Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §360 Abs3;
GewO 1994 §360 Abs5;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §360 Abs3;
GewO 1994 §360 Abs5;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An die beschwerdeführende Partei erging der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22. September 2000, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Bescheid:
Seit geraumer Zeit betreibt die 'G KEG' FN 191283 z, das 'Gastgewerbe gem. § 124 Z. 8 GewO 1994' in den Betriebsarten 'Hotel', 'Bar' und 'Restaurant' im Standort I, unbefugt.
Spruch:
Gem. § 360 Abs. 3 GewO 1994 wurde am 22.09.2000 zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes und Unterbindung der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes durch die 'G KEG' im Standort I, der gesamte Betrieb durch Austausch des Schlosses an der Zugangstüre von der Z-gasse zur Bar, durch Anbringen von amtlichen Siegeln an diesem Schloss sowie an den Schlössern der versperrten Hotelzimmer (ZiNr. 101 bis 107, 201 bis 216, 301 bis 306, 308 bis 316, 401 bis 416, 503, 504) sowie Anbringen eines Absperrbandes beim Zugang zum Restaurantbereich (Parterre, südlich des Ankunftsraumes an diesen angrenzend zwischen der westlichen und östlichen Mauer) faktisch geschlossen. Diese Schließung wird hiermit bescheidmäßig verfügt."
Mit Eingabe vom 6. Oktober 2000 erhob die beschwerdeführende Partei gegen diesen Bescheid Berufung.
In dem an die beschwerdeführende Partei ergangen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 6. November 2000 wurde wie folgt abgesprochen:
"Bescheid:
Der unbefugte Gastgewerbebetrieb der 'G KEG' im Standort I, wurde am 22.09.2000 durch die bescheiderlassende Behörde wegen unbefugter Gewerbeausübung gem. § 360 Abs. 3 GewO 1994 durch Austausch des Schlosses an der Zugangstüre von der Zeughausgasse zur Bar, durch Anbringen von amtlichen Siegeln an diesem Schloss sowie an den Schlössern der versperrten Hotelzimmer (ZiNr. 101 bis 107, 201 bis 216, 301 bis 306, 308 bis 316, 401 bis 416, 503, 504) sowie Anbringen eines Absperrbandes beim Zugang zum Restaurantbereich (Parterre, südlich des Ankunftsraumes an diesen angrenzend zwischen der westlichen und östlichen Mauer) faktisch geschlossen. Hierüber erging der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22.09.2000, Zl. II-Gew-06025e/2000.
Nunmehr beantragte die 'G GmbH' den Widerruf dieser Maßnahme.
Spruch:
Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck entscheidet
gem. § 360 (6) GewO 1994 über gegenständlichen Antrag wie folgt:
Die Maßnahme gem. § 360 (3) GewO 1994 wird widerrufen."
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid
der belangten Behörde vom 12. Februar 2001 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22. September 2000 als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, die vom Gesetz geforderte Voraussetzung für eine Betriebsschließung sei vorgelegen gewesen, wobei auch die (Berufungs-)Behörde nur zu prüfen habe, ob zum Zeitpunkt der Betriebsschließung die Voraussetzungen hiefür gegeben gewesen sei. Eine allenfalls danach erfolgte Gewerbeanmeldung mit rechtsbegründendem Charakter könne ebenso wenig wie der zwischenzeitlich ohnehin erfolgte Widerruf der Maßnahme bei der Entscheidung der Behörde berücksichtigt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 360 Abs. 3 GewO 1994 bestimmt:
"(3) Ist eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 offenkundig, so hat die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides den gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betrieb an Ort und Stelle zu schließen; eine solche Betriebsschließung liegt auch dann vor, wenn eine Gewerbeausübung unterbunden wird, die keine Betriebsstätte aufweist; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist."
§ 360 Abs. 6 GewO 1994 hat folgenden Wortlaut:
(6) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen."
Die belangte Behörde ging erkennbar davon aus, dass nur darüber abzusprechen gewesen wäre, ob "die faktische Durchführung der Schließung des Betriebes" rechtens war; in diesem Sinne wurde auch in der Art eines Feststellungsbescheides bescheidmäßig abgesprochen.
Schon damit verkannte die belangte Behörde die Rechtslage, weil bereits aus der Anordnung des § 360 Abs. 5 GewO 1994, wonach (u.a.) Bescheide nach § 360 Abs. 3 sofort vollstreckbar sind, folgt, dass ein solcher Bescheid als Leistungsbescheid zu erlassen ist (vgl. Kienast, Die einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen nach der GewO 1994, ZfV 1995, 303, 312).
Das heißt auch, dass nicht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt "der faktischen Durchführung der Schließung des Betriebes" zu beurteilen war. Für eine solche Auffassung könnte zwar der Wortlaut des § 360 Abs. 3 GewO 1994 insoweit ins Treffen geführt werden, als danach "hierüber" (über die Schließung des Betriebes als unmittelbare, verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt) ein schriftlicher Bescheid zu erlassen ist. Bei einer solchen Sicht wäre aber - trotz des erheblichen Eingriffes in die Erwerbsausübungsfreiheit - ein schriftlicher Bescheid "hierüber" auch dann zu erlassen, wenn zwischenzeitig die Tatbestandsvoraussetzungen für ein behördliches Vorgehen nach dieser Gesetzesstelle gar nicht mehr vorliegen; es würde mit anderen Worten eine zwischenzeitig unzulässig gewordene Maßnahme in einen Bescheid "transformiert" (vgl. Funk, in: Rill (Hrsg), Gewerberecht: Beiträge zu Grundfragen der GewO 1973 (1978), 430 f) werden. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich deshalb der Auffassung von Kienast (a.a.O., 311) an, dass es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung ankommt.
Im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung müssen daher ebenso wie im Zeitpunkt der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung die Voraussetzungen für die Maßnahme (hier die Schließung des Betriebes) gegeben sein. Fällt während des Verfahrens eine dieser Voraussetzungen weg, so ist ein vergangenheitsbezogener Feststellungsbescheid zu erlassen. Diesfalls hat sich die Entscheidung auf den Zeitraum beginnend ab der (faktischen) Setzung der Maßnahme bis zum Wegfall der Voraussetzung zu beziehen. Dem Wort "hierüber" kommt die Bedeutung einer Abgrenzung der Sachentscheidungsbefugnis - ähnlich jener der Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG - insoferne zu, als durch die Maßnahme der Gegenstand des Verfahrens umschrieben wird.
Schon aus den oben angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Juni 2001
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