VwGH 2001/07/0108

VwGH2001/07/010817.10.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des HD in V, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurnerstraße 16, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 21. Juni 2001, Zl. LAS - 631/18-00, betreffend die Aufhebung eines Ausschussbeschlusses (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft V, vertreten durch den Obmann HI), zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §34 Abs4;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs6;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;
FlVfGG §34 Abs4;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs6;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Agrargemeinschaft

V (AG), der mitbeteiligten Partei des gegenständlichen Verfahrens. Der Ausschuss der AG beschloss in seiner Sitzung am 6. März 2001 zum Tagesordnungspunkt "Antrag auf Änderung des Regulierungsplanes", die Agrarbehörde um die Ergänzung des Regulierungsplanes durch einen Anhang mit folgendem Wortlaut zu ersuchen:

"1. Der AG, ..., steht das Vorkaufsrecht gemäß den §§ 1072 ff ABGB an den Anteilsrechten der ihr zugehörigen Stammsitzliegenschaften (wie im B-Blatt eingetragen) zu.

2. Nutzt die Agrargemeinschaft dieses unter Punkt 1. beschriebene Vorkaufsrecht nicht, so steht dieses den übrigen Mitgliedern der AG zu. Die Verständigung der Mitglieder hat durch öffentlichen Anschlag (Gemeindetafel) zu erfolgen. Bei mehreren Bewerbern hat der Verkäufer die Wahl."

Der Ausschussbeschluss wurde durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde Virgen am 7. März 2001 kundgemacht.

Am 15. März 2001 langte bei der Agrarbehörde ein an diese adressiertes Schreiben des Beschwerdeführers vom 14. März 2001 mit folgendem Wortlaut ein:

"Berufung Protokoll 1 der Ausschusssitzung vom 6.3.2001, 20.00 Uhr - Tagesordnungspunkt: "Änderung des Regulierungsplanes" und Berufung Protokoll 2: Punkt 4.) Eintreibung offener Forderungen, Weideausschluss.

Sehr geehrter Herr Doktor K.

Zu Protokoll 1: Ich berufe den gesamten Tagesordnungspunkt. Der Ausschuss der AG wird sicherlich den Regulierungsplan (Gesetzesnovelle) nicht ändern können.

Zu Protokoll 2: Punkt 4., berufe ebenfalls gegen Eintreibung offener Forderungen (Weideausschluss).

Der Ausschuss (Kassier) war in den letzten zwei Arbeitsjahren nicht in der Lage eine korrekte Rechnung zu erstellen. Die Entschuldigung des Obmanns (Kassier) - "irrtümlicherweise wurde verrechnet" - gilt für mich in diesem Falle nicht. Auf Grund dies hat der Ausschuss kein Recht, den dreifachen Weidezins bzw. Weideausschluss anzuordnen.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

(Beschwerdeführer)."

Das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz gab mit Bescheid vom 19. März 2001 gemäß § 37 Abs. 7 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1996 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 77/1998 (TFLG 1996) dem "Einspruch" des Beschwerdeführers hinsichtlich der Änderung des Regulierungsplanes Folge und behob den Ausschussbeschluss der AG vom 6. März 2001 (Spruchpunkt 1). Der Einspruch des Beschwerdeführers hinsichtlich der Eintreibung offener Forderungen wurde in Spruchpunkt 2 dieses Bescheides als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid vom 19. März 2001 erhob die AG Berufung, welche sich ausschließlich gegen Spruchpunkt 1 des Bescheides der Agrarbehörde erster Instanz richtete. Im Verfahren vor der Berufungsbehörde machte die AG u.a. geltend, der Beschwerdeführer habe keinerlei sachliche Gründe gegen die beabsichtigte Änderung des Regulierungsplanes vorgebracht, in der Berufung des Beschwerdeführers sei kein Antrag auf eine Streitentscheidung enthalten; es handle sich vielmehr um eine Aufsichtsbeschwerde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Juni 2001 gab die belangte Behörde der Berufung Folge und behob den Spruchpunkt 1 des Bescheides der Agrarbehörde erster Instanz vom 19. März 2001 ersatzlos. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, für die AG stehe der Regulierungsplan vom 18. Jänner 1965 in Geltung. Gemäß § 69 Abs. 1 TFLG 1996 stehe die Abänderung von Regulierungsplänen nur der Agrarbehörde zu. Sie könne entweder auf Antrag der Gemeinschaft oder von Amts wegen erfolgen. Der Antrag der Gemeinschaft müsse auf einem den Verwaltungssatzungen entsprechenden Beschluss des zuständigen Organes der Gemeinschaft beruhen. Mit Bescheid der Agrarbehörde vom 22. April 1999 sei die Inkraftsetzung einer neuen Satzung für die AG verfügt worden. Aus der darin geregelten Zuständigkeitsverteilung zwischen den einzelnen Organen der AG ergebe sich, dass die Antragstellung an die Agrarbehörde für eine Abänderung des Regulierungsplanes zum Wirkungskreis des Ausschusses nach § 12 zähle.

Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 11 der Satzung der AG führte die belangte Behörde aus, die mit Bescheid der Agrarbehörde vom 22. April 1999 für die AG in Kraft gesetzte Satzung sehe im § 11 als Rechtsschutzinstrumente, die dem einzelnen Mitglied zur Verfügung stünden, sowohl die Möglichkeit einer Aufsichtsbeschwerde (Abs. 2) als auch die Möglichkeit der "Beantragung einer Streitentscheidung" (Abs. 4) vor. Die Unterscheidung zwischen den beiden Rechtschutzeinrichtungen sei in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung, vor allem in Hinblick auf die in § 37 Abs. 8 TFLG 1996 geregelte Parteistellung im agrarbehördlichen Aufsichtsverfahren. Nur ein förmlicher Antrag begründe die Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Erlassung eines Bescheides nach § 37 Abs. 7 leg. cit., weil es sich bei einem solchen Bescheid um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handle. Eine Aufsichtsbeschwerde löse keine Entscheidungspflicht der Agrarbehörde aus, weil sie kein Antrag auf Streitentscheidung im Sinne des § 37 Abs. 7 TFLG sei.

Nach Wiedergabe des Wortlautes der §§ 37 Abs. 8 und 6 TFLG 1996 fuhr die belangte Behörde fort, auf Grund einer Aufsichtsbeschwerde gegen einen Organbeschluss sei die Agrarbehörde zur amtswegigen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses unter den Voraussetzungen des § 37 Abs. 6 TFLG 1996 berechtigt und verpflichtet. Dem beschwerdeführenden Mitglied stehe jedoch kein Rechtsanspruch auf Aufhebung zu. Nur der AG, nicht aber auch dem beschwerdeführenden Mitglied komme daher Parteistellung zu.

Die Agrarbehörde erster Instanz sei bei Erlassung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, dass die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Ausschussbeschluss vom 6. März 2001 ein Antrag (Einspruch) im Sinne des § 37 Abs. 7 TFLG 1996 sei. Diese Wertung ergebe sich sowohl aus dem Spruch als auch aus der Begründung des Bescheides erster Instanz. Als angewendete Gesetzesbestimmung werde nur § 37 Abs. 7 leg. cit. angeführt. Mit der Frage, ob die Berufung des Beschwerdeführers als Aufsichtsbeschwerde oder als Beantragung einer Streitentscheidung im Sinne der Satzung der AG zu qualifizieren sei, habe sich die Agrarbehörde erster Instanz nicht auseinander gesetzt.

Gemäß Satzung der AG sei eine Aufsichtsbeschwerde beim Obmann der AG einzubringen, der sie samt einer Stellungnahme an die Agrarbehörde weiter zu leiten habe. Die - im vorliegenden Fall erfolgte - unmittelbare Einbringung der Aufsichtsbeschwerde bei der Agrarbehörde könne jedoch nicht bewirken, dass sie nicht als solche, sondern als Beantragung einer Streitentscheidung zu werten sei. Eine unmittelbar bei der Agrarbehörde eingebrachte Aufsichtsbeschwerde sei an die zuständige Einbringungsstelle, sohin an den Obmann der Agrargemeinschaft weiter zu leiten, auch wenn dieses Vorgehen ein Fristversäumnis zur Folge haben könne. In diesem Fall hätte die Agrarbehörde dem beschwerdeführenden Mitglied mitzuteilen, dass die Aufsichtsbeschwerde als verspätet anzusehen sei und aus diesem Grund nicht weiter behandelt werde. Die Eigenschaft eines Anbringens als Aufsichtsbeschwerde gehe jedoch dadurch, dass es nicht bei der zuständigen Einbringungsstelle eingebracht werde, nicht verloren.

Der Beschwerdeführer habe gegen den Tagesordnungspunkt berufen, weil "der Ausschuss nicht den Regulierungsplan ändern könne." Der Ausschuss der AG habe aber nicht eine Abänderung des Regulierungsplanes, sondern im Sinne des § 69 Abs. 1 TFLG 1996 den Antrag an die Agrarbehörde auf eine bestimmte Abänderung des Regulierungsplanes beschlossen. Die Berufung des Beschwerdeführers sei so zu verstehen, dass er die Agrarbehörde über eine seiner Meinung nach ungesetzliche Anmaßung einer Zuständigkeit durch den Ausschuss in Kenntnis setzen habe wollen ("mit der Bitte um Kenntnisnahme ..."). Ein Antrag lasse sich der Berufung des Beschwerdeführers nicht entnehmen, auch nicht ein Vorbringen dahingehend, seine wesentlichen Interessen als Mitglied der AG würden verletzt. Die Berufung des Beschwerdeführers könne somit nicht als Antrag auf Streitentscheidung im Sinne des § 11 Abs. 4 der Satzung der AG oder als ein mit Gründen versehener Antrag im Sinne des § 37 Abs. 7 TFLG 1996 qualifiziert werden, sondern sei als Aufsichtsbeschwerde im Sinne des § 11 Abs. 2 der Satzung zu werten. Daraus folge, dass eine Entscheidung gemäß § 37 Abs. 7 leg. cit., wie sie mit dem angefochtenen Bescheid getroffen worden sei, verfehlt gewesen sei. Allenfalls hätte die Berufung des Beschwerdeführers zum Anlass für ein Verfahren nach § 37 Abs. 6 leg. cit. genommen werden können, allerdings unter Wahrung des Parteiengehörs gegenüber der AG und ohne Parteistellung des Beschwerdeführers.

Aus § 69 Abs. 1 TFLG 1996 ergebe sich im Zusammenhalt mit der Satzung der AG, dass dem Ausschuss die Möglichkeit offen stehe, den Beschluss zu fassen, die Agrarbehörde um eine Abänderung des Regulierungsplanes zu ersuchen. Bestünden gegen den Beschluss keine Bedenken, so sei er gemäß § 69 Abs. 2 leg. cit. zu genehmigen und die Planänderung in einem Anhang durchzuführen. Der Beschluss des Ausschusses, bei der Agrarbehörde eine Abänderung des Regulierungsplanes zu beantragen, verstoße weder gegen das TFLG 1996 noch gegen den Regulierungsplan einschließlich Wirtschaftsplan und Satzung. Die belangte Behörde halte an ihrer im Erkenntnis vom 6. Juli 2000 zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht fest, dass gegen die Begründung eines Vorkaufsrechtes an agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten keine Bedenken bestünden und dass darin keine Gesetzes- oder "Bescheidverletzung" zu erblicken sei.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid sei somit zu Unrecht im Spruchpunkt 1 der Beschluss des Ausschusses der AG vom 6. März 2001 betreffend Abänderung des Regulierungsplanes aufgehoben worden. Da dieser Aufhebung kein Antrag im Sinne des § 37 Abs. 7 TFLG 1996 zu Grunde gelegen sei, sei der angefochtene Bescheid aufzuheben, ohne dass damit die Abweisung oder Zurückweisung eines Antrages verbunden sei. Liege nämlich einem antragsbedürftigen Bescheid kein Antrag zu Grunde, habe die Berufungsbehörde auf Grund der Berufung den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben. Im Sinne des § 11 Abs. 2 der Satzung der AG sei zur Berufung des Beschwerdeführers lediglich festzustellen, dass Aufsichtsmaßnahmen gegen die AG aus Anlass der als Beschwerde zu wertenden Berufung nicht ergriffen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde, in eventu deren Abweisung beantragte.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Zurückweisung der vorliegenden Beschwerde als unbegründet und unzulässig unter Kostenersatz beantragte.

Der Beschwerdeführer nahm mit weiterem Schriftsatz vom 18. März 2002 zu den Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei Stellung. Gleichzeitig legte er die Abschrift des Erkenntnisses des Landesagrarsenates vom 20. Dezember 2001 (welches ihm von der Agrarbehörde übermittelt worden war) vor, wonach die belangte Behörde in Stattgebung eines Devolutionsantrages dem Ansuchen des Ausschusses der AG vom 6. März 2002 Folge gebend, die damals beschlossene Ergänzung des Regulierungsplanes für die AG genehmigte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bringt eingangs seiner Beschwerde (Pkt. C - Stellung der AG als mitbeteiligte Partei) vor, es gehe im derzeitigen Verfahrensstadium lediglich darum, ob die Eingabe des Beschwerdeführers überhaupt als Antrag auf Streitentscheidung im Sinn des § 37 Abs. 7 TFLG 1996 zu qualifizieren sei und noch nicht um die inhaltliche Entscheidung des Antrags. Daher laufe die angefochtene Entscheidung im Ergebnis auf eine Zurückweisung eines Rechtsmittels hinaus, deren Rechtmäßigkeit nur zwischen dem Rechtsmittelwerber und der zurückzuweisenden Behörde zu klären sei, die AG sei nicht als mitbeteiligte Partei beizuziehen.

Gemäß § 21 Abs. 1 VwGG sind Parteien im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auch die Personen, die durch den Erfolg der Anfechtung des Verwaltungsaktes in ihren rechtlichen Interessen berührt werden (Mitbeteiligte). Eine allfällige Aufhebung des über die Berufung der AG in stattgebendem Sinn absprechenden angefochtenen Bescheides berührt zweifelsfrei die Rechte der AG, weshalb diese dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren als mitbeteiligte Partei beizuziehen war.

2. Die belangte Behörde hat wiederum in ihrer Gegenschrift geltend gemacht, es ergebe sich - ausgehend von der Annahme, dass der Beschwerdeführer eine Aufsichtsbeschwerde erhoben und nicht einen Antrag auf Streitentscheidung im Sinne des § 37 Abs. 7 TFLG 1996 gestellt habe -, dass diesem nach § 37 Abs. 8 leg. cit. gar keine Parteistellung zukomme, was den Mangel der Beschwerdelegitimation nach sich ziehe. Daher - so werde beantragt - möge der Verwaltungsgerichtshof die vorliegende Beschwerde als unzulässig zurückweisen, in eventu als unbegründet abweisen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde nicht inhaltlich über eine Aufsichtsbeschwerde abgesprochen, sondern eine von der Behörde erster Instanz unterschiedliche Qualifikation der Eingabe des Beschwerdeführers getroffen und - insofern folgerichtig - der Bescheid erster Instanz im davon betroffenen Umfang behoben. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es daher auch nicht um die Überprüfung einer Entscheidung in einem Aufsichtsbeschwerdeverfahren, auf welches die Einschränkung des Parteienkreises des § 37 Abs. 8 TFLG 1996 zugeschnitten ist. Davon, dass dem Beschwerdeführer aber deshalb, weil die Entscheidung im Verwaltungsverfahren zweifelsfrei seine Rechte gestaltete, im Grunde des § 8 AVG Parteistellung zukam, ist auch die belangte Behörde selbst ausgegangen, wurde der angefochtene Bescheid doch auch dem Beschwerdeführer gegenüber als Verfahrenspartei erlassen.

Dem Beschwerdeführer kommt aber auch die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde zu, weil seine Rechtstellung, je nachdem ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, eine verschiedene ist (vgl. die zu § 34 VwGG ergangene Judikatur in Dolp3, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 412 ff).

Die Beschwerde erweist sich daher als zulässig.

3. Der Beschwerdeführer vertritt in Ausführung seiner Beschwerde die Ansicht, er habe keinesfalls eine Aufsichtsbeschwerde erheben, sondern vielmehr seine Parteirechte als Mitglied der AG geltend machen und eine Entscheidung über seine Berufung haben wollen. Den Umstand, dass der Beschwerdeführer seine Eingabe mit der hier unpassenden Floskel "ich bitte um Kenntnisnahme und zeichne mit freundlichen Grüßen" beendet habe, hätte die belangte Behörde nichts zum Nachteil des Beschwerdeführers so auslegen dürfen, als ob er die Behörde bloß zur Kenntnisnahme hätte auffordern wollen. Zumindest aber hätte die Behörde vom Vorliegen eines unklar gestellten Antrages ausgehen müssen, weil der Beschwerdeführer durch die Verwendung der Formulierung "ich berufe" und durch eine genaue Bezeichnung des Anfechtungsumfangs auch zum Ausdruck gebracht habe, dass er eine Streitentscheidung durch die Agrarbehörde haben möchte. Ein weiterer Verfahrensmangel liege darin, dass dem Beschwerdeführer die Stellungnahme der AG vom 20. Mai 2001 nicht zur Kenntnis gebracht worden sei.

Weiters hält der Beschwerdeführer der Argumentation der belangten Behörde, wonach die AG ja nicht eine Änderung des Regulierungsplanes beschlossen sondern eine solche nur habe beantragen wollen, die Bestimmung des § 69 Abs. 2 letzter Satz TFLG 1996 entgegen. Nach dieser Bestimmung stehe den einzelnen Mitgliedern der Gemeinschaft gegen eine Genehmigung eines Beschlusses auf Satzungsänderung keine Berufung zu. Die Mitglieder seien daher darauf angewiesen, eine Verletzung ihrer Interessen durch eine von der AG beantragte Satzungsänderung in einem Antrag auf Streitentscheidung gemäß § 37 Abs. 7 TFLG 1996, also auf Aufhebung jenes Beschlusses geltend zu machen, in dem das zuständige Organ der Agrargemeinschaft beschließe, bei der Agrarbehörde eine Satzungsänderung zu beantragen.

3.1. Die Bestimmungen des § 37 Abs. 6 bis 8 und des § 69 Abs. 1 und 2 TFLG 1996 lauten:

"§ 37. ...

(6) Beschlüsse, die gegen dieses Gesetz oder gegen den Regulierungsplan einschließlich eines Wirtschaftsplanes oder einer Satzung verstoßen und dabei wesentliche Interessen der Agrargemeinschaft oder ihrer Mitglieder verletzen, sind von der Agrarbehörde aufzuheben. 3 Jahre nach der Beschlussfassung ist eine Aufhebung nicht mehr zulässig.

(7) Über Streitigkeiten zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis hat auf Antrag die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges zu entscheiden. Solche Anträge sind schriftlich bei der Agrarbehörde einzubringen und zu begründen. Richten sich solche Anträge gegen Beschlüsse der Vollversammlung, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung, richten sie sich gegen Beschlüsse oder Verfügungen anderer Organe der Agrargemeinschaft, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung einzubringen. Anträge von Mitgliedern, die einem Beschluss zugestimmt haben oder die trotz ordnungsgemäßer Einladung an der Beschlussfassung nicht teilgenommen haben, sind nicht zulässig. Die Agrarbehörde hat Beschlüsse (Verfügungen) von Organen der Agrargemeinschaft aufzuheben, wenn sie gegen dieses Gesetz oder gegen den Regulierungsplan einschließlich eines Wirtschaftsplanes oder einer Satzung verstoßen, und dabei wesentliche Interessen des Antragstellers verletzen.

(8) In Verfahren nach Abs. 7 sind die Agrargemeinschaft und die antragstellenden Mitglieder der Agrargemeinschaft Parteien, in Verfahren nach den Abs. 3, 4 und 6 ist nur die Agrargemeinschaft Partei.

§ 69. (1) Die Abänderung von Regulierungsplänen, auch zur Vereinigung von zwei oder mehrerer Agrargemeinschaften, steht nur der Agrarbehörde zu. Sie kann entweder auf Antrag der Gemeinschaft oder von Amts wegen erfolgen. Der Antrag der Gemeinschaft muss auf einem den Verwaltungssatzungen entsprechenden Beschluss des zuständigen Organes der Gemeinschaft beruhen.

(2) Bestehen gegen den Beschluss des Gemeinschaftsorganes keine Bedenken, so ist er zu genehmigen und die Planänderung in einem Anhang durchzuführen. Den einzelnen Mitgliedern der Gemeinschaft steht gegen die Genehmigung des Beschlusses und die Planänderung keine Berufung zu."

§§ 11 und 20 Abs. 1 der mit Bescheid vom 22. April 1999 erlassenen Satzung der AG haben folgenden Wortlaut:

"§ 11. (1) Ausschussbeschlüsse sind binnen einer Woche nach Beschlussfassung durch öffentlichen Anschlag während einer Woche kundzumachen.

(2) Gegen Ausschussbeschlüsse können die Mitglieder der Agrargemeinschaft binnen zwei Wochen ab Beginn des Anschlages schriftlich eine mit Begründung versehene Aufsichtsbeschwerde einbringen; diese ist bei der Agrargemeinschaft, zu Handen des Obmannes einzubringen. Der Obmann hat die Beschwerde mit einer Stellungnahme der Agrargemeinschaft zum Beschwerdevorbringen, ohne unnötigen Aufschub, spätestens innerhalb von zwei Wochen an die Agrarbehörde weiterzuleiten. Ein Anspruch des beschwerdeführenden Mitgliedes auf agrarbehördliche Verfügung von Aufsichtsmaßnahmen gegen die Agrargemeinschaft (§ 37 Abs. 1 bis 3 und Abs. 6 TFLG 1996 und § 21 der Satzung) besteht nicht. Die Agrarbehörde hat dem beschwerdeführenden Mitglied und der Agrargemeinschaft Nachricht zu geben, ob und gegebenenfalls welche Aufsichtsmaßnahmen der Agrarbehörde gegen die Agrargemeinschaft aus Anlass der Beschwerde von Amts wegen ergriffen werden.

(3) Bis zur Mitteilung der Agrarbehörde (Abs. 2, letzter Satz) dürfen die betreffenden Beschlüsse des Ausschusses nicht vollzogen werden.

(4) Von der Aufsichtsbeschwerde im Sinne dieses Absatzes bleibt die Beantragung einer Streitentscheidung zwischen der Agrargemeinschaft und dem Mitglied nur bei wesentlicher Verletzung der Interessen des Mitgliedes nach § 37 Abs. 7 TFLG 1996 (§ 20 Abs. 1 der Satzung) unberührt.

§ 20. (1) Über Streitigkeiten, die zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen und über Wahlablehnungen sowie Wahlanfechtungen (Abs. 3) entscheidet die Agrarbehörde über Antrag unter Ausschluss des Rechtsweges. Solche Anträge sind schriftlich bei der Agrarbehörde einzubringen und zu begründen. Richten sich solche Anträge gegen Beschlüsse der Vollversammlung, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung, richten sie sich gegen Beschlüsse oder Verfügungen anderer Organe der Agrargemeinschaft, so sind sie innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung einzubringen. Anträge von Mitgliedern, die einem Beschluss zugestimmt haben oder die trotz ordnungsgemäßer Einladung an der Beschlussfassung nicht teilgenommen haben, sind nicht zulässig. Die Agrarbehörde kann Beschlüsse (Verfügungen) von Organen der Agrargemeinschaft nur dann aufheben, wenn wesentliche Interessen des Antragstellers verletzt wurden."

3.2. Im vorliegenden Beschwerdefall geht es in erster Linie um die Frage der Qualifikation der Eingabe des Beschwerdeführers vom 14. März 2001, die von der Behörde erster Instanz als Antrag auf Streitentscheidung im Sinne des § 37 Abs. 7 TFLG 1996 bzw. § 20 der Satzung, von der belangten Behörde hingegen als Aufsichtsbeschwerde im Sinne des § 37 Abs. 6 TFLG 1996 bzw. § 11 der Satzung gewertet wird.

Aus der am Ende dieses Schreibens angefügten Höflichkeitsfloskel "Mit der Bitte um Kenntnisnahme und mit freundlichen Grüßen" ist für die Qualifikation des Schriftsatzes nichts zu gewinnen, lässt der Gesamteindruck der "Berufung" doch keinen Zweifel daran offen, dass sich der Beschwerdeführer gegen den Inhalt der beiden dort genannten Beschlüsse des Ausschusses der AG wenden und seine "Berufung" der Agrarbehörde nicht (lediglich) unverbindlich "zur Kenntnis" bringen wollte.

Bei der Qualifikation des Schriftsatzes kommt es auch weder auf seine Bezeichnung als "Berufung" statt als Aufsichtsbeschwerde bzw. als Antrag auf Streitentscheidung an; ebenso wenig ist entscheidend, bei welcher Einbringungsstelle (Agrarbehörde oder Agrargemeinschaft) der Schriftsatz eingebracht wurde.

Entscheidend dafür, ob einer solchen Eingabe die Qualität einer Aufsichtsbeschwerde oder eines Antrages nach § 37 Abs. 7 TFLG zukommt, ist vielmehr folgende Überlegung:

§ 37 Abs. 7 TFLG 1996 regelt Streitigkeiten zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis.

Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dadurch gekennzeichnet, dass sie Rechte und Pflichten der Gemeinschaft gegenüber dem Mitglied, Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber der Gemeinschaft und Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft zum Gegenstand haben. Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis kann nur sein, was die die Agrargemeinschaften regelnden gesetzlichen Vorschriften und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Mitgliedschaftsverhältnis bestimmen. Eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis liegt dann vor, wenn das Mitgliedschaftsverhältnis für die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestimmend ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Oktober 1995, Zl. 95/07/0048, vom 28. März 1996, Zl. 93/07/0037, und vom 3. Februar 2000, Zl. 99/07/0152).

Um beurteilen zu können, ob sich die eingebrachte "Berufung" als eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis darstellt, ist die Frage zu beantworten, ob das Mitgliedschaftsverhältnis für den geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach bestimmend ist. Dem Grunde nach bestimmend ist das Mitgliedschaftsverhältnis für die "Berufung" dann, wenn der Inhalt des Beschlusses des Ausschusses, gegen den sie sich richtet, geeignet ist, Rechte aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zwischen der AG und dem antragstellenden Mitglied (zumindest) zu berühren. Wenn durch den Inhalt eines solchen Beschlusses Rechte des Beschwerdeführers aus dem Mitgliedschaftsverhältnis berührt werden, liegt im Fall einer dagegen erhobenen "Berufung" jedenfalls ein Antrag auf Streitentscheidung im Sinn des § 37 Abs. 7 TFLG vor.

Allerdings setzt der inhaltliche Erfolg eines solchen Antrags auf Streitentscheidung seinerseits (u.a.) die tatsächliche Verletzung wesentlicher Interessen des Antragstellers voraus. Diese Verletzung wesentlicher Interessen des Antragstellers im Sinne des letzten Satzes des § 37 Abs. 7 leg. cit. (bzw. § 20 Abs. 1 der Satzung) ist somit Erfolgsvoraussetzung einer Streitentscheidung nach § 37 Abs. 7 leg. cit., nicht aber Zulässigkeitsvoraussetzung. Werden durch einen Ausschussbeschluss Rechte aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zwar berührt, aber keine wesentlichen Interessen des Einschreiters verletzt, wäre der zulässige Antrag auf Streitentscheidung von der Behörde abzuweisen; berührte der Ausschussbeschluss hingegen nicht einmal Rechte aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zwischen der AG und dem antragstellenden Mitglied (zB. wenn sich ein solcher Beschluss ausschließlich auf Rechtsbeziehungen zwischen anderen Mitgliedern bezieht), erwiese sich eine dagegen erfolgte Beantragung der Streitentscheidung als unzulässig.

Der Ausschuss der AG hat am 6. März 2001 beschlossen, den Vorschlag einer Änderung (Ergänzung) des Regulierungsplanes durch Aufnahme von Bestimmungen über ein Vorkaufsrecht bezüglich der Anteilsrechte an die Agrarbehörde heranzutragen und damit gemäß § 69 Abs. 2 TFLG 1996 ein Verfahren ausgelöst, welches gegebenenfalls in der behördlichen Durchführung der beantragten Änderung des Regulierungsplanes mündet. Der Inhalt der beschlossenen Änderung des Regulierungsplanes berührte nun insofern Rechte des Beschwerdeführers aus seinem Mitgliedschaftsverhältnis zur AG, als bei Aufnahme des genannten Vorkaufsrechtes in den Regulierungsplan - die Rechtmäßigkeit einer solchen Vorgangsweise war im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen - der Wert der Anteilsrechte und die Gestaltungsfreiheit der einzelnen Mitglieder bei der Vornahme rechtsgeschäftlicher Verfügungen verändert wird. Für die Anteilsrechte der Mitglieder der AG, deren Wert und deren Verfügbarkeit ist das Mitgliedschaftsverhältnis dem Grunde nach bestimmend, sodass hier vom Vorliegen eines Streites aus dem Mitgliedschaftsverhältnis auszugehen ist. Wendet sich ein Mitglied einer AG gegen einen Beschluss dieses Inhaltes, liegt somit eine "Beantragung der Streitentscheidung" im Sinne des § 37 Abs. 7 TFLG 1996 vor.

Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, wenn sie dem vorliegenden Antrag ("Berufung") des Beschwerdeführers die Qualifikation eines Antrages nach § 37 Abs. 7 TFLG 1996 abgesprochen hat. Die - allein auf diese Rechtsansicht gestützte - mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Behebung des Spruchpunktes 1 des Bescheides der Agrarbehörde erster Instanz vom 19. März 2001 erweist sich daher als rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 17. Oktober 2002

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