VwGH 2000/01/0207

VwGH2000/01/020712.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schimetits, über die Beschwerde der am 16. Februar 1973 geborenen Mi M in L, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Fromherz, Rechtsanwalt in 4010 Linz, Graben 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Mai 2000, Zl. 200.502/0-XII/37/98, betreffend § 7 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
AsylG 1997 §7;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, gelangte am 7. März 1997 in das Bundesgebiet und beantragte an diesem Tag die Gewährung von Asyl.

Im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, am 17. März 1997 gab sie als Grund für ihre Flucht und ihr Ansuchen um Asyl an:

"Seit 1994 war ich Sekretärin der UDPS, zuständig in der Jugendsektion und ich habe in Kinshasa, 1 Rue Nr 126, Q.des Marais, gewohnt. An der Adresse hatte ich seit meiner Tätigkeit bei der UDPS gewohnt.

Die UDPS ist eine erlaubte Partei. Seit den Angriffen in Goma, vermutlich September 1996, habe ich mit Studenten eine Manifestation gegen den Minister Kengo vorbereitet.

Wir haben vom 1.11.1996, ca 12.00 Uhr, bis zum 6.11.1996 in Kinshasa demonstriert, da die Regierung nichts gegen die Massaker in Goma unternommen hat. Wir haben zur toten Stadt (Streik) aufgerufen. Bei den Demonstrationen wurde ein Student getötet. An den Demonstrationen haben mehr als 100 Personen teilgenommen. Die genaue Anzahl kann ich nicht angeben.

Am 15.11.1996 wurde von unserer Jugendsektion der UDPS in Kinshasa/Matete eine Sitzung abgehalten. Gegen 16.00 Uhr kamen viele Angehörige der 'garde civil' und ich wurde mit anderen Teilnehmern in der 'station a Limete' verhaftet. Ich wurde vom 15.11.1996 bis zum 30.11.1996 festgehalten. Man hat mich in ein Zimmer geschmissen und ich wurde sofort vergewaltigt.

..."

Weiters schilderte sie auf Befragen ausführlich ihre mehrfache Vergewaltigung in der Haft und ihren Fluchtweg.

Mit Bescheid vom 1. April 1997 wies das Bundesasylamt (die Erstbehörde) den Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 ab. Unter Schilderung des Ermittlungsverfahrens gelangte die Erstbehörde zur Feststellung, die Beschwerdeführerin habe während der gesamten Ersteinvernahme keinen tauglichen Asylgrund darlegen können, und sprach der Beschwerdeführerin die Glaubwürdigkeit ab, weil ihre Angaben der allgemeinen Lebenserfahrung widersprächen. Das Vorbringen, die Beschwerdeführerin sei während der Haft dreimal vergewaltigt worden, sei widersprüchlich und unglaubwürdig.

Am 15. April 1997 legte die Beschwerdeführerin Telekopien (jeweils in französischer Sprache) ihrer Geburtsurkunde, ausgestellt in Kinshasa am 7. Juni 1996, einer handschriftlichen Kurzmitteilung (die Kopfzeile weist als Datum der Übersendung den 10. April 1997 aus) sowie eines Empfehlungsschreibens der UDPS vom 24. März 1997 betreffend die Beschwerdeführerin vor.

Am 17. April 1997 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Erstbescheid Berufung, in der sie vorbrachte, zur Untermauerung ihrer Glaubwürdigkeit geeignete Dokumente der UDPS und der zairesischen Behörden beizuschaffen, die ihre Aussagen vor der Erstbehörde bestätigen würden.

Nach Übermittlung der Akten an den unabhängigen Bundesasylsenat (die belangte Behörde) holte dieser zunächst ein Gutachten über die Behauptungen der Beschwerdeführerin ihrer dreimaligen Vergewaltigung während ihrer Haft ein. Der Gutachter gelangte zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin spontan und umfassend das klassische Bild einer sogenannten posttraumatischen Belastungsstörung darstelle. Die spontane Beschreibung der klassischen Symptomatik dieser Belastungsstörung lege es aus psychiatrischer Sicht sehr nahe, dass ein gravierendes psychotraumatisches Erlebnis stattgefunden habe. Eine Konfabulation oder Vortäuschung einer solchen Symptomatik erscheine in sehr hohem Maße unwahrscheinlich.

In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde beantragte die Beschwerdeführerin die Einvernahme des Zeugen M., Vorsitzender der UDPS in Belgien, der im Zuge seiner Einvernahme aussagte:

"Ich habe seinerzeit eine Bestätigung an das Ministerium gerichtet, mit welcher ich bezeugte, dass Frau Mi Mitglied meiner Partei der UDPS ist. Sie hatte innerhalb der JDPS, das ist die Jugendpartei der UDPS eine Funktion als Sekretärin. Den Informationen zufolge, die ich von der Parteileitung in der jetzigen Demokratischen Republik Kongo erhalten habe, ist die Parteikarte mit dem Jahre 1994 datiert. In Ihrer Funktion als Parteisekretärin für die Jugend hat sie an allen Demonstrationen im November 1996 teilgenommen.

Auf Befragen des Vertreters des Bundesasylamtes, woher er wüsste, dass die Asylwerberin an allen Demonstrationen im November 1996 teilgenommen hat, gibt dieser an, dass ich über den Parteisekretär Dr. Adrien Phongo Kunda erfahren habe, dass eine Demonstration im November 1996 stattgefunden hat. Ich habe wie bereits gesagt, dass ich in Kontakt mit dem Generalsekretär bin und über ihn erfahren habe, dass die Asylwerberin an den Demonstrationen teilgenommen hat. Ende 1996/1997 habe ich von diversen Verhaftungen erfahren, der Name der Asylwerberin wurde dabei nicht genannt. Im Dezember 1996, nach der Ausreise der Asylwerberin aus Südafrika, hat mich der Generalsekretär verständigt, dass eine Sekretärin, nämlich die Asylwerberin um Asyl ansuchen will, bei dieser Gelegenheit hat er mich auch die Nummer des Parteiausweises dieser Sekretärin mitgeteilt und von den Demonstrationen im November 1996 erzählt. Nachdem ich diese Nachricht 1997 telefonisch vom Generalsekretär erhalten habe, habe ich eine Art Aktenvermerk geschrieben, worin ich festgehalten habe, dass die Asylwerberin Mitglied der JUDPS ist, an den Demonstrationen teilgenommen hat und verhaftet wurde. ... Auf Grund dieses Aktenvermerkes vom 19.12.1997 habe ich ein Schreiben an das Bundesministerium für Inneres verfasst, welches mit 1.4.1998 datiert ist."

Weiters wurde die Beschwerdeführerin einvernommen, die aussagte:

"Ich bin Mitglied der UDPS seit 1994. Ich hatte dort die Aufgabe einer Sekretärin. Diese bestand darin, den Kontakt mit der Bevölkerung herzustellen und zwar mit den Jugendlichen meiner Sektion und den Studenten. Ich habe Berichte geschrieben über die Veranstaltungen und Demonstrationen und dann habe ich Propaganda in den Stadtvierteln gemacht. Die Propaganda machte ich in meinem Viertel in Matete, pro Viertel gab es einen Vorsitzenden bzw. einen stellvertretenden Vorsitzenden, einen Kassier und den Sekretär. Wir organisierten 2 mal im Monat Veranstaltungen, ich wandte mich an die Jugendlichen, dass sie die Demokratie und das Recht respektieren müssen, und jede Gewalt vermeiden sollen. Das war meine Aufgabe innerhalb der Partei, diese Mobilisierung durchzuführen, die Jungen und die Studenten zu ermutigen. Diese Versammlungen fanden in einem Saal, im Sitz der Sektion Matete statt. Auf Schwierigkeiten bin ich gestoßen anlässlich der Demonstrationen am 1.11.1996 bis 6.11.1996. Vorher hatte ich persönlich keine Schwierigkeiten. Vor den Demonstrationen im November 1996, gab es immer wieder Demonstrationen, die sich gegen eine Manifestation des Ministers Kengo wandte, aber auch gegen Probleme allgemeiner Natur, wie beispielsweise gegen die Diktatur. Diese Demonstrationen wurden aufgelöst, Mitglieder der Partei wurden verhaftet, andere sind geflohen. Ich habe auch an diesen Demonstrationen teilgenommen. Die Polizei verhaftete wahllos Teilnehmer dieser aufgelösten Demonstrationen. Von diesen verhafteten Personen weiß man nicht, wo sie sich befinden.

...

Am 1.11.1996 um 12.00 Uhr fand eine Demonstration vor der Residenz von Etienne Tshisekedi statt. Ich war bei dieser Demonstration anwesend und habe zu den Jugendlichen gesprochen, wir haben gesungen und ich habe ihnen gesagt, dass das Ziel dieser Demonstration sei, die Regierung zu wechseln. Weil diese Regierung nichts tat, um den Menschen von Goma zu helfen. Die ursprüngliche Idee der Demonstrationen stammte von den Studenten. Die Idee die Regierung zu stürzen, war sowohl die Idee der Studenten, als auch das Ziel der UDPS. Obwohl ich Mitglied der Partei bin, war die Idee auch die meine. Am 2.11.1996 wurde offiziell zum Streik aufgerufen und die Leute aufgefordert zu Hause zu bleiben. In den folgenden Tagen wurde abwechselnd gesungen, bis zum fünften Tag lief alles normal, die Polizei griff nicht ein. Erst am sechsten Tag als wir die Demonstration beenden wollten, kam es zum Polizeiangriff, den wir nicht erwarteten. Die Polizei griff mit Heißwasserwerfern und Tränengas ein, aber es wurde auch in die Luft geschossen, sodass die Leute gezwungen waren, zu fliehen. Die Polizei hat angegriffen, damit wir nicht weiter demonstrieren. Möglicherweise hat die Polizei geglaubt, dass die Demonstrationen zu einem zu großen Ausmaß führten. Am sechsten Tag sind wir durch die ganze Stadt marschiert, mit Tafeln, jedoch sind wir auch an den anderen Tagen mit Transparenten marschiert. Die Garde civil wurde von der Regierung geschickt. Der sechste Tag war offiziell der letzte Tag der Demonstrationen. Wir flohen und diverse Personen wurden an diesem Tag verhaftet. Ein Student wurde zu Tode geprügelt von den Leuten der Garde civil. Ich habe gesehen, wie zahlreiche Personen in Autos weggebracht wurden, andere ernstlich geprügelt wurden, dass der eine Student tot war, habe ich nachher erfahren. Am 7.4.1996 fand das Begräbnis des ermordeten Studenten statt, ich nahm jedoch an diesem Begräbnis nicht teil. Ich habe es vorgezogen, zu Hause zu bleiben und habe dann bereits das Programm für die Versammlung für den 15.4.1996 vorbereitet. Ich war bis zu diesem Zeitpunkt zu Hause. Nachdem ich von der Demonstration geflohen bin, habe ich mich in einem der nahe gelegenen Häuser versteckt. Dann bin ich zu Fuß zu mir nach Hause. Schon vor der Demonstration war eine Versammlung für den 15.4.1996 vereinbart. Zu dieser Zeit war die UDPS eine erlaubte Partei und war ich den Behörden bekannt als Sekretärin der Jugendsektion der UDPS. Das Ziel dieser Versammlung war es, Bilanz über die Demonstrationen zu ziehen, festzustellen wie viele Personen verschwunden oder verhaftet waren. Während dieser Versammlung wurden wir dann ohne Haftbefehl weggebracht. Einem Teil der Teilnehmer ist es gelungen, über die Mauer zu springen, die dageblieben waren, wurden verhaftet. Alle Vertreter unserer Sektion, auch ich, wurden weggebracht. T ist der Sektionschef, welcher bei der Versammlung anwesend war, der jedoch mit anderen Leuten geflohen ist. Der Vizechef T, der Kassier K und der Berater Ka wurden mit mir und noch weiteren Mitgliedern zusammen verhaftet. Ich wurde zum Posten der Garde civil gebracht, die Frauen wurden von den Männern getrennt und in verschiedene Räume gebracht.

...

Der Vertreter des Bundesasylamtes weist auf ein Telefax vom 10.4.1997 hin, worin ihr Cousin K mitteilt, das ihr Vater in Kinshasa von den Mobudisten verhaftet wurde und sie gesucht wird, um getötet zu werden.

Auf die Frage, wie das Telefax (Beilage B) von der Demokratischen Republik Kongo nach Österreich gelangte, wird mitgeteilt, dass die Asylwerberin Mitglieder der Partei in der DR Kongo angerufen hat (von der Caritas Frau G.) und die Telefaxnummer der Post in Linz angegeben hat und die Telefaxnummer eines Bekannten, dass ist ein Angolese, der sich in Linz aufhält, angegeben hat. Dieser hat mich auch zur Post begleitet. Ich habe diese Kopie des Telefaxes vom Postamt bekommen. Das Original dieser Kopie liegt bei mir zu Hause. Die Asylwerberin wird aufgefordert, das Original binnen 2 Wochen der erkennenden Behörde vorzulegen.

Das Telefax vom 10.4.1997 wurde direkt an meinen Freund, dem Angolesen namens J, S-Straße 7, Linz gesandt. Ich weiß nicht, warum mein Freund ein Fax zu Hause hat.

Das Telefax vom 12.4.1997 der UDPS wurde deswegen übermittelt, sodass die UDPS im Kongo glaubte, dass ich bereits in Österreich anerkannt wurde, und somit meine Tätigkeiten für die Partei in Österreich aufnehmen konnte.

Im Hinblick auf den letzten Absatz des Telefaxes vom 24.3.1997, teilt die Asylwerberin mit, dass sie die Unterlagen für die JUDPS nicht erhalten hat, weil sie noch nicht aktiv sein kann. Man wollte hier in Österreich die Jugend wieder zusammenbringen und man wollte mir die Unterlagen der JUDPS schicken, damit ich diese der Regierung vorlegen konnte. Außerdem sind die Beiträge nicht Pflicht, sondern freiwillig. Dieses Schreiben soll ausschließlich dazu dienen, dass ich Mitglied der JUDPS bin. Ich habe auf Grund dieses Telefaxes keinen Kontakt mit den Mitgliedern der JUDPS aufgenommen. Die Asylwerberin wird darauf aufmerksam gemacht, dass sie telefonisch Kontakt hatte mit Mitgliedern der UDPS und in der Folge Telefaxe vom 10.4.1997 als auch vom 11.9.1997 hatte. Erst nach längerem Zögern und nach allgemeinen Erklärungen gibt die Asylwerberin an, dass sie der UDPS im Kongo mitteilte, dass sie hier politisch nicht aktiv werden könne, zumal sie nicht in Österreich anerkannt sei.

Auf Befragen, warum im Reisepass Mi steht, im Parteiausweis jedoch Mo gibt die Asylwerberin an, dass beide Schreibweisen meines Vornamens möglich sind. Dazu lege ich eine Kopie meiner Geburtsurkunde vor, worin Mo-M steht."

Im Anschluss an die Einvernahme der Beschwerdeführerin heißt es im zitierten Protokoll:

"Es wird vereinbart, dass auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet wird. In der Folge wird das Parteiengehör auf schriftlichem Wege gewahrt.

Die Beweisaufnahme wird geschlossen."

In weiterer Folge stellte die belangte Behörde - ergebnislos -

Ermittlungen zur Herkunft der vorgelegten Telekopien und im Wege der österreichischen Botschaft in Nairobi und eines "Vertrauensanwaltes" in Kinshasa über die Funktion der Beschwerdeführerin in der UDPS an. Mit Note vom 12. Jänner 2000 räumte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Stellungnahme binnen 14 Tagen zu den Ermittlungen des "Vertrauensanwaltes" in Kinshasa ein, die im Wesentlichen ergeben hätten, dass nach Auskunft eines Sprechers des Generalsekretariates der UDPS der Name der Beschwerdeführerin in den Archiven und Verzeichnissen des UDPS nicht aufscheine und daher festgestellt werde, dass sie niemals Mitglied der UDPS und Sekretärin der Jugendsektion dieser Vereinigung gewesen sei. Die angebliche Versammlung der UDPS vom 15. November 1996, in deren Verlaufe die Beschwerdeführerin festgenommen worden sei, sei eine falsche, ungenaue Geschichte, die jeder Grundlage entbehre. Auf Grund der Überprüfung habe sich ergeben, dass die UDPS am 15. November 1996 keine Veranstaltung abgehalten habe. Ein an der von der Beschwerdeführerin angegebenen Wohnadresse angetroffener (namentlich genannter) Cousin der Beschwerdeführerin habe erklärt, dass er sie gut kennen würde und dass sie an dieser Adresse gewohnt hätte, sie wäre jedoch niemals in der UDPS aktiv gewesen. Die von der Beschwerdeführerin erzählte Geschichte, dass sie Jugendsekretärin der UDPS gewesen und deshalb verhaftet worden wäre, wäre diesem gänzlich unbekannt.

In ihrer Stellungnahme vom 9. Februar 2000 brachte die Beschwerdeführerin hiezu vor, dass ihr der von der belangten Behörde namhaft gemachte Cousin gänzlich unbekannt sei. Ihres Wissens nach sei die UDPS-Zentrale geschlossen, daher verwundere es sie, dass der Vertrauensanwalt in Kinshasa Kontakt zum Sprecher des Generalsekretariates habe aufnehmen können.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 7 des Asylgesetz 1997 (AsylG) ab. Die belangte Behörde habe über die Berufung ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Im Rahmen der Berufungsverhandlung sei durch Erörterung eines Aktenvermerkes vom 19. Dezember 1997 und einer Telekopie vom 11. September 1997 ergänzend Beweis erhoben worden. Der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin habe die Einvernahme eines stellig gemachten Zeugen beantragt, in dessen Aussage sich Widersprüche ergeben hätten. So habe der Zeuge ausgesagt, dass er Ende 1996, Anfang 1997 vom Parteisekretär der UDPS (einer Oppositionspartei) erfahren hätte, dass im November 1996 Demonstrationen stattgefunden hätten und es zu diversen Verhaftungen gekommen wäre. Der Name der Beschwerdeführerin wäre ihm jedoch nicht genannt worden. Im Dezember 1997 hätte er telefonisch erfahren, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der im November 1996 stattgefundenen Demonstration der UDPS verhaftet worden wäre und in Österreich um Asyl angesucht hätte.

Im Rahmen dieser Berufungsverhandlung sei vereinbart worden, dass weitere Ermittlungsergebnisse betreffend die von der Beschwerdeführerin angegebene Parteitätigkeit, die am 15. November 1996 abgehaltene Sitzung der UDPS sowie die daraufhin erfolgte Inhaftierung der Beschwerdeführerin direkt über die österreichische Vertretungsbehörde eingeholt würden. Auf die Abhaltung einer weiteren mündlichen Verhandlung sei sowohl von der Beschwerdeführerin und ihrem Bevollmächtigten als auch von der erstinstanzlichen Behörde verzichtet und vereinbart worden, das Parteiengehör in Bezug auf die weiteren Ermittlungsergebnisse auf schriftlichem Weg zu wahren. In der Folge habe die österreichische Botschaft in Nairobi das Ergebnis der Überprüfungen des Honorarkonsulates in Kinshasa bezüglich der von der Beschwerdeführerin getätigten Angaben übermittelt; das Ermittlungsergebnis sei dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme übermittelt worden. Daraufhin sei von Seiten der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass ihr der Name der in den Unterlagen aufscheinenden Auskunftsperson (eines angeblichen Cousins der Beschwerdeführerin) gänzlich unbekannt wäre. Auch der Name ihres Vaters würde anders lauten. Sie wäre mit einem Faxschreiben benachrichtigt worden, dass ihr Vater gestorben wäre, allerdings wäre sie niemals vom Tod ihrer Mutter informiert worden. Ihr sei nicht bekannt, ob sich ihre Geschwister in der Provinz Kasei-Oriental aufhielten. Ihres Wissens nach wäre die UDPS-Zentrale geschlossen, weshalb es sie verwunderte, dass der Vertrauensanwalt (des österreichischen Honorarkonsuls) in Kinshasa Kontakt zum Sprecher des Generalsekretariates hätte aufnehmen können. Aus diesem Grund habe die Beschwerdeführerin Einsicht in den von der österreichischen Botschaft Nairobi übermittelten Erhebungsbericht nehmen wollen. In der Folge habe ein Vertreter der Caritas am 11. Februar 2000 Akteneinsicht genommen und in weiterer Folge der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin telefonisch um eine weitere Frist zur Stellungnahme ersucht; eine solche Stellungnahme sei jedoch bei der belangten Behörde nicht eingelangt.

Auf Grund der Ersteinvernahme und der ergänzenden Parteieinvernahme im Rahmen der Berufungsverhandlung sowie der eingeholten weiteren Ermittlungsergebnisse werde folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin sei vergewaltigt worden, jedoch könnten von der belangten Behörde die Umstände, die dazu geführt hätten, nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin sei nicht Mitglied der UDPS, auch nicht Sekretärin der Jugendsektion der UDPS. Am 15. November 1996 habe keine Versammlung der UDPS stattgefunden. Die Sekretärin der Jugendsektion der UDPS sei damals Melanie Limbisa gewesen. Daraus ergebe sich, dass die von der Beschwerdeführerin angegebenen Fluchtgründe nicht den Tatsachen entsprächen. Die Angaben zu den Fluchtgründen würden daher der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt.

Die Feststellungen gründeten sich auf das von der österreichischen Botschaft Nairobi übermittelte Ergebnis der Überprüfungen des Honorarkonsulates Kinshasa durch den Vertrauensanwalt. Die Vergewaltigung ergebe sich aus dem von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen erstellten psychiatrischen Gutachten vom 3. März 1999.

Rechtlich folge aus dem festgestellten Sachverhalt, dass die Beschwerdeführerin vorgegeben habe, als Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo infolge ihrer Parteitätigkeit bei der UDPS verfolgt zu werden. Durch die Ermittlungen des Honorarkonsulates Kinshasa habe sich herausgestellt, dass die Beschwerdeführerin diese Tätigkeit nicht ausgeübt habe. Es liege offenbar eine Täuschung der Asylbehörde bzw. ein Missbrauch des Asylverfahrens vor und komme demnach eine asylrelevante Bedrohung der Beschwerdeführerin durch die Demokratische Republik Kongo nicht in Betracht. Ferner sei anzumerken, dass die Beschwerdeführerin das Ermittlungsergebnis betreffend ihre nichtbestandene Parteitätigkeit nicht in Abrede gestellt und lediglich ihre Verwunderung zum Ausdruck gebracht habe, dass der Vertrauensanwalt in Kinshasa Kontakt zum Sprecher des Generalsekretariates habe aufnehmen können, zumal ihres Wissens nach die UDPS-Zentrale geschlossen wäre.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde vorerst darin, dass sie sich mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden in der Beweiswürdigung in keiner Weise auseinander gesetzt habe. Die belangte Behörde stütze die Feststellungen ausschließlich auf den Bericht des österreichischen Konsulates in Kinshasa, der jedoch mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden nicht harmoniere. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, sich auch mit den Urkunden, die von der UDPS stammten und von der Beschwerdeführerin vorgelegt worden seien, auseinander zu setzen. Hätte sie dies getan, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass der Bericht des österreichischen Konsulates in Kinshasa nicht den Tatsachen entspreche und keinesfalls glaubwürdig sei. Es gebe keinen Erfahrungssatz, wonach jede Auskunft einer österreichischen Botschaft bzw. einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland richtig sei, hingegen vorgelegte Urkunden, die dieser Auskunft widersprächen, von vornherein der Glaubwürdigkeit entbehrten. Eine Auseinandersetzung mit den vorgelegten Beweismitteln hätte zumindest im Rahmen der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides erfolgen müssen.

Damit zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Nach den §§ 58 Abs. 2 und 60 iVm § 67 AVG haben Berufungsbescheide eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. In der Bescheidbegründung ist daher in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, das gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete. Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Bescheides führt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2001, Zl. 2000/01/0475, mwN).

Im vorliegenden Fall beschränkte die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung (abgesehen von der Erörterung der von der belangten Behörde geglaubten Vergewaltigung der Beschwerdeführerin) auf den Satz, die Feststellungen gründeten (gemeint: ergäben) sich "aus dem von der Österreichischen Botschaft Nairobi übermittelten Ergebnis der Überprüfungen des Honorarkonsulates Kinshasa durch den Vertrauensanwalt", ohne sich in einer einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglichen Weise auch mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten, die Behauptungen der Beschwerdeführerin untermauernden Urkunden und den umfangreichen Aussagen auseinander zu setzen und zu begründen, weshalb die von ihr bevorzugten Ermittlungsergebnisse trotz aller anderen Beweismittel volle Überzeugung verschaffen konnten.

In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die Stellungnahme des Vertrauensanwaltes einer österreichischen Botschaft im Heimatland des Asylwerbers keinen Beweis durch Sachverständige im Sinn des § 52 AVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung darstellt. Es handelt sich um ein Beweismittel eigener Art, das auf Grund der besonderen Ermittlungsschwierigkeiten im Bezug auf asylrechtlich relevante Sachverhalte im Heimatland des Asylwerbers im Sinn des § 46 AVG geeignet und zweckdienlich sein kann, bei dessen Würdigung aber stets zu berücksichtigen ist, dass die Qualifikation und die Vorgangsweise des Vertrauensanwaltes sich einer Kontrolle weitgehend entziehen und er im Gegensatz zu einem Sachverständigen im Sinn des § 52 AVG auch nicht persönlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Eine Beweiswürdigung, die hierauf nicht Bedacht nimmt, ist fehlerhaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zl. 99/20/0488).

An diesem Begründungsmangel vermögen auch die (nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eingelangten) "weiteren Ermittlungsergebnisse des österreichischen Konsultes in Kinshasa", auf die die belangte Behörde unter Vorlage der Verwaltungsakten verweist, nichts zu ändern.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 12. März 2002

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