VwGH 2000/10/0037

VwGH2000/10/003727.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde der C in 2625 Schwarzau am Steinfeld, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 13. Jänner 2000, Zl. 528/99, betreffend Antrag auf Umbestellung des Verfahrenshelfers, zu Recht erkannt:

Normen

RAO 1868 §10 Abs1;
RAO 1868 §26 Abs5;
RAO 1868 §45 Abs1;
RAO 1868 §45 Abs4;
RAO 1868 §10 Abs1;
RAO 1868 §26 Abs5;
RAO 1868 §45 Abs1;
RAO 1868 §45 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und den angeschlossenen Beilagen ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Auf Grund der Bewilligung der Verfahrenshilfe durch den Verfassungs- und den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich Rechtsanwalt Dr. Alois L. zum Verfahrenshelfer für die Beschwerdeführerin in den Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 18. Februar 1999, Zl. 436.018/50-V.8/99, bestellt.

Mit Bescheid der Abteilung II/6 des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 2. Juni 1999 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Umbestellung des Verfahrenshelfers mit der Begründung abgewiesen, dass keiner der im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz und zweiter Satz der Rechtsanwaltsordnung (RAO) angeführten Gründe vorliege.

In der dagegen erhobenen Vorstellung brachte die Beschwerdeführerin vor, der Verfahrenshelfer sei für die beabsichtigte Einbringung einer Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofbeschwerde möglicherweise "nicht so versiert" wie der von der Beschwerdeführerin gewünschte Verfahrenshilfevertreter, Rechtsanwalt Dr. Nikolaus L. Die Beschwerdeführerin befürchte bei der Bearbeitung ihrer Angelegenheit eine "wesentliche Qualitätsminderung".

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. Nach der Begründung sei gemäß § 45 RAO im Rahmen einer Verfahrenshilfesache eine Umbestellung eines Rechtsanwaltes vorzunehmen, wenn der bestellte Rechtsanwalt aus einem der im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiten Satz angeführten Gründe oder wegen Befangenheit die Rechtssache nicht weiter führen könne. Die belangte Behörde sei im gegenständlichen Fall der Ansicht, dass keiner der angeführten Ablehnungsgründe vorläge. Insbesondere wäre eine kammersprengelübergreifende Bestellung bzw. Umbestellung rechtswidrig, weil sie in der Rechtsanwaltsordnung keine Deckung finde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die dem gesamten Vorbringen nach wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, mit der der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe verbunden ist.

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, mit der Bestellung von Rechtsanwalt Dr. L. zum Verfahrenshelfer "unzufrieden" gewesen zu sein. Sie habe deshalb bei der Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich am 28. Mai 1999 einen Antrag auf Umbestellung des Verfahrenshelfers gestellt und ersucht, den in Wien ansässigen Rechtsanwalt Dr. Nikolaus L. zu betrauen. Rechtsanwalt Dr. Alois L. habe in weiterer Folge einem Wunsch der Beschwerdeführerin, sie zu einer Personalakteneinsichtnahme (in der Justizanstalt Schwarzau) beizuziehen, nicht Rechnung getragen. Auch seien von ihm in den erwähnten Beschwerdeverfahren diverse Unterlagen, deren Vorlage die Beschwerdeführerin verlangt habe, nicht vorgelegt worden. Dass sich Rechtsanwalt Dr. Alois L. in den Verfahrenshilfeangelegenheiten "nicht so versiert zeigen könnte", wie der von der Beschwerdeführerin gewünschte Rechtsanwalt, habe sich unterdessen dadurch als begründet erwiesen, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. Oktober 1999, B 631/99, die Beschwerde mangels entsprechender Sachverhaltsdarstellung (teilweise) zurückgewiesen habe. Ob die Rechtsanwaltspartnerschaft, in der Dr. Alois L. tätig sei, die Gegenpartei, nämlich die Anstaltsleitung der Justizanstalt Schwarzau, bereits vertreten habe, sei nicht geprüft worden; auf Grund der "engen räumlichen Gegebenheiten der Provinz" müsse dies sogar als wahrscheinlich angesehen werden. Die Beschwerdeführerin habe bereits in ihrer Vorstellung auf das "enge Naheverhältnis" der ortsansässigen Rechtsanwaltskanzleien zu Vertretern der Justizbehörde hingewiesen. So habe sich etwa in der Angelegenheit der Personalakteneinsichtnahme die größere Loyalität des Verfahrenshelfers gegenüber den Interessen der Justizbehörden als gegenüber den Interessen der Beschwerdeführerin gezeigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwaltes beschlossen oder schließt die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung ein, so hat die Partei gemäß § 45 Abs. 1 RAO idF BGBl. I Nr. 140/1997 Anspruch auf die Bestellung eines Rechtsanwaltes durch die Rechtsanwaltskammer.

Die Bestellung für ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof obliegt gemäß § 45 Abs. 2 RAO dem Ausschuss der nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Partei, sonst dem Ausschuss der nach dem Sitz des Gerichtes zuständigen Rechtsanwaltskammer.

Kann der bestellte Rechtsanwalt die Vertretung oder Verteidigung aus einem der im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz angeführten Gründe oder wegen Befangenheit nicht übernehmen oder weiterführen, so ist er nach § 45 Abs. 4 RAO auf seinen Antrag, auf Antrag der Partei oder von Amts wegen zu entheben und ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen.

Nach den erwähnten Regelungen des § 10 Abs. 1 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Vertretung oder auch nur die Erteilung eines Rates abzulehnen, wenn er die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat oder in solchen Angelegenheiten früher als Richter oder als Staatsanwalt tätig war. Ebenso darf er nicht beiden Teilen in dem nämlichen Rechtsstreit dienen oder Rat erteilen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus den §§ 10 Abs. 1, 26 Abs. 5 und 45 Abs. 1 und 4 RAO kein Anspruch der Partei auf Bestellung eines bestimmten, von ihr gewünschten Rechtsanwaltes zu ihrer Vertretung im Rahmen der Verfahrenshilfe. Das Gesetz räumt der Partei lediglich das Recht ein, aus bestimmten Gründen einen Antrag auf Enthebung des Rechtsanwaltes zu stellen bzw. gegen dessen Bestellung Vorstellung zu erheben (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. September 1997, Zl. 95/19/1418).

Was das von der Beschwerdeführerin behauptete Vorliegen des im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz RAO angeführten Enthebungsgrundes anlangt, so ist darauf zu verweisen, dass der Rechtsanwalt danach die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten haben muss. Ob die Rechtsanwaltspartnerschaft, in der Rechtsanwalt Dr. Alois L. tätig ist, daher - wofür im Übrigen keinerlei Anhaltspunkt vorliegt - irgendwann einmal die Gegenpartei (in dem dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zu Grunde liegenden Rechtsstreit war dies der Bundesminister für Justiz und nicht die Anstaltsleitung der Justizanstalt Schwarzau) bereits vertreten hat, ist nach dem wiedergegebenen Gesetzestext nicht entscheidend. Dass Dr. Alois L. hingegen in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache die Gegenpartei vertreten hat, wird von der Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde liegt in diesem Zusammenhang daher nicht vor.

Soweit die Ausführungen der Beschwerdeführerin darauf hinauslaufen, sie habe die Befangenheit des bestellten Verfahrenshelfers geltend gemacht, ist ihr zu erwidern, dass sie durch konkrete Sachverhaltsbehauptungen die Möglichkeit hätte aufzeigen müsen, dass der Verfahrenshelfer aus psychologischen Motiven an seiner pflichtgemäßen (sachlichen) Ausübung gehindert sei (vgl. zur Enthebung eines Amtsverteidigers das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/10/0019). Durch die bloße Behauptung eines "engen Naheverhältnisses" der ortsansässigen Rechtsanwaltskanzleien zu Vertretern der Justizbehörde wird dieser Anforderung jedenfalls nicht entsprochen.

Auch das nicht weiter begründete Vorbringen der Beschwerdeführerin, Dr. Alois L. sei für die beabsichtigte Einbringung einer Verwaltungs- und einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde möglicherweise "nicht so versiert" wie der von ihr gewünschte Verfahrenshelfer, bot für die belangte Behörde noch keine Veranlassung für dessen Enthebung.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. März 2000

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