Normen
B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Verfahren gesetzwidrig
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 23.10.1984
BVG Umweltschutz §1
Vlbg Landesverfassung Art7
Vlbg RaumplanungsG §2 Abs2 litb
Vlbg RaumplanungsG §16 Abs5
Vlbg RaumplanungsG §19 Abs6
Vlbg RaumplanungsG §21 Abs1
B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Verfahren gesetzwidrig
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 23.10.1984
BVG Umweltschutz §1
Vlbg Landesverfassung Art7
Vlbg RaumplanungsG §2 Abs2 litb
Vlbg RaumplanungsG §16 Abs5
Vlbg RaumplanungsG §19 Abs6
Vlbg RaumplanungsG §21 Abs1
Spruch:
I. Die von der Vorarlberger Landesregierung mit Bescheid vom 18. April 1985, Z VIIa 310.13, genehmigte Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 23. Oktober 1984 wird, soweit sie für die - bis dahin als "Freifläche-Freihaltegebiet" gewidmet gewesenen - Grundstücke Gpn. 570/3, 570/4 und 594/3, KG Bregenz, die Widmung "Baufläche-Wohngebiet" festlegt, als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. August 1989 in Kraft.
III. Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg stellte (gemäß Art139 B-VG iVm Art148e und 148i Abs2 B-VG und Art58 Abs2 der Vorarlberger Landesverfassung LGBl. 30/1984) den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge den Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Bregenz insoweit als gesetzwidrig aufheben, als mit dem (von der Vorarlberger Landesregierung mit Bescheid vom 18. April 1985, Z VIIa 310.13, gemäß §19 iVm
§21 Abs2 Vorarlberger RaumplanungsG (RPG), LGBl. 15/1973, genehmigten) Beschluß der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 23. Oktober 1984 für die - bis dahin als "Freifläche-Freihaltegebiet" gewidmet gewesenen - Grundstücke Gpn. 570/3, 570/4 und 594/3, KG Bregenz, des "J R" die Widmung "Baufläche-Wohngebiet" festgelegt wurde.
1.1.2. Begründend führte der antragstellende Volksanwalt ua. aus:
". . . Im Rahmen eines Auskunfts- und Beratungsverfahrens . . . gewann der Landesvolksanwalt aus den Darlegungen einschreitender, durch diverse Umstände betroffener Nachbarn der gegenständlichen Grundparzellen den Eindruck, daß die im Zuge der 3. Änderung des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Bregenz erfolgte Umwidmung der Grundstücke Gpn. 570/3, 570/4 und 594/3 der Katastralgemeinde Bregenz von der Widmungskategorie 'Freifläche/Freihaltegebiet . . .' in 'Baufläche/Wohngebiet . . .'
der gebotenen Sachlichkeit entbehre.
Nach §16 Abs. 5 RPG sind als Freihaltegebiete Flächen festzulegen, die Ödland sind oder die im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Landschafts- und Ortsbildes, oder wegen der natürlichen Verhältnisse (Grundwasserstand, Bodenbeschaffenheit, Lawinen, Hochwasser, Vermurungs-, Steinschlag-, Rutschgefahr udgl.) von einer Bebauung freizuhalten sind. Diese demonstrative Aufzählung läßt auch durchaus Aspekte des Naturschutzes als Gründe für die Freihaltung von Bebauung tragfähig erscheinen. Gemäß §13 RPG dürfen als Bauflächen nur bereits bebaute Flächen und Flächen festgelegt werden, die sich aufgrund der natürlichen Verhältnisse für die Bebauung eignen. Die Widmung einer seinerzeit rite gewidmeten Freifläche/Freihaltegebiet stellt bei ungeänderten Verhältnissen somit einen unlösbaren Widerspruch und eine Gesetzwidrigkeit dar.
Die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften sind in einem
natürlichen Tobel (!) - dergestalt auch die Einstufung durch das
Amt der Landeshauptstadt Bregenz in der Note an den
Landesvolksanwalt vom 17. August 1987 . . . - situiert, dessen
unterer Teil ursprünglich als Steinbruch diente. Aus dem von
Univ.Prof. Dr. G in den Jahren 1985 und 86 im Auftrag der
Vorarlberger Landesregierung erstellten Biotopinventar
'Rheintalgemeinden des Bezirkes Bregenz und Dornbirn' geht hervor,
daß das pflanzliche Vorkommen auf den in Rede stehenden Parzellen
als Waldgebiet von nationaler Bedeutung mit dem Vorkommen von mehr
als 100 Pflanzenarten aufgefaßt werden muß . . . Maßgebend für die
ursprünglich beschlossene Widmung 'Freifläche/Freihaltegebiet' war
denn zum einen auch der Umstand, daß das betreffende Gebiet, im
östlichen Teil, bedingt durch einen Felsabbruch und den darüber
befindlichen hohen Baumbewuchs, abgesehen von den Abendstunden
während des Sommers, gänzlich unbesonnt ist und aus diesen Gründen
für eine Überbauung, insbesondere für eine Wohnüberbauung, als
ungünstig angesehen wurde, und zum anderen, daß unter Einbeziehung
des Bachverlaufes ein durchaus in sich abgeschlossenes
Landschaftsbild erkannt wurde . . . Unter Bezugnahme auf §16
Abs5 iZm §13 Abs1 RPG war nach Dafürhalten des
Landesvolksanwaltes die vormalige Widmung als Freihaltegebiet daher
auch nach Maßgabe der Planungsgrundlagen sachlich geboten und
richtig. Verstärkung finden die Bedenken gegen die Sachgemäßheit
der angefochtenen Umwidmung auch in den Ausführungen des dem
raumordnungsrechtlichen Verfahren beigezogenen geologischen
Amtssachverständigen, der in seinem Gutachten die Umwidmung unter
Auflagen wohl noch gerade für vertretbar hält, jedoch eine
Gefährdung von Personen und Sachen unter keinen Umständen
auszuschließen vermag . . .
Für die von der Stadtvertretung von Bregenz beschlossene und von der Vorarlberger Landesregierung genehmigte Änderung des antragsgegenständlichen Teiles des Flächenwidmungsplanes von Bregenz ist auf beiden Ebenen nicht einmal im Ansatz versucht worden, einen von §21 Abs1 (RPG) unabdingbar geforderten wichtigen Grund nachzuweisen. In dem vom Landesvolksanwalt eingesehenen Verwaltungsakt über die Erlassung der den Flächenwidmungsplan ändernden Verordnung findet sich zu dieser essentiellen Frage keine einzige Erwägung, es fehlt daher an der Nachvollziehbarkeit des dem Legalitätsprinzip unterliegenden Verwaltungshandelns. Das Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes belastet die getroffene Maßnahmen mit weiterer Gesetzwidrigkeit.
Aus einer Gesamtschau aller Fakten läßt sich unschwer ersehen, daß die von vornherein gegebenen Widmungsprämissen für eine Auszeichnung als 'Freifläche' bis heute keine substantielle Veränderung erfahren haben, vielmehr neue Momente hinzugetreten sind, welche die Sachlichkeit der ursprünglichen Widmung eindrucksvoll bestätigen. In Ermangelung hinreichender sachlicher Gründe ist die angefochtene Umwidmung mithin gesetzwidrig und der Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Bregenz idF der
3. Änderung deshalb in angefochtenem Umfang mit Rechtswidrigkeit belastet . . . "
1.2. Die Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz verteidigte - in einer schriftlichen Stellungnahme - die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung mit folgenden Argumenten:
"Die städtischen Organe haben sich mehrfach mit dem
Änderungsvorschlag für die gegenständlichen Liegenschaften (des
J R) befaßt und dem Änderungsvorschlag unter Beachtung der
Raumplanungsziele (§2 RPG) und Auflagen, die im Bauverfahren zu
berücksichtigen sind, entsprochen. Die Auflagen verpflichten den
Eigentümer, die Vegetationsflächen unmittelbar entlang des Baches
und des Felsabbruches zu erhalten. Obwohl das RPG den Eigentümern
von Nachbarliegenschaften keine Parteistellung zuerkennt, hat die
Landeshauptstadt Bregenz . . . die sechs betroffenen Anrainer über
die beabsichtigte Widmungsänderung informiert und um eine Äußerung
ersucht. Drei der betroffenen Anrainer haben sich gegen eine
Widmungsänderung ausgesprochen. Die Stellungnahmen der Anrainer
wurden an den geologischen Amtssachverständigen des Amtes der
Vorarlberger Landesregierung mit dem Ersuchen übermittelt, ein
Gutachten zu erstellen. Der Amtssachverständige gelangt in seinem
Gutachten zur Auffassung, daß durch geeignete Maßnahmen und
Auflagen im baubehördlichen Verfahren einer Umwidmung zugestimmt
werden kann. Da keine Gründe mehr dagegen sprachen, hat die
Stadtvertretung die Umwidmung beschlossen und nach deren
Genehmigung durch die Vorarlberger Landesregierung . . . (J) R über
die Genehmigung seines Änderungsvorschlages unter Hinweis auf die Auflagen und unter Beifügung des Gutachtens des geologischen Amtssachverständigen informiert.
Das Biotopinventar Vorarlberg des Univ.Prof. Mag.Dr. G G liegt
im Amt auf und ist den städtischen Organen bekannt. Prof. G
bezeichnet die Westseite des Pfänderstockes in einem Ausmaß von ca.
100 ha als Großraum-Biotop, wobei die westliche Grenze dieses
Großraum-Biotopes . . . östlich der gegenständlichen Liegenschaft
liegt. Die Liegenschaften R liegen nicht in diesem Großraumbiotop.
Nach §3 RPG ist eine Interessenabwägung bei der Planung zu berücksichtigen. In diese Interessenabwägung fällt auch die Schaffung der räumlichen Voraussetzungen für Wohnbedingungen. Das Ortsgebiet der Landeshaupstadt Bregenz ist durch natürliche Grenzen - Massiv des Pfänderstockes, Bodensee und Bregenzerach - eingeengt. Diese Einschränkung wirkt sich auch auf die Vorsorge für die weitere, wirtschaftliche Entwicklung der Stadt aus; dazu zählen auch Bauflächen iS der Bestimmungen des RPG.
Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus den Bestimmungen des Landschaftsschutzgesetzes, nach welchen innerhalb einer 500 m-Zone entlang des unverbauten Seeufers Baubewilligungen nur in Ausnahmefällen erteilt werden dürfen. Bei der Beschlußfassung über den Flächenwidmungsplan wurde auf den hohen Freizeit- und Wohnwert für die Wohnbevölkerung Bedacht genommen und alle größeren, zusammenhängenden Flächen im see- und bergnahen Bereich mit 'Freifläche-Landwirtschaftsgebiet' oder 'Freifläche-Freihaltegebiet' gewidmet. Überall dort, wo nach Ansicht der städtischen Organe diese Einschränkung ohne wesentliche, störende Eingriffe auf das Landschafts- und Ortsbild gelockert werden kann und die formal-rechtlichen Voraussetzungen des RPG zutreffen, werden Änderungsvorschläge grundsätzlich positiv befürwortet.
Diese Voraussetzungen treffen auch für eine Teilfläche der gegenständlichen Liegenschaften in einem Flächenausmaß von ca.
2.500 m2 zu; das Gesamtausmaß der Liegenschaften beträgt ca.
5.138 m2. Der §21 Abs1 RPG nennt als Voraussetzung für die Änderung des Flächenwidmungsplanes wichtige Gründe, die aber im Gesetz weder taxativ noch demonstrativ aufgezählt sind. Der Flächenwidmungsplan ist ein regulatives Instrument, das iS der Bestimmungen des §2 Abs1 RPG das Ziel haben soll, den Raum zu nutzen und zu gestalten. Diese Zielsetzungen der Raumplanung, auf den Flächenwidmungsplan übertragen, bedeuten eine Ordnung und Gliederung der Flächen innerhalb eines Gemeindegebietes unter Bedachtnahme der Gegebenheiten der Landschaft und der Entwicklungsziele nach den Widmungskategorien des RPG.
Für die Landeshauptstadt Bregenz ist die Frage der Wohnraumbeschaffenheit und somit die Widmung von entsprechenden Baugrundstücken im Hinblick auf die bereits aufgezeigte Begrenztheit von besonderer Bedeutung, sodaß bei Abwägung aller für die Raumplanung maßgebenden Interessen im gegenständlichen Fall die Umwidmung iS des §21 RPG befürwortet werden konnte."
1.3. Auch die Vorarlberger Landesregierung gab eine schriftliche Äußerung ab, in der sie für die Abweisung des Antrags des Landesvolksanwalts eintrat und ua. ausführte:
". . . Die Bestimmung des §21 Abs1 RPG soll - ebenso wie die vergleichbaren Regelungen anderer Bundesländer - der Rechtssicherheit dienen, indem das Vertrauen des Rechtsunterworfenen auf die Bestandskraft eines Flächenwidmungsplanes geschützt wird und vom Verordnungsgeber der Zeitpunkt für die Durchführung einer Umwidmung nicht willkürlich gewählt werden kann.
Derartige Erwägungen spielen jedoch dann nur eine untergeordnete Rolle, wenn durch die Umwidmung ohnehin den Interessen des Rechtsunterworfenen entgegengekommen wird, wie dies im vorliegenden Fall zutraf.
Unter diesen Umständen ergibt sich daher, daß, wenn die übrigen Voraussetzungen für die Änderung des Flächenwidmungsplanes erfüllt sind, an die 'wichtigen Gründe' weniger strenge Voraussetzungen anzulegen sind, als dies der Fall wäre, wenn durch eine Umwidmung die Interessen des direkt Betroffenen beeinträchtigt würden.
Die Motive der Landeshauptstadt Bregenz für die Änderung des Flächenwidmungsplanes ergeben sich aus dem der Beschwerde (dem Antrag) des Landesvolksanwaltes angeschlossenen Schreiben der Landeshauptstadt Bregenz vom 17. August 1987 . . ., in welchem ausgeführt wird, daß das Fehlen einer geordneten Abwasserbeseitigung nach §13 Abs2 litb iVm §13 Abs4 RPG ein maßgeblicher Grund für die ursprüngliche Widmung der betroffenen Grundflächen als Freifläche-Freihaltegebiet war. Dieser Grund ist nach der entsprechenden Erschließung dieses Gebietes weggefallen.
Ergänzend dazu wird angeführt, daß als Freihaltegebiet gemäß §16 Abs5 jene Flächen festzulegen sind, die im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Landschafts- und Ortsbildes oder wegen der natürlichen Verhältnisse (Grundwasserstand, Bodenbeschaffenheit, Lawinen-, Hochwasser-, Vermurungs-, Steinschlag-, Rutschgefahr udgl.) von einer Bebauung freizuhalten sind.
Nach Auffassung der Vorarlberger Landesregierung kann auch in dem Umstand, daß für eine bestehende Widmung (wie im vorliegenden Fall als Freifläche-Freihaltegebiet) in Wahrheit die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen (Freihaltung im öffentlichen Interesse) fehlen, ein wichtiger Grund für die Änderung des Flächenwidmungsplanes iS des §21 Abs1 RPG erblickt werden. Dies umso mehr, als auch das von der Vorarlberger Landesregierung durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben hat, daß eine Eignung der gegenständlichen Grundflächen für die Bebauung unter Einhaltung technisch möglicher und wirtschaftlich vertretbarer Auflagen gegeben ist.
Gemäß §13 Abs2 lita RPG dürfen als Bauflächen jene Flächen nicht gewidmet werden, die sich wegen der natürlichen Verhältnisse für eine zweckmäßige Bebauung nicht eignen, es sei denn, daß Maßnahmen zur Abwehr solcher Gefahren technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar sind.
Zwecks Beurteilung der Eignung der gegenständlichen Grundflächen zur Bebauung ist von der Landesregierung im Verfahren über den Antrag der Landeshauptstadt Bregenz auf Genehmigung der Widmungsänderung ein Gutachten des Amtssachverständigen für Geologie eingeholt worden.
Der Amtssachverständige gelangte in seinem Gutachten vom 15. März 1985 . . . zu folgender Beurteilung:
'Eine Gefährdung der Gpn. 570/3, 570/4 sowie 594/3 ist aus geologischer Sicht nur am Südrand durch fallende Steine, aus hydrologischer Sicht nur am Nordrand durch Erosionsangriff des Steinenbaches möglich. Beide Gefährdungsbereiche können aber durch Maßnahmen abgesichert bzw. von Bebauung freigehalten werden.'
Der Amtssachverständige schlug dabei folgende Auflagen vor:
'a) Am Südrand der Grundparzellen ist ein 5 m breiter Streifen, gemessen vom derzeitigen Fuß der Schutthalde, auf der gesamten Länge von 110 m von Bebauung freizuhalten. Das heißt, der Abstand Felswand-Gebäude wird zwischen 8 m und 10 m betragen.
b) In diesem freizuhaltenden Streifen sind die aus der Felswand bzw. über die Felswand fließenden, bereits gesammelten Wässer in einem wasserdichten, aber offenen und damit leicht pflegezugänglichen Gerinne in den Steinenbach abzuleiten.
c) An der Ostgrenze der Gp. 594/3 ist ein mindestens 10 m breiter Streifen von Bebauung freizuhalten.
d) An der Grenze zum Steinenbach ist von der Böschungsoberkante ein mindestens 6 m breiter Streifen von Bebauung freizuhalten. Über diesen Bereich könnten allfällige Zufahrtsstraßen zu den geplanten Objekten führen. Der Abstand Böschungsoberkante-Straßenrand soll mindestens 2 m betragen.
Im Zuge des Bauverfahrens sollten von einem Fachmann Vorschläge über Uferbefestigungsmaßnahmen entlang des Steinenbaches erarbeitet werden. Hierbei ist einer Lebendverbauung, wie sie derzeit bereits teilweise besteht und sich auch bewährt hat, bzw. einer Kombination aus Lebendverbauung und großen Vorgrundsteinen der Vorzug vor einer künstlichen Verbauung zu geben.
e) Ost- bzw. südseits von Bauobjekten sind entlang der Grundmauern Drainageleitungen in Sickerschlitzen anzulegen. Die Sickerschlitze sind mit sickerfähigem Material bis zur Geländeoberfläche aufzufüllen.
f) Sollen die Grundparzellen für eine Bebauung entweder durch Materialaufschüttung oder durch Materialausgleich vorbereitet werden, so sind aus Gründen der Setzung des Lockermaterials die Grundmauern im unterliegenden Fels zu gründen, anderenfalls sind fachliche Auskünfte eines Statikers einzuholen.
g) Die Tagwässer von Dächern sowie befestigten Flächen wie Zufahrten, Abstellplätzen, sind wasserdicht in den Steinenbach abzuleiten. Abwässer dürfen nicht versickert werden.
h) Das wasserführende Gerinne, das die Grundparzellen quert, ist ebenfalls offen und wasserdicht in den Steinenbach abzuführen. Eine Führung zwischen Felswand und Gebäuden ist denkbar.'
Nach Auffassung der Landesregierung sind die im . . . Gutachten vorgeschlagenen Auflagen, die in einem allfälligen Baubescheid zu erteilen wären, sowohl technisch möglich als auch wirtschaftlich vertretbar, weshalb einer Genehmigung der Umwidmung die Bestimmung des §13 Abs2 lita RPG nicht entgegenstand.
Während des Ermittlungsverfahrens haben sich auch keine Hinweise auf das Vorliegen der weiteren im §13 Abs2 RPG enthaltenen negativen Tatbestandsvoraussetzungen ergeben.
Angesichts der tatsächlichen Lage und Beschaffenheit der
gegenständlichen Grundflächen haben sich für die Vorarlberger
Landesregierung keine wesentlichen Bedenken im Hinblick auf die zu
wahrenden Interessen des Umweltschutzes (§2 Abs2 litb sowie
§19 Abs6 litb RPG) ergeben. . .
Die Vorarlberger Landesregierung vermag eine Rechtswidrigkeit
des Flächenwidmungsplanes Bregenz nicht zu erblicken . . ."
2. Über den Antrag wurde erwogen:
2.1.1. Die Legitimation des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg zur Antragstellung ergibt sich aus Art58 Abs2 Vorarlberger Landesverfassung, LGBl. 30/1984, und Art148i Abs2 B-VG iVm Art148e B-VG (vgl. VfGH 25.9.1986 V49/86, 5.3.1987 V48/86, 30.9.1987 V17/87, 1.12.1988 V18/88).
2.1.2. Der Antrag richtet sich (gemäß §57 Abs1 Satz 1 VerfGG 1953) gegen bestimmte Stellen, und zwar hinreichend konkret bezeichnete Partien eines Flächenwidmungsplanes, demnach gegen abtrennbare Teile einer Verordnung iS des Art139 B-VG (vgl. VfSlg. 8280/1978, 10.910/1986 uam.; s. auch VfGH 30.9.1987 V17/87, 1.12.1988 V18/88).
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist der Antrag zulässig.
2.2.1. Der angefochtene (von der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz am 23. Oktober 1984 als 3. Änderung beschlossene) Teil des in Rede stehenden Flächenwidmungsplans normiert für die Grundstücke Gpn. 570/3, 570/4 und 594/3 an Stelle der Widmung "Freifläche" (§16 RPG) die Widmung "Baufläche" (§13 RPG). Damit kam es zu einer Änderung des Flächenwidmungsplans, die nach §21 Abs1 Satz 1 RPG "nur aus wichtigen Gründen" zulässig ist (: "Der Flächenwidmungsplan darf nur aus wichtigen Gründen geändert werden").
Der Landesvolksanwalt macht vor allem geltend, daß es hier an solchen Gründen gefehlt habe, die Planänderung also gesetzwidrig gewesen sei.
2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof pflichtet dieser Rechtsauffassung bei.
Ein Flächenwidmungsplan "darf" nach §21 Abs1 Satz 1 RPG "nur aus wichtigen Gründen geändert werden". Er "ist" zu ändern "a) bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder b) bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse" (§21 Abs1 Satz 2 RPG). Das Gesetz verleiht damit Flächenwidmungsplänen im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich (erhöhte) Bestandskraft, indem es Änderungen nur unter bestimmt umschriebenen Voraussetzungen vorsieht und gestattet: Die gesetzlichen Änderungsbedingungen teilen sich in solche, die den Verordnungsgeber zur Abänderung zwingen (arg. "ist" - §21 Abs1 Satz 2 RPG), und andere, die eine derartige Maßnahme nicht notwendig erfordern, sondern seinem pflichtgemäßen freien Ermessen überlassen (arg. "darf" - §21 Abs1 Satz 1 RPG). Die in §21 Abs1 Satz 1 RPG festgeschriebenen "wichtigen Gründe", deren Vorliegen den Normsetzer zur Planänderung zwar nicht verpflichten, wohl aber berechtigen, können etwa in einer Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse erblickt werden, die graduell nicht als geradezu "wesentlich", also besonders schwerwiegend, einzustufen sind. (Handelte es sich um eine "wesentliche" Änderung dieser Art, lägen nämlich die gesondert geregelten Voraussetzungen einer obligatorischen Planänderung (iS des §21 Abs1 Satz 2 RPG) vor.)
Der Verordnungsgeber sah hier die Voraussetzungen des §21 Abs1 Satz 1 RPG, nämlich das Vorliegen "wichtiger Gründe", erkennbar vor allem deswegen als erfüllt an, weil - wie aus vorgelegten Administrativakten hervorgeht - nach der ursprünglichen Einstufung der in Rede stehenden Grundstücke
(: "Freifläche-Freihaltegebiet") in der Steinbruchgasse eine öffentliche Kanalisationseinrichtung geschaffen, die Grundflächen also in dieser Beziehung iS des §4 Vlbg. BauG, LGBl. 39/1972, erschlossen wurden. Darin wurde - ersichtlich - ein raumplanerisch bedeutsamer Umstand erblickt, der zur strittigen (partiellen) Änderung des Flächenwidmungsplans berechtige.
Die Frage, ob hier eine Planänderung rechtfertigende "wichtige Gründe" gegeben sind, konnte und durfte der Normsetzer aber - aus dieser bloß punktuellen Sicht - auf dem Boden der ihm zur Verfügung stehenden mangelhaften und unzulänglichen Entscheidungsgrundlagen nicht abschließend beantworten (vgl. VfSlg. 8280/1978, 8330/1978, 9361/1982, 9823/1983; VfGH 5.3.1988 B890/86):
Der Landesvolksanwalt brachte nämlich im Normenprüfungsverfahren ua. vor, daß die in Rede stehende Liegenschaft in einem natürlichen Tobel liege und angesichts des dortigen pflanzlichen Vorkommens als Waldgebiet von nationaler Bedeutung gelten müsse. Die Vorarlberger Landesregierung räumte ein, daß sich die Grundflächen zumindest am äußersten Rand eines Biotops befinden, soweit sie davon überhaupt erfaßt werden. Die Landesregierung gab ferner zu bedenken, daß die zum Biotop (Pfänder-Westseite) vorhandenen Unterlagen eine parzellenscharfe Abgrenzung des schützenswerten Bereichs nicht zulassen. Sie selbst zog zwar im Zuge des Genehmigungsverfahrens nach §19 Abs6 iVm §21 RPG einen Sachverständigen (für Geologie) bei, jedoch zur "Beurteilung der Eignung der . . . Grundflächen zur Bebauung". Gutachten zu Umwelt- und Landschaftsschutzaspekten fehlen hier. Ihre Einholung war aber im konkreten Fall (vgl. auch §16 Abs5, §2 Abs2 litb iVm §19 Abs6 litb RPG) unerläßlich und geboten, wenn bedacht wird, daß das Land nach dem - mit "Ziele und Grundsätze des staatlichen Handelns" überschriebenen - Art. 7 der Vorarlberger Landesverfassung, LGBl. 30/1984, Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, insbesondere (auch) zum Schutz der Natur und der Landschaft, fördert (s. §1 Abs1 des BVG vom 27. November 1984, BGBl. 491/1984, über das Bekenntnis der Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) zum umfassenden Umweltschutz - s. VfSlg. 10.791/1986, VfGH 11.3.1987 G169/86, V70/85) und daß die Norm des §2 Abs2 litb RPG den Schutz der Umwelt, namentlich durch möglichste Schonung des Naturhaushaltes und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen als eigenes Raumplanungsziel statuiert (vgl. auch §19 Abs6 litb RPG: Die Landesregierung hat die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes zu versagen, wenn "überörtliche Interessen, insbesondere solche des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes, verletzt" würden).
2.3. Dem Antrag des Volksanwalts war daher vollinhaltlich stattzugeben und die Verordnung in dem in Punkt I. des Spruches bezeichneten Umfang als gesetzwidrig aufzuheben.
Die übrigen, das Inkrafttreten der Normaufhebung und die Kundmachungspflicht verfügenden Aussprüche beruhen auf Art139 Abs5 B-VG (Punkte II. und III. des Spruches).
2.4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
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