VwGH 2000/10/0163

VwGH2000/10/016310.12.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der G in Bad Gams, vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in 8530 Deutschlandsberg, Kirchengasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 11. September 2000, Zl. 18.343/01- IA 8/00, betreffend Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde S; 2. Tourismusverband S; 3. Tourismusregionalverband W), zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §35 Abs2;
ForstG 1975 §35 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 35 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) aufgetragen, den auf dem Grundstück Nr. 37/1 der KG G. befindlichen Maschendrahtzaun binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen.

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin auf dem genannten (Wald)Grundstück einen ca. 216 m langen und 1,30 m hohen Zaun errichtet; dieser weise zwei Durchlässe auf. Da keiner der im § 34 Abs. 3 ForstG taxativ aufgezählten Gründe gegeben sei, liege eine unzulässige Sperre im Sinne des § 35 Abs. 3 ForstG vor. Dadurch werde im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 30. Oktober 1989, Zl. 89/10/0169) das allseitige freie Betreten des Waldes "zumindest behindert". Daran ändere auch nichts, dass die Überwindung eines Zaunes an sich unschwer möglich sein könne bzw. in diesem auch Durchlässe vorhanden sein könnten. Da weder ein zulässiger Sperrgrund nach § 35 Abs. 3 leg. cit. noch ein sonstiger Grund, wie etwa ein im Rahmen der Waldweide zulässiger Zaun, vorliege, sei nicht bloß das Belassen der Durchlässe anzuordnen, sondern die Beseitigung des Zaunes aufzutragen gewesen. Bei der Beurteilung der im § 35 Abs. 2 ForstG genannten "erforderlichen Maßnahmen" sei ein strenger Maßstab anzulegen, da ansonsten - wie im gegenständlichen Fall - Zäune, welche erst nachträglich einer Überprüfung unterzogen würden, bei Unzulässigkeit der Sperreinrichtung nach dem Forstgesetz, sofern nicht ein nach einem anderen Materiengesetz zulässiger Sperrgrund vorliege, weiter bestehen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird nicht in Abrede gestellt, dass eine unzulässige Sperre im Sinne des § 35 Abs. 3 FostG vorliege, weil ein zulässiger Sperrgrund nicht gegeben sei. Aus dem von der belangten Behörde genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes könne allerdings nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Sperreinrichtung in jedem Fall vom Grundeigentümer zur Gänze beseitigt werden müsse. Ergebe nämlich die Überprüfung durch die Behörde nach § 35 Abs. 2 ForstG die Unzulässigkeit einer Sperre oder einer Sperreinrichtung, so habe die Behörde dem Waldeigentümer die erforderlichen Maßnahmen, wie die Errichtung von Überstiegen oder Toren oder die Beseitigung der Sperre oder der Sperreinrichtung mit Bescheid aufzutragen. Würde man die Meinung der belangten Behörde teilen, dass die Behinderung der freien Begehbarkeit des Waldes die sofortige Beseitigung der Sperreinrichtung zwingend zur Folge habe, wären die im § 35 Abs. 2 demonstrativ aufgezählten alternativen Maßnahmen überflüssig bzw. sinnlos. Es dürfe auch nicht übersehen werden, dass durch die §§ 33 ff ForstG in das Eigentumsrecht des Waldeigentümers eingegriffen werde. Dieser Eingriff habe möglichst schonend zu erfolgen, weshalb bei Feststellung unzulässiger Sperreinrichtungen lediglich die erforderlichen Maßnahmen aufzutragen seien, um die freie Begehbarkeit des Waldes zu ermöglichen. Zur Begehbarkeit des Waldes sei im Beschwerdefall nicht der Auftrag zur vollständigen Beseitigung der Sperreinrichtung erforderlich, sondern es könne auch mit der Errichtung von Toren das Auslangen gefunden werden.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Gemäß § 33 Abs. 1 ForstG darf jedermann, unbeschadet der Abs 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. § 33 Abs. 2 normiert, dass bestimmte, näher beschriebene Waldflächen zu Erholungszwecken gemäß Abs. 1 nicht benützt werden dürfen; Abs. 3 enthält Regelungen, betreffend eine über Abs. 1 hinausgehende Benützung des Waldes.

Nach § 34 Abs. 1 ForstG darf Wald, unbeschadet der Bestimmungen des § 33 Abs. 2, von der Benützung zu Erholungszwecken vom Waldeigentümer befristet (Abs. 2) oder dauernd (Abs. 3) ausgenommen werden (Sperre).

Gemäß § 35 Abs. 1 ForstG hat die Behörde Sperren,

a) hinsichtlich derer von einem Antragsberechtigten (Abs. 4) eine Überprüfung beantragt wurde, oder

b) deren Bewilligung gemäß § 34 Abs. 2 beantragt wurde, auf ihre Zulässigkeit zu prüfen.

Ergibt die Überprüfung die Zulässigkeit der Sperre, so hat gemäß § 35 Abs. 2 ForstG die Behörde in den Fällen des Abs. 1 lit. a dies mit Bescheid festzustellen, in den Fällen des Abs. 1 lit. b die Bewilligung zu erteilen. Ergibt die Überprüfung die Unzulässigkeit der Sperre oder der Sperreinrichtung, so hat die Behörde dies mit Bescheid festzustellen und dem Waldeigentümer die erforderlichen Maßnahmen, die die Errichtung von Überstiegen oder Toren oder die Beseitigung der Sperre oder der Sperreinrichtung mit Bescheid aufzutragen. Ergibt die Überprüfung, dass nur das Ausmaß der gesperrten Fläche überschritten wurde, so hat die Behörde das zulässige Ausmaß mit Bescheid festzulegen und dem Waldeigentümer mit Bescheid aufzutragen, bestehende Sperreinrichtungen, soweit sie das Sperren über das festgelegte Ausmaß hinaus dienen, zu beseitigen.

Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass eine Sperreinrichtung im Sinne des § 35 Abs. 2 ForstG vorliegt (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 14. Dezember 1998, Zl. 98/10/0383, und vom 29. November 1993, 90/10/0186, 0187, sowie das von den Parteien des Beschwerdeverfahrens zitierte Erkenntnis vom 30. Oktober 1989, Zl. 89/10/0169). Es ist auch kein Sachverhalt hervorgekommen, der eine Sperrermächtigung im Sinne des § 34 Abs. 2 und 3 ForstG begründen könnte.

Die Beschwerde wendet sich vielmehr gegen den Auftrag, die Sperreinrichtung zu entfernen, mit dem Vorbringen, die Entfernung sei nicht "erforderlich" im Sinne des § 35 Abs. 2 zweiter Satz ForstG, weil die freie Begehbarkeit des Waldes durch Durchlässe im Zaun, die eine ungehinderte Benützung eines Fußsteiges ermöglichten, gesichert sei.

Ein auf § 35 Abs. 2 zweiter Satz ForstG gegründeter Auftrag setzt nach dem Gesetz die Feststellung der Unzulässigkeit der Sperre oder der Sperreinrichtung voraus; eine Sperreinrichtung ist auch nicht etwa deshalb "zulässig" im Sinne des Forstgesetzes, weil sie von vorn herein mit Überstiegen bzw. Durchlässen errichtet wurde. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber des Forstgesetzes hätte die Behörde ermächtigt, eine Sperreinrichtung zu belassen, für deren Errichtung und Belassung kein von der Rechtsordnung anerkannter Grund vorliegt. § 35 Abs. 2 zweiter Satz ForstG ist zur Vermeidung der soeben aufgezeigten Systemwidrigkeit dahin auszulegen, dass die Beseitigung der Sperre oder Sperreinrichtung dann jedenfalls aufzutragen ist, wenn kein von der Rechtsordnung anerkannter Grund für ihre Errichtung und Belassung vorliegt; mit einem Auftrag, Überstiege oder Tore zu errichten, darf die Behörde hingegen dann vorgehen, wenn zwar kein Sperrgrund im Sinne des ForstG vorliegt, die Sperre oder Sperreinrichtung aber auf einem anderen, von einem Bundes- oder Landesgesetz anerkannten Rechtsgrund beruht. In einem solchen Fall hat die Behörde bei Erlassung einer auf § 35 Abs. 2 zweiter Satz ForstG gegründeten Anordnung auf den nach dem jeweiligen Rechtsgrund gegebenen Zweck der Sperre (wie auch darauf, dass die Einschränkung der freien Begehbarkeit des Waldes das in Ansehung dieses Zweckes gebotene Ausmaß nicht übersteige), Bedacht zu nehmen.

Für den Standpunkt der Beschwerde ist daraus nichts zu gewinnen; sie behauptet nicht, dass im Beschwerdefall die Sperre auf einem gesetzlich anerkannten Rechtsgrund beruhe.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. Dezember 2001

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