VwGH 2001/15/0027

VwGH2001/15/002725.5.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des G in F, vertreten durch Dr. Norbert Stelzer, Rechtsanwalt in 8280 Fürstenfeld, Hauptstraße 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 13. Dezember 2000, Zl. RV 206/1-8/99, betreffend

u. a. Einkommensteuer 1997, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §119 Abs1;
EStG 1988 §34 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2004:2001150027.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte für das Jahr 1996 Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb in Höhe von zusammen 1,514.770 S und für das Streitjahr 1997 in Höhe von zusammen 578.058 S. Mit seiner Einkommensteuererklärung 1996 machte er außergewöhnliche Belastungen "für Tochter E., Schuldenabdeckung" in Höhe von 505.550 S geltend. In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung begründete er die außergewöhnliche Belastung damit, dass er für seine aus erster Ehe stammende Tochter E. eine Bürgschaft übernommen habe. Seine Tochter E. habe drei unmündige Kinder, sei arbeitslos und geschieden. Der Vater der jüngeren beiden Kinder sei seinen Alimentationsverpflichtungen nicht nachgekommen und "landete daraufhin im Gefängnis". Der Beschwerdeführer habe versucht, für seine Tochter und für seine Enkelkinder ein Umfeld zu schaffen, welches den Kindern ein geordnetes Leben ermögliche. Daher sei er verschiedene Verpflichtungen wie die Bürgschaft für einen Kredit eingegangen. Es seien ein Haus auf Zeitrente erworben (Eigentümerin sei die Tochter E.) und die nötigen Verbesserungen für das Haus vorgenommen worden (Kaminsanierung, Trockenlegung, usw.). Weiters sei dem erwähnten Kindesvater das Versprechen abgerungen worden, 20 Stunden pro Monat im Haus der Tochter zu arbeiten, womit dessen Alimentationsverpflichtungen abgegolten erschienen. In einer Aufstellung der Ausgaben für die Tochter E. scheint u.a. eine "E. (Bank) durch Kredit finanziert" im Oktober 1996 getätigte Ausgabe an die R.-Bank in Höhe von rund 282.500 S auf, welche sich aus "Bürgschaft (Rest), Landeskredit (Rest), Giro-Konto" zusammensetzt. Weiters ist in der Aufstellung der Vermerk angebracht

"Kredit E. (Bank) über S 285.000,-- für Abdeckung R. (Bank), lt. obiger Aufstellung. Kreditraten a S 5.000.00/monatlich 7.11.96, 4.12.96 S 10.000,--

3.1.97, 5.2.97, 3.3.97, 3.4.97 S 20.000,-- Kreditrückzahlung 8.4.97 S 263.913,--"

Letztlich scheint in dieser Aufstellung als letzter Posten

die Ausgabe auf

"Firma K-Heizung:

148422/19.12.1996 S 32.997,--"

Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 machte der Beschwerdeführer ein außergewöhnliche Belastung in Höhe von 321.536 S unter demselben Titel wie im Vorjahr geltend. In einer Beilage zur Begründung der außergewöhnlichen Belastung wiederholte er den Sachverhalt betreffend seine Tochter E. und verwies auf seinen Antrag aus dem Vorjahr. In einer Aufstellung führte er neben vier Kreditraten von zusammen 20.000 S und einer Abschlusszahlung an:

"Kreditrückzahlung 263.913,00" und "K. 32.997,00".

Das Finanzamt setzte mit den Bescheiden vom 28. Dezember 1998 und vom 23. März 1999 die Einkommensteuer für 1996 und das Streitjahr 1997 fest, erkannte die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen jedoch nicht an. Die Zahlungen für die Tochter (u.a. zur Renovierung einer Wohnung) würden keine außergewöhnliche Belastung nach § 34 Abs. 7 EStG darstellen und auch in der Übernahme einer Bürgschaft sei mangels Zwangsläufigkeit keine außergewöhnliche Belastung zu erblicken.

In seinen Berufungen dagegen brachte der Beschwerdeführer vor, die Übernahme der Kosten und die Inanspruchnahme einer Bürgschaft würden auf einer sittlichen Verpflichtung beruhen, für die Tochter aus erster Ehe zu sorgen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 9. April 1999 wies das Finanzamt die Berufung hinsichtlich Einkommensteuer 1996 ab. Nach Auskunft des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers sowie nach Einreichung des Kaufvertrages über den Erwerb der näher bezeichneten Liegenschaft durch die Tochter des Beschwerdeführers sowie des Kreditvertrages vom 2. Oktober 1996 zwischen der E.-Bank und dem Beschwerdeführer sei ersichtlich, dass mit dem erwähnten Kredit lediglich die Kreditverbindlichkeit der Tochter bei der R.- Bank getilgt worden sei, welcher der Anschaffung der erwähnten Liegenschaft gedient habe. Eine schriftliche Verpflichtungserklärung des Beschwerdeführers als Bürge gegenüber der R.-Bank habe jedoch nicht bestanden. Den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen hafte kein Element der Außergewöhnlichkeit an, weil er solche Kosten bestritten habe, die bei der begünstigten Tochter Kosten der Lebensführung gewesen seien.

Mit Berufungsvorentscheidung ebenfalls vom 9. April 1999 wies das Finanzamt die Berufung hinsichtlich der Einkommensteuer 1997 ab und wiederholte im Wesentlichen seine Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung betreffend 1996. Zusätzlich führte das Finanzamt "der Vollständigkeit halber" an, dass die "Zahlung an die Firma K. (für die Heizung) in Höhe von S 32.997,00 schon im Jahr 1996 als außergewöhnliche Belastung beantragt" worden sei.

Ein gegen beide Berufungsvorentscheidungen eingebrachter Vorlageantrag des Beschwerdeführers enthielt keine Begründung.

In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 13. Dezember 2000 führte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers aus, dass die Tochter des Beschwerdeführers das in Rede stehende Haus inzwischen verkauft und derzeit keine Schulden habe. Sie stehe derzeit in pädagogischer Ausbildung, woraus folge, dass sich die seinerzeitige Unterstützung positiv ausgewirkt habe. Unter Verweis auf die Lohnsteuerrichtlinien 1999 zur Zwangsläufigkeit, zur sittlichen Verpflichtung und zur Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen sowie betreffend Bürgschaften zu Gunsten naher Angehöriger gab der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers auf den Einwand der belangten Behörde, dass eine schriftliche Verpflichtungserklärung vom Beschwerdeführer nicht abgegeben worden sei, an, dass eine Bürgschaftserklärung in diesem Sinne wohl nicht vorliege, er aber auf den Nachweis der tatsächlich verausgabten Beträge verweise.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen ab. Aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Aufstellung gehe hervor, dass am 3. Oktober 1996 eine Rückzahlung von Krediten der Tochter in Höhe von rund 282.500 S (wovon als außergewöhnliche Belastung 280.000 S geltend gemacht worden seien) durch ein vom Beschwerdeführer selbst aufgenommenes Darlehen erfolgt sei. Sofern eine außergewöhnliche Belastung gegeben sein sollte, sei bei Finanzierung durch Fremdmittel nicht "ihre Bezahlung", sondern erst die Rückzahlung des Darlehens steuerwirksam. Daher könne die in Rede stehende Kreditrückzahlung bei der Einkommensteuer 1996 von vornherein nicht berücksichtigt werden. Außerdem habe der Beschwerdeführer eine Bürgschaftsverpflichtung gegenüber dem Kreditgeber seiner Tochter nie eingegangen. Die Rückzahlung der Kredite der Tochter seien daher nicht auf Grund einer Bürgschaft erfolgt. Die zurückgezahlten Fremdmittel seien anlässlich der Anschaffung des Eigenheimes der Tochter aufgenommen und zur Finanzierung typischer Lebensführungskosten herangezogen worden. Gleiches gelte für die übrigen Zahlungen, die weitgehend der Adaptierung des Hauses, der Anschaffung von Einrichtungsgegenständen u.a. gedient hätten. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Anschaffung des Wohnhauses aus freien Stücken erfolgt sei. Damit verbundenen Zahlungen von Darlehensraten und -zinsen sowie den Aufwendungen für die Einrichtung und Adaptierung des Eigenheimes fehle das Merkmal der Zwangsläufigkeit. Da der Erwerb des Eigenheimes nicht zwangsläufig erfolgt sei, könne die Begleichung der damit verbundenen Zahlungen des Beschwerdeführers für den eigenen Kredit als außergewöhnliche Belastung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Soweit sich der Beschwerdeführer aus sittlichen Gründen veranlasst gesehen habe, seine Tochter zu unterstützen, komme es nicht darauf an, dass er sich dazu subjektiv verpflichtet gefühlt habe, denn maßgeblich sei die allgemeine Verkehrsanschauung. Wie bei der Übernahme einer Bürgschaft oder bei der Abwehr eines Konkurses für einen nahen Angehörigen liege auch bei der Übernahme von Prozesskosten und bei der Tilgung von Schulden nahe stehender Personen in der Regel keine Zwangsläufigkeit vor. Im Übrigen bestehe keine sittliche Pflicht zu einer endgültigen Leistung, wenn die Bedrängnis eines notleidenden Angehörigen durch Überbrückungsdarlehen beseitigt werden könne. Eine solche sittliche Verpflichtung käme nur im Ausnahmefall in Betracht, welcher aber dann nicht vorliege, wenn es möglich sei, dem Angehörigen den benötigten Betrag in Form eines notfalls fremdfinanzierten Kredites zur Verfügung zu stellen. Nach Ansicht der belangten Behörde hätte es ausgereicht, dass der Beschwerdeführer seiner Tochter eine Überbrückungshilfe in Form eines Darlehens gewährt hätte, das durch das vorhandene Eigenheim gesichert gewesen wäre. Damit habe für den Beschwerdeführer keine sittliche Verpflichtung zur vollständigen Bezahlung der Schulden seiner Tochter bestanden. Hinsichtlich des Jahres 1997 sei "im Übrigen" die Bezahlung der Rechnung mit der Bezeichnung "K-Heizung" im Zusammenhang mit der Adaptierung des Wohnhauses im Jahr 1996 schon einmal als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht worden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid ausschließlich betreffend die Einkommensteuer 1997 und trägt vor, dass die "Reparaturkosten für die Heizung, bezahlt an die Firma K. am 7. Januar 1997 in Höhe von ATS 32.997,-- tatsächlich verausgabt" worden seien. Die belangte Behörde habe es zu erforschen verabsäumt, wann dieser Betrag tatsächlich verausgabt worden sei. Dieser Betrag gehe einerseits aus der Beilage zur Einkommensteuererklärung 1996 und andererseits auch aus der Einkommensteuererklärung 1997 hervor. Die vom 19. Dezember 1996 stammende Rechnung sei unter Abzug eines Skontos am 7. Jänner 1997 beglichen worden.

Der Beschwerdeführer ist daran zu erinnern, dass das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 9. April 1999, welcher insoweit die Wirkung eines Vorhaltes zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2003, 99/13/0251), ausgeführt hat, dass die in Rede stehende Zahlung an die "Firma K." schon 1996 als außergewöhnliche Belastung beantragt worden sei. Der Beschwerdeführer hätte im weiteren Verwaltungsverfahren, im Besonderen im Vorlageantrag oder in der mündlichen Verhandlung, Gelegenheit gehabt, die aus seiner Sicht unrichtige Annahme der Abgabenbehörde, der in Rede stehende Betrag sei 1996 beantragt und verausgabt worden, richtig zu stellen. Schon wegen des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu beachtenden Neuerungsverbotes (§ 41 Abs. 1 VwGG) vermag der Beschwerdeführer in diesem Punkt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides betreffend das Streitjahr 1997 auzuzeigen.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. 1. sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2),
  2. 2. sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3),
  3. 3. sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

    Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

    Zwangsläufig erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 leg. cit. dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

    Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1999, 97/15/0126, und vom 31. März 2004, 2003/13/0158, mwN).

    Welche Folgen sich für die Tochter des Beschwerdeführers ergeben hätten, wenn er ihre Verbindlichkeiten im Oktober 1996 nicht getilgt hätte, legt der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dar. Schon deshalb begegnet es keinen Bedenken des Gerichtshofes, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall keine Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 angenommen hat.

    Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 25. Mai 2004

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