Normen
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs2 idF 31998R2135;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs5;
EURallg;
VStG §44a Z2;
VwGG §41 Abs1;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs2 idF 31998R2135;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs5;
EURallg;
VStG §44a Z2;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, es sei am 5. Juni 2001 um 03.45 Uhr in Osttirol, auf der B 100, Gemeinde D, Richtung L, anhand des(r) dort ausgehändigten Schaublattes (Schaublätter) des Kontrollgerätes festgestellt worden, dass er als Lenker eines nach den Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeuges (das Fahrzeug weise ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf und diene der Güterbeförderung), am 5. Juni 2001 zwischen 02.15 Uhr und 03.42 Uhr ... das Schaublatt nicht richtig verwendet habe, weil er das ausgefüllte Schaublatt auf der 2. Ebene eingelegt gehabt habe, obwohl kein zweiter Fahrer im Fahrzeug anwesend gewesen sei, der dieses Fahrzeug während dieser Zeit lenken hätte können, wodurch eine Dokumentation über ca. 100 Kilometer (Differenz zwischen den gefahrenen Kilometern laut Spitzen und den aufgezeichneten Kilometern) gefehlt hätte (zum Zeitpunkt der Kontrolle sei das unausgefüllte Schaublatt auf der
1. Ebene eingelegt gewesen). Dadurch hat der Beschwerdeführer gegen Art. 15 Abs. 2 EWG-VO 3821/85 verstoßen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 363,36 (S 5.000,--) unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzarreststrafe verhängt wurde.
In der Begründung wurde insbesondere Folgendes ausgeführt:
Auf Grund der Originaltachoscheiben in Verbindung mit der Anzeige stehe fest, dass zum Zeitpunkt der Anhaltung vom Beschwerdeführer zwei Tachoscheiben im Kontrollgerät eingelegt gewesen seien, wobei nur eine Scheibe ausgefüllt gewesen sei. Die zweite (ausgefüllte) Scheibe habe sich jedoch auf der zweiten Ebene befunden. Die aktuelle Aufzeichnung der Lenkzeiten sei aber auf der ersten Ebene erfolgt, somit auf der unausgefüllten Scheibe. Auf der Grundlage der Beweisergebnisse würden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der im Fahrzeug eingebaute Tachograf fehlerhaft oder die Erstbehörde einem Missverständnis unterlegen gewesen sei. Die vorliegenden Originaltachoscheiben in Verbindung mit der Schilderung in der Anzeige ließen keinen Zweifel in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt aufkommen, weshalb eine Einvernahme des Meldungslegers bzw. die Einholung eines Sachverständigengutachtens entbehrlich gewesen sei. In Bezug auf die begehrte Einvernahme des Beschwerdeführers im Rechtshilfeweg werde darauf hingewiesen, dass es dem Beschwerdeführer offen gestanden wäre, der Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung der belangten Behörde zu entsprechen. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer das Schaublatt, welches auf der zweiten Ebene eingelegt gewesen sei, über den bestimmungsgemäßen Zeitraum hinaus unzulässig verwendet. Er habe daher dem Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 zuwider gehandelt.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Art. 15 Abs. 2 und 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S. 8 bis 21, idF der Verordnung (EG) Nr. 2135/98 des Rates vom 24. September 1998, ABl. Nr. L 274 vom 9. Oktober 1998, S. 1-21, lauten wie folgt:
"(2) Die Fahrer benutzen für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.
Wenn die Fahrer sich nicht im Fahrzeug aufhalten und daher nicht in der Lage sind, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät zu betätigen, müssen die in Absatz 3 zweiter Gedankenstrich Buchstaben b), c) und d) genannten Zeiträume von Hand, durch automatische Aufzeichnung oder auf andere Weise lesbar und ohne Beschmutzung des Schaublatts oder der Fahrerkarte eingetragen werden.
Wenn sich mehr als ein Fahrer im Fahrzeug befindet, nehmen die Fahrer auf den Schaublättern erforderlichen Änderungen so vor, dass die in Anhang I Ziffer II Nummern 1 bis 3 genannten Angaben auf dem Schaublatt des Fahrers, der tatsächlich lenkt, aufgezeichnet werden."
"(5) Der Fahrer hat auf dem Schaublatt folgende Angaben einzutragen:
a) bei Beginn der Benutzung des Blattes: seinen Namen und Vornamen;
b) bei Beginn und am Ende der Benutzung des Blattes: den Zeitpunkt und den Ort;
c) die Kennzeichennummer des Fahrzeugs, das ihm zugewiesen ist, und zwar vor der ersten auf dem Blatt verzeichneten Fahrt und in der Folge im Falle des Fahrzeugwechsels während der Benutzung des Schaublatts;
d) den Stand des Kilometerzählers: - vor der ersten auf dem Blatt verzeichneten Fahrt, - am Ende der letzten auf dem Blatt verzeichneten Fahrt, - im Falle des Fahrzeugwechsels während des Arbeitstags (Zähler des vorherigen Fahrzeugs und Zähler des neuen Fahrzeugs);
e) gegebenenfalls die Uhrzeit des Fahrzeugwechsels."
2.2. Entgegen der Beschwerde bestehen auf dem Boden des Inhalts der vorgelegten Verwaltungsstrafakten gegen die Feststellung der belangten Behörde, auf Grund der Originaltachoscheiben in Verbindung mit der Anzeige stünde fest, dass zum Zeitpunkt der Anhaltung vom Beschwerdeführer zwei Tachoscheiben im Kontrollgerät eingelegt gewesen seien, wobei nur eine Scheibe ausgefüllt gewesen sei und die zweite (ausgefüllte) Scheibe sich auf der zweiten Ebene befunden hätte, die aktuelle Aufzeichnung der Lenkzeiten jedoch auf der ersten Ebene, somit auf der unausgefüllten Scheibe, erfolgt sei, keine Bedenken. Der nicht näher substantiierte Einwand, diese Feststellungen seien "keinesfalls schlüssig", ist daher nicht zielführend. Die Rüge, die belangte Behörde habe eine technische Überprüfung des eingebauten Tachografen betreffend dessen Funktionsfähigkeit unterlassen, ist schon deswegen verfehlt, weil der Beschwerdeführer kein konkretes Vorbringen dahingehend erstattet hat, welches technische Gebrechen eine allfällige Funktionsunfähigkeit des von ihm benutzten Tachografen bewirkt haben könnte (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 14. November 2001, 2001/03/0338). Bezüglich der Verfahrensrüge, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer sowie dessen Arbeitgeber zumindest im Rechtshilfeweg einvernehmen zu lassen und das Ergebnis dieser Beweisaufnahme ihrer Entscheidung zugrunde zu legen, hat es der Beschwerdeführer unterlassen, die Relevanz dieses behaupteten Mangels näher darzutun. Gleiches gilt für die weitere Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe kardinalen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens (etwa Amtswegigkeit, Erforschung der materiellen Wahrheit, Parteiengehör) nicht in ausreichendem Maße entsprochen, sondern dem Beschwerdeführer alleine die Ermittlung des Wesentlichen überantwortet.
2.3. Dennoch führt die Beschwerde zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Dem Beschwerdeführer wurde im bekämpften Bescheid im Wesentlichen zur Last gelegt, zum Zeitpunkt seiner Kontrolle ein "unausgefüllte(s) Schaublatt" verwendet zu haben. Ein solches Verhalten ist aber - wie die Wiedergabe unter Punkt
2.1. zeigt - dem Art. 15 Abs. 5 der in Rede stehenden Verordnung zu subsumieren. Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat dem Art. 15 Abs. 2 dieser Verordnung unterstellte, und insofern den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Diese inhaltliche Rechtswidrigkeit war vom Verwaltungsgerichtshof - da vom Beschwerdepunkt umfasst - von Amts wegen aufzugreifen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 19. September 1984, Slg. 11.525/A).
2.4. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
2.5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. September 2002
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