VwGH 2001/02/0123

VwGH2001/02/012325.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des DF in G, vertreten durch Dr. Klaus Dieter Strobach und Dr. Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in 4710 Grieskirchen, Stadtplatz 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 19. April 2001, Zl. Senat-AM-00-039, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §20 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §20 Abs1;
StVO 1960 §20 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Anzeige vom 2. September 1999 wurde der Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges angezeigt, er sei am 1. September 1999 um 10.21 Uhr auf einem näher bezeichneten Gegenverkehrsbereich der A-1 (Westautobahn) aus Richtung Linz in Richtung Wien mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h gefahren. Die an dieser Stelle festgesetzte Geschwindigkeitsbeschränkung betrage 60 km/h. Die Geschwindigkeitsüberschreitung betrage somit (abzüglich 3 km/h bzw. 3 %) 37 km/h. Die Geschwindigkeitsübertretung sei von RevI Z. mit einem Laser-Messgerät festgestellt worden. (Die Type des Messgerätes scheint in der Anzeige nicht auf.) Es sei die "Geräte-Nr.: 5798" mit letzter Eichung vom 7. September 1997 verwendet worden.

Mit Strafverfügung vom 13. September 1999 wurde dem Beschwerdeführer die angezeigte Geschwindigkeitsübertretung als Fahrzeuglenker angelastet. In dem auf Grund des Einspruchs des Beschwerdeführers ausgelösten Ermittlungsverfahren nahm der Meldungsleger mit Schreiben vom 17. Februar 2000 dahingehend Stellung, er halte alle in der Anzeige gemachten Angaben aufrecht. Die Geschwindigkeit sei "eindeutig gemäß den Bestimmungen festgestellt" worden. Es habe sich außer dem des Beschwerdeführers kein anderes Fahrzeug in unmittelbarer Nähe, weder auf dem ersten Fahrstreifen sowie auf den zwei Fahrspuren Richtung Linz befunden, es könne keine Beeinflussung der Messung durch andere Fahrzeuge stattgefunden haben.

In der Stellungnahme vom 15. März 2000 bestritt der Beschwerdeführer nach wie vor die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung. Unter anderem behauptete er, dass jeweils um die "Vorfallenheitszeit ... ständig 'Parkverkehr' in beiden Fahrtrichtungen" geherrscht habe.

Daraufhin erließ die Bezirkshauptmannschaft Amstetten das Straferkenntnis vom 31. März 2000, gegen welches der Beschwerdeführer Berufung erhob. Das Schwergewicht der Berufungsausführung liegt darin, das Messergebnis in Frage zu stellen. Der Meldungsleger - so der Beschwerdeführer - sei nicht in der Lage, den von ihm eingehaltenen Winkel anzugeben und mache ungenaue Angaben über den tatsächlichen Verkehr. Entsprechend "Zulassung Zl. 43427/92 des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen F. (Bestimmungen für die Verwendung bei straßenbehördlichen Kontrollen)" seien gemäß Punkt 2.7 für die einwandfreie Funktion des Laser-VKGM verschiedene näher ausgeführte Kontrollen vor Beginn der Messungen, während der Messungen mindestens jede halbe Stunde sowie nach jedem Wechsel des Aufstellungsortes vorgeschrieben. Würden diese Bedingungen nicht eingehalten, gelte der Laser-VKGM als fehlerhaft und dürfe nicht weiter verwendet werden. Die Durchführung der Kontrollen sei in einem Protokoll zu belegen. Es fehle jeder Hinweis des Meldungslegers über die Einhaltung dieser Bestimmung sowie dass ein Messprotokoll angelegt worden sei. Der Beschwerdeführer bezweifelte die Durchführung der vorgeschriebenen Kontrollen.

Die belangte Behörde holte ergänzende Unterlagen betreffend die Verordnung der Verkehrsbeschränkungen wegen Bauarbeiten am gegenständlichen Tatort ein und erließ sodann den angefochtenen Bescheid, mit dem sie der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gab. Die belangte Behörde erachtete gestützt auch auf die Stellungnahme des Meldungslegers vom 17. Februar 2000 dessen Angaben als glaubwürdig. Die Durchführung eines Lokalaugenscheines zur Bestimmung des Messwinkels erübrige sich, da ein von 0 Grad abweichender Messwinkel zu Gunsten des Verkehrsteilnehmers einen geringeren Messwert ergebe, sodass ein Messfehler nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers ausschlagen könne, weil unter der Annahme des Vorliegens eines größeren Messwinkels die vom Beschwerdeführer gewählte Fahrgeschwindigkeit noch hätte höher sein müssen, als in der Anzeige festgehalten. Zu den auf die Zweifel an der Durchführung der Kontrollmessungen und den auf die Anlage und Vorlage des Messprotokolls gerichteten Ausführungen des Beschwerdeführers enthält der angefochtene Bescheid keine Begründung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Unter der Annahme, dass es sich beim gegenständlich verwendeten Geschwindigkeitsmessgerät um einen Laser-VKGM LTI 20.20 TS/KM handelt, wovon die belangte Behörde offenbar im angefochtenen Bescheid ausgeht - aus den Angaben des Meldungslegers ist hingegen die Typenbezeichnung nicht ersichtlich -, bringt der Beschwerdeführer richtig vor, dass die Verwendungsbestimmungen, Punkt 2.7, für die einwandfreie Funktion des Laser-VKGM mehrere näher beschriebene Kontrollen vor Beginn der Messungen, während der Messungen mindestens jede halbe Stunde sowie nach jedem Wechsel des Aufstellungsortes zur Überprüfung vorschreiben. Wenn diese Bedingungen nicht eingehalten werden, gilt der Laser-VKGM als fehlerhaft und darf nicht weiter verwendet werden (siehe die in Messiner10, Straßenverkehrsordnung in der Fassung der 20. StVO-Novelle, § 20 Anm. 22, Seite 475 ff, abgedruckten Verwendungsbestimmungen für den Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM gemäß Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen vom 14. März 1994, Zl. E-41067). Die Durchführung der Kontrollen ist demnach eine notwendige Bedingung für die Wertung der danach folgenden Geschwindigkeitsmessungen als richtig. Träfe es zu, dass die notwendigen Kontrollen nicht durchgeführt worden wären, so könnte im gegenständlichen Fall nicht von einer gültigen Geschwindigkeitsmessung ausgegangen werden.

Mit dem Hinweis in der Beschwerde, der Meldungsleger habe den Winkel der Messung nicht angeben können, gelingt es dem Beschwerdeführer zunächst nicht, eine Beschwer durch behauptete Unrichtigkeit des Messergebnisses aufgrund eines Winkelfehlers darzutun. Es genügt, ihn gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das bereits von der belangten Behörde richtig zitierte hg. Erkenntnis vom 2. März 1994, Zl. 93/03/0238, zu verweisen.

Der Beschwerde ist dennoch Erfolg beschieden:

Die Anfertigung und Vorlage des Messprotokolls ist zwar keine Bedingung für die Richtigkeit einer Verkehrsgeschwindigkeitsmessung. Es kommt nämlich nicht auf Anfertigung und Vorlage des Protokolls an, dieses dient lediglich dem Zweck, die durchgeführten Kontrollen darzutun (siehe wörtlich in den Verwendungsbestimmungen "zu belegen"), bildet also bloß ein Beweismittel neben anderen Beweismitteln.

Die belangte Behörde hat sich aber mit dem Einwand der Nichtdurchführung der notwendigen Kontrollen des Laser-VKGM nicht auseinandergesetzt. Daraus folgt für den vorliegenden Beschwerdefall, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet ist, weil die belangte Behörde trotz eines diesbezüglichen Vorbringens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren weder die Vorlage des Messprotokolls verlangt, noch bei dessen Fehlen andere Beweise (zB. die diesbezügliche Einvernahme des Meldungslegers) in Hinsicht auf die Durchführung der Probemessungen aufgenommen hat und die Relevanz dieses Verfahrensmangels dadurch gegeben ist, dass bei Nichtdurchführung bzw. nicht entsprechender Durchführung der in den Verwendungsbestimmungen vorgeschriebenen Probemessungen von keinem gültigen Messergebnis ausgegangen werden könnte.

Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Jänner 2002

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