Normen
GehG 1956 §15 Abs5 idF 1972/214;
GehG 1956 §82 idF 2000/I/094;
GehG 1956 §83 idF 2000/I/006;
GehG 1956 §15 Abs5 idF 1972/214;
GehG 1956 §82 idF 2000/I/094;
GehG 1956 §83 idF 2000/I/006;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor der Verwendungsgruppe E 2a, Grundlaufbahn, in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Justizanstalt X.
Mit Eingabe vom 5. Mai 2000 beantragte der Beschwerdeführer, über die Rechtmäßigkeit seiner pauschalierten Nebengebühren für März bis April 2000 bescheidmäßig abzusprechen. Er habe im Jänner 2000 bei einem Sturz einen Bruch des Mittelhandknochens erlitten. Am 29. Februar 2000 habe er versucht, den Dienst anzutreten, jedoch bald bemerkt, dass ohne Fixierung der Hand die Schmerzen zu stark gewesen seien und es unverantwortlich gewesen wäre, weiter Dienst zu verrichten. Er habe sich anschließend wieder in Spitalsbehandlung begeben müssen. Am 1. März 2000 habe er sich überknöchelt, wobei die Bänder des linken Knöchels eingerissen worden seien. Damit habe er die linke Hand und den linken Fuß in Gips gehabt und sich nur mit Krücken fortbewegen können. Am 21. April 2000 seien beide Fixierungen entfernt worden und er habe eine Plastikschiene am linken Fuß tragen müssen, die er auch zum Zeitpunkt seines Antrages noch beim Gehen auf unebenem Gelände zwei Monate lang habe tragen müssen. Am 29. März 2000 habe er neuerlich versucht den Dienst anzutreten. Der Knöchel habe aber begonnen anzuschwellen und auch die Schmerzen an der Hand seien sehr beeinträchtigend gewesen, sodass er sich wieder habe krank melden müssen. Erst am 25. April 2000 habe er sich soweit in Ordnung gefühlt und sich zur Arbeit in seiner Dienststelle gemeldet.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. August 2000 sprach die belangte Behörde wie folgt ab:
"Auf Grund Ihres Krankenstandes vom 17.1.2000 bis 24.4.2000 waren die pauschalierten Nebengebühren (die mit Verordnung vom 4.5.1973, BGBl 227, pauschalierte Aufwandsentschädigung, die gem. § 82 Abs. 1 GG 1956 gebührende Vergütung für besondere Gefährdung sowie die gem. § 83 gebührende Vergütung für wachespezifische Belastungen) unter Bedachtnahme auf § 15 Abs. 5 GG 1956 mit Ablauf des 29.2.2000 einzustellen und ab 1.5.2000 wieder anzuweisen."
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nach eigenen Angaben im Jänner 2000 nach einem Sturz einen Bruch des Mittelhandknochens erlitten. Am 29. Februar 2000 habe er versucht, den Dienst anzutreten, jedoch schon nach kurzer Zeit gemerkt, dass ohne Fixierung der Hand die Schmerzen zu stark würden und es unverantwortlich gewesen wäre, weiter Dienst zu verrichten. Der Beschwerdeführer habe sich deshalb am selben Tag wieder in Spitalsbehandlung begeben müssen. Während seines "Krankenstandes" (am 1. März 2000) habe der Beschwerdeführer sich auf Grund eines weiteren Unfalles die Bänder des linken Knöchels eingerissen. Trotz dieser noch nicht ausgeheilten Beeinträchtigung habe er versucht, am 29. März 2000 den Dienst wieder anzutreten. Schon um 10 Uhr des selben Tages sei er auf Grund der Schmerzen an seinem linken Knöchel und seiner Hand nicht mehr dienstfähig gewesen und habe um Ausfolgung eines Austrittscheines ersucht, um zum Arzt gehen zu können. Erst am 25. April 2000 habe der Beschwerdeführer in einem offensichtlich dienstfähigen Zustand den Dienst an seiner Dienststelle wieder angetreten. Da er selbst in seiner Eingabe seine "Dienstantritte" am 29. Februar und am 29. März 2000 jeweils nur als "Versuche" bezeichnet habe, die er nach kurzer Zeit wegen seines beeinträchtigten Gesundheitszustandes wieder habe abbrechen müssen, sei die belangte Behörde davon ausgegangen, dass im "Krankenstand" des Beschwerdeführers keine Unterbrechung eingetreten sei und er seine volle Dienstfähigkeit erst ab dem Dienstantritt am 25. April 2000 wieder erlangt habe. Der Anspruch auf seine pauschalierten Nebengebühren, welche ihm auf Grund seiner Tätigkeit als exekutivdienstfähiger Justizwachebeamter zustünden, habe daher wegen des "Krankenstandes" vom 17. Jänner bis 24. April 2000 gemäß § 15 Abs. 5 GG für die Dauer von zwei Monaten ruhen müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrte.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf, dass ihm zustehende Nebengebühren nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach den §§ 15, 82, 83 GG unter Berufung auf § 15 Abs. 5 GG für ruhend erklärt und vorenthalten werden, durch unrichtige Anwendung dieser Normen, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, 37, 39, 60 AVG) verletzt.
Nach § 15 Abs. 5 GG, i.d.F. der 24. GG-Novelle, BGBl. 214/1972, wird der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalles nicht berührt. Ist der Beamte aus einem anderen Grund länger als einen Monat vom Dienst abwesend, so ruht die pauschalierte Nebengebühr von dem auf den Ablauf dieser Frist folgenden Monatsersten bis zum Letzten des Monates, in dem der Beamte den Dienst wieder antritt.
Die §§ 82 und 83 GG, die für Beamte des Exekutivdienstes nach dem neuen Funktionszulagenschema gelten (und im Wesentlichen die Vorgängerbestimmungen der §§ 74a und 74b GG in der Fassung der 53. GG-Novelle, BGBl. Nr. 314/1992 übernommen haben), lauten (§ 82 in der Fassung BGBl. Nr. 94/2000, § 83 in der Fassung BGBl. Nr. 6/2000) auszugsweise:
"Vergütung für besondere Gefährdung
§ 82. (1) Dem exekutivdienstfähigen Beamten des Exekutivdienstes gebührt für die mit seiner dienstplanmäßigen Tätigkeit verbundene besondere Gefährdung an Stelle der im § 19b vorgesehenen Nebengebühr eine monatliche Vergütung von 7,30 % des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V, soweit nicht für seine Verwendung gemäß Abs. 3 ein höheres Ausmaß festgesetzt ist.
...
(3) Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung
1. jene Verwendungen zu bestimmen, mit deren Ausübung ein höherer Grad an Gefährdung verbunden ist, und hiefür unter Berücksichtigung des zeitlichen Ausmaßes dieser Gefährdung an Stelle des in Abs. 1 genannten Betrages einen entsprechend höheren Vergütungsbetrag festzusetzen und
2. den nach Abs. 2 der Bemessung zu Grunde zu legenden Zeitanteil einer außerhalb des Dienstplanes erbrachten Dienstleistung zu bestimmen.
Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesministers für
öffentliche Leistung und Sport.
...
(6) Auf die nach Abs. 1 und Abs. 3 Z. 1 gebührende Vergütung sind anzuwenden:
- 1. § 15 Abs. 1 letzter Satz,
- 2. § 15 Abs. 4 und 5,
- 3. ...
- 4. die für die nebengebührenzulagenrechtliche Behandlung der Gefahrenzulage maßgebenden Bestimmungen des Nebengebührenzulagengesetzes.
...
Vergütung für Beamte des Exekutivdienstes
§ 83. (1) Dem Beamten des Exekutivdienstes gebührt für wachespezifische Belastungen eine monatliche Vergütung. Diese Vergütung beträgt 1.132 S.
...
(3) Auf die Vergütung nach Abs. 1 sind anzuwenden:
- 1. § 15 Abs. 1 letzter Satz,
- 2. § 15 Abs. 4 und 5,
- 3. ...
- 4. ...
- 5. die für die nebengebührenzulagenrechtliche Behandlung der Erschwerniszulage maßgebenden Bestimmungen des Nebengebührenzulagengesetzes."
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass es im vorliegenden Fall um das Ruhen (Hervorhebung im Original) des Vergütungsanspruches auf pauschalierte Nebengebühren gemäß § 15 Abs. 5 GG gehe und der angefochtene Bescheid daher schon wegen der verfehlten Formulierung "einzustellen" im Spruch gesetzwidrig sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Formulierung des Spruches des angefochtenen Bescheides, die pauschalierten Nebengebühren seien auf Grund des "Krankenstandes" des Beschwerdeführers vom 17. Jänner bis 24. April 2000 "unter Bedachtnahme auf § 15 Abs. 5 GG 1956 mit Ablauf des 29.2.2000 einzustellen und ab 1.5.2000 wieder anzuweisen" gewesen, im Zusammenhang mit dem letzten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides ("Der Anspruch auf Ihre pauschalierten Nebengebühren, die Ihnen auf Grund Ihrer Tätigkeit als exekutivdienstfähiger Justizwachebeamter zustehen, musste daher wegen des Krankenstandes vom 17.1. bis 24.4.2000 gem. § 15 Abs. 5 GG 1956 für die Dauer von zwei Monaten ruhen."), zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass im Beschwerdefall § 15 Abs. 5 GG zur Anwendung kommen soll und damit nur ein Ruhen des Anspruchs auf pauschalierte Nebengebühren bewirkt wird. Dieses Vorbringen vermag daher der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe ihre Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass er selbst seine "Dienstantritte" am 29. Februar und 29. März 2000 jeweils nur als "Versuche" bezeichnet hätte, die er nach kurzer Zeit wieder hätte abbrechen müssen; deshalb wäre die belangte Behörde davon ausgegangen, dass im "Krankenstand" des Beschwerdeführers keine Unterbrechung eingetreten wäre und er seine volle Dienstfähigkeit erst ab dem Dienstantritt am 25. April 2000 wieder erlangt hätte. Gemäß dem (in der Beschwerde näher ausgeführten) anzuwendenden materiellen Recht komme es aber nicht darauf an, ob vom Beschwerdeführer das Wort "Versuch" verwendet worden und ob es passend gewesen sei oder nicht, sondern allein darauf, ob tatsächlich eine wirksame Dienstverrichtung vorgelegen sei. Dazu habe die Bescheidbegründung geschwiegen. Richtig wäre festzustellen gewesen, dass der Beschwerdeführer am 29. Februar 2000 ziemlich genau drei Stunden Dienst verrichtet habe, und zwar auf vollwertige Weise, und dass eine entsprechende Dienstverrichtung am 29. März 2000 nur für eine wenig kürzere Zeit stattgefunden habe, nämlich für ca. 2 3/4 Stunden. Da das Unterlassen dieser Feststellungen, von Erhebungen darüber und jeglicher Erörterung entscheidungswesentlich sei, sei der angefochtene Bescheid aus den geltend gemachten Gründen formell rechtswidrig.
Damit ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt hat, obliegt die Beurteilung der Dienstfähigkeit als Rechtsfrage der Dienstbehörde (siehe dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zl. 98/12/0139, m.w.N.).
Im Allgemeinen wird die Behörde dabei zunächst auf Grundlage von mängelfreien und schlüssigen ärztlichen Gutachten die Frage zu beantworten haben, ob der Beamte unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustandes zur Erfüllung der Aufgaben seines Arbeitsplatzes fähig ist oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1996, Zl. 95/12/0154). Keinesfalls kann die Behörde jedoch auf Grund der bloßen Bezeichnung der Dienstantritte in der Eingabe des Beschwerdeführers als "Versuche" davon ausgehen, dass im "Krankenstand" des Beschwerdeführers keine Unterbrechung eingetreten sei. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass weder die Formulierungen des Beschwerdeführers in seinem Antrag vom 5. Mai 2000 ("... es unverantwortlich gewesen wäre, weiter Dienst zu verrichten", Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof) noch der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ("schon um 10 Uhr des selben Tages waren sie auf Grund der Schmerzen an ihrem linken Knöchel und ihrer Hand nicht mehr dienstfähig", Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof) im Hinblick auf die Feststellung der Dienstfähigkeit unzweideutig sind.
Die belangte Behörde hätte daher in einem ordnungsgemäßen Verfahren festzustellen gehabt, ob der Beschwerdeführer an den Tagen seines "Dienstantrittes" tatsächlich dienstfähig war oder nicht. Dabei wird die belangte Behörde weiters darauf Rücksicht zu nehmen haben, dass, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2000, Zl. 95/12/0267, ausgesprochen hat, es beim Dienstantritt im Sinn des § 15 Abs. 5 letzter Satz GG nicht bloß auf das Erscheinen des Beamten am Arbeitsplatz und seine Dienstbereitschaft ankommen kann, um den Eintritt des Ruhens der pauschalierten Nebengebühr nach einer mehr als einmonatigen Abwesenheit aus einem sonstigen Grund als nach § 15 Abs. 5 erster Satz GG zu verhindern: Vielmehr bedarf es in diesem Fall auch einer tatsächlichen entweder auf Anordnung oder zumindest mit Billigung eines Vertreters des Dienstgebers vom Beamten tatsächlich erbrachten Dienstverrichtung (in seiner anspruchsbegründenden Verwendung).
Ein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis kann angesichts des völligen Mangels von Erhebungen und Feststellungen der belangten Behörde zur Frage der Dienstfähigkeit und damit der Rechtmäßigkeit des Dienstantritts am 29. Februar bzw. am 29. März 2000 im angefochtenen Bescheid nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die vom Beschwerdeführer entrichtete Gebühr von S 2.500,--
war mit dem Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 3. Juli 2002
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