VwGH 2001/21/0082

VwGH2001/21/008219.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 12. April 2001, Zl. Fr 280/01, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Nigeria, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet erlassen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. November 2000 wegen § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz sowie wegen § 146, § 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2, § 148 und § 12 StGB rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden. Dem sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit sechs weiteren Mittätern mehrere Monate lang Suchtgift, nämlich Heroin und Kokain, in zumindest großen Mengen im Wiener Bereich an unbekannte Abnehmer verkauft und somit in Verkehr gesetzt habe. Weiters habe der Beschwerdeführer als Mittäter "Falschware" in Form von Mehl oder ähnlichem als vermeintliches Heroin an Süchtige verkauft und sich dadurch des schweren gewerbsmäßigen Betruges schuldig gemacht. Vor dem Hintergrund einerseits der diesen Straftaten innewohnenden Wiederholungsgefahr und andererseits der fehlenden beruflichen und sozialen Integration des im Jänner 1999 illegal in das Bundesgebiet eingereisten Beschwerdeführers bestehe die Gefahr, dass sich dieser auch weiterhin durch strafbare Handlungen den nötigen Lebensunterhalt verschaffen werde.

Mit Bezug auf § 37 FrG führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer, dessen Asylantrag mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 20. September 1999 rechtskräftig abgewiesen worden sei, halte sich noch nicht allzu lange im Bundesgebiet auf. Er sei ledig, verfüge in Österreich über keine familiären Bindungen und gehe hier keiner Berufsausübung nach. Selbst unter Zugrundelegung eines Eingriffs in das Privatleben des Beschwerdeführers sei das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit dringend geboten. Durch den Handel mit Suchtmitteln werde nicht nur unvorstellbares menschliches Leid, das in den meisten Fällen mit dem Tod ende, verursacht. Die Abhängigkeit von Suchtmitteln führe auch zu hohen volkswirtschaftlichen Kosten für erforderliche Rehabilitierungsmaßnahmen von Suchtgiftkranken. Davon ausgehend seien die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu gewichten als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Wegen der genannten hohen Wiederholungsgefahr der vom Beschwerdeführer verübten Straftaten könne ein Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht vorhergesehen werden, sodass eine Befristung desselben nicht in Betracht komme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In der Beschwerde wird die genannte gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe zugestanden. Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 erster Anwendungsfall FrG erfüllt ist.

Gegen die Gefährlichkeitsprognose im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG wendet die Beschwerde ein, es sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass das der Verurteilung zu Grunde liegende Suchtgiftdelikt die "erste strafbare Handlung" des Beschwerdeführers gewesen sei. Die verhängte Freiheitsstrafe sei für ihn Anlass genug, sich in Hinkunft wohl zu verhalten.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der in Rede stehenden Verurteilung ein - über mehrere Monate verübtes - Inverkehrsetzen großer Suchtgiftmengen zu Grunde lag, wobei der Beschwerdeführer aus Gewinnsucht auch nicht davor zurückschreckte, süchtigen Personen statt des vermeintlichen Suchtgifts andere Substanzen zu verkaufen. Vor diesem Hintergrund kann auch der Umstand der erstmaligen Verurteilung des Beschwerdeführers keinen Zweifel am Bestehen einer Wiederholungsgefahr, die der Suchtgiftkriminalität innewohnt (vgl. aus vielen etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2002, Zl. 2002/21/0049), hervorrufen. Zutreffend hat die belangte Behörde auch auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität hingewiesen und ist im vorliegenden Fall daher zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass die in § 36 Abs. 1 FrG genannte Annahme gerechtfertigt ist.

Zur Beurteilung nach § 37 FrG wendet die Beschwerde ein, die belangte Behörde habe es verabsäumt, den Beschwerdeführer mündlich zu vernehmen und amtswegige Ermittlungen darüber anzustellen, "inwieweit" das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingreift. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer vor der Behörde am 29. Oktober 1999 niederschriftlich (Akt Seite 159) angegeben hat, ledig zu sein und in Österreich weder über familiäre noch über berufliche Bindungen zu verfügen, enthält auch die Beschwerde keine Ausführungen darüber, zu welchem Ergebnis die genannten Ermittlungen geführt hätten. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle eines (schweren) Suchtgiftdeliktes auch bei ansonsten voller sozialer Integration des Fremden nicht rechtswidrig ist (vgl. das obzitierte Erkenntnis Zl. 2002/21/0049). Nach dem Gesagten kann es daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes nach § 37 Abs. 1 FrG für dringend geboten und nach § 37 Abs. 2 FrG als zulässig erachtet hat.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen begegnet es auch keinen Bedenken, dass die belangte Behörde von einer Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers Abstand genommen hat, wäre dies doch bei der hier vorliegenden rechtskräftigen Verurteilung offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes gelegen (vgl. dazu das eine vergleichbare Verurteilung betreffende hg. Erkenntnis vom 4. September 2003, Zl. 2000/21/0129 und das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/21/0152).

Soweit in der Beschwerde schließlich ganz allgemein auf das Bestehen einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr in der Heimat des Beschwerdeführers hingewiesen wird, ist - abgesehen von der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages - darauf zu verweisen, dass einer allfälligen Verfolgungsgefahr im Heimatstaat für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes keine Relevanz zukommt.

Da dem angefochtenen Bescheid nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 19. November 2003

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