VwGH 2000/18/0207

VwGH2000/18/020710.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A, geboren 1960, vertreten durch Dr. Marcus Bachmayr-Heyda, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. Mai 2000, Zl. SD 355/00, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Feststellung gemäß § 75 des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs2;
VwGG §39 Abs2 Z6;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs2;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. Mai 2000 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines irakischen Staatsangehörigen, vom 29. September 1999 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung (in den Irak) gemäß § 75 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, als unzulässig zurückgewiesen.

Ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung könne gemäß § 75 Abs. 2 FrG nur während des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung eingebracht werden. Gegen den Beschwerdeführer sei mit Bescheid vom 2. Februar 1996 rechtskräftig ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden.

Die Auffassung des Beschwerdeführers, das Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei noch offen, treffe nicht zu. Er habe im Aufenthaltsverbotsverfahren am 28. Juli 1995 niederschriftlich Folgendes angegeben: "Weiters gebe ich bekannt, dass ich von Dr. Achim M. rechtsfreundlich vertreten werde und wünsche dessen Verständigung". Bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Aufenthaltsverbotsbescheides sei jedoch keine Vollmacht gemäß § 10 Abs. 1 AVG vorgelegt worden. Der vom Beschwerdeführer genannte Rechtsanwalt habe dem Verfahren nicht beigewohnt. Es sei weder zu einer mündlichen Vollmachtserteilung im Sinn des § 10 Abs. 1 AVG gekommen noch habe sich der Rechtsanwalt beim Einschreiten auf die ihm erteilte Vollmacht berufen. Im Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotsbescheides sei die belangte Behörde daher weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, den Bescheid an den Rechtsanwalt zuzustellen, weil dieser nicht ausgewiesener Vertreter des Beschwerdeführers gewesen sei. Die bloße Absichtserklärung, einen Rechtsanwalt zu wollen, reiche dafür nicht aus. Dass möglicherweise im Innenverhältnis eine Bevollmächtigung bestanden habe, ändere nichts an der Tatsache, dass im Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides kein Nachweis im Sinn des § 10 Abs. 1 AVG vorgelegen sei. Auch der Beschwerdeführer sei vom Vorliegen eines ordnungsgemäß zugestellten Bescheides ausgegangen, weil er durch zwei rechtsfreundliche Vertreter dagegen zweimal Berufung erhoben habe.

Da der Beschwerdeführer seinen Feststellungsantrag gemäß § 75 Abs. 1 FrG erst am 29. September 1999, sohin nach rechtskräftigem Abschluss des Aufenthaltsverbotsverfahrens eingebracht habe, sei er als unzulässig zurückzuweisen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 75 Abs. 1 FrG hat die Behörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht ist. Zufolge des § 75 Abs. 2 leg. cit. kann dieser Antrag nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

2.1. Die belangte Behörde hat die Ansicht vertreten, dass das Aufenthaltsverbotsverfahren gegen den Beschwerdeführer mit ihrem Berufungsbescheid vom 2. Februar 1996 rechtskräftig beendet worden sei, weshalb die Einbringung des gegenständlichen Antrages nicht mehr zulässig sei. Dagegen bringt die Beschwerde vor, der Beschwerdeführer habe in einer am 28. Juli 1995 aufgenommenen Niederschrift darauf hingewiesen, dass er durch Dr. Achim M. anwaltlich vertreten sei. Die erstinstanzliche Behörde hätte allein auf Grund dessen dem durch den Beschwerdeführer bereits bevollmächtigten und der Erstbehörde namhaft gemachten Vertreter zustellen müssen. Entgegen dieser Verpflichtung sei der erstinstanzliche Bescheid jedoch durch Aushändigung an den Beschwerdeführer zugestellt worden.

2.2. Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerde, dass die Frage, ob im erstinstanzlichen Verfahren zur Verhängung eines Aufenthaltsverbots die Bevollmächtigung von Rechtsanwalt Dr. M. bereits ausgewiesen war bzw. der Beschwerdeführer eine Vollmacht mündlich erteilt hat, unerheblich ist. Wesentlich für die Beurteilung des angefochtenen Bescheides ist im vorliegenden Zusammenhang lediglich, ob das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots über den Beschwerdeführer bereits rechtskräftig beendet war.

Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid wurde das unbefristete Aufenthaltsverbot mit Berufungsbescheid vom 2. Februar 1996 erlassen. Laut erstinstanzlichem Bescheid (auf diesen wird im angefochtenen Bescheid auf S. 2 erster Absatz verwiesen) ist die Rechtskraft am 15. Februar 1996 eingetreten. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen diese auf Grund der Verwaltungsakten unbedenkliche Annahme der belangten Behörde. Aus den vorgelegten Akten geht hervor, dass der vorgenannte Bescheid vom 2. Februar 1996 an den Beschwerdeführer z.H. seines Rechtsvertreters Dr. M. am 15. Februar 1996 zugestellt wurde (Bl 54). Dass Dr. M. (jedenfalls) im Berufungsverfahren über das Aufenthaltsverbot als Bevollmächtigter eingeschritten ist und somit diese Zustellung wirksam ist, wird von keiner der Parteien des Beschwerdeverfahrens in Zweifel gezogen.

Ist der Aufenthaltsverbotsbescheid jedoch im Februar 1996 in Rechtskraft erwachsen, so ist damit klargestellt, dass der Feststellungsantrag des Beschwerdeführers vom 29. September 1999 nicht während des vom Gesetz vorgesehenen Zeitraums (§ 75 Abs. 2 FrG) eingebracht wurde.

3. Für das mit dem genannten Bescheid beendete Aufenthaltsverbotsverfahren war § 54 Abs. 1 und 2 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992 (im Folgenden: FrG aus 1992), maßgeblich, der den Regelungen des § 75 Abs. 1 und Abs. 2 FrG entspricht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird durch die im § 54 Abs. 2 FrG aus 1992 festgelegte zeitliche Beschränkung, der zufolge ein Antrag nach § 54 Abs. 1 leg. cit. nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden kann, keine verfahrensrechtliche Frist normiert. Eine Antragstellung während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes stellt somit eine materielle Voraussetzung für die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat dar. Aus welchen Gründen der Fremde eine rechtzeitige Antragstellung nach § 54 Abs. 1 FrG aus 1992 versäumt hat, ist für die Rechtsfolge des Anspruchsverlustes bedeutungslos. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut tritt die Rechtsfolge der Fristversäumung zwingend ein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2003, Zl. 2000/18/0099).

Dem Beschwerdeführer ist daher nach dem rechtskräftigen Abschluss des Aufenthaltsverbotsverfahrens keine Antragstellung im Sinn des § 54 Abs. 2 FrG aus 1992 offen gestanden. Gleiches gilt für die Zeit nach dem Inkrafttreten des FrG. Dass dieser Antrag von der belangten Behörde zurückgewiesen und nicht abgewiesen wurde, hat den Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt (vgl. nochmals das genannte Erkenntnis Zl. 2000/18/0099).

4. Da die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. III Nr. 333/2003.

Wien, am 10. Oktober 2003

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