Normen
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs5 Z3 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs5 Z3 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 15. November 2001 wies die Steiermärkische Landesregierung (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 Abs. 1, 11 iVm § 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer - ein am 20. Mai 1965 geborener nigerianischer Staatsangehöriger - erstmals am 5. April 1991 im Bundesgebiet zur Anmeldung gelangt sei, weshalb er das Erfordernis der zehnjährigen Wohnsitzdauer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG erfülle. Das Arbeitsmarktservice Steiermark habe mitgeteilt, dass aus arbeitsmarktpolitischer Sicht kein Grund für eine Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vorliege und "die Qualifikation am Arbeitsmarkt nicht gesucht" werde. Aus der vorgelegten Versicherungszeitenbestätigung gehe hervor, dass der Beschwerdeführer erst seit 21. April 1997 versichert und in den Jahren von 1991 bis 1997 "selbstversichert" gewesen sei. Überdies sei - so die belangte Behörde weiter - festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer "bei den Behörden", insbesondere auch nach eingehender Befragung bei seiner ersten Vorsprache beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, angegeben habe, dass er ledig sei, obwohl er 1999 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet gewesen sei und am 18. Dezember 1999 (nach Scheidung seiner ersten Ehe) in Nigeria eine nigerianische Staatsangehörige geheiratet habe. Auf Vorhalt dieser Umstände habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er es bedaure, eine falsche Aussage gemacht zu machen, und dass er jetzt tatsächlich einer geregelten Arbeit nachgehe. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer zwar schon seit zehn Jahren in Österreich aufhältig sei, jedoch erst seit 1997 einer geregelten Arbeit nachgehe, "ist der Nachweis einer beruflichen (wie z.B. Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein) und auch der Nachweis einer persönlichen Integration (wie z.B. 'Familie lebt dem Fremden in Österreich) noch nicht gegeben". Die begehrte Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft komme daher nicht Betracht.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die belangte Behörde ging erkennbar davon aus, dass der Beschwerdeführer die Einbürgerungserfordernisse des § 10 Abs. 1 StbG erfülle, dass sie das ihr bei Vorliegen aller Verleihungsvoraussetzungen eingeräumte Ermessen im Hinblick auf § 11 StbG jedoch nicht zu seinen Gunsten üben könne. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, seine berufliche und persönliche Integration im Inland nachzuweisen.
Indem die belangte Behörde auf die persönliche und berufliche Integration des Beschwerdeführers abstellte, ist sie den jedenfalls seit der Staatsbürgerschaftsnovelle 1998 das StbG prägenden Ordnungsvorstellungen grundsätzlich gerecht geworden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2000/01/0258). Ihre Beurteilung der konkreten Integration des Beschwerdeführers ist allerdings im vorliegenden Fall nicht mängelfrei erfolgt. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass es nicht im Sinn des Gesetzes sein kann, auch bei Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 1 StbG (zehnjähriger ununterbrochener Hauptwohnsitz im Bundesgebiet) stets ein solches Maß an Integration zu verlangen, das dem Maßstab des § 10 Abs. 5 Z 3 StbG (nachhaltige persönliche und berufliche Integration) - gegebenenfalls liegt ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund vor, der eine vorzeitige Einbürgerung bereits nach sechsjährigem ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gestattet - entspricht. Erkennbar an § 10 Abs. 5 Z 3 StbG hat sich jedoch die belangte Behörde orientiert, ist sie doch bei Darstellung des von ihr für notwendig erachteten Ausmaßes der Integration sowohl in beruflicher als auch in persönlicher Hinsicht von den in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 124 (1283 BlgNR 20. GP 8), zu dieser Bestimmung erwähnten Beispielsfällen ("zB Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein" bzw. "zB Familie lebt mit dem Fremden in Österreich") ausgegangen. Davon abgesehen kann der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wenn sie im konkreten Fall eine berufliche Integration verneinte. Einerseits stand der Beschwerdeführer bei Bescheiderlassung bereits seit mehr als viereinhalb Jahren in einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis, andererseits war er - wie einer in den Verwaltungsakten erliegenden Bestätigung zu entnehmen ist - schon davor in den Jahren 1993 bis 1996 als Kolporteur und als Werbemittelverteiler tätig. Von einer mangelnden Verankerung am inländischen Arbeitsmarkt kann daher keine Rede sein (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2001/01/0405). Dass der Beschwerdeführer von 1993 bis 1996 lediglich "per Werkvertrag gearbeitet" hat, ist entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung im gegebenen Zusammenhang unmaßgeblich, weil dem StbG keine Präferenz für eine bestimmte Form der Erwerbstätigkeit entnehmbar ist. Angesichts der im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellung, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1991 bis 1997 "selbstversichert" gewesen sei, ist es im Übrigen nicht nachvollziehbar, wenn in der Gegenschrift weiter ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe während dieses Zeitraumes "im Rahmen des Sozialversicherungswesens und im Bereich der Lohn- und Einkommensteuerregelung keinen Beitrag geleistet". Schließlich sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass nicht zu sehen ist, wie die belangte Behörde - nur so kann ihre Bescheidbegründung jedoch gedeutet werden - zu dem Ergebnis gelangen konnte, der Beschwerdeführer habe weder Arbeitserlaubnis noch Befreiungsschein. Gemäß der in den Verwaltungsakten erliegenden Stellungnahme der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 23. Mai 2001 wurde dem Beschwerdeführer 1999 eine noch bis August 2001 gültige Arbeitserlaubnis erteilt. Eine bei Bescheiderlassung aktuelle Auskunft hat die belangte Behörde nicht eingeholt. Der Beschwerdeführer erfüllte aber ausgehend von der Feststellung über seine (ununterbrochene) Erwerbstätigkeit seit April 1997 unzweifelhaft die Voraussetzungen des § 14a Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, weshalb die behördliche Annahme, es fehle eine Arbeitserlaubnis, einer gesicherten Basis entbehrt.
Was die Frage der persönlichen Integration des Beschwerdeführers anlangt, so kann nach dem eingangs Gesagten (keine automatische Gleichschaltung des § 10 Abs. 5 Z 3 StbG mit § 11 leg. cit.) dem Umstand, dass sich die nunmehrige Ehegattin des Beschwerdeführers (noch) in Nigeria befindet, keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Nicht ins Gewicht fällt es weiter, dass der Beschwerdeführer aus Anlass seiner ersten Vorsprache bei der belangten Behörde die im Dezember 1999 erfolgte (zweite) Eheschließung mit einer nigerianischen Staatsangehörigen nicht angegeben hat, zumal angesichts der Bekanntgabe dieser Eheschließung bei einer im Rahmen des Staatsbürgerschaftsverfahrens erfolgten Niederschrift vom 21. Mai 2001 vor dem Gendarmerieposten Frohnleiten nichts darauf hindeutet, er habe diese Eheschließung verheimlichen wollen. Wesentlich ist hingegen, dass der Beschwerdeführer nach der Aktenlage seit 1999 über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung verfügt. Diesem Umstand hat die belangte Behörde zu Unrecht keine (erkennbare) Bedeutung beigemessen. Insgesamt erweist sich damit die ihrer Ermessensentscheidung zu Grunde liegende Beurteilung, der Beschwerdeführer sei nicht ausreichend integriert, als nicht tragfähig, weshalb der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Wien, am 3. Dezember 2002
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