VwGH 2000/01/0301

VwGH2000/01/03014.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des A A in G, geboren am 4. Juli 1956, vertreten durch Dr. Helmut Klementschitz, Rechtsanwalt in 8011 Graz, Friedrichgasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 30. März 2000, Zl. 212.590/0-IV/11/99, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reiste am 21. Juni 1999 versteckt in einem Pkw in das Bundesgebiet ein. Er ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Seinen Asylantrag begründete er bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt vom 8. September 1999 damit, dass er den Kosovo wegen des Krieges verlassen habe; solange der Kosovo ein Teil Jugoslawiens sei, werde es für seine Kinder dort keine Sicherheit geben; wäre der Kosovo nicht mehr Teil Jugoslawiens, würde er mit seiner Familie dorthin zurückkehren.

Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab; zugleich sprach es aus, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Jugoslawien, in das Gebiet Kosovo" gemäß § 8 AsylG zulässig sei. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 11. September 1999 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Folgen der von der serbischen Regierung gewollten Vertreibungspolitik fortwirkten und dass nicht absehbar sei, ob die KFOR-Truppen serbische Milizen bzw. serbische Einheiten tatsächlich und effektiv davon abhalten könnten, in den Kosovo zu infiltrieren und weitere Gräueltaten zu begehen.

Der unabhängige Bundesasylsenat (die belangte Behörde) führte nach Vorlage der Berufung am 16. März 2000 eine mündliche Verhandlung durch. In deren Zuge gab der Beschwerdeführer u.a. Folgendes an:

"... Auch die persönliche Sicherheit ist für mich nicht

gegeben. Unter dem serbischen Regime war ich Buchhaltungsleiter

des Medizinzentrums von Peje. Schon damals gab es Bedrohungen von

Unbekannten, warum arbeiten Sie als Angestellter im serbischen

Regime. Es gibt zwar keine institutionelle Bedrohung im Kosovo, da

die Bevölkerung bewaffnet ist, besteht immer die Gefahr, dass ich

von unverantwortlichen Individuen angegriffen werde. ... Diese

Angaben habe ich von einem Verwandten in Peje. Er hat mir

telefonisch erzählt, dass noch immer eine solche Gefahr wie ich

vorher gesagt habe besteht. Mein Verwandter wurde gefragt, wo ich

mich aufhalte und was ich im Ausland tue. ... Die selben Personen,

die mich vor einigen Jahren für mein Dienstverhältnis im Spital bedroht haben, haben sich jetzt wieder zu Wort gemeldet und fragen nach mir. Das waren ganz einfache Menschen und heute bekleiden sie kein Amt. Von den Angehörigen der albanischen Kommunalverwaltung, unter ihnen sind viele UCK - Angehörige, gibt es keinerlei Bedrohungen oder Beschwerden gegenüber meiner Person. Früher gab es auch anonyme Anrufe, warum ich für die Serben arbeite."

Auf Fragen des Verhandlungsleiters, inwiefern eine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers bestehe, wenn KFOR und UNMIK die Verwaltung im Kosovo ausübten und er von der albanischen Kommunalverwaltung nichts zu befürchten habe, warum dem Beschwerdeführer, der während des Krieges selbst habe flüchten müssen, im Fall einer Rückkehr in den Kosovo etwas angetan werden sollte und woher er wisse, dass die seinerzeitigen und die nunmehrigen Bedrohungen von denselben Personen stammen würden, gab der Beschwerdeführer weiter an:

"Es gibt zahlreiche Waffen in den Händen der Bevölkerung.

Viele unverantwortliche Individuen und darunter sind auch

diejenigen, die mich früher bedroht haben, sind im Besitz von

Waffen. Es herrscht dort das Gesetz der Straße. Ich könnte davon

betroffen sein. ... In der kosovarischen Gesellschaft ist es sehr

schwer, Klarheit über manche Dinge zu schaffen. Für manche

Individuen bin ich unerwünscht, obwohl ich mich selbst als ein

sauberer Mensch bezeichnen kann. ... Es könnte ein Zufall sein,

aber mein Haus und ein anderes Haus in unserer Nähe sind die

einzigen Häuser, die von den Serben in unserem Bezirk in Peje

nicht niedergebrannt wurden. Sie wurden zwar ausgeplündert, aber

sie sind intakt geblieben. Viele Menschen in unserer Ortschaft

kommentieren das als ein Argument, das für meine Verwicklung mit

dem ehemaligen Regime spricht. ... Damals kamen die meisten

Bedrohungen durch anonyme Anrufe. Aus diesem Grund kann ich nicht

sagen, dass es um diese Personen geht. Ich beurteile die Situation

von weit entfernt und von dem, was man mir telefonisch mitgeteilt

hat. Deshalb handelt es sich um viele Vermutungen. ... Es geht

hiebei um die Säuberung der so genannten serbischen Elemente in der albanischen Gesellschaft im Kosovo. Es gibt sogar Angaben der UNMIK über die Zahl der ermordeten Albaner durch die Albaner und das nicht wegen Eigentumskonflikten, sondern nur um die Andersdenkenden zu beseitigen. Es gibt Personen, die sich für mich interessieren. Sie fragen nach meinem Aufenthalt und nach meiner Tätigkeit. Ich kenne solche Fragen von früher, aus diesem Grund mache ich mir Sorgen. Ein Nachbar von mir hat mein Haus besetzt und meine Verwandten können nichts dagegen tun."

Mit Bescheid vom 30. März 2000 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt 1.). Weiters stellte sie gemäß § 8 AsylG iVm § 57 FrG fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Kosovo (Bundesrepublik Jugoslawien) zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde ausgehend von Feststellungen zur "allgemeinen Situation im Kosovo" aus, dass jedwede staatliche Verfolgung durch serbische Gerichte, Verwaltungsbehörden oder Sicherheitskräfte weggefallen und sämtliche, die kosovo-albanische Bevölkerung diskriminierenden Bestimmungen außer Kraft gesetzt worden seien; somit sei es einem Angehörigen der Volksgruppe der Kosovo-Albaner zumutbar, in das Gebiet des Kosovo zurückzukehren, weil er dort keine ethnisch motivierte, der Bundesrepublik Jugoslawien zurechenbare Verfolgung (mehr) zu befürchten habe. Was das - zuvor wörtlich wiedergegebene - Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde anlange, so sei der Eindruck entstanden, dass dieses Vorbringen "asyltaktisch" motiviert sei, jedoch nicht den Tatsachen entspreche. So habe der Beschwerdeführer noch vor dem Bundesasylamt angegeben, mit seiner Familie in den Kosovo zurückkehren zu wollen, wenn der Kosovo kein Teil Jugoslawiens mehr wäre; er habe also keineswegs eine Bedrohung durch Albaner geltend gemacht, obwohl es zumindest die nunmehr behaupteten Bedrohungen schon vor dem Krieg gegeben haben müsse. Überdies erscheine es unplausibel, dass der Beschwerdeführer lediglich von Bedrohungen von unbekannten Personen spreche und selbst ausdrücklich angebe, dass seitens der albanischen Kommunalverwaltung keinerlei Bedrohungen oder Beschwerden betreffend seine Person vorlägen; es sei nicht ersichtlich, warum laut eigener Aussage des Beschwerdeführers, ohne dass er hiezu gefragt worden sei, es gegen ihn ausgerechnet seitens der albanischen Kommunalverwaltung keinerlei Bedrohungen gebe, wenn der Vorwurf der Zusammenarbeit mit den Serben im Raum stehe. Weiters sei es nicht wahrscheinlich, dass man jemandem, der wie der Beschwerdeführer (seinen eigenen Angabe zufolge) bei einem Massaker der Serben 19 Familienangehörige verloren habe, eine Zusammenarbeit mit den Serben unterstelle. Letztlich habe seine Gattin vor dem Bundesasylamt ausgesagt, dass ihr Haus (im Kosovo) zerstört worden sei, während der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, dass das Haus als eines von insgesamt zwei Häusern in ihrem Bezirk intakt geblieben sei, woraus er ableiten wolle, dass ihm ein Naheverhältnis zu den Serben unterstellt werde.

Selbst wenn man jedoch das Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung zugrunde lege, sei - so die belangte Behörde weiter - die Gewährung von Asyl nicht statthaft. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer selbst angegeben habe, von den Angehörigen der albanischen Kommunalverwaltung, unter ihnen viele UCK-Angehörige, keinerlei Bedrohungen oder Beschwerden erhalten zu haben, sei es nicht ausreichend wahrscheinlich, dass er im Fall der Rückkehr mit asylerheblichen Repressionen zu rechnen habe. Überdies bestehe bei allfälligen Problemen die Möglichkeit, den Schutz durch die KFOR-Truppen in Anspruch zu nehmen. Diese seien gewillt, Schutz zu gewähren und dazu auch grundsätzlich in der Lage; freilich sei anzumerken, dass nicht verlangt werden könne, dass KFOR jeden Übergriff präventiv verhindern könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gestützte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Einleitend sei zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 2000, Zl. 99/01/0359, verwiesen, demzufolge die vom Beschwerdeführer - auch noch in der Beschwerde - geltend gemachte Verfolgung seitens serbischer Behörden wegen Änderung der Verhältnisse im Kosovo seit dem 20. Juni 1999 als nachhaltig unwahrscheinlich anzusehen ist. Das schließt es freilich nicht aus, dass dem Beschwerdeführer aus anderen, auf die nunmehrige Ordnungsmacht (Verwaltung durch Organe der Vereinten Nationen; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/01/0162) bezogenen Gründen die Flüchtlingseigenschaft zukommt. In diesem Sinn bringt die Beschwerde vor, dass der Beschwerdeführer als ehemaliger Angestellter des serbischen Regimes geradezu in außerordentlicher Weise gefährdet wäre, seitens der nunmehrigen Machthaber bzw. durch regionale paramilitärische Einheiten unterdrückt und der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt zu werden. Damit im Zusammenhang wird geltend gemacht, dass eine Vielzahl von individuellen Fallkonstruktionen denkbar sei, aus denen Verfolgungssituationen für Kosovo-Albaner entstehen, wie etwa vermutete Kollaboration mit serbischen Behörden und Truppen.

Schon bei seiner Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt hat der Beschwerdeführer seinen beruflichen Werdegang - gemäß der im Verwaltungsakt erliegenden Niederschrift - wie folgt dargestellt:

"1. Beruf Fachb. bei öff.-rechtl. Körpersch.,

Sozialvers., Int. vertr. von

23.12.1975 bis

00.06.1987 in Klina

Dienstgeber Sozialversicherungsanstalt Klina

Art der Besch. leitender Angestellter

2. Beruf Fachb. bei öff.-recht. Körpersch.,

Sozialvers., Int.vertr. von

00.07.1987 bis

00.09.1998 in Pec

Dienstgeber Krankenhauszentrum Pec

Art der Besch. Leiter d. Wirtschaftsabteilung"

Die belangte Behörde lässt nicht erkennen, dass sie die Richtigkeit dieser Angaben des Beschwerdeführers zu seiner beruflichen Stellung in Zweifel gezogen hätte. Den in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2000 daran anknüpfenden Ausführungen, er sei wegen seiner Tätigkeit als Buchhaltungsleiter eines Medizinzentrums von Peje schon früher von Unbekannten bedroht worden, wisse von einem Verwandten, dass jetzt von denselben Personen nach ihm gefragt werde, und viele Menschen in seiner Ortschaft sähen den Umstand, dass sein Haus nicht niedergebrannt worden sei, als Argument für seine Verwicklung mit dem "ehemaligen Regime" an, sprach sie indessen die Glaubwürdigkeit ab. In der Beschwerde wird diese Beweiswürdigung bekämpft. Tatsächlich vermag sie der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfung auf ihre Schlüssigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht standzuhalten. Zwar trifft es zu, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt Anfang September 1999 eine Bedrohung von albanischer Seite her nicht geltend gemacht hat, doch können daraus solange keine Schlussfolgerungen gezogen werden, als nicht feststeht, der Beschwerdeführer, der vor serbischer Aggression geflohen ist, habe damals schon von massiven Übergriffen von Angehörigen der albanischen Volksgruppe gegenüber anderen Personen dieser Volksgruppe gewusst. Vor einem Wissen um solche Vorgänge musste er allenfalls in der Vergangenheit geäußerten Drohungen nämlich nicht eine solche Relevanz beimessen, dass nach allgemeiner Erfahrung mit einer Bekanntgabe dieses Umstandes an die österreichischen Asylbehörden zu rechnen gewesen wäre. Es kann der belangten Behörde aber auch nicht darin gefolgt werden, dass es unplausibel erscheine, dass der Beschwerdeführer lediglich von unbekannten Personen, jedoch nicht von Seiten der albanischen Kommunalverwaltung bedroht werde. Dies wäre nur dann fragwürdig, wenn sich die kosovo-albanische Gesellschaft durch einheitliches Vorgehen auszeichnete; auch in diese Richtung hat die belangte Behörde jedoch keine Feststellungen getroffen. Im Übrigen spricht der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht schlichtweg die albanische Seite (insbesondere die UCK) für die Bedrohungen verantwortlich gemacht hat, eher für als gegen seine Glaubwürdigkeit. Dass der Beschwerdeführer bei einem Massaker der Serben 19 Familienangehörige verloren habe, schließt seine Bedrohung im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit im Rahmen des "serbischen Regimes" nicht aus. Schließlich ist aber auch der Widerspruch zwischen den Angaben des Beschwerdeführers und denjenigen seiner Ehegattin betreffend ihr Haus nicht signifikant, weil die Angabe der Ehegattin (das Haus sei "zerstört" worden) der Darstellung des Beschwerdeführers, das Haus sei nicht niedergebrannt, wohl aber "ausgeplündert" worden, nur bedingt entgegensteht. Im Übrigen besagte ein allfälliger Widerspruch noch nicht, dass gerade der Beschwerdeführer unwahre Angaben erstattet habe.

Gestützt auf die dargestellten "Argumente" durfte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit daher nicht versagen. Sie hat allerdings ergänzend, ungeachtet ihrer Beweiswürdigung, die Gewährung von Asyl auch deshalb als "nicht statthaft" erachtet, weil es selbst unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht ausreichend wahrscheinlich sei, dass er bei einer Rückkehr mit asylerheblichen Repressionen zu rechnen habe. Überdies bestehe die Möglichkeit, den Schutz der KFOR-Truppen in Anspruch zu nehmen.

Wenn die belangte Behörde davon spricht, dass es nicht ausreichend wahrscheinlich sei, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr mit asylerheblichen Repressionen zu rechnen habe, so hat sie erkennbar primär im Auge, dass der Beschwerdeführer, nach dem "bloß" gefragt worden sei, gar nicht ernsthaft Ziel einer Verfolgung sein werde, zumal es von Angehörigen der albanischen Kommunalverwaltung, der viele (ehemalige) UCK-Mitglieder angehörten, keinerlei Bedrohungen oder Beschwerden gegeben habe. Wie die belangte Behörde zu dieser Schlussfolgerung gelangen konnte, wird freilich im bekämpften Bescheid nicht näher dargelegt. Aus dem Fehlen von Drohungen seitens einer bestimmten Gruppe, mag sie auch "offiziellen" Charakter haben, kann jedenfalls nicht geschlossen werden, dass (auch) eine andere Gruppe/andere Personen keine Verfolgungshandlungen setzen werden. Zwar ist einzuräumen, dass bloße Fragen nach dem Aufenthalt des Beschwerdeführers für sich betrachtet unbeachtlich erscheinen müssten, im Zusammenhang mit den behaupteten vorangegangenen Drohungen und der behaupteten "Säuberung" der albanischen Gesellschaft im Kosovo von "serbischen Elementen", wobei auch Albaner ermordet worden seien, gewinnt dieser Umstand vor dem Hintergrund der unbestrittenen leitenden Tätigkeit des Beschwerdeführers im serbischen Gesundheitssystem jedoch eine besondere Qualität. Geht man von den Behauptungen des Beschwerdeführers aus, so lässt sich daher ohne Ermittlungen zur Situation von Personen mit vergleichbarem Schicksal keine Aussage darüber treffen, inwieweit die Gefahr bestehe, der Beschwerdeführer könnte Zielobjekt von Verfolgungshandlungen sein.

Was (unterstellt man Verfolgungsabsichten gegenüber dem Beschwerdeführer) die Frage der Schutzfähigkeit der KFOR-Truppen anlangt, so sei zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 6. März 2001, Zl. 2000/01/0056, verwiesen. Es kommt demnach darauf an, ob die KFOR-Truppen gewährleisten können, dass der Beschwerdeführer nicht mit "maßgeblicher Wahrscheinlichkeit" - aus einem in der Flüchtlingskonvention genannten Grund - Opfer einer asylrelevante Intensität erreichenden Verfolgung wird. Ausgehend von den behördlichen Feststellungen zur aktuellen Situation im Kosovo, die Sicherheit betreffend, kann das jedoch nicht ohne weiteres bejaht werden. So ist dort u.a. davon die Rede, dass sich zwar die Sicherheitssituation zumindest für die Mehrheitsbevölkerung der Albaner grundlegend gebessert habe, dass jedoch von normalisierten Verhältnissen zweifelsfrei nicht gesprochen werden könne; festzuhalten sei weiters steigende Gewaltbereitschaft innerhalb der albanischen Volksgruppe, wobei auch politische Hintergründe auszumachen seien; der Generalsekretär der Vereinten Nationen habe eindringlich darauf hingewiesen, dass das Ausmaß und die Art der Gewalt im Kosovo, hauptsächlich gegen Minderheiten, noch großer Anstrengung bedürfe, um die Lage weiter zu verbessern; unbestritten gefährlich sei die Situation für die im Kosovo verbliebenen Minderheiten; ihre Sicherheitslage sei "zum Teil dramatisch".

Die letztgenannten Feststellungen sind auch für die Situation des Beschwerdeführers beachtlich, weil die Sicherheitslage nichtalbanischer Minderheiten Rückschlüsse auf die Sicherheitslage gefährdeter Gruppen von Kosovo-Albanern erlaubt (vgl. abermals das zuvor genannte hg. Erkenntnis vom 6. März 2001). Auf Basis der Behauptungen des Beschwerdeführers hätte sich die belangte Behörde daher auch mit dieser Frage näher zu beschäftigen gehabt.

Zusammenfassend ergibt sich damit, dass der bekämpfte Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. April 2001

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