VwGH 2002/05/1008

VwGH2002/05/100820.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde des G S in I, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in Graz, Brockmanngasse 91, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 4. Juli 2002, Zl. 5-BB-105- 45/2-7, betreffend Nichtigerklärung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs4;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §19;
BauG Bgld 1997 §2 Abs6;
BauG Bgld 1997 §33;
BauRallg;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs4;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §19;
BauG Bgld 1997 §2 Abs6;
BauG Bgld 1997 §33;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 1080, das zur Gänze vom Grundstück Nr. 1079 umschlossen ist, sowie auch des letztgenannten Grundstückes.

Mit Zustimmung des Grundeigentümers und nunmehrigen Beschwerdeführers hat W. H. um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Barbetriebes auf dem Grundstück Nr. 1080 angesucht, wobei nach der Baubeschreibung und den eingereichten Plänen ein bestehendes Wohnhaus umgebaut werden sollte.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 20. November 2001 wurde dem Baubewerber die baubehördliche Bewilligung zur Änderung des Baues erteilt. Dagegen hat die Gemeinde Minihof-Liebau Berufung erhoben. Diese Berufung wurde von der belangten Behörde als Berufungsbehörde mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

Anlässlich des Berufungsverfahrens stellte die belangte Behörde fest, dass eine direkte Zufahrtsmöglichkeit zum Grundstück Nr. 1080 über einen öffentlichen Verkehrsweg nicht gegeben sei. Der Bürgermeister der Gemeinde Minihof-Liebau teilte über Anfrage der belangten Behörde mit, dass seit der Bauverhandlung am 12. November 2001 keine Bautätigkeit mehr durchgeführt worden sei. Mit einem Schreiben vom 25. Februar 2002 beantragte ein C. K. die Erlaubnis für die Fertigstellung der Außenanlage und der Fassade des beschwerdegegenständlichen Gebäudes, was die Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf in einem an C. K. gerichteten Schreiben vom 13. März 2002 an C. K. unter Hinweis auf die mangelnde Rechtskraft des Bescheides infolge der Berufung der Gemeinde (!) für unzulässig erachtete. Nach Vorhalt der beabsichtigten Nichtigerklärung wegen Fehlens einer Zufahrt an W. H. (der Vorhalt wurde durch Hinterlegung an der zuletzt bekannten Adresse zugestellt) hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG i.V.m.

§ 3 Z. 6 und § 33 Z. 2 des Burgenländischen Baugesetzes den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 20. November 2001 für nichtig erklärt. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde ausgeführt, nach § 3 Z. 6 des Burgenländischen Baugesetzes seien Bauvorhaben nur auf für die Bebauung geeigneten Grundstücken zulässig, wenn sie verkehrsmäßig erschlossen seien und ihre Ver- und Entsorgung gewährleistet sei. Da im gegenständlichen Fall weder eine Zufahrtsmöglichkeit über einen öffentlichen Verkehrsweg noch ein grundbücherlich sichergestelltes Wegerecht vorliege, fehle eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Bauvorhabens.

Dieser Bescheid wurde W. H., dem Beschwerdeführer sowie der Gemeinde Minihof-Liebau und der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Hilfsweise wird Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 4 AVG können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet. Gemäß § 33 des Burgenländischen Baugesetzes leiden Bescheide, die gegen Bestimmungen dieses Gesetzes sowie gegen § 20 Abs. 1 und § 26 Abs. 3 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1989 in der jeweils geltenden Fassung, verstoßen, an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler. Eine Nichtigerklärung ist nur zulässig:

1. Im Fall des § 20 Abs. 1 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969 in der jeweils geltenden Fassung, innerhalb von zwei Jahren nach Zustellung der Baubewilligung,

2. in allen übrigen Fällen innerhalb von vier Wochen nach Baubeginn.

Gemäß § 3 Z. 6 des Burgenländischen Baugesetzes sind Bauvorhaben nur auf für die Bebauung geeigneten Grundstücken zulässig, wenn sie verkehrsmäßig erschlossen sind und ihre Ver- und Entsorgung gewährleistet ist.

In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde zunächst aus, der Beschwerdeführer, der nicht gleichzeitig Bauwerber sei, sei nicht Partei des Baubewilligungsverfahrens, demnach könne eine Nichtigerklärung nicht in seine Rechtssphäre eingreifen, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen sei.

Demgegenüber vertritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde die Auffassung, da gemäß § 22 des Burgenländischen Baugesetzes Bescheiden nach diesem Gesetz dingliche Wirkung zukomme, komme ihm als Grundeigentümer aus der rechtskräftig erteilten Baubewilligung das Recht zu, in die Rechtsstellung des Bauwerbers einzutreten.

§ 19 Bgld. BauG regelt das Erlöschen einer rechtskräftigen Baubewilligung. Solange eine Baubewilligung aber rechtswirksam ist, kann sie dem baurechtlichen Konsens entsprechend ausgenutzt werden. Die Berechtigung zur Ausnutzung einer rechtskräftigen Baubewilligung ist nicht an die Person des Bauwerbers gebunden. Es kann daher auch ein Dritter, der nicht Partei des Baubewilligungsverfahrens war, zur Ausnutzung der Baubewilligung berechtigt sein. Grundsätzlich wird es sich hierbei um den Bauträger im Sinne des § 2 Abs. 6 Bgld. BauG handeln.

In einem Verfahren über die Nichtigerklärung einer aufrechten Baubewilligung hat daher nicht unbedingt der (ursprüngliche) Bauwerber Parteistellung. Die Behörde muss zunächst vielmehr prüfen, wer zur Ausnützung der rechtskräftigen und noch rechtswirksamen Baubewilligung berechtigt ist. Entsprechende Erhebungen werden vor allem dann erforderlich sein, wenn mit der Durchführung des Vorhabens noch nicht begonnen worden ist, weil in diesem Fall auch noch nicht offenkundig ist, wer Bauträger sein wird. Steht nicht von vornherein zweifelsfrei fest, dass allein ein vom Grundeigentümer verschiedener Bauwerber zur Ausnutzung der rechtskräftigen Baubewilligung berechtigt ist, wird die Behörde (zunächst) davon auszugehen haben, dass dem Grundeigentümer das subjektive öffentliche Recht, einen Bau nach Maßgabe der bewilligten Pläne zu errichten zusteht (zum Wesen der Baubewilligung siehe das hg. Erkenntnis vom 23. September 2002, Zl. 2002/05/0787). Der Grundeigentümer kann nämlich grundsätzlich mit den Mitteln des Privatrechtes das bewilligte Bauvorhaben verhindern, weshalb schon im Baubewilligungsverfahren seine Zustimmung gefordert wird (siehe § 18 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 Z. 2 Bgld. BauG). Verschiedene Verpflichtungen, die im (mittelbaren oder unmittelbaren) Zusammenhang mit einer Baubewilligung stehen, müssen vom Grundeigentümer erfüllt werden (beispielweise seien erwähnt: Grundabtretung gemäß § 8 Bgld. BauG und Verpflichtungen im Rahmen der Durchführung des Bauvorhabens und der Bauaufsicht gemäß §§ 24 ff Bgld. BauG). Soferne im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorkommt, ist daher im Verfahren über die Nichtigerklärung der Baubewilligung die Parteistellung des Grundeigentümers zu bejahen.

Die belangte Behörde konnte im Beschwerdefall auf Grund des Einschreitens des C. K. vor der Baubehörde im Verfahren über die Nichtigerklärung der Baubewilligung nicht mehr davon ausgehen, dass W. H. (allein) zur Ausnutzung der rechtskräftigen Baubewilligung berechtigt ist. Sie wäre daher verpflichtet gewesen, Erhebungen darüber zu machen, wer berechtigt ist, von der Baubewilligung Gebrauch zu machen und den Beschwerdeführer als Grundeigentümer jedenfalls dem Verfahren beizuziehen.

Ausgehend von der irrigen Rechtsansicht, dem Beschwerdeführer komme im Nichtigkeitserklärungsverfahren betreffend eine Baubewilligung keine Parteistellung zu, hat es die belangte Behörde unterlassen, vor Bescheiderlassung dem Beschwerdeführer Mitteilung von der beabsichtigten Nichtigerklärung zu machen. Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil der Beschwerdeführer u.a. in der Beschwerde ausgeführt und mit einem Grundbuchsauszug belegt hat, dass sowohl das Grundstück Nr. 1080 als auch dieses umschließende Grundstück Nr. 1079 in seinem Eigentum stehe. Eine direkte Zufahrtsmöglichkeit sei über einen öffentlichen Verkehrsweg insofern gegeben, als das Grundstück Nr. 1079 an öffentliche Verkehrswege anschließt und es im Falle des identen Eigentümers keiner grundbücherlich sichergestellten Zufahrt bedürfe.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde überdies verkannt, dass es sich nicht um die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Neubaues handelte, sondern nur um einen Umbau und eine Änderung der Widmung. Da nur die Änderung der Raumeinteilung und die Widmungsänderung bewilligt wurde, durfte die belangte Behörde aber nicht davon ausgehen, dass für den konsentierten Altbestand keine direkte Zufahrtsmöglichkeit zu einem öffentlichen Verkehrsweg gegeben war, zumal der vorgelegte Verwaltungsakt diesbezüglich keinerlei Hinweise bietet.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen entspricht der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung BGBl. I 1998/158, weil die Unterschrift des Genehmigenden bei mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten Bescheiden nicht erforderlich ist. Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift dargelegt, dass der Bescheid mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden ist.

Die Burgenländische Landesregierung ist auch in der Rechtsmaterie "Bauangelegenheiten" die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde und damit grundsätzlich zuständig, in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG Baubewilligungsbescheide, die an einem ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leiden, für nichtig zu erklären.

Da schon aus den o.a. Gründen (Umbaubewilligung und Identität des Eigentümers des Baugrundstückes und des dieses umschließenden Grundstückes) die Voraussetzungen für eine Nichtigerklärung nicht gegeben waren, war auf das weitere vom Beschwerdeführer vorgetragene Argument, die Vier-Wochen-Frist des § 33 Z. 2 des Burgenländischen BauG sei nicht eingehalten worden, nicht mehr einzugehen.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Dezember 2002

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