VwGH 2002/03/0247

VwGH2002/03/024718.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache der M AG & Co KG in Wien, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 29. Juli 2002, Zl. Z 16/02-11, betreffend Zusammenschaltungsanordnung (mitbeteiligte Partei: A GmbH in Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

31990L0387 ONP-RL Einführung Art5a;
31997L0051 Nov-31990L0387/31992L0044;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
TKG 1997 §41 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
31990L0387 ONP-RL Einführung Art5a;
31997L0051 Nov-31990L0387/31992L0044;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
TKG 1997 §41 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 41 Abs. 3 iVm § 111 Z. 6 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997 idF BGBl. I Nr. 32/2002, eine Teilzusammenschaltungsanordnung betreffend die öffentlichen Telekommunikationsnetze der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei erlassen, mit der gemäß Spruchpunkt A. 1. die zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei geltende Zusammenschaltungsanordnung Z 8/01 mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2002 ergänzt wurde.

Die mit dem angefochtenen Bescheid erlassene Teilzusammenschaltungsanordnung enthält Regelungen über die direkte Abrechnung des zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei abgewickelten Verkehrs. Unter anderem ist vorgesehen, dass die Parteien der Zusammenschaltungsanordnung berechtigt sind, von der jeweils anderen Partei eine Sicherheitsleistung zu fordern, wobei Art und Höhe der Sicherheitsleistung in der Teilzusammenschaltungsanordnung näher beschrieben sind.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 16. September 2002 zur Post gegebene Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf, dass ihr gemäß § 41 Abs. 3 TKG keine unangemessenen Zusammenschaltungsbedingungen, insbesondere keine unangemessenen Verzinsungskonditionen betreffend Sicherheitsleistungen, vorgeschrieben werden, verletzt.

1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

2. Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

2.1. Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Kenntnis, dass sie mit Wirksamkeit ab 1. Juli 2002 eine privatrechtliche Vereinbarung mit der mitbeteiligten Partei betreffend Verrechnung, Zahlung und Beeinspruchung von Zusammenschaltungsentgelten, Sperre wegen Zahlungsverzugs und Vorausleistungen getroffen habe. Diese vertragliche Regelung erkläre sich daraus, dass beide Teile die behördliche Anordnung als misslungen und verbesserungswürdig angesehen hätten. Die vertraglichen Regelungen fänden ab Jahresmitte 2002 Anwendung. Zur Wahrung des Rechtsschutzes der Beschwerdeführerin bedürfe es jedenfalls einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die gegenständliche Beschwerde, da die bescheidmäßige Anordnung vom 1. Jänner 2002 bis 1. Juli 2002 jedenfalls von der nachfolgenden vertraglichen Regelung unberührt geblieben sei und zum anderen ein gemeinschaftsrechtliches Erfordernis bestehe, ausnahmslos alle Entscheidungen der Regulierungsbehörde im Zusammenschaltungsbereich der Überprüfung durch eine "Beschwerdeinstanz" im weiteren Sinne zu unterziehen.

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Vereinbarung mit der mitbeteiligten Partei ist als "Zusatzvereinbarung zu den Anordnungen Z 8/01 und Z 16/02" bezeichnet.

Die Präambel dieser Vereinbarung lautet wie folgt:

"Diese Zusatzvereinbarung ersetzt die Anordnung Z 16/02 zur Gänze. Sie bildet einen integrierenden Bestandteil der Anordnung Z 8/01, welche einvernehmlich rückwirkend mit Wirksamkeit ab 1.7.2002 inhaltlich durch die nachfolgenden Bestimmungen ergänzt bzw. abgeändert wird.

Im Falle von Widersprüchen zwischen dieser Vereinbarung und der Anordnung Z 8/01 haben die Regelungen dieser Vereinbarung Vorrang."

Die Vereinbarung wurde am 30. August 2002 von der Beschwerdeführerin unterzeichnet.

2.2. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung des § 41 Abs. 1 bis 3 TKG, BGBl. I Nr. 100/1997, lautet:

"§ 41. (1) Jeder Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes ist verpflichtet, anderen Betreibern solcher Netze auf Nachfrage ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. Alle Beteiligten haben hiebei das Ziel anzustreben, die Kommunikation der Nutzer verschiedener öffentlicher Telekommunikationsnetze untereinander zu ermöglichen und zu verbessern.

(2) Kommt zwischen einem Betreiber eines Telekommunikationsnetzes, der Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, und einem anderen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes eine Vereinbarung über Zusammenschaltung binnen einer Frist von sechs Wochen ab dem Einlangen der Nachfrage nicht zu Stande, kann jeder der an der Zusammenschaltung Beteiligten die Regulierungsbehörde anrufen.

(3) Die Regulierungsbehörde hat nach Anhörung der Beteiligten innerhalb einer Frist von sechs Wochen, beginnend mit der Anrufung, über die Anordnung der Zusammenschaltung zu entscheiden. Die Regulierungsbehörde kann das Verfahren um längstens vier Wochen verlängern. Die Anordnung ersetzt eine zu treffende Vereinbarung. Die Regulierungsbehörde hat dabei die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften, die nach Art. 6 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision - ONP) (ABl. Nr. L 192 vom 24.7.1990, S 1) vom Europäischen Parlament und vom Rat erlassen werden, zu beachten. Entsprechend der Richtlinie findet der Grundsatz der Kostenorientiertheit nur bei der Festlegung der Höhe der Entgelte von marktbeherrschenden Unternehmen Anwendung."

Wie die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (759 BlgNR 20. GP, S. 52) ausführen, basiert die Zusammenschaltung "grundsätzlich auf privatrechtlichen (vertraglichen) Vereinbarungen. Nur für den Fall, daß ein Vertrag nicht zu Stande kommt, wird die Regulierungsbehörde als Schiedsrichter tätig und entscheidet über die Zusammenschaltung." Da diese Entscheidung die vertragliche Einigung substituiert ("vertragsersetzender Bescheid"), können die darin getroffenen Regelungen auch durch privatautonome Vereinbarung zwischen den Parteien einvernehmlich abgeändert werden. Ein vertragsersetzender Bescheid kann nicht in Geltung bleiben, wenn er durch eine neue Vereinbarung zwischen den Parteien ersetzt wird (vgl. Raschauer, Der vertragsersetzende Bescheid, FS Krejci, 2001, Band 2, S. 2076).

Wie sich aus der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Vereinbarung ergibt, handelt es sich dabei nur hinsichtlich der im vorliegenden Fall nicht verfahrensgegenständlichen Anordnung der belangten Behörde Z 8/01 um eine Ergänzung bzw. Abänderung der nach § 41 Abs. 3 TKG getroffenen behördlichen Anordnung, während die mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 2002, Zl. Z 16/02, getroffene Zusammenschaltungsanordnung ausdrücklich zur Gänze ersetzt wird. Der Beschwerdeführerin kann daher nicht darin gefolgt werden, dass die bescheidmäßige Anordnung für den Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis zum 1. Juli 2002 von der nachfolgenden vertraglichen Regelung unberührt geblieben wäre. Lediglich für die Änderung bzw. Ergänzung einer hier nicht gegenständlichen Zusammenschaltungsanordnung der belangten Behörde wird in der vorgelegten Vereinbarung die (rückwirkende) Wirksamkeit ab 1. Juli 2002 festgelegt. Dass der - der Beschwerdeführerin am 15. August 2002 zugestellte - angefochtene Bescheid zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei im Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis zum 30. Juni 2002 irgendwelche Wirkungen entfaltet hätte, die von der vertraglichen "Ersetzung" durch die am 30. August geschlossene Vereinbarung unberührt geblieben wären, wird von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

2.3 Auch aus den gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen einer Überprüfbarkeit der Entscheidungen der Regulierungsbehörde im Zusammenschaltungsbereich lässt sich für die Beschwerdeführerin nichts gewinnen. Nach dem im Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde geltenden Art. 5a der Richtlinie 90/387/EWG idF der Richtlinie 97/51/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, "dass geeignete Verfahren auf nationaler Ebene bestehen, um einer von einer Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde betroffenen Partei das Recht zu gewähren, bei einer von den betroffenen Parteien unabhängigen Stelle gegen diese Entscheidung Einspruch zu erheben." Aus dieser Bestimmung lässt sich kein Anspruch der Beschwerdeführerin ableiten, eine Entscheidung, von der sie - da die Entscheidung durch eine nachfolgende vertragliche Vereinbarung zur Gänze ersetzt wurde - nicht betroffen ist, einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterziehen zu können.

2.4. Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Einbringung (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. September 1992, Zl. 92/03/0203) nicht mehr in ihren Rechten verletzt sein konnte, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 18. März 2004

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