VwGH 2000/05/0221

VwGH2000/05/022119.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Hildegard Haider in Schwertberg, vertreten durch Mag. Georg Derntl & Mag. Josef Koller-Mitterweissacher, Rechtsanwälte in Perg, Herrenstraße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Februar 2000, Zl. BauR-011464/10-2000- Pe/Mö, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Parteien:

  1. 1. Marktgemeinde Königswiesen, vertreten durch den Bürgermeister,
  2. 2. Oskar Obereder in Königswiesen 39), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31;
BauO OÖ 1994 §49;
BauRallg;
AVG §56;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31;
BauO OÖ 1994 §49;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und dem hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1996, Zl. 95/05/0224, ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Zweitmitbeteiligte ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 1123 der Katastralgemeinde Königswiesen. An dieses Grundstück grenzt im Südwesten das der Beschwerdeführerin gehörige Grundstück Nr. 1118.

Mit Ansuchen vom 25. März 1980 hatten die Rechtsvorgänger der zweitmitbeteiligten Partei die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Neubaues eines Wohnhauses laut angeschlossenem Einreichplan beantragt. Nach diesem Plan soll das Bauvorhaben 3 m von der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin errichtet werden. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. April 1980 wurde die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohngebäudes unter Auflagen erteilt. Die Bewilligung eines Austauschplanes vom 7. Februar 1986 war Gegenstand des schon erwähnten hg. Erkenntnisses vom 21. Mai 1996, Zl. 95/05/0224, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass mangels lesbarer Beifügung des Namens des Genehmigenden die erstinstanzliche Erledigung ("Änderungsbewilligung") kein Bescheid war, weshalb die Berufung der Beschwerdeführerin gegen diese Erledigung als unzulässig zurückzuweisen gewesen wäre.

Nach dem Beschwerdevorbringen wurde das Gebäude nicht so errichtet, wie es der Baubewilligung vom 9. April 1980 bzw. den in dieser Bewilligung enthaltenen Auflagen entsprochen hätte. In der Folge brachte die Beschwerdeführerin nach ihrem Vorbringen eine Aufsichtsbeschwerde bei der Aufsichtsbehörde ein, die ebenso ergebnislos blieb, wie die Übermittlung einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Linz.

Mit einem am 1. Dezember 1998 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde eingelangten Antrag begehrte die Beschwerdeführerin die bescheidmäßige Feststellung, dass die Bedingungen und Auflagen des Baubewilligungsbescheides vom 9. April 1980 nicht eingetreten bzw. eingehalten seien und der Neubau des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 1123 des Grundbuches Königswiesen konsenslos erfolgt sei.

Mit Bescheid vom 14. Mai 1999 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde diesen Antrag zurückgewiesen. Nach den Bestimmungen der O.ö. BauO 1994 habe ein Nachbar das Recht, an der Bauverhandlung teilzunehmen und gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen zu erheben, dass er durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechte verletzt werde. Darüber hinausgehende Rechte, wie bescheidmäßige Feststellungen von der Behörde zu verlangen, seien gesetzlich nicht vorgesehen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 1. Oktober 1999 als unbegründet abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Februar 2000 abgewiesen.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die begehrte Feststellung komme im Beschwerdefall nur die Erlassung eines auf den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen des AVG beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht. Ein Antrag auf Feststellung des Nichteintrittes einer Bedingung eines Baubewilligungsbescheides sowie auf Feststellung einer konsenslosen Bauführung sei im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erforderlich, sei doch im Fall der Ausführung einer bewilligungspflichtigen Anlage ohne Bewilligung von Amts wegen gemäß § 49 O.ö. BauO 1994 vorzugehen. Unzulässig sei es, einen gesonderten Feststellungsbescheid über die den Gegenstand eines Feststellungsantrages bildende Rechtsfrage zu erlassen, wenn diese Frage im Rahmen eines anderen Verwaltungsverfahrens zu entscheiden sei.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 21. Juni 2000, B 580/00-3, abgelehnt und die Beschwerde mit einem weiteren Beschluss vom 3. Oktober 2000, B 580/00-5, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Oberösterreichische Landesgesetzgeber hat die Rechte der Nachbarn im § 31 O.ö. BauO 1994 geregelt. Die Nachbarn sind demnach berechtigt, gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen zu erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Anders als in anderen Bauordnungen (vgl. z.B. § 6 Abs. 1 der Nö. Bauordnung 1996) hat der Oberösterreichische Landesgesetzgeber dem Nachbarn keine Parteistellung im baupolizeilichen Verfahren eingeräumt. Im Falle einer konsenswidrigen Bauausführung auf Nachbargrundstücken ist der Nachbar somit darauf angewiesen, dass die Baubehörde - von Amts wegen - ihrer aus § 49 O.ö. BauO 1994 erfließenden Amtspflicht nachkommt, deren Missachtung Amtsmissbrauch bedeuten kann.

Ein Feststellungsbescheid, wie er von der Beschwerdeführerin beantragt wurde, käme daher nur auf der Grundlage des § 56 AVG in Betracht.

Nach Lehre und Rechtsprechung können die Behörden im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit nur dann Feststellungsbescheide erlassen, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Vorschriften nicht anderes bestimmen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1966, Slg. Nr. 6978/A).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. April 1991, Slg. Nr. 13425/A, ausgesprochen hat, kommt der Partei des Verwaltungsverfahrens auch dann die Berechtigung zu, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse ist, wie in diesem Erkenntnis ausgeführt wurde, nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnisse für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen.

Es besteht kein Zweifel, dass durch einen derartigen Feststellungsbescheid eine Rechtsgefährdung der Beschwerdeführerin nicht beseitigt werden kann, weil eine derartige Rechtsgefährdung nicht vorliegt. Im Falle, dass die Rechtslage ungeklärt bleibt, ist die Beschwerdeführerin weder einer Bestrafung ausgesetzt, was ihr nicht zugemutet werden könnte (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1971, Slg. 6392), noch würde eine derartiger Feststellungsbescheid der Durchsetzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Beschwerdeführerin dienen, weil derartige Rechte, wie bereits ausgeführt, durch die O.ö. BauO 1994 nicht eingeräumt sind. Ein Feststellungsbescheid stellt sich daher nicht als notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung dar, weshalb schon der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde im Ergebnis mit Recht den diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen hat.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2000

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