VwGH 2002/03/0130

VwGH2002/03/013020.7.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des P O in B, Rumänien, vertreten durch Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Opernring 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 11. März 2002, Zl. Senat-BL-02-0013, betreffend Verfall einer vorläufigen Sicherheit gemäß § 37 Abs. 5 VStG in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen des GGBG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs4 idF 1998/I/158;
AVG §56 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;
AVG §18 Abs4 idF 1998/I/158;
AVG §56 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich - Außenstelle Schwechat vom 27. November 2001 erfolgte im Hinblick auf den Beschwerdeführer, der rumänischer Staatsangehöriger ist und in Bukarest wohnt, als Lenker eines näher bezeichneten Sattelkraftfahrzeuges die Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha betreffend verschiedene, im November 2001 begangene Übertretungen nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz.

Am 17. November 2001 war gemäß § 37a Abs. 2 VStG vom Beschwerdeführer als Lenker des Kraftfahrzeuges eine vorläufige Sicherheit in der Höhe von DM 2.700,-- und in seiner Eigenschaft als Vertreter des Beförderers (ein näher angeführtes Unternehmen mit Sitz in Rumänien) in Höhe von DM 27.000,-- eingehoben worden.

Mit Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 17. Dezember 2001 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer eine vorläufige Sicherheit in der Höhe von S 9.000,-- für verfallen erklärt, da sich die Strafverfolgung als unmöglich erwiesen hätte. Diese Entscheidung wurde auf § 37 Abs. 5 VStG gestützt und damit begründet, dass nach dieser Bestimmung die vorläufige Sicherheit für verfallen erklärt werden könne, wenn sich die Strafverfolgung als unmöglich erweise. Da der Beschwerdeführer im Inland keine Abgabestelle habe und er sich durch die Ausreise aus dem Bundesgebiet der Strafverfolgung entzogen hätte und eine Strafverfolgung im Staat seines derzeitigen Wohnsitzes mangels eines Verwaltungsstrafabkommens unmöglich sei, sei spruchgemäß vorzugehen gewesen.

Mit der im Akt einliegenden Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom selben Tag wurde gegenüber dem Beschwerdeführer mit derselben Begründung eine vorläufige Sicherheit in der Höhe von S 90.000,-- für verfallen erklärt. Das im Akt einliegende Original dieser Erledigung enthält keine Unterschrift des Genehmigenden.

Vom Vertreter des Beschwerdeführers wurde dem Verwaltungsgerichtshof die dem Beschwerdeführer zugekommene Ausfertigung der zuletzt angeführten Erledigung (samt Begleitschreiben) übermittelt, die gleichfalls keine Unterschrift des Genehmigenden aufweist.

Gegen die zuletzt angeführte Erledigung erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Spruch insoweit ergänzt, als der zweite Satz wie folgt zu lauten habe:

"Da sich die Strafverfolgung des Beschuldigten und der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist, wird die vorläufige Sicherheit für verfallen erklärt."

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer sei nach den unbestrittenen Angaben in der Anzeige auf frischer Tat bei der Begehung von (mindestens) neun verschiedenen Verwaltungsübertretungen nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz betreten worden, weshalb die Voraussetzungen für die Einhebung der vorläufigen Sicherheit gegeben gewesen seien. Die Republik Österreich habe kein Rechtshilfeabkommen in Verwaltungsstrafsachen mit Rumänien, weshalb zweifelsfrei feststehe, dass der Vollzug der zu erwartenden Strafen einer in Rumänien wohnhaften Person unmöglich sei. Daraus ergebe sich, dass die Voraussetzungen für den Verfall der vorläufigen Sicherheit gegeben gewesen seien.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Berufung des Beschwerdeführers war im vorliegenden Verwaltungsverfahren aus folgendem Grund unzulässig.

§ 18 Abs. 4 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I 158/1998 sieht vor, dass jede schriftliche Erledigung die Bezeichnung der Behörde, des Datum und den Namen des Genehmigenden zu enthalten hat. Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, haben schriftliche Erledigungen auch die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten. An die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Erledigung mit dem Erledigungstext des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die Genehmigung im Sinne des Abs. 2 aufweist; das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Werden schriftliche Erledigungen vervielfältigt, so bedarf nur das Original der Unterschrift oder der Beglaubigung. Schriftliche Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden sind oder die telegraphisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise übermittelt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 AVG fehlt einer Erledigung die Bescheidqualität, wenn die Urschrift - bzw. der betreffende "Referatsbogen" - nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15.Oktober 2003, Zl. 2003/08/0062, und die in diesem verwiesene Vorjudikatur). Davon kann nur abgesehen werden, wenn die den Parteien zugestellten Ausfertigungen die Originalunterschrift des Genehmigenden tragen und eine nicht unterschriebene Durchschrift im Akt verbleibt (vgl. dazu das Erkenntnis vom 20. Juni 1991, Zl. 91/19/0085).

Die im Akt einliegende, mit der Zustellverfügung versehene Erledigung enthält - wie auch die vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers übermittelte, ihm zugestellte erstinstanzliche Erledigung - keine Unterschrift des Genehmigenden. Es fehlte der bekämpften erstinstanzlichen Erledigung im vorliegenden Fall somit überhaupt an der Bescheidqualität, weshalb die verfahrensgegenständliche Berufung rechtens zurückgewiesen hätte werden müssen.

Der Beschwerdeführer ist im vorliegenden Fall dadurch, dass die belangte Behörde die mangelnde Bescheidqualität der bekämpften erstinstanzlichen Erledigung nicht erkannt hat und die Berufung nicht aus diesem Grund zurückgewiesen, sondern statt dessen inhaltlich behandelt und abgewiesen hat, in seinen Rechten verletzt, da mit der Abweisung der Berufung die Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung feststünde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Feber 1996, Zl. 93/01/0259).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Juli 2004

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