VwGH 2000/07/0021

VwGH2000/07/002125.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft N in N, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh und Dr. Hanno Lechner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Bescheide des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft jeweils vom 1. Dezember 1999, 1. Zl. 711.020/7-OAS/99 (zu hg. Zl. 2000/07/0021) und 2. Zl. 711.018/7-OAS/99 (zu hg. Zl. 2000/07/0022), jeweils betreffend Mitgliedschaft in einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Parteien: 1. MZ und

2. Dipl. Ing. LZ, beide in N, beide vertreten durch DDr. Hubert Kinz und Dr. Hubert F. Kinz, Rechtsanwälte in 6901 Bregenz, Kirchstraße 10), zu Recht erkannt:

Normen

AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z1;
AVG §68 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art140;
B-VG Art7 Abs1;
FlVfGG §15 Abs1;
FlVfGG §21;
FlVfGG §31 Abs2;
FlVfGG §34;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §31 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §32 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §36 Abs7;
FlVfLG Vlbg 1979 §71;
FlVfLG Vlbg 1979 §73;
FlVfLG Vlbg 1979 §80;
FlVfLG Vlbg 1979 §84 Abs1;
VwRallg;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z1;
AVG §68 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art140;
B-VG Art7 Abs1;
FlVfGG §15 Abs1;
FlVfGG §21;
FlVfGG §31 Abs2;
FlVfGG §34;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §31 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §32 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §36 Abs7;
FlVfLG Vlbg 1979 §71;
FlVfLG Vlbg 1979 §73;
FlVfLG Vlbg 1979 §80;
FlVfLG Vlbg 1979 §84 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide, die jeweils in ihrem Spruchpunkt 2. (Zurückweisung der Anträge vom 27. September 1999 auf Übergang der Entscheidungspflicht) unberührt bleiben, werden jeweils in ihrem Spruchpunkt 1. wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 30.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Beschwerdeführerin ist eine Agrargemeinschaft, die mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde B (im Folgenden: ABB) vom 18. Jänner 1965 als Körperschaft im Sinn des § 36 Abs. 2 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes, LGBl. Nr. 4/1951, (nunmehr § 32 Abs. 2 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes - FlVG, LGBl. Nr. 2/1979) gebildet wurde. Die Verwaltung der Beschwerdeführerin erfolgte auf Grund der in der Bürgerversammlung der Bürgergemeinschaft N vom 3. September 1964 beschlossenen Verwaltungssatzung, die mit demselben Bescheid der ABB aufsichtsbehördlich genehmigt worden war. Die Nutzungsausübung erfolgte nach bisheriger Übung bis zur Genehmigung einer Nutzungssatzung. Mit Bescheid der ABB vom 19. Juli 1988 wurde die in der außerordentlichen Vollversammlung der Beschwerdeführerin am 10. Juni 1988 beschlossene Satzung aufsichtsbehördlich genehmigt. In der Folge wurde von der Vollversammlung der Beschwerdeführerin am 25. Oktober 1996 eine neue Satzung beschlossen, die mit Bescheid der ABB vom 25. September 1997 genehmigt wurde.

Mit Schreiben vom 13. November 1995 stellte die mitbeteiligte Partei MZ (im Folgenden: 1. MP) an die Beschwerdeführerin den Antrag, ihr die Nutzungsrechte als Mitglied, in eventu, falls die Beschwerdeführerin der Ansicht sei, dass sie noch nicht Mitglied wäre, die Mitgliedschaft mit Nutzungsrechten zuzuerkennen. Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie am 25. April 1922 in N als Tochter des N Bürgers OB, der Mitglied der "damaligen Agrargenossenschaft" gewesen sei, geboren worden sei, von ihrer Geburt bis 1968 und nach einer Unterbrechung infolge Berufsabwesenheit seit 1984 wieder in N gewohnt habe und dort ihren ordentlichen Wohnsitz habe. Da sie ehelich geboren sei und von einem männlichen Mitglied der Beschwerdeführerin abstamme, erfülle sie dieselben Voraussetzungen wie ihre Brüder, die bereits Mitglieder der Beschwerdeführerin seien. Dem Gleichheitsgrundsatz zuwiderlaufende Satzungsbestimmungen seien nach § 879 ABGB als nichtig zu behandeln. Die Tatsache, dass sie (die 1. MP) verheiratet sei, stelle keinen sachlichen Grund dar, sie von den Nutzungsrechten der Beschwerdeführerin oder dieser selbst auszuschließen. Auf Grund der Statuten sei sie Mitglied mit ruhenden Rechten.

Mit Schreiben vom 24. November 1995 stellte die mitbeteiligte Partei Dipl. Ing. LZ (im Folgenden: 2. MP) einen gleichlautenden Antrag mit dem wesentlichen Vorbringen, dass er am 20. Jänner 1950 als Sohn der 1. MP, einer N Bürgerin, in N ehelich geboren sei, dort mit einer kurzen Unterbrechung in der Vergangenheit seither wohnhaft sei und von einem männlichen Mitglied der Beschwerdeführerin, nämlich seinem Großvater OB, abstamme. Er erfülle die Voraussetzungen nach § 30 der Satzung für einen Holzbezug. Darüber hinaus genüge für seinen Anspruch die Tatsache, dass seine Mutter N Bürgerin sei und in N geboren sowie wohnhaft sei. Sofern die Beschwerdeführerin die Ansicht vertrete, § 4 Z 1 lit. a ihrer Statuten sei dahin auszulegen, dass sein Vater Mitglied der Beschwerdeführerin sein müsse, so sei dies eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung, was gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Diese Satzungsbestimmung sei daher gemäß § 879 ABGB als nichtig zu behandeln, sofern sie das Erfordernis der ehelichen Abstammung auf die Abstammung von männlichen Mitgliedern beschränke.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 1995 teilte die Beschwerdeführerin den MP mit, dass ihren Anträgen nicht entsprochen werden könne, weil die Statuten eine Aufnahme in ihrem Fall nicht vorsähen. Daraufhin wandten sich die MP jeweils mit Schreiben vom 17. Jänner 1996 an die ABB und stellten den Antrag auf bescheidmäßige Absprache über ihre an die Beschwerdeführerin gestellten Ansuchen. Da die ABB in der Folge keine Entscheidung traf, stellten die MP mehrere Devolutionsanträge an den Landesagrarsenat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung (im Folgenden: LAS).

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des LAS vom 29. April 1999 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerde der 1. MP gegen die Versagung der Aufnahme als Mitglied durch die Beschwerdeführerin abgewiesen und der 1. MP die Mitgliedschaft bei der Beschwerdeführerin nicht zuerkannt werde. Begründend führte der LAS im Wesentlichen aus, dass der Vater der 1. MP zwar Mitglied der Beschwerdeführerin gewesen, jedoch wie auch ihre Mutter vor dem 1. Jänner 1982 verstorben sei, ihre Eltern daher in der Mitgliederliste der Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt nicht aufschienen und ihr gemäß § 4 Z. 1 Abs. 1 der mit Bescheid vom 25. September 1997 aufsichtsbehördlich genehmigten Satzung der Beschwerdeführerin die Mitgliedschaft nicht zuerkannt werden könne. Da der Grund für das Nichtaufscheinen ihrer Eltern in der Mitgliederliste zum Stichtag 1. Jänner 1982 nicht die Anwendung einer die Frauen diskriminierenden Bestimmung der Satzung sei, stehe diese Stichtagsregelung mit dem Gleichheitsgrundsatz im Einklang.

In gleicher Weise wurde mit dem weiteren, im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des LAS vom 29. April 1999 ausgesprochen, dass die Beschwerde der 2. MP gegen die Versagung der Aufnahme in die Mitgliederliste der Beschwerdeführerin abgewiesen und der 2. MP die Mitgliedschaft bei der Beschwerdeführerin nicht zuerkannt werde. In seiner Begründung wiederholte der LAS seine Argumentation in seinem die 1. MP betreffenden Bescheid und führte darüber hinaus im Wesentlichen aus, dass nach § 4 Z. 1 Abs. 1 der vorzitierten Satzung Voraussetzung für die Zuerkennung der Mitgliedschaft die direkte Abstammung als Tochter oder Sohn - nicht jedoch als Enkel - von einem Mitglied sei.

Gegen diese Bescheide erhoben die MP jeweils Berufung.

Mit den beiden im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben an den Obersten Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) vom 27. September 1999 brachten die MP jeweils vor, am 25. Februar 1997 einen Antrag auf bescheidmäßige Absprache durch die ABB über die Entscheidung des Ausschusses der Beschwerdeführerin vom 29. Jänner 1997 betreffend die Ansuchen der 1. MP vom 13. November 1995 bzw. der 2. MP vom 24. November 1995 gestellt zu haben und ferner am 21. Mai 1997 beantragt zu haben, infolge Devolution die Unzuständigkeit der ABB mit Bescheid festzustellen. Trotz Urgenz sei die Behörde (der LAS) säumig geblieben. Auch der an den LAS gestellte Devolutionsantrag vom 16. März 1999 sei nicht behandelt worden. Es werde daher an die belangte Behörde der Antrag gestellt, infolge Überganges der Zuständigkeit über die Anträge der MP zu entscheiden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, erstzitierten Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 1999 wurde im Spruchpunkt 1. auf Grund der Berufung der 1. MP gegen den Bescheid des LAS vom 22. (richtig: 29.) April 1999 festgestellt, dass die 1. MP Mitglied der Beschwerdeführerin sei, und ausgesprochen, dass deren Aufnahme in die Mitgliederliste der Beschwerdeführerin der ABB obliege. Im Spruchpunkt 2. wurde der Antrag der 1. MP vom 27. September 1999 auf Übergang der Entscheidungspflicht als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung des Ganges des Verwaltungsverfahrens und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, dass es sich bei der Frage, ob der 1. MP ein Rechtsanspruch auf Aufnahme in die Mitgliederliste der Beschwerdeführerin zukomme, um eine solche im Sinn des § 7 Abs. 2 Z. 1 Agrarbehördengesetz 1950 (AgrBehG) handle und Voraussetzung für die Anrufung der belangten Behörde lediglich sei, dass die Materie, die den Gegenstand des Verfahrens bilde, in den Katalog des § 7 Abs. 2 leg. cit. falle. Die vorliegende Berufung erweise sich daher als zulässig, auch wenn sie sich nicht gegen ein "abänderndes Erkenntnis" im Sinn dieser Gesetzesbestimmung, sondern gegen einen im Devolutionsweg erlassenen Bescheid richte. Die mit Bescheid der ABB vom 19. Juli 1988 genehmigte Satzung der Beschwerdeführerin (im Folgenden bezeichnet als: Satzung 1988) enthalte im hier interessierenden Umfang folgende Bestimmungen:

"§ 3

Besitz der Mitgliedschaft

Mitglieder der Agrargemeinschaft sind die von der Agrargemeinschaft N in der Mitgliederkartei mit Stichtag vom 19.7.1988 erfassten nutzungsberechtigten Personen, sowie jene Personen, die gemäß den Bestimmungen dieser Satzung von der Agrargemeinschaft als Mitglieder aufgenommen werden. Die besonderen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten der Gemeinde N sind in dem durch die Beschlüsse der Agrargemeinschaft N vom 3.9.1964 und der Gemeindevertretung vom 28.7.1964 beschlossenen Übereinkommen festgelegt.

§ 4

Erwerb der Mitgliedschaft

1. Der Ausschuss hat die Mitgliedschaft zuzuerkennen:

a) Bewerbern mit österreichischer Staatsbürgerschaft ohne Unterschied des Geschlechts, die ihre eheliche Abstammung von einem männlichen Mitglied der Agrargemeinschaft N oder der Agrargemeinschaft B oder von einer Person nachweisen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung die Voraussetzung erfüllt hätte, der aber seitens der Agrargemeinnschaft N oder der Agrargemeinschaft B die Mitgliedschaft nicht zuerkannt wurde. Nutzungsberechtigte der Agrargemeinschaft B können bei Übersiedlung nur dann Mitglied der Agrargemeinschaft N werden, wenn sie alle Anforderungen der Statuten der Agrargemeinschaft N erfüllen.

b) Bewerberinnen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, nicht unter lit. a fallen, ab dem Zeitpunkt und auf die Dauer ihrer Witwenschaft nach einem verstorbenen männlichen Mitglied der Agrargemeinschaft N oder der Agrargemeinschaft B.

In beiden Fällen unter der Bedingung, dass die Bewerber und Bewerberinnen zugleich die Voraussetzungen für einen Holzbezug nach § 30 dieser Satzung erfüllen.

2. Adoption und Namensgebung ersetzen die eheliche Abstammung nicht. Wohl aber erfüllt eine Legitimation durch nachfolgende Eheschließung das Erfordernis der Ehelichkeit der Geburt.

3. Der Antrag auf Zuerkennung der Mitgliedschaft ist schriftlich zu stellen und ordnungsgemäß zu belegen. Der Beschluss gilt in allen Fällen des Mitgliedschaftserwerbes nach Abs. 1 rückwirkend mit dem Tage des Einlanges des den Erfordernissen entsprechenden Antrages.

§ 6

Ruhen der Mitgliedschaft

1. Die Mitgliedschaft ruht:

a) bei Mitgliedern, die ihren ordentlichen Wohnsitz (§ 8 Abs. 1 Gemeindegesetz 1985) oder den eigenen Haushalt in dem im § 30 beschriebenen Parzellengebiet aufgegeben haben, auf die Dauer des veränderten Wohnsitzes,

b) bei Töchtern von Mitgliedern während ihres Ehestandes.

2. Während des Ruhens der Mitgliedschaft sind die Rechte und Pflichten eines Mitgliedes ausgesetzt. Ersatzansprüche der Agrargemeinschaft an Mitglieder aus bezogenem Holznutzen entstehen mit der Ausnahme bei Vorschusslosen (§ 38) nicht.

3. Die Beendigung des Ruhens der Mitgliedschaft hat das Mitglied der Agrargemeinschaft nachzuweisen. Ab dem Tage des erbrachten Nachweises tritt das Mitglied wieder voll in seine Rechte und Pflichten mit der Maßgabe ein, dass der Holznutzen vom nächsten Kalenderhalbjahr an zuzuteilen ist.

§ 7

Verlust der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft verlieren:

a) Personen, deren Mitgliedschaft durch 50 Jahre gemäß § 6 Abs. 1 lit. a geruht hat,

b) wer die Mitgliedschaft nach § 4 Abs. 1 lit. b erworben hat und sich wieder verehelicht,

  1. c) wer die österreichische Staatsbürgerschaft verliert,
  2. d) wer aus der Agrargemeinschaft ausgeschlossen wird (§ 73 lit. d),

    e) Nutzungsberechtigte, die auf die Mitgliedschaft verzichten."

    Der den Antrag der 1. MP vom 13. November 1995 abweisende angefochtene Bescheid des LAS vom 22. (richtig: 29.) April 1999 sei auf Grund der in der Vollversammlung der Beschwerdeführerin vom 25. Oktober 1996 beschlossenen, mit Bescheid der ABB vom 25. September 1997 genehmigten Satzung (im Folgenden bezeichnet als: Satzung 1997) ergangen. Die im hier interessierenden Umfang maßgebenden Bestimmungen dieser Satzung lauteten wie folgt:

    "§ 3

    Besitz der Mitgliedschaft

    Mitglieder der Agrargemeinschaft sind die von der Agrargemeinschaft N in der Mitgliederkartei erfassten nutzungsberechtigten Personen, die die Voraussetzungen zur Aufnahme in die Mitgliederliste erfüllen.

    Die besonderen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten der Marktgemeinde N sind in dem durch die Beschlüsse der Agrargemeinschaft N vom 3.9.1964 und der Gemeindevertretung vom 28.7.1964 beschlossenen und mit Bescheid (II-461/64) der Agrarbezirksbehörde genehmigten Übereinkommen festgelegt.

§ 4

Erwerb der Mitgliedschaft und von Holzbezugsrechten

1. Der Ausschuss hat die Mitgliedschaft zuzuerkennen:

Bewerbern mit österreichischer Staatsbürgerschaft ohne Unterschied des Geschlechts, die ihre direkte Abstammung (Sohn/Tochter) von einem Mitglied, das zum Stichtag 1.1.1982 oder später in der Mitgliederliste der Agrargemeinschaft N aufscheint, nachweisen oder selbst zum Stichtag 1.1.1982 oder später Mitglied der Agrargemeinschaft N bzw. B waren und die Voraussetzungen zur Nutzungsteilnahme laut § 30 erfüllen.

...

5. Der Antrag auf Zuerkennung der Mitgliedschaft ist schriftlich zu stellen und ordnungsgemäß und schlüssig zu belegen. ... Der Beschluss gilt in allen Fällen des Mitgliedschaftserwerbs nach Abs. 1 rückwirkend mit dem Tage des Einlangens des den Erfordernissen entsprechenden Antrages bzw. ab dem Zeitpunkt, ab dem die Aufnahme statutengemäß möglich ist.

§ 6

Ruhen der Mitgliedschaft

1. Die Mitgliedschaft ruht bei Mitgliedern, die ihren ständigen Hauptwohnsitz oder den eigenen Haushalt in dem im § 30 beschriebenen Parzellengebiet aufgegeben haben, auf die Dauer des veränderten Hauptwohnsitzes. Das betreffende Mitglied wird dabei aus der laufenden Mitgliederliste gestrichen.

2. Während des Ruhens der Mitgliedschaft sind die Rechte und Pflichten eines Mitgliedes ausgesetzt. Ersatzansprüche der Agrargemeinschaft an Mitglieder aus bezogenem Holznutzen entstehen mit der Ausnahme bei Vorschusslosen und Bauholzlosen (§ 38) nicht.

3. ..."

Die 1. MP sei am 25. April 1922 in N als Tochter des N Bürgers OB und seiner Frau K geboren worden und habe seit ihrer Geburt bis zum 30. November 1968 in N ihren Hauptwohnsitz sowie vom 30. November 1968 bis 4. Dezember 1984 berufsbedingt dort keinen Wohnsitz gehabt. Seit 4. Dezember 1984 habe sie ihren Hauptwohnsitz wieder in N. Mit Schreiben vom 19. März 1999 habe die Beschwerdeführerin bestätigt, dass OB, der Vater der 1. MP, der im Jahr 1959 verstorben sei, holznutzungsberechtigter Bürger des Gemeinde-, Fraktions- oder Gemeinschaftswaldes N gewesen sei.

Die 1. MP habe ihren Antrag vom 13. November 1995 zu einem Zeitpunkt gestellt, in dem die Satzung 1988 in Geltung gewesen sei, weshalb zuerst eine Prüfung ihres Antrages unter dem Gesichtspunkt dieser Satzung zu erfolgen habe. Wenn die 1. MP eine diskriminierende Vorschrift darin sehe, dass § 4 Z. 1 lit. a (der Satzung 1988) in sachlich nicht gerechtfertigter Form zwischen der Abstammung von einem männlichen Mitglied und der Abstammung von einem weiblichen Mitglied unterscheide, so sehe diese Satzung eine solche Diskriminierung der 1. MP nicht vor, weil auch ein männlicher Aufnahmewerber mit seinem Anspruch auf Zuerkennung der Mitgliedschaft gescheitert wäre, wenn er seine Abstammung nicht von einem männlichen, sondern von einem weiblichen Mitglied der Beschwerdeführerin abgeleitet hätte. Eine Diskriminierung enthalte diese Satzung somit hinsichtlich weiblicher Mitglieder nur insofern, als aus deren Mitgliedschaft ihre Nachfahren, welchen Geschlechtes auch immer, keinen Anspruch auf Zuerkennung der Mitgliedschaft ableiten könnten. Eine Diskriminierung der 1. MP wegen ihres Geschlechts sei daraus nicht unmittelbar abzuleiten. Diese könne auf Grund des § 4 Z. 1 lit. a der genannten Satzung ihre Mitgliedschaft bei der Beschwerdeführerin ableiten, weil sie ihre eheliche Abstammung von einer Person, nämlich ihrem Vater, habe nachweisen können, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung am 19. Juli 1988 die Voraussetzung der Mitgliedschaft erfüllt hätte. Damit komme ihr nach dieser Satzung ein Mitgliedschaftsrecht zu. Daran könne auch § 6 Z. 1 lit. b der Satzung nichts ändern, wonach die Mitgliedschaft bei Töchtern von Mitgliedern während ihres Ehestandes ruhe. Diese Vorschrift erweise sich im Licht der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 12. Dezember 1994), wonach im Widerspruch zum Grundrechtskatalog befundene Teile des Regelwerks von Satzungen - ungeachtet der Rechtskraft des das gesamte Regelungswerk genehmigenden aufsichtsbehördlichen Bescheides - von der bejahten Bindungswirkung als ausgenommen zu betrachten seien, als nichtig im Sinn des § 879 ABGB. Eventuelle sonstige Verfassungswidrigkeiten des § 4 oder anderer Bestimmungen der Satzung spielten für das vorliegende Verfahren keine Rolle.

Die Satzung 1997 fordere nunmehr als Voraussetzung der Mitgliedschaft bei der Beschwerdeführerin in § 4 Z. 1 Abs. 1 den Nachweis der direkten Abstammung von einem Mitglied, das zum Stichtag 1. Jänner 1982 oder später in der Mitgliederliste der Beschwerdeführerin aufscheine. Diesen Nachweis könne die 1. MP nicht erbringen, weil ihr Vater bereits im Jahr 1959 verstorben sei, ohne dass er in die Mitgliederliste der Beschwerdeführerin aufgenommen wäre. Damit werde im Ergebnis die unter der Satzung vom 19. Juli 1998 (offensichtlich gemeint: 1988) festgestellte Mitgliedschaft rückwirkend vernichtet. Wenn ein genereller Verstoß der in der mit Bescheid der ABB vom 25. September 1997 genehmigten Satzungsänderung enthaltenen Stichtagsregelung gegen das Sachlichkeitsgebot in Verfolgung des auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes als rechtens denkbar zu verfolgenden Zieles einer Verhinderung des Ansteigens der Anzahl der Mitglieder einer Agrargemeinschaft nicht erkannt werden könne, so könne dies nur für solche Fälle gelten, in denen im Zeitraum vom 1. Jänner 1982 bis zum Inkrafttreten der Satzung 1997 nach den in diesem Zeitraum geltenden Satzungsbestimmungen kein Mitgliedschaftsanspruch bestanden habe. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 98/07/0148, bezögen sich nämlich auf eine Fallkonstellation, bei der weder nach der "alten" noch nach der "neuen" eine Stichtagsregelung enthaltenden Satzung ein Mitgliedschaftsanspruch bestanden habe. Im vorliegenden Fall bedeute die Satzungsänderung (mit der Satzung 1997) einen Eingriff in die Rechtsposition der

1. MP, dem erhebliches Gewicht zukomme, wobei keine besonderen Umstände zu finden seien, die einen solchen rückwirkenden Eingriff verlangen würden. Insbesondere sei eine Satzungsänderung nicht notwendig gewesen, um Gleichheitswidrigkeiten in Bezug auf die

1. MP zu vermeiden. Diese werde durch den vorliegenden Eingriff in ihrem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht, habe ihr doch § 4 der Satzung 1988 den Erwerb der Mitgliedschaft ermöglicht. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sei die rückwirkende Inkraftsetzung einer in eine Rechtsposition eingreifenden Regelung mit dem Gleichheitsgrundsatz dann nicht vereinbar, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht im berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden seien und nicht etwa besondere Umstände diese Rückwirkung verlangten. Die Satzung 1997 könne daher nicht den bereits entstandenen Mitgliedschaftsanspruch der 1. MP rückwirkend vernichten.

Zu Spruchtpunkt 2. ihres Bescheides führte die belangte Behörde begründend aus, dass der Devolutionsantrag vom 27. September 1999 nach Erlassung des angefochtenen Bescheides des LAS vom 22. (richtig: 29. ) April 1999 gestellt worden sei, sodass die Voraussetzung für eine Devolution nach § 73 Abs. 2 AVG nicht vorlägen.

Mit dem weiteren nunmehr angefochtenen, zweitzitierten Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 1999 wurde auf Grund der Berufung der 2. MP gegen den Bescheid des LAS vom

22. (richtig: 29. ) April 1999 festgestellt, dass die 2. MP Mitglied der Beschwerdeführerin sei, und ausgesprochen, dass deren Aufnahme in die Mitgliederliste der Beschwerdeführerin der ABB obliege. Im Spruchtpunkt 2. wurde der Antrag der 2. MP vom 27. September 1999 auf Übergang der Entscheidungspflicht als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde nach Darlegung des Ganges des Verwaltungsverfahrens, der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen und der von ihr als entscheidungswesentlich erachteten Bestimmungen der Satzung 1988 und der Satzung 1997 auf den vorzitierten, die 1. MP betreffenden Bescheid vom selben Tag. Danach sei die 1. MP Mitglied der Beschwerdeführerin, sodass die 2. MP als deren Sohn gemäß § 4 Z. 1 Abs. 1 der Satzung 1997 die Voraussetzung zum Erwerb der Mitgliedschaft erfülle. Darüber hinaus habe die 2. MP auch ihren ständigen Hauptwohnsitz in dem gemäß § 30 Z. 1 dieser Satzung beschriebenen Gebiet.

Die Begründung zu Spruchpunkt 2. enthält dieselben Ausführungen wie jene zu Spruchpunkt 2. des die 1. MP betreffenden Bescheides.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin deren Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt. Dazu bringt sie vor, dass die angefochtenen Bescheide sie in ihrem Recht, dass die MP nicht als ihre Mitglieder aufzunehmen seien, und ihrem Recht auf Beachtung der Privatautonomie, Beachtung der Zuständigkeitsordnung und ordnungsgemäße Bescheidbegründung verletzten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift ebenso wie die MP in ihren Gegenschriften den Antrag gestellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die vorliegende Beschwerde erfasst zwar laut der darin enthaltenen Anfechtungserklärung jeweils den gesamten Bescheid, jedoch lassen sowohl Beschwerdepunkt als auch Beschwerdegründe keinen Zweifel daran, dass die beiden Bescheide ausschließlich in Ansehung ihres jeweiligen Spruchpunktes 1. bekämpft werden. Im Übrigen wäre auch nicht zu erkennen, inwieweit die Beschwerdeführerin durch die Zurückweisung der von den MP gestellten Devolutionsanträgen vom 27. September 1999 (Spruchpunkt 2.) in subjektiven Rechten verletzt sein könnte.

Soweit die MP in ihren im Beschwerdeverfahren erstatteten Gegenschriften vom 21. März 2000 übereinstimmend vorbringen, sie seien mittlerweile "bedingungslos" in die Mitgliederkartei der Beschwerdeführerin aufgenommen worden und es seien ihnen von dieser eine Abrechnung (betreffend Holzbezugsleistungen) zugestellt worden, wodurch die Beschwerdeführerin zu erkennen gegeben habe, nicht mehr beschwert zu sein, so kann daraus ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses der Beschwerdeführerin nicht resultieren. So geht aus den mit diesen Gegenschriften vorgelegten Schreiben der Beschwerdeführerin vom 18. Jänner 2000 an die MP hervor, dass (lediglich) auf Grund der vorliegend angefochtenen Bescheide deren Mitgliedschaft bestätigt werde, und hat die Beschwerdeführerin mit der vorliegenden Beschwerde vom 10. Februar 2000 zum Ausdruck gebracht, dass ihr Rechtsschutzbedürfnis nach wie vor bestehe. Das vorzitierte Vorbringen der MP geht daher ins Leere.

Gemäß § 84 Abs. 1 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes - FlVG, LGBl. Nr. 2/1979, steht den Agrarbehörden auch außerhalb eines Verfahrens nach § 83 (Zusammenlegungs-, Flurbereinigungs-, Teilungs- oder Regulierungsverfahren) die Entscheidung über die Frage zu, ob in einem gegebenen Falle eine Agrargemeinschaft im Sinne dieses Gesetzes vorhanden ist, auf welches Gebiet sie sich erstreckt, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist, ferner die Entscheidung über den Bestand oder Nichtbestand sowie den Umfang von Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken und über die Frage, ob Gemeindegut oder Gemeindevermögen vorliegt.

Die im Beschwerdefall strittige Frage eines Rechtsanspruches der MP auf Feststellung bzw. Zuerkennung ihrer Mitgliedschaft bei einer Agrargemeinschaft stellt die Agrarbehörde vor die Aufgabe, im Sinne des § 84 Abs. 1 FlVG eine Entscheidung über den Bestand von Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken zu treffen (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 98/07/0148, mwN). Wenn die Beschwerde meint, es bestünden massive Zweifel an der Zuständigkeit der belangten Behörde, weil konträre Entscheidungen der Unterinstanzen im Sinn des § 7 Abs. 2 Z. 1 AgrBehG nicht vorlägen, so ist auf die hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/07/0094, mwN) zu verweisen, wonach in den Fällen, in denen sowohl die ABB als auch der im Devolutionsweg zuständig gewordene LAS über eine unter § 7 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. zu subsumierende Angelegenheit nicht innerhalb der im § 73 Abs. 2 AVG genannten Frist entschieden haben, ein Devolutionsantrag an den Obersten Agrarsenat zulässig ist, weil das Recht der Berufung an den Obersten Agrarsenat eröffnet ist. Es ist somit gegen eine Entscheidung des im Devolutionsweg zuständig gewordenen LAS über eine unter § 7 Abs. 2 Z. 1 AgrBehG zu subsumierende Angelegenheit - wie in den den vorliegend angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden Fällen - die Berufung an den Obersten Agrarsenat zulässig.

Die Beschwerdeführerin sieht die angefochtenen Bescheide als inhaltlich rechtswidrig an, weil sie in ihrer rechtlichen Beurteilung von der in den hg. Erkenntnissen vom 21. Oktober 1999, Zl. 98/07/0056, und 25. November 1999, Zl. 99/07/0164, dargelegten Judikaturlinie abwichen. In diesen Erkenntnissen habe der Verwaltungsgerichtshof in gleicher Weise wie zuvor in seinem Erkenntnis vom 25. März 1999, Zl. 98/07/0148, entschieden.

Dazu ist Folgendes zu erwägen:

Nach § 3 erster Satz der im Zeitpunkt der Erlassung der vorliegend angefochtenen Bescheide geltenden Satzung der Beschwerdeführerin (Satzung 1997) sind Mitglieder der Beschwerdeführerin die von dieser in der Mitgliederkartei erfassten nutzungsberechtigten Personen, die die Voraussetzungen zur Aufnahme in die Mitgliederliste erfüllen. Nach § 4 Z. 1 erster Satz hat der Ausschuss der Beschwerdeführerin die Mitgliedschaft Bewerbern mit österreichischer Staatsbürgerschaft ohne Unterschied des Geschlechts zuzuerkennen, die ihre direkte Abstammung (Sohn/Tochter) von einem Mitglied, das zum Stichtag 1. Jänner 1982 oder später in der Mitgliederliste der Beschwerdeführerin aufscheint, nachweisen oder selbst zum Stichtag 1. Jänner 1982 oder später Mitglied der Beschwerdeführerin bzw. der Agrargemeinschaft B waren und die Voraussetzungen zur Nutzungsteilnahme laut § 30 erfüllen. Die von den MP nicht in Zweifel gezogene Auffassung der belangten Behörde, dass auf Grundlage der Satzung 1997 die Voraussetzungen für ihre Mitgliedschaft bei der Beschwerdeführerin nicht erfüllt sind, begegnet keinem Einwand, war doch der Vater der 1. MP, von dem diese ihren Mitgliedschaftsanspruch ableiten will, unbestritten zu dem in § 4 Z. 1 der Satzung genannten Stichtag (1. Jänner 1982) bereits verstorben und nicht (mehr) in der Mitgliederkartei bzw. Mitgliederliste der Beschwerdeführerin erfasst.

Der belangten Behörde ist auch darin zuzustimmen, dass im Zeitpunkt der Stellung des Antrages der 1. MP vom 13. November 1995 auf "Zuerkennung von Nutzungsrechten als Mitglied", in eventu der "Mitgliedschaft mit Nutzungsrechten bei der Agrargemeinschaft N" die Satzung 1988 in Geltung gestanden ist. Was nun die weitere Auffassung der belangten Behörde anlangt, dass auf Grundlage dieser Satzung die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft der 1. MP bei der Beschwerdeführerin erfüllt seien und dieser Mitgliedschaftsanspruch durch die besagte Satzungsänderung im Jahr 1996 (Satzung 1997) nicht rückwirkend beeinträchtigt worden sei, so ist dazu Folgendes auszuführen:

Gemäß der nach Ansicht der belangten Behörde den Mitgliedschaftsanspruch der 1. MP begründenden, mit "Erwerb der Mitgliedschaft" betitelten Regelung des § 4 Z. 1 lit. a (erster Satz) der Satzung 1988 hat der Ausschuss (der Beschwerdeführerin) die Mitgliedschaft Bewerbern mit österreichischer Staatsbürgerschaft ohne Unterschied des Geschlechts zuzuerkennen, die ihre eheliche Abstammung von einem männlichen Mitglied der Beschwerdeführerin oder der Agrargemeinschaft B oder von einer Person nachweisen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung die Voraussetzung erfüllt hätte, der aber seitens der Beschwerdeführerin oder der Agrargemeinschaft B die Mitgliedschaft nicht zuerkannt wurde; dies unter der Bedingung, dass die Bewerber und Bewerberinnen zugleich die Voraussetzungen für einen Holzbezug nach § 30 dieser Satzung erfüllen (§ 4 Z. 1 letzter Satz). Wer nach dieser Satzung als Mitglied gilt, regelt die mit "Besitz der Mitgliedschaft" überschriebene Bestimmung des § 3 (erster Satz), wonach Mitglieder die von der Beschwerdeführerin in der Mitgliederkartei mit Stichtag vom 19. Juli 1988 erfassten nutzungsberechtigten Personen sowie jene Personen, die gemäß den Bestimmungen dieser Satzung von der Beschwerdeführerin als Mitglieder aufgenommen werden, sind. Nach dem für die Auslegung der Satzung maßgeblichen, sich aus dem Wortlaut ergebenden objektiven Sinn dieser Regelungen kann somit gemäß § 4 Z. 1 lit. a erster Fall unter Erfüllung der übrigen Voraussetzungen dieser Bestimmung nur ein solcher Bewerber die Mitgliedschaft erwerben, dessen (männlicher) Aszendent in der Mitgliederkartei mit Stichtag 19. Juli 1988 als nutzungsberechtigte Person erfasst war oder der nach Inkrafttreten der Satzung 1988 von der Beschwerdeführerin als Mitglied aufgenommen wurde. Wie oben bereits dargelegt wurde, ist davon auszugehen, dass der bereits im Jahr 1959 verstorbenen Vater der

1. MP, von dem diese ihren Mitgliedschaftsanspruch ableiten will, am 1. Jänner 1982 und demzufolge auch mit Stichtag 19. Juli 1988 nicht (mehr) in der Mitgliederkartei der Beschwerdeführerin erfasst war. Wenn die belangte Behörde die Ansicht vertritt, die

1. MP erfülle die Voraussetzung des § 4 Z. 1 lit. a dieser Satzung deshalb, weil ihr Vater zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung (am 19. Juli 1988) die Voraussetzung der Mitgliedschaft erfüllt hätte, und sie damit offensichtlich auf § 4 Z. 1 lit. a erster Satz dritter Fall Bezug nimmt, so übersieht sie, dass diese Regelung weiters zur Voraussetzung hat, dass der Person, von der der Bewerber die eheliche Abstammung nachweist und die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung die Voraussetzung (für die Mitgliedschaft) erfüllt hätte, tatsächlich die Mitgliedschaft nicht zuerkannt wurde. Diese Regelung kann aber schon deshalb nicht auf die 1. MP Anwendung finden, weil deren Vater unstrittig Mitglied der Beschwerdeführerin war und ihm daher - anders als es diese Satzungsbestimmung voraussetzte - die Mitgliedschaft zuerkannt worden war. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde bietet somit auch § 4 Z. 1 lit. a der Satzung 1988 keine Grundlage für eine Zuerkennung der Mitgliedschaft an die 1. MP.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das obgenannte Erkenntnis, Zl. 98/07/0148, mwN) die Auffassung, dass Satzungen von Agrargemeinschaften Bestandteile ihres Regulierungsplanes sind und mit diesem ihre Rechtskraftwirkung entfalten und dass auch die Genehmigung einer Änderung von Verwaltungssatzungen einer Agrargemeinschaft einen Akt der Regulierung darstellt, was zur Folge hat, dass genehmigte Satzungen von Agrargemeinschaften in der Auswirkung der Rechtskraft ihres Genehmigungsbescheides nicht mehr überprüft werden können und damit auch dann beachtlich sind, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen. Diese in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur einhellig bejahte Bindung aller Behörden sowie der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts an rechtskräftig genehmigte Satzungen von Agrargemeinschaften hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem in den nunmehr angefochtenen Bescheiden ins Treffen geführten Erkenntnis vom 12. Dezember 1994, B 2083/93, B 1545/94, unter Hinweis auf Judikate des Verwaltungsgerichtshofes anerkannt. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis allerdings gemeint, dass die zu bejahende Bindung weder die Verwaltungsbehörden noch ihn einer Untersuchung enthebe, mit welchem Text die Satzung dem Rechtsbestand angehöre und welcher normative Satzungsinhalt sich daraus ergebe. Da sich aus der vom Vorarlberger Flurverfassungsgesetz verfügten Konstruktion der Organisation der Agrargemeinschaften und der Zuweisung öffentlicher Aufgaben an sie ergebe, dass für die sie konstituierenden Rechtsakte dieselben grundrechtlichen Schranken gälten wie sonst für generelle staatliche Normen, müssten auch solche Satzungen dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen, weshalb diesem Verfassungsgebot zuwiderlaufende Satzungsbestimmungen mangels eines besonderen Normenkontrollverfahrens als nichtig im Sinn des § 879 ABGB zu behandeln seien. Eine solche Nichtigkeit erblickte der Verfassungsgerichtshof im Fall seines zitierten Erkenntnisses in solchen Satzungsbestimmungen von Agrargemeinschaften, nach denen bei Töchtern von Mitgliedern während der Zeit ihrer Verheiratung die Mitgliedschaft ruhen sollte. Eine solche Satzungsvorschrift unterscheidet zwischen Töchtern und Söhnen und damit zwischen Männern und Frauen, ohne dass für diese Diskriminierung der Frauen ein sachlicher Grund erkennbar wäre. Dass die Reduzierung oder die Verhinderung des Ansteigens der Anzahl der Mitglieder von Agrargemeinschaften erforderlich sei, möge sein, dürfe aber nicht durch die Ausgrenzung allein von Frauen erreicht werden, weil hiefür jede sachliche Rechtfertigung fehle. Mit diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof zum einen die Bindung der Verwaltungsbehörden und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts an das Regelwerk von Satzung bejaht, zum anderen aber gleichzeitig den Verwaltungsbehörden ebenso wie den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts die als Obliegenheit postulierte Möglichkeit eröffnet, das Regelwerk, an welches die bejahte Bindung besteht, auf seine Übereinstimmung mit dem Grundrechtskatalog, insbesondere auch hinsichtlich des Sachlichkeitsgebotes, zu überprüfen und im Widerspruch zum Grundrechtskatalog befundene Teile des Regelungswerkes - ungeachtet der Rechtskraft des das gesamte Regelungswerk genehmigenden aufsichtsbehördlichen Bescheides - von der bejahten Bindungswirkung als ausgenommen zu betrachten.

In dem dem obgenannten Erkenntnis, Zl. 98/07/0148, zugrundeliegenden Beschwerdefall war vom Verwaltungsgerichtshof die dort behauptete Diskriminierung der Beschwerdeführerin ihres Geschlechtes wegen durch die Satzungen der Agrargemeinschaft G. nicht zu erblicken, weil nach diesen Satzungen auch ein männlicher Aufnahmewerber mit seinem Anspruch auf Zuerkennung der Mitgliedschaft gescheitert wäre, wenn er seine Abstammung nicht von einem männlichen, sondern von einem weiblichen Mitglied der Agrargemeinschaft abgeleitet hätte. Weiters führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis aus, dass Stichtagsregelungen der Art, dass der Eintritt von Rechtsfolgen daran geknüpft wird, dass zu einem bestimmten Tag ein bestimmter Sachverhalt verwirklicht war, zwar ein Element des Zufälligen in der Auslösung von Rechtsfolgen mit sich bringen, aber unverzichtbarer Bestandteil jedes Normsetzungsverfahrens sind. Ein Verstoß der in den (in jenem Beschwerdefall maßgeblichen) Satzungen enthaltenen Stichtagsregelung gegen das Sachlichkeitsgebot konnte zur Verfolgung des auch im vorzitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes als rechtens denkbar zu verfolgenden Zieles einer Verhinderung des Ansteigens der Anzahl der Mitglieder einer Agrargemeinschaft nicht erkannt werden.

In den von der Beschwerde weiters zitierten Erkenntnissen, Zl. 98/07/0056 und Zl. 99/07/0164, die sich jeweils mit einem Bescheid befassten, mit dem ein Antrag auf Aufnahme in die Mitgliederliste der nunmehr beschwerdeführenden Agrargemeinschaft abgewiesen worden war, verwies der Verwaltungsgerichtshof auf seine im Erkenntnis Zl. 98/07/0148 dargelegte Rechtsprechung und wies die jeweils von den Aufnahmewerbern an ihn erhobenen Bescheidbeschwerden als unbegründet ab. Wie im vorliegenden, die

1. MP betreffenden Beschwerdefall liegt auch dem vorzitierten Erkenntnis, Zl. 99/07/0164, ein Fall zugrunde, in dem eine Aufnahmewerberin während der Geltung der Satzung 1988 (im Jahr 1995) an die Agrargemeinschaft einen Antrag auf Zuerkennung der Mitgliedschaft bzw. Aufnahme in die Mitgliederliste stellte und sich darauf berief, dass ihr Vater bis zu seinem - vor dem in § 4 Z. 1 der Satzung 1997 angeführten Stichtag 1. Jänner 1982 (und damit auch vor dem im § 4 Z. 1 der Satzung 1988 genannten Stichtag) gelegenen - Tod Mitglied der Agrargemeinschaft gewesen sei, sodass im Hinblick auf die - nicht als gleichheitswidrig erachtete - Stichtagsregelung die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung und im Hinblick darauf, dass die MP weder im Verwaltungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren Argumente aufgezeigt haben, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigten, kann eine Nichtigkeit im Sinn des § 879 ABGB in Bezug auf die besagten Stichtagsregelungen nicht erblickt werden.

Von daher erweist sich der die 1. MP betreffende Bescheid im Umfang des Spruchpunktes 1. als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Dieselben Erwägungen treffen auch auf den zweitangefochtenen Bescheid zu. Soweit sich die 2. MP auf die Abstammung von ihrem Großvater, dem Vater der 1. MP, beruft, stehen auch ihrem Mitgliedschaftsanspruch die in der Satzung 1988 und Satzung 1997 enthaltenen Stichtagsregelungen entgegen. Von der 1. MP kann sie jedoch schon deshalb keinen derartigen Anspruch ableiten, weil jene, wie oben dargelegt, auf Grundlage der genannten Satzungen keinen Anspruch auf Mitgliedschaft bei der Beschwerdeführerin hat.

Demzufolge war auch der die 2. MP betreffende Bescheid im Umfang des Spruchpunktes 1. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. Die Verwaltungsrechtssache ist bereits vor einem Tribunal verhandelt worden, und eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hätte keine Klärung der Rechtssache in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht erbracht (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1999, Zl. 97/07/0215, und vom 3. Februar 2000, Zl. 99/07/0168).

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 52 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Juni 2001

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