VwGH 2001/13/0071

VwGH2001/13/007127.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der F GmbH in W, vertreten durch Dr. Martin Schober, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. Dezember 2000, Zl. RV/82-06/2000, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1994 bis 1996 sowie den hiermit verbundenen Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §47 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach der Beilage zum Bericht über eine Lohnsteuerprüfung bei der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 1994 bis 1996 ergab sich für die Prüfungsjahre eine Nachforderung an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag aus den an den wesentlich (zu mehr als 25 %) beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlten Vergütungen von 3,375.000 S (1994), 3,9 Mio. S (1995) und 3,9 Mio. S (1996).

In der gegen den auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Nachforderungsbescheid eingebrachten Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, auf Grund der Tatsache, dass der Geschäftsführer im Prüfungszeitraum 65 % (bzw. ab 1996 80 %) der Anteile an der Beschwerdeführerin gehalten habe, könne eine für Dienstnehmer typische Weisungsgebundenheit nicht abgeleitet werden. Der Geschäftsführer sei nicht in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingegliedert, weil er den betrieblichen Ordnungsvorschriften nicht unterworfen sei. Es bestehe auch keine disziplinäre Verantwortung gegenüber der Beschwerdeführerin. Da die Geschäftsführervergütung "doch wohl" vom wirtschaftlichen Erfolg und der Liquidität des Unternehmens abhänge, der Geschäftsführer von den gesetzlichen Schutzbestimmungen des ArbVG ausgeschlossen sei und weiters keine Entgeltfortzahlungen bei einer etwaigen Insolvenz erhalte, trage er (zumindest indirekt) ein Unternehmerrisiko. Auch bestreite der Geschäftsführer einen Teil der Ausgaben selbst (Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft, Fortbildungskosten usw.). Der Geschäftsführer trage "sehr wohl" ein Unternehmerwagnis, weil sein Honorar vom Erfolg der Gesellschaft und damit u.a. von seiner Geschäftsführertätigkeit abhängig sei. Der Geschäftsführer könne sich bei seiner Arbeitsleistung vertreten lassen. Er erhalte sein Entgelt in 12 Teilbeträgen. Er bekomme keinen 13. oder 14. Bezug sowie keine Abfertigung bei Beendigung der Geschäftsführertätigkeit.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie vertrat dazu im Ergebnis die Auffassung, die Beschäftigung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Stellung als wesentlich beteiligten Gesellschafters mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses iS des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen. Die belangte Behörde wies u.a. darauf hin, dass Urlaub, Entgeltfortzahlung oder Abfertigung keine unabdingbaren Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses seien. Ein tatsächlicher Konnex der "Entnahmen" mit dem Betriebsergebnis sei nicht hergestellt worden. Ob der Geschäftsführerbezug in 14 oder in anderen Teilbeträgen ausbezahlt werde, beeinflusse die wirtschaftliche Stellung des Empfängers nicht. Ein Nachweis für das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses in der Sphäre des Geschäftsführers sei nicht erbracht worden. Die Vertretung eines Geschäftsführers durch einen anderen bzw. die Delegierung von Arbeiten sei nicht unüblich. Die Tragung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Geschäftsführer stelle kein "Wagnis" dar.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den angefochtenen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung jedoch mit Beschluss vom 14. März 2001, B 339/01, unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/00, iVm dem Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach Abweisung vom Verwaltungsgerichtshof gestellter Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof (siehe insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2001, G 109/00) wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063, sowie vom 12. September 2001, 2001/13/0203, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw. Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Soweit die Beschwerde vorbringt, die Vorschrift des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sei "nicht vollziehbar", ist festzuhalten, dass im Ergebnis der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof nach Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Anträge auf Aufhebung der im Beschwerdefall anzuwendenden Gesetzesvorschriften davon auszugehen ist, dass die erfolglos in Anfechtung gezogenen Gesetzesstellen der Ermittlung ihres Inhaltes im Auslegungsweg zugänglich sind (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063, vom 12. September 2001, 2001/13/0180, sowie vom 29. Jänner 2002, 2001/14/0073).

Die für die strukturell zu verstehende Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung durch den wesentlichen beteiligten Gesellschafter ist auch nach den Beschwerdeausführungen unbestritten. Die in der Beschwerde vertretene Ansicht, dass von § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gefordert werde, dass "alle Merkmale eines Dienstverhältnisses iS des § 47 Abs. 2 vorliegen", trifft nicht zu, weil nach dieser Bestimmung gerade die Weisungsgebundenheit auszublenden ist, sodass nach der oben zitierten Judikatur auch damit im Zusammenhang stehende Merkmale ihre Indizwirkung zur Bestimmung des Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren. Der Ausschluss von den Schutzbestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes oder von Vorrechten im Konkurs des Arbeitgebers ist für die in Rede stehende Beurteilung nicht von Bedeutung (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 2002, 2001/13/0103). Auch auf das in der Beschwerde angesprochene Kriterium der Vertretungsbefugnis kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend an (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2001, 2001/15/0057, und vom 29. Jänner 2002, 2001/14/0073).

Die Beschwerde wirft der belangten Behörde die Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (so hätte ein "entsprechendes Ermittlungsverfahren" - mit der Einvernahme des Geschäftsführers - durchgeführt werden müssen). Eine Relevanz der von der Beschwerdeführerin gesehenen Verfahrensmängel zeigt die Beschwerde allerdings nicht auf. Die laufende (monatliche) Entlohnung - wenn auch ohne Sonderzahlungen - wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Es wird zwar vorgebracht, die Geschäftsführervergütung sei vom wirtschaftlichen Erfolg und der Liquidität des Unternehmens abhängig, ein tatsächlich nachvollziehbarer Konnex zu wirtschaftlichen Parametern der Beschwerdeführerin wird aber nicht dargestellt. Schwankungen der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers entsprechend der Ertragslage oder der Liquidität der Gesellschaft ließen im Übrigen für sich allein noch keinen Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit der Honorierung des Geschäftsführers zu (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2001, 2001/13/0091, sowie vom 17. Oktober 2001, 2001/13/0102). Dass ein Unternehmerrisiko in Bezug auf (stark schwankende und ins Gewicht fallende) Ausgaben bestanden hätte, zeigt die Beschwerde nicht konkret auf. In der Tragung der auf den Geschäftsführerbezügen lastenden Sozialversicherungsbeiträge ist nach ständiger Judikatur kein relevantes Unternehmerrisiko zu sehen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 28. November 2001, 2001/13/0100).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Auf die zur Lösung des Beschwerdefalles unwesentlichen, von der belangten Behörde vor allem in der Gegenschrift bzw. von der Beschwerdeführerin in der Äußerung zur Gegenschrift angesprochenen Fragen betreffend zugunsten des Geschäftsführers abgeschlossene Lebensversicherungen bzw. fremdunübliche Geldflüsse auf den Verrechnungskonten war dabei nicht weiter einzugehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. März 2002

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