Normen
EStG §16 Abs1;
EStG §20;
VwGG §42 Abs2 Z3;
EStG §16 Abs1;
EStG §20;
VwGG §42 Abs2 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist medizinisch technische Fachkraft in einem Krankenhaus.
In ihrer beim Finanzamt eingereichten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 1998 machte die Beschwerdeführerin unter anderem Werbungskosten in Höhe von S 105.000,-- im Zusammenhang mit dem Besuch von Seminaren der "Heilpraktiker Kurt H GmbH" geltend.
Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für 1998 wurden die entsprechenden Aufwendungen nicht als Werbungskosten anerkannt. Als medizinisch technische Fachkraft sei die Beschwerdeführerin hauptsächlich mit Laborarbeiten beschäftigt. Wenngleich durch die Ausbildung zum Heilpraktiker für den ausgeübten Beruf Nutzen gezogen werden könne, seien die Kurse vom Programmumfang her als solche für eine Berufsausübung anzusehen. Nach Abschluss ermöglichten sie auch die Ausübung eines neuen Berufes.
In einer dagegen erhobenen Berufung zeigte die Beschwerdeführerin auf, dass eine Ausbildung zur Dipl. med. techn. "FA" zweieinhalb Jahre dauere und sich aus drei Diplomteilprüfungen in folgenden Bereichen zusammensetze:
- 1. Ausbildungsjahr Labor mit Diplomteilprüfung
- 2. Ausbildungsjahr Röntgen mit Diplomteilprüfung
- 3. 1/2 Ausbildungsjahr physikotherapeutische Behandlungen im Bereich klass. Massage, Thermo-, Elektro-, Licht-, Hydro- und Balneotherapien mit Diplomteilprüfung.
Weiters wies sie darauf hin, dass auf Grund der Tatsache, dass ihr Berufsstand durch vermehrte Konkurrenz am Arbeitsmarkt bedroht sei und weil das Berufsbild Dipl. med. techn. "FA" in der Zukunft nicht mehr existieren werde, umso mehr eine zusätzliche Fortbildung gefragt sei. Der einzige unangefochtene Bereich liege im therapeutischen Gebiet, wobei man sich auch hier, wie die Vergangenheit gezeigt habe, unbedingt ein "fundiertes Fortbildungsangebot aneignen sollte". Die Zukunft liege hier in der Vernetzung mit der Naturmedizin. Dies sei, wenn man weiter im "Berufsbild" der Beschwerdeführerin bleiben wolle (Schwerpunkt Therapie), notwendig und für die berufliche Existenz unumgänglich. Unter diesem Aspekt stehe auch "diese Fortbildungsreihe, da es für mich im gesamten Paket alle bekannten und auch wiederentdeckten Therapieformen, mit nachweisbaren und seriösem Wissen und sehr gute Dozenten aufweist". Das angeführte Institut "erfüllte alle meine Aspekte im Bereich berufsbegleitende Fortbildung (da der Bereitschaftsdienst auch Wochentage und -enden umfasst hat), alle für mich wichtigen Sachgebiete und Übungsabende für die Praxis" und es sei auch finanziell tragbar gewesen. Dies jedoch nur, wenn die Beschwerdeführerin das "im Vertrag stehende gesamte Paket unterschreibt". Da eine Berufsausübung als Heilpraktiker in Österreich in "unabsehbarer" Zeit keine Chance habe, sich jedoch für die Beschwerdeführerin am Arbeitsmarkt als unselbständige Angestellte die Chancen rapid erhöhten, habe sie unterschrieben. Es hätten schon einige Ärzte Interesse an einer Mitarbeit/Zusammenarbeit mit der Beschwerdeführerin in dieser Form gezeigt. Dies bestätige die Beschwerdeführerin darin, dass ihre Handlungsweise zu dieser Fortbildungsserie richtig gewesen sei und dadurch wirklich ihre Berufschancen am Arbeitsmarkt gestiegen seien. Ohne diese Entscheidung, eine Fortbildung in dieser Art und Weise (die fundiert mit Zertifikaten, Zwischenprüfungen und Übungsabenden sei) zu treffen, wäre es in Zukunft sehr schwierig "einen Spartenwechsel zu machen". Da der Therapiebereich ständig auf Weiterbildung angewiesen sei, sei dies ein weiterer Schritt, immer auf dem aktuellen Wissensstand zu bleiben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin sei bisher entsprechend ihrer Ausbildung als medizinisch technische Fachkraft (ohne Matura) bei Ärzten, bei einer Gebietskrankenkasse bzw. in einem Krankenhaus eingesetzt gewesen. Die begonnene Ausbildung als Heilpraktiker könne nicht als berufliche Fortbildung sondern nur als Ausbildung gewertet werden, weil es sich dabei um einen gänzlich anderen Beruf handle. Auch die Beschwerdeführerin spreche in der Berufung von einem "Spartenwechsel", den ihr die Ausbildung ermögliche. Die von der Beschwerdeführerin angestrebte Ausbildung zur Untersuchung von Menschen auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Missbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur seien, die Behandlung solcher Zustände und die Vorbeugung von Erkrankungen sei in Österreich nach § 3 Abs. 1 Ärztegesetz 1998 ausschließlich den Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie den Fachärzten vorbehalten. Abs. 4 des § 3 Ärztegesetz bestimme ausdrücklich, dass anderen Personen als den genannten Ärzten jede Ausübung des ärztliches Berufes verboten sei. Die Ausübung der Heilkunde durch medizinische Laien, z. B. durch Heilpraktiker, sei bereits durch Art. IV des Bundesgesetzes über die Wiederherstellung des österreichischen Rechts auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, BGBl. Nr. 151/1947 und § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 193/1948 für die Zeit nach dem 31. Dezember 1948 (Erlöschen bestehender Heilpraktikerbefugnisse) verboten worden. Die von der Beschwerdeführerin absolvierte Ausbildung zum Naturpraktiker bzw. Heilpraktiker widerspreche weiters dem Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt seien, hiezu nicht berechtigten Einrichtungen untersagt werde (Ausbildungsvorbehaltsgesetz BGBl. Nr. 378/1996). Ziel dieses Gesetzes sei es, den verschiedenen, insbesondere aus Deutschland stammenden Instituten, die sich in zunehmendem Maß auch in Österreich etablierten und hier "Heilpraktikerausbildungen" anböten, entgegen zu treten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin rügt, dass die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung, die besuchten Seminare stellten eine Berufsausbildung und nicht eine berufliche Fortbildung dar, davon ausgehe, dass die Beschwerdeführerin in einem Labor tätig sei. Tatsächlich arbeite sie jedoch überwiegend im therapeutischen Bereich. Genauere Feststellungen über das Berufsbild der Beschwerdeführerin lasse die Berufungsentscheidung vermissen. Hätte die belangte Behörde hierüber ein genaueres Ermittlungsverfahren durchgeführt, so wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer therapeutischen Tätigkeit über Anweisung eines Arztes Patientengespräche führe, physikotherapeutische Behandlungen in den verschiedensten Formen auf den Patienten abgestimmt, vornehme, wofür im allgemeinen ein medizinisches Grundwissen hinsichtlich Ernährung, Anatomie, Physiologie und dergleichen notwendig sei. Die belangte Behörde habe sich mit den einzelnen Themenbereichen, die in den als "Werbekosten" geltend gemachten Seminaren und der diesbezüglichen Fachliteratur behandelt würden, unzureichend auseinandergesetzt. Bei genauerem Eingehen auf die dort vermittelten Wissensgebiete hätte die belangte Behörde zu der Feststellung gelangen müssen, dass diese mit den von einer medizinisch technischen Fachkraft im therapeutischen Bereich weitgehend übereinstimmten und geeignet seien, die Kenntnisse der Beschwerdeführerin in ihrem Beruf aufzufrischen, zu verfestigen und weiter zu entwickeln. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin in interdisziplinärer Form die verschiedenen Wechselwirkungen im menschlichen Körper besser begreifen gelernt. Hätte die belangte Behörde hier genauere Ermittlungen vorgenommen, so hätte sie zur Ansicht gelangen müssen, dass für eine medizinisch technische Fachkraft auch die Arbeit mit Homöopathie, Kinesiologie und der spezielleren Diagnoseverfahren jedenfalls der Fort- bzw. Weiterbildung der Berufskenntnisse der Beschwerdeführerin dienlich sei.
Verfehlt ist die Verfahrensrüge, die belangte Behörde wäre davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin "in einem Labor tätig" sei. Dem angefochtenen Bescheid ist an keiner Stelle derartiges zu entnehmen. Die belangte Behörde nimmt vielmehr ausdrücklich als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin entsprechend ihrer Ausbildung als medizinisch technische Fachkraft (ohne Matura) bei Ärzten, bei einer Krankenkasse bzw. in einem Krankenhaus tätig gewesen ist.
In weiterer Folge geht die belangte Behörde allerdings davon aus, dass die "begonnene Ausbildung als Heilpraktiker" nicht als berufliche Fortbildung, sondern nur als Ausbildung gewertet werden könne, weil es sich "dabei" um einen gänzlich anderen Beruf handle.
Aus welchen Gründen die belangte Behörde annimmt, dass der Besuch der von der Beschwerdeführerin absolvierten Seminare für sie eine (begonnene) Ausbildung zum Heilpraktiker darstellt, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Der Hinweis, dass die Beschwerdeführerin in der Berufung von einem "Spartenwechsel" gesprochen hat, stellt solche Gründe ebenso wenig dar wie der von der belangten Behörde ausführlich dargestellte Umstand, dass der Beruf des Heilpraktikers in Österreich nicht zugelassen ist. Gerade das zuletzt genannte Argument spricht dagegen, dass die Beschwerdeführerin eine Ausbildung zur Heilpraktikerin angestrebt hat. Dass die Beschwerdeführerin eine Ausbildung zur Untersuchung von Menschen auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Missbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur seien, die Behandlung solcher Zustände und die Vorbeugung von Erkrankungen angestrebt hätte, hat die Beschwerdeführerin entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid im Verwaltungsverfahren jedenfalls nicht behauptet. Das wesentliche Fortbildungselement war nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht der Erwerb (eines Teiles) der den Ärzten vorbehaltenen Qualifikationen, sondern die Erweiterung der Kenntnisse auf therapeutischem Gebiet. Dass die auf diesem Gebiet von der Beschwerdeführerin im Wege der Fortbildung durch den Besuch der Seminare angestrebte Vernetzung mit der "Naturheilkunde" ungeeignet wäre, ihr die Einnahmen aus dem ausgeübten Beruf zu sichern und zu erhalten, ist nicht von vornherein ausgeschlossen.
Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zur Beschwerde versucht, ihre Entscheidung mit weiteren Argumenten zu verteidigen, ist darauf hinzuweisen, dass die einem Bescheid fehlende Begründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, 99/14/0218).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. Dezember 2005
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