VwGH 2002/08/0095

VwGH2002/08/009516.6.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der V in W, vertreten durch Dr. Michael Mathes und Mag. Laurenz Strebl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Marc Aurel-Straße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. Jänner 2002, Zl. Vd-SV-1001-1-253/5/Au, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs2;
KollV Handelsangestellte;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs2;
KollV Handelsangestellte;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. Februar 2001 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Beschwerdeführerin zur Entrichtung von Sonderbeiträgen für die Kalenderjahre 1996 bis 1999 in einer Gesamthöhe von S 48.709,77 (EUR 3.539,88). Begründend wurde ausgeführt, es sei anlässlich einer von der Wiener Gebietskrankenkasse im Verwaltungshilfeverfahren gemäß § 321 ASVG durchgeführten Beitragsprüfung festgestellt worden, dass in den Kalenderjahren 1996 bis 1999 bei den in der Anlage namentlich angeführten Dienstnehmern (Angestellten) regelmäßig bezahlte Umsatzprämien und Umsatzprovisionen bei der Berechnung der Sonderzahlungen außer Acht gelassen worden seien. Die im Betrieb beschäftigten Angestellten unterlägen dem Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs. Der Anspruch auf Weihnachtsremuneration bzw. Urlaubsbeihilfe werde in den Punkten B und C der Gehaltsordnung dieses Kollektivvertrages geregelt. Nach Punkt B erhielten alle Angestellten am 1. Dezember eine Weihnachtsremuneration; diese betrage 100 % des Novembergehaltes. Nach Punkt C erhielten alle Angestellten pro Kalenderjahr beim Antritt ihres gesetzlichen Urlaubes, falls dieser in Teilen gewährt werde, bei Antritt des längeren Teils, bei gleich großen Urlaubsteilen bei Antritt des ersten Urlaubsteiles, spätestens aber am 31. Juli eine Urlaubsbeihilfe; diese betrage 100 % des zum Zeitpunkt des Urlaubsantrittes bzw. am 31. Juli zustehenden Bruttomonatsgehaltes.

Entgegen der Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin seien die im Kollektivvertrag verwendeten Begriffe so zu deuten, dass regelmäßig gewährte Umsatzprämien und Umsatzprovisionen bei der Berechnung der Weihnachtsremuneration und der Urlaubsbeihilfe zu berücksichtigen seien. Im gegenständlichen Fall komme dazu, dass auf diese Zahlungen ein durch den Dienstvertrag geregelter Rechtsanspruch bestehe. Von einer bevollmächtigten Mitarbeiterin des Dienstgebers sei zudem zu Protokoll gegeben worden, es sei bei einigen Dienstnehmern dienstvertraglich geregelt worden, dass man die Prämienzahlungen bei der Sonderzahlungsberechnung berücksichtige.

Die Sonderzahlungen für Dienstnehmer, die dem Kollektivvertrag für Handelsangestellte unterlägen, seien nicht nach dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt, sondern nach dem Bruttomonatsgehalt zu berechnen. Dies bedeute, dass die Berechnung auf Grund des in der Normalarbeitszeit tatsächlich verdienten Entgeltes inklusive allfälliger funktionsgebundener Prämien durchzuführen sei. Der sonst verwendete Begriff "Mindestgehalt" dürfe nicht mit dem Begriff "Bruttomonatsgehalt" verwechselt werden. Unter Bruttomonatsgehalt sei die Gesamtheit der Gegenleistungen für die Erbringung der Arbeitsleistung zu verstehen, wobei der Entgeltbegriff weit auszulegen sei; darunter seien Geld- und Sachleistungen zu verstehen, die dem Dienstnehmer für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt würden, wozu auch einzelvertraglich gewährte Geld- und Sachleistungen zählten, wenn sie für bestimmte Tätigkeiten und deren Dauer gewährt würden. Die "Funktionsgebundenheit" (der Prämien) spreche nicht gegen diese Auffassung.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse. In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde nach eingehender Darstellung der Gehaltsordnung des Kollektivvertrages der Handelsangestellten Österreichs auf mehrere ihrer Meinung nach heranzuziehende Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, aus denen sich ergebe, dass unter "Brutto-Monatslohn" im Zweifel die Gesamtheit der Gegenleistungen für die Erbringung der jeweils vereinbarten Arbeitsleistungen eines Dienstnehmers in der normalen Arbeitszeit zu verstehen sei. Der Begriff "Brutto-Monatslohn" entspreche einem weit auszulegenden Entgeltbegriff, der Geld- und Sachbezüge jeder Art umfasse. Auch Leistungen zusätzlicher Art oder "erfolgsorientierte Entgeltarten" kämen in Frage. Ein Indiz dafür sei die im Abschnitt XIII (Reisekosten- und Reiseaufwandsentschädigung) zu Punkt 5 in der lit. b enthaltene Definition über den "Bruttojahresarbeitslohn", zu welchem sämtliche steuerpflichtigen und steuerfreien Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit außer der Familienbeihilfe zählen würden. Es unterliege nicht der "unkontrollierbaren Vereinbarung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer", welche Vergütungen an Dienstnehmer gemäß § 49 Abs. 1 und 2 ASVG als nicht zum Entgelt gehörend zu behandeln seien, weil dies "auf eine Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen hinauslaufen würde".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die beschwerdeführende Gesellschaft wendet sich gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde, die ausbezahlten Umsatzprämien und Provisionen seien in die Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen einzubeziehen, im Wesentlichen mit dem Argument, die belangte Behörde hätte nicht ohne weiteres das zum Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1999, Zl. 97/08/0439, (und andere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes) auf den vorliegenden Sachverhalt anwenden dürfen, weil für dessen Beurteilung der Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs maßgebend sei. Angestellte mit Provision und Fixum erhielten regelmäßig ihre Sonderzahlungen nur nach Maßgabe des vereinbarten Fixums. Dies sei auch nach dem hier anzuwendenden Kollektivvertrag so.

Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet:

Im Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 97/08/0439, hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass der Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs zwar nicht aussage, ob und gegebenenfalls welche als Zulagen bezeichnete Entgeltbestandteile in den "Bruttowochenlohn" bzw. "Bruttomonatslohn" einzubeziehen seien. Aus der Wortinterpretation des genannten Kollektivvertrages sowie dessen Lohnordnung ergebe sich aber, dass dem Begriff "Bruttowochenlohn" bzw. "Bruttomonatslohn" ein weiter Entgeltbegriff zu Grunde liege. Zu dieser Rechtsauffassung gelangte der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer eingehenden Analyse des Kollektivvertrages und dessen Lohnordnung, in der er die Verwendung der Begriffe "Bruttowochenlohn" bzw. "Bruttomonatslohn" dem Begriff "kollektivvertraglicher Mindestlohn" gegenüberstellte.

Da - soweit ersichtlich - in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine vergleichbare Entscheidung zum Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs fehlt, ist es auch hier erforderlich, den anzuwendenden Kollektivvertrag im gegebenen Regelungszusammenhang zu untersuchen, damit der Inhalt des Begriffs "Bruttomonatsgehalt" festgestellt und so beurteilt werden kann, ob die hier maßgeblichen Umsatzprämien und Umsatzprovisionen in die Berechnungsgrundlage für die Sonderzahlungen einzubeziehen gewesen wären.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte GKK bejahten diese Frage gestützt auf mehrere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes und ein Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 29. August 1990, 9 Ob A 204/90. Die Beschwerdeführerin hält an ihren im Verwaltungsverfahren gegen diese Auffassung vorgetragenen Argumenten fest.

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Nach § 49 Abs. 2 leg. cit. sind Sonderzahlungen Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie z.B. ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld. Sie sind als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfasst werden, zu berücksichtigen.

Da § 49 Abs. 2 ASVG auf den ersten Absatz dieser Gesetzesbestimmung verweist, sind trotz der Wendung "gewährt werden" unter Sonderzahlungen nicht nur solche Geld- und Sachbezüge zu verstehen, die dem pflichtversicherten Dienstnehmer (Lehrling) in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen tatsächlich "zukommen", sondern entweder Geld- und Sachbezüge, auf die er aus dem Dienst(Lehr)verhältnis "in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen" Anspruch hat, ohne Rücksicht darauf, ob sie ihm überhaupt oder in der gebührenden Höhe zukommen, oder die er darüber hinaus in diesen Zeiträumen auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder einem Dritten tatsächlich erhält. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen, wobei in jenen Fällen, in denen kollektivvertragliche Vereinbarungen in Betracht kommen, - entsprechend dem § 3 ArbVG - zumindest das nach diesen Vereinbarungen den Dienstnehmern zustehende Entgelt die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge zu bilden hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 93/08/0141, m.w.N.).

Kollektivverträge sind nach ständiger Judikatur nach den für Gesetze geltenden Auslegungsregeln (§§ 6 und 7 ABGB) auszulegen (vgl. das. Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 93/08/0141).

Soweit die belangte Behörde die hier zu beanwortende Rechtsfrage als eine "durch gesetzliche Bestimmungen" (die daher auch nicht durch Einzelarbeitsverträge umgangen werden dürften) geregelte angesehen hat, irrt sie: die Frage der Bemessungsgrundlage für Sonderzahlungen ist - anders als z.B. jene des § 10 AZG - gesetzlich nicht geregelt. Es liegt daher in der Ingerenz der Partner des Kollektivvertrages, nicht nur festzulegen, ob Sonderzahlungen gebühren, sondern auch die Art und Weise von deren Berechnung - vorbehaltlich günstigerer einzelvertraglicher Regelungen - vorzugeben.

Der belangten Behörde kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie für ihr weites Verständnis der Begriffe des Bruttomonatslohns bzw. des Novembergehaltes die in Punkt XIII 5 b für die Staffelung der Taggelder bzw. Nächtigungsentschädigungen im Zusammenhang mit Reisekosten maßgebende Definition des "Bruttojahresarbeitslohns im Sinne des EStG" argumentativ heranzieht, zu welchem in dieser Bestimmung (ausdrücklich) "sämtliche steuerpflichtigen und steuerfreien Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit, außer der Familienbeihilfe" gezählt werden. In dieser Bestimmung werden nämlich keine Ansprüche von Dienstnehmern auf einen solchen Bruttojahresarbeitslohn geregelt, sondern es wird an Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach dem EStG angeknüpft; dieses knüpft aber seinerseits wieder an das Zuflussprinzip an, und nicht - wie § 49 ASVG - an das Prinzip des Anspruchslohns. Aus einer Anknüpfung des Kollektivvertrages am tatsächlich zugeflossenen oder zufließenden Bruttojahresarbeitslohn im Sinne dieser Definition für Zwecke der Bestimmung des Anspruchs auf Reisekostenersatz können daher keine Rückschlüsse darauf gezogen werden, ob unter Bruttomonatslohn im Sinne der Gehaltsordnung, im besonderen im Zusammenhang mit der Berechnung von Sonderzahlungen, auch Umsatzprovisionen und - prämien zu verstehen sind.

Unter "Bruttowochenlohn" bzw. "Bruttomonatslohn" ist - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 97/08/0439, ausgesprochen hat - im Zweifel die Gesamtheit der Gegenleistungen für die Erbringung der jeweils vereinbarten Arbeitsleistungen eines Arbeiters in der normalen Arbeitszeit zu verstehen.

Anders als in diesem - auch von der belangten Behörde zitierten - Erkenntnis geht es im hier vorliegenden Beschwerdefall aber um die Frage, ob auch (typischerweise) variable, leistungsbezogene Lohnbestandteile, wie Umsatzprovisionen und - prämien (soweit es sich bei diesen Provisionen um laufendes Entgelt und nicht um Sonderzahlungen handelt - vgl. das zu dieser Frage zuletzt ergangene Erkenntnis vom 17. März 2004, Zl. 2001/08/0015) als Teil des "Novembergehaltes" bzw. des "Bruttomonatslohns" in die Berechungsgrundlage für die Sonderzahlungen einzubeziehen sind. Dies ist nicht schon etwa dann zu bejahen, wenn andere Entgeltbestandteile, wie z.B. regelmäßig gewährte Zulagen, in diese Berechnungsgrundlage einzubeziehen wären. Wie aus der Begründung des von der belangten Behörde zitierten Erkenntnisses vom 20. Juni 2001, Zlen. 96/08/0291, 0292, (zum Kollektivvertrag für Angestellte in der Industrie) hervorgeht, hat der Verwaltungsgerichtshof schon bisher im Zusammenhang mit der Bemessung der Sonderzahlungen zwischen nach Zeitabschnitten bemessenen Entgeltbestandteilen einerseits und Provisionen andererseits unterschieden: Er hat in diesem Erkenntnis monatlich gewährte Treueprämien ua. mit einem Hinweis auf eine Regelung, auf Grund der die Sonderzahlungen für Provisionsvertreter aus "nicht leistungsabhängigen Entgeltbestandteilen" gebildet würden, in die Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen einbezogen (vgl. ferner das - unter Hinweis auf das zum Kollektivvertrag der Angestellten bei Wirtschaftstreuhändern ergangene Erkenntnis vom 17. März 1988, Zl. 87/08/0237 - in ähnlichem Sinne argumentierende Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 94/08/0007, betreffend die Einbeziehung von monatlich gewährten Bildschirmzulagen in die Bemessungsgrundlage für Sonderzahlungen nach dem Kollektivvertrag für Rechtsanwaltsangestellte in Tirol).

Auch für die Frage, ob nach dem hier anzuwendenden Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs die Umsatzprovisionen und -prämien in die Berechnung der Sonderzahlungen einzubeziehen sind, müssen - bei Fehlen einer ausdrücklichen Definition der Berechnungsgrundlage - die Bestimmungen des Kollektivvertrages über die Berechnung der Sonderzahlungen in ihrem systematischen Zusammenhang untersucht werden, um allenfalls aus dem Regelungszusammenhang Rückschlüsse ziehen zu können (vgl. auch insoweit das Erkenntnis vom 17. März 1988, Zl. 87/08/0237).

Da der Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs auf Provisionsansprüche jener Angestellten, die nicht Reisende oder Platzvertreter mit Provision sind, überhaupt nicht Bedacht nimmt, solche Provisionsansprüche also weder in Bezug auf die Berechnung der Sonderzahlungen noch auf andere Belange näher regelt, ist somit auch der für Platzvertreter oder Reisende mit Provision geltende Teil des Kollektivvertrages in die Überlegungen einzubeziehen: Nach den Feststellungen der belangten Behörde erhalten Platzvertreter und Reisende mit Provision, die neben der Provision ein Fixum beziehen, als Sonderzahlungen eine Weihnachtsremuneration (nur) in Höhe des Novemberfixums und eine Urlaubsbeihilfe in Höhe des zum Zeitpunkt des Urlaubsantrittes bzw. am 31. Juli zustehenden Fixums, wobei sich aus dem Zusammenhalt mit Abschnitt A Z. 1 lit. d letzter Satz ergibt, dass das Fixum mindestens die Höhe der jeweiligen Mindestgehälter der Beschäftigungsgruppe 3 oder 4 erreichen muss. Ferner erhalten Platzvertreter und Reisende, mit denen nur eine Provision (also kein Fixum) vereinbart wurde, am 31. Dezember eines jeden Jahres Sonderzahlungen nur insoweit, als sie mit ihrem im abgelaufenen Kalenderjahr ins Verdienen gebrachten Provisionseinkommen einschließlich des Urlaubsentgelts und allfälligen Krankenentgelts, aber ausschließlich des Überstundenentgelts, das Vierzehnfache eines näher bezeichneten Durchschnittssatzes der Gehaltsgruppen 3 bzw. 4 nicht erreicht haben. In jenen Fällen, in denen Provisionen neben einem Fixum vereinbart wurden, sieht der Kollektivvertrag also nur das Fixum als Grundlage für die Bemessung der Sonderzahlungen vor, wenn aber nur Provisionen vereinbart wurden, steht eine Sonderzahlung grundsätzlich nicht zu; wenn und solange diese Provisionen das auf das Jahr bezogenen Mindestentgelt des Vierzehnfachen eines Durchschnittsbezuges der Gehaltsgruppe 3 bzw. 4 nicht erreichen, sind sie in Form einer Sonderzahlung lediglich auf diesen Betrag aufzustocken.

Wenn aber Provisionen in jenen Fällen, in denen sie berufstypisch sind, nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages nicht in die Bemessung der Sonderzahlungen einbezogen werden, dann gilt dies - wenn nicht Gegenteiliges angeordnet ist - im Zweifel analog auch für jene Fälle, in denen der Dienstgeber mit Angestellten, die nach dem Entlohnungsbild des Kollektivvertrages typischerweise mit Fixbezügen (allenfalls zuzüglich diverser Zulagen) entlohnt werden, in bestimmten Fällen - unternehmensbezogen - zusätzlich zu diesen Fixbezügen auch Provisionsansprüche vereinbart hat. Mangels einer ausdrücklichen gegenteiligen Regelung im Arbeitsvertrag ist daher auch in solchen Fällen davon auszugehen, dass nur das "Fixum", d.h. der regelmäßige Monatsbezug (allenfalls einschließlich bestimmter Zulagen) für die Berechnung der Sonderzahlungen heranzuziehen ist.

Dieses Ergebnis wird noch durch die Überlegung erhärtet, dass im Kollektivertrag der Handelsangestellten Österreichs sowohl für die Berechnung der Weihnachtsremuneration als auch der Urlaubsbeihilfe (Abschnitt B lit. d und Abschnitt C lit. f des Anhangs) eine Methode zur Berechnung der Bemessungsgrundlage für typischerweise in monatlich jeweils unterschiedlichem Ausmaß anfallende Umsatzprovisionen nicht vorgesehen ist (wie z.B. der Durchschnitt der Provisionszahlungen während der letzten 13 Wochen vor der Fälligkeit der Sonderzahlung), während sich solche Formeln nach den Feststellungen der belangten Behörde in anderen Zusammenhängen im Kollektivvertrag wohl finden.

Eine Einbeziehung der Provisionen in den Bruttomonatslohn oder das "Novembergehalt" als Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen ist daher nur insoweit vorzunehmen, als dies entweder in (insoweit gegenüber dem Kollektivvertrag günstigeren) Einzelarbeitsverträgen vorgesehen ist oder ein solcher Anspruch allenfalls auf Grund der Gleichbehandlungspflicht des Arbeitgebers auch anderen Arbeitnehmern zusteht (vgl. dazu z.B. Spielbüchler, Arbeitsrecht I4, 337 ff mit zahlreichen Judikaturhinweisen).

Da die belangte Behörde jedoch davon ausgegangen ist, dass die Provisionen in jedem Fall in die Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen nach dem Kollektivvertrag der Handelsangestellten einzubeziehen ist, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Ob das zu Umsatzprovisionen Gesagte auch für jene Zahlungen gilt, die in den Verwaltungsakten als "Umsatzprämien" bezeichnet werden, lässt sich ohne Kenntnis der näheren Modalitäten dieser Ansprüche, insbesondere ob es sich um provisionsgleiche Zahlungen handelt, sodass die vorstehenden Ausführungen auch auf die Umsatzprämien zu übertragen sind, derzeit nicht endgültig beurteilen. Diesbezüglich wird die belangte Behörde gegebenenfalls die erforderlichen Feststellungen zu treffen und sodann diese Frage neuerlich zu beanworten haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Juni 2004

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