Normen
JagdG Krnt 2000 §3 Abs2;
JagdG Krnt 2000 §6 Abs3;
JagdRallg;
VwRallg;
JagdG Krnt 2000 §3 Abs2;
JagdG Krnt 2000 §6 Abs3;
JagdRallg;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2000 beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs 3 K-JG die Schaffung eines Gemeindejagdgebietes R und legte einen Katasterauszug, ein Eigentümerverzeichnis und eine Aufstellung der Grundstücksflächen bei. Am 6. April 2000 reichte die Beschwerdeführerin zu ihrem Antrag einen Lageplan sowie ein jagdfachliches Gutachten von DI Dr S nach, in dem im Wesentlichen ausgeführt wird, eine geordnete Bejagung sei im beantragten Sonderjagdgebiet gewährleistet und Äsungsmöglichkeiten seien vorhanden. Die Anforderung des geordneten Jagdbetriebes nach § 3 K-JG bedürfe nur auf einer schmalen Hangfläche im Südwesten der beantragten Gemeindejagd, gebildet von den Grundstücken 430, 431 und 432, einer Überprüfung. Dort ermögliche ein im Durchschnitt mehr als 100 m breiter Waldstreifen eine ordnungsgemäße Bejagung von Rehwild, durch entsprechende Platzierung von Bodensitzen und anderen Reviereinrichtungen sei anständiges, weidgerechtes Jagen möglich, es könne ein Kugelschuss abgegeben werden, der allen Sicherheitserfordernissen entspreche. Bei entsprechend sorgfältig abgegebenen Schüssen sei auch das Risiko der Wildfolge nicht größer als in anderen Bereichen. Wenn die beantragten Anschlussflächen vom Gemeindegebiet S in die Überlegungen miteinbezogen würden, so weise dieser Revierteil geradezu günstige Verhältnisse in Bezug auf Bejagung sowie Äsungs- und Einstandsflächen auf. Wildökologisch und jagdtechnisch würden die ebenen Ackerflächen des Gemeindegebietes S wesentlich besser zum beantragten Gemeindejagdgebiet R passen. Zusammenfassend wurde in diesem Gutachten sodann festgestellt, aus jagdfachlicher Sicht seien die Erfordernisse zur Erklärung der beantragten Flächen zum Gemeindejagdgebiet R erfüllt.
Sowohl der Landesjagdbeirat als auch die Kärntner Jägerschaft gaben hiezu am 30. Mai 2000 negative Stellungnahmen ab, da der geordnete Jagdbetrieb durch die ungünstige räumliche Struktur, aber auch die ungünstige Verzahnung mit umliegenden Eigenjagdgebieten sowie dem geringen Ausmaß der beantragten Gemeindejagd sehr in Frage gestellt sei und bereits zu einem früheren Zeitpunkt negativ begutachtet worden sei.
Der Amtssachverständige erstattete im Verfahren folgendes jagdfachliches Gutachten (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Die beantragte GJ R erreicht mit den zusammenhängenden Flächen eine Größe von 117 (bzw. lt. digitalem Kataster 120) ha. Während der Zusammenhang der Grundstücke und die Mindestgröße von mehr als 115 ha für das Entstehen einer Gemeindejagd sprechen würden, bildet die Konfiguration der Grundstücke 430, 431 und 432 einen 'Dornfortsatz', dessen Verhältnis Länge : Breite = 6,5 : 1 beträgt, und aus Sachverständigensicht einen geordneten Jagdbetrieb nicht gewährleistet.
Dies ist damit zu begründen, dass die Reviergrenze im SW entlang dem Waldrand eine etwa knapp 700 m lange Trennlinie zwischen der Einstandsfläche im NO und der Äsungsfläche im SW bzw. linksufrig des G-Tales darstellt. Ergänzend wird dazu festgestellt, dass in diesem Abschnitt des G-Tales eine hohe Verkehrsdichte (Bundesstraße und zweigleisige Eisenbahnstrecke) besteht und die Äsungsfläche im SW am Fuße des Höhenrückens erwartungsgemäß eher im Nahebereich des schützenden Einstandes vom Wild genutzt werden kann.
Als wesentlicher Faktor zur Beurteilung stellt sich allerdings der geschlossene Waldbestand im Westabhang des Höhenrückens dar, innerhalb dieser Fläche faktisch keine Bejagung erfolgen kann. Bei Feststellung der beantragten GJ R würde allerdings die Bejagung von Schalenwild auf der Äsungsfläche im SW, die zur Gemeinde S gehört, unweigerlich das Problem der Wildfolge nach sich ziehen.
Aus Sachverständigensicht erscheint ein geordneter Jagdbetrieb unter den gegebenen räumlichen Voraussetzungen nicht gewährleistet und somit die Feststellung des beantragten Gemeindejagdrevieres R nicht befürwortet."
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs 3 iVm § 9 K-JG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, während der Zusammenhang der Grundstücke und die Mindestgröße der von der Beschwerdeführerin beantragten Gemeindejagd R für das Entstehen einer Gemeindejagd sprechen würden, bildete die Konfiguration der Grundstücke 430, 431 und 432 einen "Dornfortsatz", der aus Sachverständigensicht einen geordneten Jagdbetrieb nicht gewährleiste. Als wesentlicher Faktor zur Beurteilung stelle sich der geschlossene Waldbestand in diesem dar, innerhalb dessen faktisch keine Bejagung erfolgen könne. Bei Feststellung der beantragten Gemeindejagd R würde die Bejagung von Schalenwild auf die Äsungsfläche im Südwesten, die zur Gemeinde S gehöre, unweigerlich das Problem der Wildfolge nach sich ziehen. Daher erscheine ein geordneter Jagdbetrieb unter den gegebenen räumlichen Voraussetzungen nicht gewährleistet. Das Gutachten von DI Dr S sei schon deshalb nicht schlüssig, da Anschlussflächen vom Gemeindejagdgebiet S nicht in die Überlegungen betreffend die Feststellung der beantragten Gemeindejagd einbezogen werden könnten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Abs 1 Kärntner Jagdgesetz 2000, LGBl. Nr. 21/2000 (K-JG), bilden die in einer Gemeinde liegenden, zusammenhängenden, jagdlich nutzbaren Grundstücke, welche nicht zu einem Eigenjagdgebiet gehören und ein Mindestausmaß von 500 ha erreichen, das Gemeindejagdgebiet.
Gemäß § 6 Abs 3 K-JG kann auf Antrag der Gemeinde von der Landesregierung nach Anhören des Landesjagdbeirates und der Kärntner Jägerschaft in Fällen, in denen das Mindestausmaß von 500 ha (Abs 1) nicht erreicht wird, ein Gemeindejagdgebiet dann festgestellt werden (§ 9), wenn die in der Gemeinde liegenden jagdlich nutzbaren Grundstücke ein Ausmaß von mindestens 115 ha erreichen, zusammenhängen und einen geordneten Jagdbetrieb ermöglichen.
Im vorliegenden Fall ist alleine die Frage strittig, ob die im beantragten Gemeindejagdgebiet liegenden jagdlich nutzbaren Grundstücke einen geordneten Jagdbetrieb gemäß § 6 Abs 3 K-JG ermöglichen.
Gemäß § 3 Abs 2 K-JG ist ein geordneter Jagdbetrieb gegeben, wenn durch die Jagdausübung einschließlich der Hege ein der Größe und Beschaffenheit des Jagdgebietes angepasster artenreicher und gesunder Wildbestand erzielt und erhalten wird. Dabei sind ein ausgeglichener Naturhaushalt, die Erfordernisse der Land- und Forstwirtschaft und wildökologische Raumplanung zu berücksichtigen. Der geordnete Jagdbetrieb umfasst auch eine ordnungsgemäße Ausübung des Jagdschutzes.
Der Begriff des geordneten Jagdbetriebes geht wesentlich weiter als der Begriff der jagdlichen Nutzbarkeit. Während der Begriff der jagdlichen Nutzbarkeit lediglich auf die Einstands- und Äsungsmöglichkeit für wenigstens eine Schalenwildart abstellt, stellt der Begriff des geordneten Jagdbetriebes darauf ab, dass durch die Jagdausübung einschließlich der Hege ein der Größe und Beschaffenheit des Jagdgebietes angepasster artenreicher und gesunder Wildbestand erzielt und erhalten wird, wobei ein ausgeglichener Naturhaushalt, die Erfordernisse der Land- und Forstwirtschaft und die wildökologische Raumplanung zu berücksichtigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl. 2000/03/0378).
Bei der Beurteilung, ob die im beantragten Gemeindejagdgebiet liegenden jagdlich nutzbaren Grundstücke gemäß § 6 Abs 3 K-JG einen geordneten Jagdbetrieb ermöglichen, ist von der Gesamtheit des beantragten Gemeindejagdgebietes auszugehen und in diesem Sinne eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen. Voraussetzung einer Feststellung eines Gemeindejagdgebietes gemäß § 6 Abs 3 K-JG ist nämlich, dass im festgestellten Gemeindejagdgebiet insgesamt eine ausreichend bejagbare Fläche zur Verfügung steht und auf den jagdlich nutzbaren Grundstücken des Gemeindejagdgebietes die Voraussetzungen für einen geordneten Jagdbetrieb gegeben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2004, Zl. 2001/03/0077). Die Annahme der Möglichkeit eines geordneten Jagdbetriebes wird dadurch nicht gehindert, dass die Gesamtfläche eines Jagdgebietes für eine Rotwildbewirtschaftung zu klein ist (vgl. das zu § 3 Abs. 2 K-JG 1978 ergangene hg. Erkenntnis vom 18. April 1994, Zl. 92/03/0016).
Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang vor, nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides sei ein geordneter Jagdbetrieb lediglich auf den Grundstücken 430, 431 und 432 problematisch. Bei diesen Grundstücken handle es sich lediglich um eine Fläche von 8,6275 ha, die nur ca 7 % des gesamten Jagdgebietes ausmache: eine allfällige geringfügige Beeinträchtigung des geordneten Jagdbetriebes auf dieser Teilfläche stehe in keiner Relation zu einem geordneten Jagdbetrieb auf der Gesamtfläche der beantragten Gemeindejagd von 120 ha.
Die Beschwerde ist damit im Recht:
Dem angefochtenen Bescheid liegt - aufbauend auf das Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen - die Auffassung zu Grunde, die Grundstücke 430, 431 und 432 würden einen geordneten Jagdbetrieb nicht gewährleisten. Daraus schließt die belangte Behörde, dass ein geordneter Jagdbetrieb im gesamten beantragten Gemeindejagdgebiet nicht gewährleistet sei. Damit hat die belangte Behörde aber verkannt, dass nach der oben dargestellten Rechtslage zur Annahme der Möglichkeit eines geordneten Jagdbetriebes eine Gesamtbeurteilung des beantragten Gemeindejagdgebietes vorzunehmen ist.
Die hiefür erforderlichen Feststellungen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jedoch nicht getroffen. Insbesondere enthält der angefochtene Bescheid keine Ausführungen darüber, warum die im Teilgebiet der Grundstücke 430, 431 und 432 jagdfachlich bestehenden Probleme im gesamten beantragten Gemeindejagdgebiet einen geordneten Jagdbetrieb iS einer Erzielung und Erhaltung eines der Größe und Beschaffenheit des Jagdgebietes angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes nicht ermöglichen.
Soweit in der Beschwerde gerügt wird, im Hinblick auf das Problem der Wildfolge sei das Amtssachverständigengutachten mangelhaft und im Hinblick auf die fehlende Bejagungsmöglichkeit im geschlossenen Waldgebiet nicht begründet, so zeigt sie damit auch eine Unschlüssigkeit dieses Gutachtens auf. So wird im Gutachten des Amtssachverständigen in keiner Weise näher begründet, warum im geschlossenen Waldbestand "faktisch" (gibt es noch eine andere Möglichkeit der Bejagung?) keine Bejagung erfolgen kann. Dass die Bejagung von Schalenwild unweigerlich das Problem der Wildfolge nach sich ziehen würde, ist ebenso nicht weiter begründet. Obwohl die Beschwerdeführerin ihrem Antrag ein jagdfachliches Privatgutachten angeschlossen hat, in dem diese beiden Probleme aus jagdfachlicher Sicht nicht gesehen wurden, hat die belangte Behörde ihre Feststellungen alleine auf das Gutachten des Amtssachverständigen gestützt, ohne dem Amtssachverständigen eine Äußerung zu diesem Privatgutachten abzuverlangen. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt, sie habe das Privatgutachten von DI Dr S ihren Feststellungen deshalb nicht zugrunde gelegt, da es auf Grund der Einbeziehung von Anschlussflächen des Gemeindejagdgebietes S als nicht schlüssig anzusehen sei, so ist eine derartige Unschlüssigkeit nicht zu erkennen, führt doch dieses Privatgutachten zunächst - ohne Einbeziehung der Flächen des Gemeindegebietes S - aus, eine ordnungsgemäße Bejagung von Rehwild sei in diesem Bereich möglich und auch das Risiko der Wildfolge sei nicht größer als in anderen Bereichen.
Die belangte Behörde hat daher Feststellungen über die Möglichkeit eines geordneten Jagdbetriebes im (gesamten) beantragten Gemeindejagdgebiet R unterlassen und ihre Feststellungen auf ein zum Teil als unschlüssig zu erachtendes Gutachten gestützt. Sie hat daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333. Die von der Beschwerdeführerin verzeichnete Umsatzsteuer war nicht zuzusprechen, da diese bereits im Pauschbetrag gemäß § 49 Abs 1 VwGG enthalten ist. Die Umrechung der von der Beschwerdeführerin erstatteten Stempelgebühr beruht auf § 3 Abs 2 Z 2 EuroG, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am 31. März 2005
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