Normen
AlVG 1977 §21 Abs1;
AlVG 1977 §21 Abs2;
BAG 1969 §1;
BAG 1969 §17 Abs1;
AlVG 1977 §21 Abs1;
AlVG 1977 §21 Abs2;
BAG 1969 §1;
BAG 1969 §17 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin besuchte vom Jahr 1997 bis zum Jahr 2000 eine Hotelfachschule und absolvierte im Jahr 1998 und vom 1. Juni bis zum 31. August 1999 jeweils ein im Rahmen dieser Ausbildung verpflichtend vorgeschriebenes Praktikum. Am 21. Juni 2000 sowie in der Zeit vom 3. Juli 2000 bis zum 27. Mai 2001 war die Beschwerdeführerin als Arbeiterin beschäftigt. In der Folge stellte sie - gemäß dem angefochtenen Bescheid: am 28. Mai 2001 - einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach der Aktenlage war kein früherer Bezug gegeben.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Höhe des Arbeitslosengeldes der Beschwerdeführerin ab 28. Mai 2001 mit täglich EUR 8,52 festgesetzt. Begründend zog die belangte Behörde bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes die beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherte Beitragsgrundlage für das Kalenderjahr 1999 heran, die ausschließlich auf Grund des Entgelts, das die Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Praktikums bezog, gebildet worden ist. Die Zeiten des Pflichtpraktikums seien den Zeiten des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung nicht gleichzuhalten, weshalb die Heranziehung einer allenfalls für die Beschwerdeführerin günstigeren Bemessungsgrundlage nicht in Frage komme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 21 Abs. 1 und 2 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 lauten:
"§ 21. (1) Für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen die nach den vorstehenden Sätzen heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so sind jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. Durch Teilung des Entgelts der maßgeblichen Jahresbeitragsgrundlagen durch zwölf ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Zeiten, in denen der Arbeitslose infolge Erkrankung (Schwangerschaft) nicht das volle Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen hat, sowie Zeiten des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung, wenn es für den Arbeitslosen günstiger ist, bleiben bei der Heranziehung der Beitragsgrundlagen außer Betracht. In diesem Fall ist das Entgelt durch die Zahl der Versicherungstage zu teilen und mit 30 zu vervielfachen. Jahresbeitragsgrundlagen, in denen der Bezug von Karenz(urlaubs)geld bei Teilzeitbeschäftigung enthalten ist, bleiben außer Betracht.
(2) Liegen noch keine Jahresbeitragsgrundlagen vor, so ist für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind anteilsmäßig zu berücksichtigen. Durch Teilung des Entgelts der letzten sechs Kalendermonate durch sechs ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Abs. 1 fünfter und sechster Satz ist anzuwenden."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Erkenntnissen vom 22. Dezember 2004, Zl. 2004/08/0216, und vom 26. Jänner 2005, Zl. 2004/08/0173, ausgesprochen, dass sich im Falle der Anwendung von § 21 Abs. 1 AlVG, somit bei Vorliegen vorgemerkter Jahresbeitragsgrundlagen, die über Lehrlingsentschädigungen getroffene Regelung des § 21 Abs. 1 fünfter Satz AlVG dahingehend auswirke, dass dann, wenn es eine andere vorgemerkte Jahresbeitragsgrundlage, die nach § 21 Abs. 1 AlVG in Frage kommen kann, als jene im Sinne des § 21 Abs. 1 erster oder zweiter Satz AlVG gibt, diese heranzuziehen ist, wenn das für den Arbeitslosen günstiger ist. Mangels Vormerkung von Arbeitsverdiensten beim Hauptverband ist ein solcher Günstigkeitsvergleich auf Grund des letzten Satzes des § 21 Abs. 2 AlVG anhand der Bezüge der letzten sechs Monate durchzuführen, wobei eine Heranziehung dieser Arbeitsentgelte ausschließlich aus dem Grunde der Günstigkeit nicht möglich ist.
Die Beschwerdeführerin vertritt in der Beschwerde die Ansicht, dass ein solcher Günstigkeitsvergleich nicht nur im Falle des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung anzustellen sei, sondern auch dann, wenn im Rahmen einer Ausbildung ein Praktikum verpflichtend vorgesehen sei. Das Pflichtpraktikum sei mit der Lehrlingsausbildung vergleichbar und diene wie diese der Ergänzung und Vervollkommnung der in den praktischen Unterrichtsgegenständen erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie der Formung der Persönlichkeit durch die Auseinandersetzung mit der Berufswirklichkeit. Der Arbeitgeber müsse sich um die Ausbildung des Praktikanten in dem vom Lehrplan vorgeschriebenen Rahmen bemühen. Das konkrete Arbeitsverhältnis sei dem Kollektivvertrag für das Hotel- und Gastgewerbe sowie den sonstigen arbeitsrechtlichen Vorschriften, nach denen den Praktikanten eine Entlohnung mindestens in Höhe der Lehrlingsentschädigung gebühre, unterlegen. Zudem sei in § 21 Abs. 1 AlVG nicht von Lehrlingen, sondern vom Bezug einer Lehrlingsentschädigung die Rede, weshalb auch Personen, die keine Lehrlinge seien, aber in Ausbildung stünden und eine Lehrlingsentschädigung erhielten, von dieser Bestimmung umfasst würden.
Die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht findet allerdings im Wortlaut der in Rede stehenden Regelung keine Deckung:
Zunächst ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass sie während des "Pflichtpraktikums" nicht als in einem Ausbildungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 11 ASVG stehend versichert gewesen ist (diesfalls wäre sie nicht gemäß § 1 AlVG arbeitslosenversichert und es wären allfällige Bezüge auch nicht gemäß § 21 Abs. 1 AlVG zur Bildung der Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld heranzuziehen gewesen); sie war vielmehr nach der Aktenlage als "Arbeiterin" (dh. als in einem Beschäftigungsverhältnis gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG stehend) voll- und arbeitslosenversichert.
Der Gesetzgeber hat im § 21 Abs. 1 AlVG jene Bezüge, die unter bestimmten Voraussetzungen nicht in die Bemessungsgrundlage für die Höhe des Arbeitslosengeldes Eingang finden sollten, im Einzelnen dargestellt. Darunter fallen auch "Zeiten des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung". Eine Lehrlingsentschädigung, zu deren Bezahlung der Lehrberechtigte verpflichtet ist, gebührt einem Lehrling (§ 17 Abs. 1 Berufsausbildungsgesetz (BAG)). Lehrlinge im Sinne des BAG sind Personen, die auf Grund eines Lehrvertrages zur Erlernung eines in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberufs bei einem Lehrberechtigten fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet werden (§ 1 BAG).
Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Gesetzgeber den Begriff der Lehrlingsentschädigung in der Bestimmung des § 21 Abs. 1 AlVG anders verstanden wissen wollte, als er im BAG - als Entgelt eines Lehrlings - umschriebenen ist. Demnach kommt der in Rede stehende Günstigkeitsvergleich nur in Bezug auf Zeiten in Betracht, in denen der Arbeitslose als Lehrling in einem Lehrverhältnis eine Lehrlingsentschädigung bezogen hat. Dies ist vorliegend unstrittig nicht der Fall.
Eine analoge Anwendung des Tatbestandes auf Zeiten des Bezuges eines Entgelts im Rahmen eines Pflichtpraktikums scheidet deshalb aus, weil diesbezüglich keine Gesetzeslücke vorliegt; es wurden nämlich jene Fälle, in denen der Arbeitslose weniger Entgelt bezieht, einzeln aufgezählt (Schwangerschaft, Beschäftigungslosigkeit, Bezug einer Lehrlingsentschädigung), ohne dass angenommen werden könnte, dass auch andere Sachverhalte (wie z. B. Beschäftigungsverhältnisse in Teilzeit oder mit aus anderen Gründen geringer Entlohnung) von dieser Regelung umfasst werden sollen. Es handelt sich dabei um eine abschließende Aufzählung, die den Fall des Bezuges eines Entgelts im Rahmen eines Dienstverhältnisses auch dann nicht einschließt, wenn es sich um ein Pflichtpraktikum im Rahmen einer Schulausbildung handelt.
Die Regelung ist auch nicht unsachlich, weil sie auf die besondere soziale Situation der betroffenen Gruppen abstellt.
Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde von der Anwendung der für den Bezug einer Lehrlingsentschädigung vorgesehenen Bestimmung auf den vorliegenden Sachverhalt zutreffend abgesehen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 23. Februar 2005
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