VwGH 2001/03/0127

VwGH2001/03/01273.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des BZ in P, Deutschland, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 19a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 7. März 2001, Zl. uvs- 2000/2/079-7, betreffend Übertretung gemäß Güterbeförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich AnhC Z4;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litc;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art13;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2003:2001030127.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe "als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten LKW-Zuges am 5. Oktober 1999 von Deutschland kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Italien durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Beamte des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung, Außenstelle Schönberg am 5. Oktober 1999 um 01.40 Uhr auf der Brennerautobahn bei km 9,600 in Schönberg festgestellt" worden sei; das Fahrzeug sei nicht mit einem Ecotag ausgerüstet gewesen.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 593/1995 i. d.F. BGBl. I Nr. 17/1998 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission i. d. F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von fünf Tagen, verhängt wurde.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass auf Grund des Ermittlungsverfahrens feststünde, der Beschwerdeführer habe einen gebrauchten Bagger mit einem gebrauchten LKW in Richtung Kosovo transportiert. Anlässlich der Kontrolle habe es weder aus den Frachtpapieren noch aus den Fahrzeugpapieren noch aus der Verantwortung des Beschwerdeführers gegenüber dem Meldungsleger Hinweise gegeben, dass es sich um reparaturbedürftige Kraftfahrzeuge gehandelt habe. Der Beweisantrag auf Einvernahme des Käufers dieser Kraftfahrzeuge B. Z. sei abzuweisen gewesen, weil der Sachverhalt geklärt gewesen sei. Unstrittig sei, dass der Beschwerdeführer für die gegenständliche Fahrt keine Ökopunkte entrichtet habe und das Kraftfahrzeug nicht mit einem Ecotag ausgestattet gewesen sei. Die Übertretung werde auf Grund der Einvernahme des Meldungslegers und der Einsichtnahme in die Frachtpapiere als erwiesen angesehen. Als Verschuldensgrad sei zumindest grobe Fahrlässigkeit anzunehmen. Die missachtete Bestimmung diene der Beschränkung des Transitverkehrs bzw. der Überwachung des diesbezüglichen Regimes. Die dahinter stehenden Interessen seien die Einschränkung von Belastungen der österreichischen Bevölkerung durch Lärm- und Schadstoffausstoß im Zusammenhang mit dem Transitverkehr, denen der Beschwerdeführer zweifelsfrei in einem nicht unerheblichen Ausmaß zuwidergehandelt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG), BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, begeht - abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen - eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolles Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e) und als Lastkraftwagen jedes zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern in einem Mitgliedstaat zugelassene Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, einschließlich Sattelzugfahrzeuge, sowie Anhänger mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen, die von einem in einem Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen oder weniger gezogen werden (lit. d).

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission i. d. F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens durch das Gebiet Österreichs

"die nachstehenden aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen der Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder

c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis dafür, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."

Gemäß Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 müssen keine Ökopunkte entrichtet werden, wenn es sich um eine Leerfahrt im Zusammenhang mit einer Beförderung gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden, und geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt werden. Solche geeigneten Nachweisunterlagen sind: der Frachtbrief oder eine ausgefüllte Ökopunktekarte ohne aufgeklebte Ökopunkte oder die Entrichtung und spätere Rückerstattung von Ökopunkten.

Gemäß Anhang C Z. 4 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 werden für die Beförderung beschädigter oder reparaturbedürftiger Fahrzeuge keine Ökopunkte benötigt.

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass nur ein reparaturbedürftiger Bagger transportiert worden sei. Aus den vorgelegten Frachtpapieren habe sich der Hinweis auf einen gebrauchten Bagger ergeben. Anlässlich der Verhandlung am 7. März 2001 sei beantragt worden, den Zeugen B. Z. zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass der vom Beschwerdeführer überstellte Bagger reparaturbedürftig wäre und die Reparatur vom Zeugen durchgeführt worden sei. Anhand der der Beschwerde beigeschlossenen Bestätigung ergebe sich, dass der gebrauchte Mobilbagger tatsächlich reparaturbedürftig gewesen sei.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs eine der unter lit. a bis d näher bezeichneten Unterlagen "mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen". Es war von der belangten Behörde nicht zu prüfen, ob die transportierten Fahrzeuge tatsächlich beschädigt oder reparaturbedürftig waren oder nicht, sondern allein, ob der Beschwerdeführer - zur Tatzeit -

gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. c) der genannten EG-Verordnung geeignete Nachweisunterlagen im Sinne des Art. 13 der Verordnung mitgeführt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2002, Zl. 2001/03/0030). Aus den vom Beschwerdeführer auf der verfahrensgegenständlichen Fahrt mitgeführten Papieren ergab sich aber lediglich, dass der transportierte Bagger gebraucht ist.

Weiters meint der Beschwerdeführer, es hätte ihm vorgeworfen werden müssen, ein Fahrzeug mit einem zulässigen Höchstgewicht von mehr als 7,5 t gelenkt zu haben. Da Transitfahrten mit Lastkraftwagen mit einem Gesamtgewicht bis 7,5 t, auch mit einem Anhänger mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht bis zu dem des Zugfahrzeuges, ökopunktebefreit seien, hätten sich die Vorhaltungen auf dieses Tatbestandselement beziehen müssen, sodass Verfolgungsverjährung vorliege und der Bescheid daher rechtswidrig sei.

Auch darin kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Art. 1 lit. d des angeführten Protokolles Nr. 9 enthält - wie bereits angeführt - eine Legaldefinition des in Art. 1 Abs. 1 der angeführten EG-Verordnungen enthaltenen Begriffes des "Lastkraftwagens", die u.a. das Kriterium des in einem Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeuges "mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 t, einschließlich Sattelzugfahrzeuge," enthält. Eine in einer anderen als der gemäß § 44a Z. 2 VStG im Spruch anzuführenden übertretenen Norm enthaltene Legaldefinition stellt kein in die Verfolgungshandlung und in den Spruch aufzunehmendes wesentliches Tatbestandsmerkmal dar (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 2001, Zl. 98/03/0322, und vom 3. Mai 2000, Zl. 2000/03/0010). Dass aber der verfahrensgegenständliche Lastkraftwagenzug nicht die Voraussetzungen der angeführten Legaldefinition erfüllte, wird in der Beschwerde gar nicht behauptet. In der Anzeige werden die inkriminierten Fahrzeuge als "Kraftwagenzug" mit den näher angeführten Kennzeichen "mit einem höchstzul. Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen" angegeben.

Im Übrigen liegt jedoch eine - vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende - inhaltliche Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/2001 u. a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, stellte der Verfassungsgerichtshof nämlich fest, dass die Wortfolge "und Z. 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf Z. 8 bezieht". Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung somit nicht mehr anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, Zl. 99/03/0089) und es ist eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen.

Der angefochtene Bescheid war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 3. September 2003

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