Normen
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 1995/507;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z4 idF 1995/507;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 1995/507;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs2;
StGB §15;
StGB §28;
StGB §37;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 1995/507;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z4 idF 1995/507;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 1995/507;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs2;
StGB §15;
StGB §28;
StGB §37;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 30. November 1999 wurde dem Beschwerdeführer der ihm von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch am 10. Februar 1998 ausgestellte Reisepass Nr. C, gültig bis zum 9. Februar 2008, gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 des Passgesetzes 1992 entzogen.
Nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides und der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung sowie der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 8. Juni 1999 für schuldig befunden worden sei, er habe den bestehenden Vorschriften zuwider 1. im Zeitraum November 1998 bis 1. April 1999 ein Suchtgift in einer großen Menge "(Abs. 6)" (gemeint: § 28 Abs. 6 SMG), nämlich insgesamt ca. 500 Gramm Marihuana, im Zuge regelmäßiger Fahrten von der Schweiz über Liechtenstein nach Vorarlberg aus- und eingeführt, wobei es bei der letzten Fahrt beim Versuch geblieben sei, und 2. ein Suchtgift erworben und besessen sowie anderen überlassen, und zwar im Zeitraum Anfang 1996 bis 1. April 1999 in Feldkirch und Dornbirn Haschisch und Marihuana (aus Inlandsbezug) konsumiert sowie fallweise Kollegen zum Mitkonsum eingeladen. Er habe hiedurch zu
1. das Verbrechen nach § 28 Abs. 2 SMG, "teilweise im Falle des Versuches nach § 15 StGB", und zu 2. das Vergehen nach § 27 Abs. 1 SMG begangen, und sei hiefür nach § 28 Abs. 2 SMG in Anwendung der §§ 28 und 37 StGB "zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Tagen", verurteilt worden. Das Gericht habe das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie die "verstärkte Tatbildlichkeit zu § 27 StGB" (richtig: § 27 SMG) als erschwerend gewertet. Mildernd hingegen hätten sich die Unbescholtenheit, die Suchtgiftsicherstellung und die Suchtgiftergebenheit, das umfassende und reumütige Geständnis sowie der Umstand ausgewirkt, dass es bei der letzten Schmuggelfahrt beim Versuch geblieben sei.
Die wiederholte Begehung der Tathandlung und die Menge des geschmuggelten Suchtgifts sowie der langjährige Eigenkonsum von Haschisch und Marihuana ließen derzeit - nach Ablauf von lediglich einem halben Jahr des "angeblichen Wohlverhaltens" seit seiner letzten Tathandlung am 1. April 1999 - auch unter Berücksichtigung seiner bisherigen Unbescholtenheit eine günstige Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer nicht zu. Wie sich aus kriminalstatistischer Sicht ergebe, sei gerade in diesem Deliktsbereich mit einer sehr hohen Rückfälligkeit zu rechnen. Daran könne auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte seine Lebenseinstellung geändert, er würde zwischenzeitlich wieder arbeiten, er hätte nur sogenannte weiche Drogen konsumiert, und er wollte hinkünftig mit dem Gesetz nicht mehr in Konflikt geraten, nichts ändern. Auf Grund der mehrfachen Tathandlungen über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg könne im Gegensatz zu seinem Vorbringen auch nicht von einem einmaligen "Ausrutscher" gesprochen werden. Auf Grund der angeführten Gesamtumstände bedürfe es noch längerer Zeit des Wohlverhaltens, um von einer günstigen Zukunftsprognose ausgehen zu können. Somit lasse der vorliegende Sachverhalt derzeit keine günstige Zukunftsprognose zu.
Durch das Verbringen des Rauschgiftes habe der Beschwerdeführer die entsprechenden Zollvorschriften (hier: das Zollrecht der Europäischen Gemeinschaft) verletzt, die ein Einfuhr- und Verkehrsverbot vorsehen würden (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 3. Juli 1996, 13 Os 55/96-9).
Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer durch seinen Aufenthalt im Ausland (hier: Schweiz und Liechtenstein) auch die innere Sicherheit der Republik Österreich, insbesondere im Hinblick auf die Volksgesundheit, gefährden würde. Vom Begriff der Abwehr von Gefahren für die innere Sicherheit der Republik Österreich würden alle jene polizeilichen Maßnahmen erfasst, die zum Schutz der Allgemeinheit gegen die Gefährdung durch Einzelpersonen oder durch Sachen getroffen werden müssten. Unter jenen polizeilichen Maßnahmen sei sohin die Vollziehung von Vorschriften zu verstehen, die in erster Linie der Abwehr und der Unterdrückung der allgemeinen Gefahr unter anderem für das Leben und die Sicherheit dienten. Bei der Auslegung dieses Begriffes müsse die Behörde auf objektive Maßstäbe und Vorstellungen Bedacht nehmen, wie sie sich in bestimmten Lebens- und Sachbereichen herausgebildet hätten. Der Handel bzw. Schmuggel mit Suchtgiften aller Art stelle in Anbetracht des um sich greifenden Suchtgiftmissbrauches - im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers - jedenfalls eines Gefährdung der Allgemeinheit und damit zugleich eine Bedrohung der inneren Sicherheit der Republik Österreich dar. Verstärkt würde die Gefährdung der Volksgesundheit auch dadurch, dass der Beschwerdeführer nicht nur kleine Mengen, sondern sogar große Mengen Rauschgift geschmuggelt habe. Um von einer Gefährdung der Volksgesundheit ausgehen zu können, bedürfe es daher nicht (wie der Beschwerdeführer ausführe) eines organisierten Drogenhandels im "'mafiaähnlichen' Umfang", sondern auch das vom Gericht festgestellte und vom Beschwerdeführer nicht bestrittene strafbare Verhalten erfülle diese Annahme der Gefährdung. Auf Grund der negativen Zukunftsprognose sei weiterhin vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 des Passgesetzes auszugehen.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner beruflichen Perspektiven bzw. des damit verbundenen finanziellen Aspekts werde darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass durch die Passentziehung für den Beschwerdeführer nachteilige persönliche und wirtschaftliche Folgen entstehen könnten, keine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes erlaube. Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Entziehungstatbestände sei im Gesetz keine Ermessensentscheidung vorgesehen, die ein Abwägen der persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den öffentlichen Interessen ermögliche. Somit könne lediglich geprüft werden, ob auf Grund der vorliegenden Beweismittel die Voraussetzungen zur Passentziehung gegeben seien. Bezüglich des Vorbringens, dass eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen wäre, werde ausgeführt, dass gemäß § 66 Abs. 2 AVG nur bei Sachverhaltsmängeln eine mündliche Verhandlung durchzuführen sei. Da keine Sachverhaltsmängel festgestellt und auch nicht behauptet worden seien, sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer werde darauf hingewiesen, dass als Mindestdauer für den Entzug eines Reisedokuments "und damit die Ansprucherlangung auf die spätere Neuerstellung eines solchen" ein Zeitraum absoluten Wohlverhaltens in Bezug auf die Abstandnahme der Begehung von Drogendelikten im Ausmaß von ca. zwei bis drei Jahren "ab Begehung der letzten strafbaren Verurteilung" nach dem Suchtmittelgesetz verlangt werde. Als "Durchschnittszeitraum" werde eine Dauer von fünf Jahren angesehen, welche im Einzelfall unter- oder überschritten werden könne.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen.
1. Gemäß § 15 Abs. 1 des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, in der vorliegend maßgeblichen Fassung der Passgesetz-Novelle 1995, BGBl. Nr. 507, ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer noch nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f leg. cit. ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasse zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützten will, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht seine von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellte rechtskräftige Verurteilung nach dem SMG und insbesondere auch nicht die Feststellungen der belangten Behörde betreffend die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen. Unbestritten ist somit, dass der Beschwerdeführer (teil vollendet, teils versucht) Suchtgift in einer großen Menge im Sinn des § 28 Abs. 6 SMG ausgeführt und eingeführt hat. Gemäß § 28 Abs. 6 SMG ist bei der Festlegung der Grenzmenge eines Suchgiftes insbesondere auf die Eignung des Suchtgiftes, Gewöhnung hervorzurufen und in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen, sowie auf das Gewöhnungsverhalten von Suchtgiftkranken Bedacht zu nehmen. Wenn die Behörde im Hinblick auf die solcherart feststehende Ein- und Ausfuhr von Suchtgift in einer großen Menge unter Berücksichtigung des Erfahrungswissens, dass gerade bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 2001, Zl. 2001/18/0169, mwN), zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer den Reisepass benützten wolle, Suchgift in einer großen Menge einzuführen bzw. auszuführen, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Mit seinem Vorbringen, er nehme erwiesenermaßen seit seiner Betretung keinerlei Suchgifte mehr zu sich, weshalb weitere Fahrten in die Schweiz zur Deckung des Eigenverbrauches nicht mehr sinnvoll und daher ausgeschlossen seien, ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, kann doch aus diesen Umständen angesichts des kurzen Zeitraumes seit seinem Fehlverhalten bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides mit seiner Zustellung am 17. Dezember 1999 nicht gefolgert werden, dass ein Wegfall oder eine maßgebliche Minderung der Gefahr der besagten missbräuchlichen Verwendung des Reisepasses durch den Beschwerdeführer gegeben sei. Dem Vorbringen, das Strafgericht habe in seinem Fall eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Einfuhr weiteren Suchtgifts verneint, da es sonst § 37 StGB "(... wenn es nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Täter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten ...)" nicht hätte anwenden dürfen, geht schon deswegen fehl, weil die belangte Behörde ihre rechtliche Beurteilung vorzunehmen hatte, ohne an den Ausspruch des Strafgerichtes betreffend die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Erwägungen des Gerichtes gebunden zu sein.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass im Hinblick auf das der besagten Verurteilung zu Grunde liegende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers die Annahme im Grund des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992 gerechtfertigt sei, begegnet somit keinen Bedenken. Ebenso begegnet die weitere Annahme der belangten Behörde, dass durch einen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland die innere Sicherheit der Republik Österreich, insbesondere die Volksgesundheit, im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. gefährdet sein könnte, keinen Bedenken (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2001/18/0169, mwN).
3. Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Dezember 2001
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