Normen
MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;
MeldeG 1991 §17 Abs4;
MeldeG 1991 §2 Abs3 Z2;
MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;
MeldeG 1991 §17 Abs4;
MeldeG 1991 §2 Abs3 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides und der weiters vorgelegten Beilagen (Schriftverkehr im Verwaltungsverfahren) geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Die 1924 geborene, verheiratete Betroffene, E.F., ist Hausfrau und ist mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde des beschwerdeführenden Bürgermeisters, Dornbirn (kurz: D), mit weiterem Wohnsitz in der Gemeinde des mitbeteiligten Bürgermeisters, Feldkirch, gemeldet. In der sie betreffenden Wohnsitzerklärung heißt es, sie halte sich 365 Tage im Jahr am weiteren Wohnsitz auf.
Der Beschwerdeführer brachte in einer Stellungnahme vom 16. Oktober 2001 vor, die Betroffene sei als Pflegling in Feldkirch in einer Heil- und Pflegeanstalt untergebracht. Da sie in D bereits mit Hauptwohnsitz gemeldet sei, sei sie gemäß § 2 Abs. 3 MeldeG in Feldkirch nicht anzumelden. Dem Reklamationsantrag sei daher nicht stattzugeben.
Der Ehemann der Betroffenen teilte mit Schreiben vom 31. Oktober 2001 mit, es hätten sich zwischenzeitlich keine Änderungen im Vergleich zur Wohnsitzerklärung ergeben. Er lege Wert darauf, dass der Hauptwohnsitz seiner Ehefrau in D erhalten bleibe, weil sie 75 Jahre dort gewohnt habe. Infolge eines Schlaganfalles könne seine Frau leider nicht mehr selbst dazu Stellung nehmen.
Der beschwerdeführende Bürgermeister verblieb in einer Äußerung vom 9. November 2001 auf seinem Standpunkt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Hauptwohnsitz der Betroffenen in D aufgehoben und die Ummeldung innerhalb eines Monates aufgetragen.
Die belangte Behörde stellte fest, die Betroffene sei seit Dezember 1999 mit weiterem Wohnsitz an jener Anschrift in Feldkirch gemeldet. Sie habe einen Schlaganfall erlitten und halte sich das ganze Jahr über in einer näher bezeichneten Einrichtung in Feldkirch auf. Sie sei seit Geburt mit Hauptwohnsitz in D gemeldet, wo sie sich an keinem Tag im Jahr aufhalte. Am Wohnsitz in D wohne ihr Ehemann. Die Frage nach Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften werde für beide Wohnsitze verneint.
Begründend heißt es insbesondere weiters, daraus ergebe sich, dass sich die Betroffene ausschließlich in Feldkirch aufhalte. Die vom Gesetz geforderte Mittelpunktqualität des Wohnsitzes in Feldkirch sei daher jedenfalls gegeben. Demgegenüber könne der Wohnsitz in D nicht als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen qualifiziert werden, weil sich die Betroffene an keinem Tag des Jahres dort aufhalte.
Dem Hinweis des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf § 2 Abs. 3 Z. 2 MeldeG, wonach sich Menschen, die als Pfleglinge in einer Krankenanstalt aufgenommen seien, nicht zu melden hätten, sofern sie nach den Bestimmungen des MeldeG schon anderswo gemeldet seien, sei nicht zu entnehmen, dass diese dort genannte weitere Meldung "einer Überprüfung nicht unterziehbar" sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im zulässigerweise eingeleiteten Reklamationsverfahren wird die bis dahin für den Hauptwohnsitz des Betroffenen ausschließlich maßgebliche "Erklärung" des Meldepflichtigen dahingehend "hinterfragt, ob der erklärte Hauptwohnsitz den in Art. 6 Abs. 3 B-VG (§ 1 Abs. 7 MeldeG) normierten objektiven Merkmalen entspricht" (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2001, G 139/00-10, u.a.). Die Lösung der im Reklamationsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage des Hauptwohnsitzes des Betroffenen hängt an dem materiell-rechtlichen Kriterium "Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen". Bei der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmales kommt es auf eine Gesamtschau an, bei welcher die Bestimmungskriterien des § 1 Abs. 8 MeldeG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 28/2001), maßgeblich sind: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, klargestellt, dass das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", das nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck kommt, nur in den Fällen den Ausschlag gibt, in denen als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zwei oder mehrere "Mittelpunkte der Lebensbeziehungen" des Betroffenen hervorgekommen sind (also wenn ausnahmsweise zwei oder mehrere Wohnsitze des Betroffenen solche Mittelpunkte darstellen, wobei die vom Betroffenen vorgenommene Bezeichnung eines Hauptwohnsitzes allein nicht jedenfalls maßgeblich ist). Das Reklamationsverfahren wird nur dann für den antragstellenden Bürgermeister erfolgreich sein, wenn der Betroffene ein "überwiegendes Naheverhältnis" an einem Ort behauptet, an dem er keinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen (§ 1 Abs. 7 MeldeG) hat, mag er dort auch einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 6 MeldeG haben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch klargelegt, dass eine "absolute Sicherheit" über die Lebenssituation des Meldepflichtigen für die Evaluierung des zu beurteilenden Sachverhaltes nicht notwendig ist; der Gesetzgeber hat durch die Regelung des § 17 Abs. 3 MeldeG bewusst die in Rede stehenden Unschärfen aus rechtspolitischen Gründen in Kauf genommen (siehe dazu näher das genannte Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, oder auch das weitere Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2001/05/0930).
Der beschwerdeführende Bürgermeister verweist, wie schon im Verwaltungsverfahren, darauf, dass nach § 2 Abs. 3 Z. 2 MeldeG Menschen, die als Pfleglinge in einer Krankenanstalt aufgenommen sind, nicht zu melden sind, sofern sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes schon anderswo gemeldet seien (was hier im Hinblick auf die Meldung mit Hauptwohnsitz in D der Fall sei).
Daraus ist aber für den beschwerdeführenden Bürgermeister nichts zu gewinnen: Der hier maßgebliche § 17 Abs. 2 Z. 2 MeldeG stellt nicht darauf ab, ob der Betroffene in der Gemeinde des reklamierenden Bürgermeisters (zwar nicht mit Hauptwohnsitz, aber zumindest) überhaupt gemeldet ist, sondern vielmehr darauf, ob er in dieser Gemeinde einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Die belangte Behörde hat diese Frage zutreffend erkannt und geprüft (und bejaht), und ebenso zutreffend geprüft, ob die Betroffene einen Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen am gemeldeten Hauptwohnsitz in D hat (was sie verneint hat). Die Frage, ob bei Personen, die in Krankenanstalten oder auch Pflegeheimen untergebracht sind, ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen in dieser Krankenanstalt bzw. in diesem Pflegeheim zu bejahen und ein solcher Mittelpunkt am bisherigen Hauptwohnsitz zu verneinen (oder ebenfalls zu bejahen) ist, ist letztlich nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (zur Frage des Hauptwohnsitzes bei Unterbringung einer Person in einem Caritasheim bzw. Altersheim, siehe die beiden hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 2002, Zl. 2002/05/0398, bzw. Zl. 2002/05/0399).
§ 2 Abs. 3 Z. 2 MeldeG steht auch nicht dem im Beschwerdefall gemäß § 17 Abs. 4 erfolgten Auftrag zur Ummeldung entgegen, weil erstere Bestimmung, wie sich aus dem Normzusammenhang ergibt, auf Aufenthalte in Krankenanstalten zugeschnitten ist, die bloß vorübergehend (und typischerweise nicht langfristig) sind. Wird der bisherige, nicht mit dieser Krankenanstalt idente Hauptwohnsitz aufgehoben, weil der Hauptwohnsitz in der Krankenanstalt anzunehmen ist, hat dies folgerichtig gemäß § 17 Abs. 4 leg. cit zu einer entsprechenden Ummeldung zu führen.
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass sich die Betroffene seit Dezember 1999 in jener Pflegeeinrichtung befindet und sich dort das ganze Jahr über aufhält. Eine konkrete Aussicht auf Rückkehr in ihre frühere Umgebung hat sich nicht ergeben und wird auch nicht aufgezeigt. Die Annahme der belangten Behörde, die Betroffene habe in dieser Einrichtung einen Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen, ist somit unbedenklich. Eine bloß abstrakte Hoffnung der Betroffenen, früher oder später zurückzukehren, wie in der Beschwerde vorgetragen, ist nicht ausreichend, eine solche Mittelpunktqualität zu verneinen (vgl. auch die zuvor genannten beiden Erkenntnisse vom 19. Juni 2002). Zwar verweist der Beschwerdeführer zutreffend auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei Eheleuten grundsätzlich ein gemeinsamer Hauptwohnsitz anzunehmen sei (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0932, und auch Zl. 2001/05/0941, sowie zahlreiche Folgeerkenntnisse), sofern nicht besondere Momente eine abweichende Beurteilung gebieten. Beim gegebenen Sachverhalt ist aber eine solche Ausnahme anzunehmen. Aufgrund dieser besonderen Umstände hat die belangte Behörde daher (nicht nur das Vorliegen eines Mittelpunktes der Lebensbeziehungen in Feldkirch bejaht, sondern auch) einen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der Betroffenen an ihrem bisherigen Hauptwohnsitz zutreffend verneint.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 23. September 2002
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