlichen Verfahren befassten Amtssachverständigen im Berufungsverfahren werde festgehalten, dass darin keine Befangenheit begründet sei, da in der Erstellung des Gutachtens keine Mitwirkung an der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu sehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 10. Juni 2002, B 898/02- 3, zur Entscheidung abgetretene Beschwerde, in welcher die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer vertritt den Standpunkt, ein öffentliches Interesse könne lediglich an der Erhaltung der Fassade seines Hauses im Rahmen des Ensembleschutzes bestehen, hingegen fehle jedes öffentliche Interesse an der Erhaltung jener Teile des Hauses, die nicht in notwendiger Verbindung mit der Fassade stünden, sowie an Zubehör und dem Bestand der Einrichtung des Hauses.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer dementsprechend die von der Behörde unberücksichtigt gelassene Möglichkeit einer Teilunterschutzstellung, lediglich die Fassade des Hauses betreffend, und die Unzulässigkeit einer Pauschalunterschutzstellung der gesamten Liegenschaft samt Zugehör, Einrichtung und Bestandteilen, geltend.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen Begründungsmängel geltend, da auf sein oben skizziertes, bereits in erster Instanz vorgetragenes Vorbringen nicht ausreichend eingegangen worden sei. Eine Teilunterschutzstellung sei etwa auch hinsichtlich des dem seinen gegenüberliegenden Hause vorgenommen worden.

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes - DMSG, BGBl. Nr. 533/1923, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 170/1999, lauten:

"§ 1. (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ('Denkmale') Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. 'Erhaltung' bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.

(2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

...

(4) Das öffentliche Interesse an der Erhaltung im Sinne des Abs. 1 (Unterschutzstellung) wird wirksam kraft gesetzlicher Vermutung (§ 2) oder durch Verordnung des Bundesdenkmalamtes (§ 2a) oder durch Bescheid des Bundesdenkmalamtes (§ 3) oder durch Verordnung des Österreichischen Staatsarchivs (§ 25a). Bei Ensembles und Sammlungen kann das öffentliche Interesse an der Erhaltung als Einheit nur durch Bescheid des Bundesdenkmalamtes wirksam werden.

(5) Ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Einzeldenkmals, eines Ensembles oder einer Sammlung besteht sowie ob oder wie weit es sich (auch) um eine Einheit handelt, die als einheitliches Ganzes zu erhalten ist, ist vom Bundesdenkmalamt unter Bedachtnahme auf diesbezügliche wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu entscheiden. Bei der Auswahl der Objekte, die unter Denkmalschutz gestellt werden, ist die Bewertung in den vom Bundesdenkmalamt geführten bzw. verfassten Denkmalverzeichnissen zu berücksichtigen. Allgemein anerkannte internationale Bewertungskriterien können in die Beurteilungen mit einbezogen werden. Wenn eine ausreichende Erforschung von Denkmalen - wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen - noch nicht abgeschlossen ist, ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale nur dann zulässig, wenn die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten auf Grund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale andernfalls gefährdet wäre; eine solche Unterschutzstellung kann auch zeitmäßig begrenzt erfolgen.

(6) Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals erfolgt stets in jenem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Unterschutzstellung befindet.

...

(8) Werden nur Teile eines Denkmals geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.

(9) Durch die Unterschutzstellung eines Denkmals werden auch alle seine Bestandteile und das Zubehör sowie alle übrigen mit dem Denkmal verbundenen, sein überliefertes oder gewachsenes Erscheinungsbild im Inneren oder Äußeren mitprägenden oder den Bestand (die Substanz) berührenden Teile mit einbezogen. Dazu zählt auch die auf einen besonderen spezifischen Verwendungszweck des Denkmals ausgerichtete Ausstattung oder Einrichtung, soweit sie auf Dauer eingebracht wurde.

......

§ 3. (1) Bei Denkmalen, die nicht bloß kraft gesetzlicher Vermutung oder durch Verordnung unter Denkmalschutz stehen, gilt ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid)."

Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer sich der historischen und kulturellen Bedeutung sowie der damit indizierten Erhaltungswürdigkeit des in seinem Eigentum befindlichen Objekts hinsichtlich seiner Fassade durchaus bewusst ist, sich also insoweit gegen eine Teilunterschutzstellung nicht stellt, er bestreitet nur die Erhaltungswürdigkeit des gesamten Objekts.

Zutreffend hat die belangte Behörde das gegenständliche, im historischen Kern der Stadt W gelegene Gebäude in seiner äußeren Erscheinungsform nicht nur hinsichtlich des diesem innewohnenden baulichen Charakters als barockes Bürgerhaus, typisch für die Zeit der Prosperität während der Freisinger Herrschaftsperiode, sondern auch hinsichtlich seiner Beziehung und Lage zu den anderen - großteils ebenfalls denkmalgeschützten - Gebäuden des Uplatzes als schützenswert erkannt.

Zutreffend ist auch die Auffassung der belangten Behörde, aus der Tatsache, dass andere gleichartige Bauten im Bereich des Uplatzes (noch) nicht unter Denkmalschutz gestellt wurden, seien keine rechtlichen Konsequenzen für das gegenständliche Verfahren abzuleiten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. März 1982, Zl. 81/12/0194).

Dass sich aber des Weiteren im Inneren des Gebäudes durch Einbauten für die Konditorei samt dazugehörigen Betriebsräumen in der Zwischen- und Nachkriegszeit - mit Ausnahme des in die Rückwand des Hauses integrierten Teiles der mittelalterlichen Stadtmauer sowie der "nur noch in Resten erhaltenen im Erd- und Obergeschoss vorhandenen früheren Binnenstrukturen" - "nur noch geringe Reste der historischen Bausubstanz" erhalten haben, hat die belangte Behörde aufgrund des vorgenommenen Augenscheins ebenfalls festgestellt. Sie lehnte eine nähere Befassung mit der Frage einer bloß teilweisen Unterschutzstellung (unter Ausklammerung der Innenräume und deren Einrichtung) aber mit der Begründung ab, eine solche sei lediglich für "besonders gelagerte Ausnahmefälle" zulässig.

Diese Auffassung erweist sich jedoch in dieser Allgemeinheit als unzutreffend.

Das Denkmalschutzgesetz selbst sieht hinsichtlich der Möglichkeit, nur Teile eines unbeweglichen Objekts als wegen ihrer künstlerischen, geschichtlichen oder sonstigen kulturellen Bedeutung erhaltenswert unter Schutz zu stellen, nichts Ausdrückliches vor, geht aber offenbar stillschweigend von der Zulässigkeit einer solchen Teilunterschutzstellung bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen des § 3 leg. cit. aus, da in der Bestimmung des § 1 Abs. 8 DMSG ausdrücklich darauf Bezug genommen wird. Im gleichen Sinne sieht auch § 2 Abs. 1 letzter Satz der aufgrund der §§ 12, 13 und 28 Abs. 6 DMSG erlassenen Verordnung BGBl. II Nr. 97/2002, vor, dass "über den Umfang der Unterschutzstellung... notwendige klare Abgrenzungen .. in beschreibender und/oder graphischer Form zu erfolgen" haben. Gemäß § 2 Abs. 2 dieser Verordnung ist im Falle einer Teilunterschutzstellung dieser Umstand unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 1 Abs. 8 DMSG im Spruch des Bescheides festzustellen.

Zwar wurde vom Verwaltungsgerichtshof die Unterschutzstellung auch dann als dem Gesetz entsprechend erkannt, wenn ein zu schützendes Gebäude aufgrund fachkundiger Beurteilung in seinem derzeitigen Zustand als Denkmal zwar anzusehen sei, aber nicht in allen Details der ursprünglichen Planung entspreche (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0363), doch ist eine andere Betrachtungsweise dort geboten, wo eben an einem Gebäude nicht mehr bloße "Details" verändert wurden, sondern auch von der ursprünglichen Bausubstanz (hier: im Innern) nichts oder diese nur mehr in klar umgrenzten Bereichen vorhanden ist. Eine Unterschutzstellung auch dieser Teile ließe sich nur im Hinblick auf § 1 Abs. 8 DMSG rechtfertigen, dass sie nämlich "für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig" sind. Gerade im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Abs. 9 DMSG, wonach die Unterschutzstellung auch alle Bestandteile und Zubehör eines Denkmals, sowie alle übrigen mit ihm verbundenen, sein überliefertes oder gewachsenes Erscheinungsbild im Innern oder Äußeren mitprägenden oder den Bestand (die Substanz) berührenden Teile samt Einrichtung und Ausstattung umfasst, darf eine Unterschutzstellung die unbedingt notwendige Eigentumsbeschränkung nicht überschreiten; eine Teilunterschutzstellung ist daher immer dort vorzunehmen, wo sie fachlich ausreichend erscheint. Dass sie überschaubare, abgeschlossene Teile umfassen muss, liegt auf der Hand (siehe auch die in Fürnsinn, Denkmalschutzrecht, S 70 ff abgedruckten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 1 Abs. 8 DMSG 1769 der Blg. zu den Stenographischen Protokollen des NR XX. GP).

Da die belangte Behörde sohin in Verkennung der Rechtslage sich mit der Möglichkeit einer bloß teilweisen Unterschutzstellung des gegenständlichen Objekts nicht ausreichend auseinandergesetzt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit sekundären Verfahrens- und Begründungsmängeln, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 3. Juni 2004

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