VwGH 1555/74

VwGH1555/7421.5.1975

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Strau und die Hofräte Dr. Skorjanec, Kobzina, Dr. Hrdlicka und Dr. Iro als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Korsche, über die Beschwerde des JH in L, vertreten durch Dr. Helmut Ebner, Rechtsanwalt in Villach, Widmanngasse 41, gegen die Bescheide des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie a) vom 22. Juli 1974, Zl. 51.700/16- V/47/74, betreffend die Erteilung einer energiewirtschaftsrechtlichen Bewilligung, und b) vom 7. August 1974, Zl. 51.700/30-V/47/74, betreffend die zwangsweise Einräumung von Dienstbarkeiten (mitbeteiligte Partei: Kärntner Ferngas-Ges.m.b.H. in Klagenfurt, Arnulfplatz 2), zu Recht erkannt:

Normen

EnergiewirtschaftsG 1935 §11 Abs1;
EnergiewirtschaftsG 1935 §2 Abs2;
EnergiewirtschaftsG 1935 §4 Abs2;
VwRallg;
EnergiewirtschaftsG 1935 §11 Abs1;
EnergiewirtschaftsG 1935 §2 Abs2;
EnergiewirtschaftsG 1935 §4 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem mündlich verkündeten Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 22. Juli 1974 wurde der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei für das eingereichte Detailprojekt des Erdgasversorgungssystems Kärnten VI "Finkenstein-Villach Oberes Drautal-Radenthein" auf Grund der Bestimmungen des § 4 Abs. 2 Energiewirtschaftsgesetz, GBlfÖ Nr. 156/1939, der zweiten Verordnung über die Einführung des Energiewirtschaftsrechtes in der Ostmark vom 17. Jänner 1940, DRGBl. I S. 202, der Verordnung vom 27. September 1839, DRGBl. 1939, I S. 1950, GBlfÖ 1381/1939, sowie "im Sinne der übrigen einschlägigen, zu diesem Gesetz ergangenen und derzeit in Geltung stehenden energiewirtschaftsrechtlichen Bestimmungen, Verordnungen und Erlässe, des § 2 des Rechts-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 6/1945, sowie unter Beachtung der §§ 40 ff AVG 1950 idgF" die energiewirtschaftsrechtliche Bewilligung erteilt. Die Leitungstrasse "quert" u.a. Grundparzellen des Beschwerdeführers in der Katastralgemeinde X. Dem im Zuge des Ermittlungsverfahrens vom Beschwerdeführer gestellten Begehren auf Änderung der in Aussicht genommenen Trasse wurde im Rahmen der mit diesem Bescheid vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen teilweise entsprochen. Die über diese Änderung hinausgehenden Abänderungswünsche des Grundeigentümers wurden mit der Begründung abgewiesen, dass diese "weder möglich noch technisch sinnvoll" seien. Wie aus dem Bescheid hervorgeht, wurden "leitungsbautechnische und sicherheitstechnische Gründe" dagegen ins Treffen geführt. Die Entschädigungsforderungen und zivilrechtlichen Einwendungen des Beschwerdeführers wurden u. e. "als nicht verhandlungsgegenständlich" zurückgewiesen.

Da die zwischen der mitbeteiligten Partei einerseits und dem Beschwerdeführer anderseits in der Folge geführten Verhandlungen über die Einräumung der erforderlichen Dienstbarkeitsrechte erfolglos geblieben sind, erließ der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie auf Antrag der Mitbeteiligten den am 7. August 1974 mündlich verkündeten Bescheid, in dem unter Berufung auf den § 11 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes in Verbindung mit Art. 4 der zweiten Verordnung über die Einführung des Energiewirtschaftsrechtes in der Ostmark "weiters in sinngemäßer Anwendung der übrigen zu diesem Gesetz erlassenen Verordnungen, Erlässe und Anweisungen" sowie der Vorschriften des "Eisenbahn-Enteignungsgesetzes vom 18. Februar 1878 in der Fassung des Art. 52 Verwaltungsentlastungsgesetz, BGBl. Nr. 277/1925" sowie in Verbindung mit § 2 des Rechtsüberleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 6/1945, die Entziehung oder Beschränkung von Rechten am Grundeigentum des Beschwerdeführers und zwar an den Grundparzellen 1007/2 Weide, 1007/5 Acker, 1007/3 Weide, 1001/11 Acker und 164 Bauarea, sämtlich Vorgetragene in der Katastralgemeinde X, durch zwangsweise Einräumung nachfolgender Dienstbarkeitsrechte zu Lasten der bezeichneten Grundstücke und zu Gunsten der Erdas-Hochdruckleitung "Finkenstein-Villach-Radenthein" der Mitbeteiligten und deren allfälligen Rechtsnachfolgern für zulässig erklärt wurden. Der Gegenstand der Dienstbarkeiten wurde wie folgt umschrieben:

"a) Auf den eingangs genannten Grundstücken die gegenständliche Erdgas-Hochdruckleitung zu verlegen.

b) Diese Anlage auf den so bezeichneten Grundstücken zu betreiben, zu überprüfen, instandzuhalten, zu erneuern und umzubauen, die diese Arbeit sowie den sicheren Bestand der Anlage hindernden oder gefährdenden Boden- und Pflanzenhindernisse zu entfernen und hiezu diese Grundstücke jederzeit durch die hiefür bestellten Personen zu betreten, über dieselben Baustoffe und Baugeräte an- und abzuliefern, sowie dieselben, soweit notwendig und zweckmäßig, auch mit Fahrzeugen jeder Art zu befahren sowie am Rande dieser Grundstücke Vermarkungssteine zu setzen.

c) Die Kärntner Ferngas-Ges.m.b.H. zeitgerecht von beabsichtigten Arbeiten auf diesen Grundstücken, durch welche die Anlagen der Erdgas-Hochdruckleitung schaden nehmen könnten, zu verständigen, damit diese Gesellschaft eine Schutzaufsicht beistellen kann,

d) auf den genannten Grundstücken, insbesonders auf einem Grundstreifen von 4 m beiderseits der Ferngasleitung ohne ausdrückliche Zustimmung der Ferngasgesellschaft keinerlei Grabungen in Angriff zu nehmen".

Zur Begründung dieses Bescheides wurde u, a. ausgeführt, die Beschreitung des Enteignungsweges sei erforderlich gewesen, weil trotz mehrfacher Vergleichsversuche eine einvernehmliche Einräumung der erforderlichen Rechte wegen der Unvereinbarkeit der auf Grund der gegebenen Sachverhältnisse errechneten und von der Mitbeteiligten angebotenen Entschädigungssätze mit den Forderungen des Beschwerdeführers nicht haben erreicht werden können. In sachlicher Hinsicht habe der Amtssachverständige festgestellt, dass die Einräumung der beantragten Servitutsrechte für die Verwirklichung des Leitungsbauvorhabens unbedingt erforderlich sei.

Dies sei durch einen Lokalaugenschein erhärtet worden, der gleichzeitig ergeben habe, dass durch die Verwirklichung und Baudurchführung des Projektes das Wohnhaus des Beschwerdeführers in keiner Weise beeinträchtigt werde. Die Breite des Dienstbarkeitsstreifens von 4 m beiderseits der Leitungsachse sei, wie das Sachverständigengutachten weiters ergeben habe, für die sichere Erhaltung und den Betrieb der Leitungsanlage unbedingt erforderlich.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Bei Prüfung der Prozessvoraussetzungen hatte der Verwaltungsgerichtshof in Ansehung jener der Wahrung der Beschwerdefrist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer vom Inhalt beider Bescheide am 7. August 1974 Kenntnis erlangt hatte, sodass die am 5. September 1974 zur Post gegebene Beschwerde als fristgerecht eingebracht gilt.

Über die Beschwerde selbst und über die hiezu erstattete Gegenschrift der belangten Behörde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, das Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft spreche von den Energieträgern Elektrizität und Gas. "Wenn das Gesetz anwendbar gewesen wäre", so vermeint der Beschwerdeführer, "hätte nicht der geringste Anlass zu den verschiedenen Gesetzen bestanden, die zur Frage der Versorgung mit Elektrizität seit dem zweiten Weltkrieg erlassen wurden". Der zweite Energieträger, der in dem bezogenen Gesetz erwähnt wird, sei "nicht näher bezeichnet", die Anwendung auf importiertes Erdgas sei nach Meinung des Beschwerdeführers aber unzulässig. Es handle sich um eine Ausnahmegesetzgebung, welche die Enteignung, also die Beschränkung von Privatrechten zulasse. Jede Ausnahmegesetzgebung sei einschränkend auszulegen und schon aus dieser Gesetzeslage heraus ergebe sich die Unmöglichkeit der Anwendung eines Gesetzes auf einen Energieträger, der im Jahre 1935 überhaupt noch nicht maßgebend zur Versorgung beigetragen habe und daher dem Gesetzgeber vom 13. Dezember 1935 auch nicht als Gegenstand des Gesetzes vorgeschwebt sein konnte. Dies umso mehr als die damalige Situation und der Wille des damaligen Gesetzgebers eindeutig dahin gegangen seien, die Versorgung mit inländischer Energie sicherzustellen und nicht "ein weiteres Loch in der Zahlungsbilanz aufzureißen", wie dies durch die "Tendenz" entstehe, der Erdgasversorgung aus dem Ausland den Vorrang vor inländischen Energiequellen zu geben. Man könne daher sagen, dass die Absicht des Gesetzgebers des Jahres 1935 und die Absicht der belangten Behörde "durchaus nicht parallel sondern konträr liegen".

Hätte der österreichische Gesetzgeber die Absicht gehabt, für derartige Anlagen Enteignungsrechte zu ermöglichen, so wäre seit dem Jahre 1969, "dem Entstehen" der mitbeteiligten Partei, dazu Gelegenheit genug gewesen. Es sei auch die durch ganz Österreich laufende Gaslinie ohne Zuhilfenahme von Enteignungen entstanden. Es müsse daher, so vermeint der Beschwerdeführer, der Standpunkt vertreten werden, dass das Rechts-Überleitungsgesetz das Energiewirtschaftsgesetz in die österreichische Rechtsordnung nicht rezipiert habe und dieses daher nicht anwendbar sei.

Beide angefochtenen Bescheide bezeichnen das Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13. Dezember 1935, DRGBl. I S. 1451, GBlfÖ Nr. 156/1939, und die zweite Verordnung über die Einführung des Energiewirtschaftsrechtes in der Ostmark vom 17. Jänner 1940, DRGBl. I S. 202, GBlfÖ Nr. 18/1940, als ihre gesetzliche Grundlage. Es ist daher zu prüfen, ob die berufenen Vorschriften dem Rechtsbestand angehören. Zur Frage der Rezeption dieser Vorschriften in die österreichische Rechtsordnung hat der Verfassungsgerichtshof zu wiederholten Malen, insbesondere in seinem Beschluss, Slg. N. F. Nr. 3640/1959, Stellung genommen. Wie der Verfassungsgerichtshof darin dargelegt hat, fallen das Energiewirtschaftsgesetz und die zweite Verordnung über die Einführung des Energiewirtschaftsrechtes in der Ostmark, soweit ihr Inhalt sich auf die öffentliche Versorgung mit Energie in Form von Gas bezieht, unter die Kompetenztatbestände "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" des Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG bzw.

unter den Kompetenztatbestand " ... sonstige Enteignung, soweit

sie nicht Angelegenheiten betrifft, die in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder fallen" nach Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG. Der Verfassungsgerichtshof hat im Zusammenhang dargetan, dass die bezeichneten - im streitgegenständlichen Verfahren von der Rechtsrüge des Beschwerdeführers umfassten - Bestimmungen (insbesondere der § 11 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes und der Art. 4 der zweiten Einführungsverordnung) als bundesgesetzliche Vorschriften in Geltung stehen, soweit darin die Enteignung für Zwecke der öffentlichen Versorgung mit Gas geregelt wird.

Auch der im Zusammenhang vorgetragene Einwand des Beschwerdeführers, demzufolge das Gesetz die Anwendung auf importiertes Erdgas ausschließe, vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erweisen. So findet man zum einen für diese vom Beschwerdeführer geäußerte restriktive Auffassung im Gesetz keine Anhaltspunkte und zum anderen ist in den Akten gleichermaßen wie in dem angefochtenen Bescheid kein Hinweis darauf festzustellen, dass die Erdgasleitung der Förderung lediglich von Importgas dient. Dementsprechend führt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aus, dass über die streitgegenständliche Ferngasleitung je nach den Lastenerfordernissen des Erdgasverbundnetzes die benötigten Mengen teils aus Speichern (Importgas) und teils aus der heimischen Förderung abgegeben werden.

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat die die Normexistenz betreffende Weitergeltung der bezogenen und von der belangten Behörde angewendeten Vorschriften zu prüfen. Dabei hat er sich ein anderes als das an Hand der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung dargestelltes Ergebnis zu versagen, zumal der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Entschluss des Gesetzgebers betreffend die Erlassung von die Versorgung mit Elektrizität betreffenden Normen noch nichts darüber auszusagen vermag, ob die neu erlassenen Normen, wie der Beschwerdeführer vermeint, mangels Bestehens von Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet erlassen wurden, oder ob die neuen Bestimmungen im derogatorischen Verhältnis zu älteren Vorschriften stehen. Zweifel daran, dass der Begriff der Energiewirtschaft im Sinne dieses Gesetzes die Gasversorgung umfasst, können aber in Hinsicht auf den § 1 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes nicht ernsthaft bestehen. Auf die weitere vom Beschwerdeführer in nicht folgerichtiger Weise mit dem Geltungsgrund der bezogenen Rechtsvorschriften verknüpfte Frage nach der Subsumtionsfähigkeit des vorliegenden Sachverhaltes unter diese Normen wird im folgenden und im entsprechenden Zusammenhang noch einzugehen sein.

Im weiteren Verfolg seiner Rechtsrüge führt der Beschwerdeführer aus, die Enteignung sei nach dem "seiner Gültigkeit nach bestrittenen" Gesetz nur dann möglich, wenn die öffentliche Versorgung in Frage stehe. Der Begriff der öffentlichen Versorgung umfasse die Leistung eines öffentlichen Zwecken dienenden Unternehmens zu Gunsten der Allgemeinheit. Eine öffentliche Versorgung könne also nur dann vorliegen, wenn sie zu Gunsten aller Interessenten erfolge und vom Standpunkt des Lieferanten aus die Verpflichtung mit sich bringe, jedem Interessenten zu gleichen Bedingungen "den begehrten oder zur Verfügung gestellten primären Energieträger zu liefern". Die gegenständliche Leitung sei zumindest in ihrer jetzigen Planung keineswegs eine solche zur öffentlichen Versorgung, da weder eine Verpflichtung der mitbeteiligten Partei bestehe, jeden Interessenten mit Energie zu beliefern, noch alle Interessenten die Möglichkeit oder das Recht haben, Energie aus der gegenständlichen Leitung zu beziehen. Es sei tatsächlich so, dass nur zwei größere Industrieunternehmen versorgt werden, sodass es sich lediglich um eine wirtschaftlich auf etwas höherer Ebene liegende Versorgung von Großbetrieben handle, also genau das Gegenteil von dem, was man in der Regel als öffentliche Versorgung verstehe. Einzelne Industrieunternehmen bevorzugt mit Energie zu versorgen, könne zwar den wirtschaftlichen Interessen der Mitbeteiligten entsprechen, mit öffentlicher Versorgung habe dies aber nichts zu tun. Es handle sich um reine betriebswirtschaftliche Vorteile, die einzelnen Unternehmen zugewendet werden sollen. Die Enteignung für diese Zwecke sei ein Missbrauch gesetzlicher Möglichkeiten.

Auch diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Der mit der Einführung des Energiewirtschaftsgesetzes im Lande Österreich durch die Verordnung DRGBl. I/1939 S. 83, GBlfÖ Nr. 156/1939, 15. Februar 1939 in Kraft gesetzte § 11 dieses Gesetzes wurde durch Art. 4 der zweiten Verordnung über die Einführung des Energiewirtschaftsrechtes in der Ostmark abgeändert. Der § 11 Abs. 1 leg. cit. blieb unberührt, an die Stelle des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle traten die Bestimmungen des Art. 4 der zweiten Einführungverordnung, wonach in Enteignungsverfahren für Zwecke der öffentlichen Energieversorgung die Vorschriften des Eisenbahn-Enteignungsgesetzes, RGBl. Nr. 30/1878, in der Fassung des Art. 52 des Verwaltungsentlastungsgesetzes, BGBl. Nr. 277/1925, mit dem in Art. 52 der zweiten Einführungsverordnung enthaltenen Sonderregelungen Anwendung finden. Diese Bestimmungen gehören, wie schon ausgeführt, als bundesrechtliche Vorschriften dem Rechtsbestand an und sind die Rechtsgrundlage für Enteignungen zum Zwecke der öffentlichen Gasversorgung.

Gemäß den zitierten Rechtsvorschriften hat der Durchführung des Enteignungsverfahrens die Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung durch den Reichswirtschaftsminister (gemäß dem § 2 Abs. 2 des Behörden-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 94/1945, und dem § 2 des Bundesministeriengesetzes 1973, Anlage zu § 2, Teil 2 lit. F Z. 13 durch den Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie) voranzugehen,

Die vom Energiewirtschaftsgesetz in Verbindung mit dem Art. 4 der zweiten Einführungsverordnung für eine Enteignung getroffene Regelung sieht somit zwei Etappen des Verfahrens vor. Dies sind zunächst die Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung durch den Bundesminister und sodann die Durchführung des eigentlichen Enteignungsverfahrens in erster Instanz durch den Landeshauptmann gemäß dem Art. 4 Z. 1 der zweiten Einführungsverordnung in Verbindung mit dem § 4 des Behörden-Überleitungsgesetzes und dem Art. 102 B-VG. In der ersten Phase des Verfahrens wird abschließend über die Frage entschieden, auf die sich die Feststellung nach § 11 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz bezieht, das ist, ob eine öffentliche Energieversorgung vorliegt und inwieweit zu deren Zweck die Enteignung erforderlich ist.

Die Entscheidung dieser Fragen hat der zweite der angefochtenen Bescheide zu seinem Gegenstand. Die belangte Behörde bejaht die rechtserhebliche Tatsache des Vorliegens einer öffentlichen Energieversorgung. Die Richtigkeit dieser Auffassung ist zu überprüfen. Öffentliche Energieversorgung liegt gemäß dem § 2 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes u. a, vor, wenn ein Unternehmen oder ein Betrieb andere mit Gas versorgt. Damit ist von öffentlicher Energieversorgung schon dann zu sprechen, wenn, ein vom Lieferanten verschiedenes Rechtssubjekt versorgt wird.

Dementsprechend weisen auch H. Darge-E. Melchinger-F. Rumpf in:

Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft, 1936, I S. 78 darauf hin, dass dieser Begriff jegliche Form der Energieversorgung außerhalb der Eigenversorgung, somit "jede, auch die nur an einen Nachbarn erfolgende Energieabgabe" umfasst. Damit erwiesen sich die Beschwerdeausführungen, ungeachtet der Tatsache, dass, wie die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides ausführt, die gegenständliche Erdgashochdruckleitung nicht nur der Versorgung einer größeren Anzahl von Kärntner Industriebetrieben, sondern auch der örtlichen Versorgung mit Erdgas im Raume der städtischen und sonstigen Ballungszentren, insbesondere im Bereich des Raumes Villach und später des Raumes Spittal dient, schon aus diesem Grund als nicht zielführend.

Seine Rechtsrüge beschließt der Beschwerdeführer mit der Behauptung, das Gesetz stelle nicht nur die Voraussetzung der öffentlichen Versorgung auf, sondern auch (das weitere Erfordernis), dass diese öffentliche Versorgung notwendig sei. Die Versorgung beider fraglicher Unternehmen mit Energie aber sei gesichert, es ergebe sich aus dem Bescheid eindeutig, dass nicht anderes als eine günstigere Versorgung angestrebt werde. Dies habe aber mit der Notwendigkeit der Versorgung nichts zu tun, betriebswirtschaftliche Vorteile seien kein Kriterium für eine Enteignung.

Auch mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Wie der Gerichtshof im Vorstehenden bereits dargetan hat, hat die nach dem § 11 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes zu treffende Feststellung die Frage zum Gegenstand, ob eine öffentliche Energieversorgung vorliegt, und inwieweit für deren Zwecke die Enteignung erforderlich ist.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte rechtserhebliche Tatsache umfasst sohin schon nach dem Wortlaut des Gesetzes die Erforderlichkeit der Entziehung oder Beschränkung von Grundeigentum oder Rechten an diesen und nicht, wie der Beschwerdeführer rechtsirrig vermeint, das Erfordernis der Energieversorgung.

Bei dieser Rechtslage vermag auch die Verfahrensrüge die Beschwerde nicht zum Ziele führen, in der der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe es unterlassen, Ermittlungen zur Frage anzustellen, inwieweit die streitgegenständliche Erdgasleitung für die Versorgung erforderlich sei, zumal, wie schon ausgeführt, dieser Tatsache Rechtserheblichkeit nicht zukommt.

Damit erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet. Diese war daher gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Der Zuspruch des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am 21. Mai 1975

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