Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsmaßstab
B-VG Art140 Abs5
KapitalverkehrsteuerG §2 Z1 und Z2
StrukturverbesserungsG
UStG 1972 §6 Z10
UStG 1972 §6 Z9 litb
UStG 1972 §12 Abs10, Abs11, Abs12
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsmaßstab
B-VG Art140 Abs5
KapitalverkehrsteuerG §2 Z1 und Z2
StrukturverbesserungsG
UStG 1972 §6 Z10
UStG 1972 §6 Z9 litb
UStG 1972 §12 Abs10, Abs11, Abs12
Spruch:
Die Worte "die Umsätze, die unter das Kapitalverkehrsteuergesetz, Teil I (Gesellschaftsteuer), fallen, und" im §6 Z9 litb des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1984 in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Zu G90/83:
Die Bf. zu B4/79 war Alleininhaberin eines im Handelsregister eingetragenen Einzelunternehmens. Mit Gesellschaftsvertrag vom 25. Juni 1975 beteiligte sich die Bf. als Kommanditistin an einer KG, deren alleinige persönlich haftende Gesellschafterin eine GesmbH mit beschränkter Haftung ist. Das Einzelunternehmen der Bf. wurde mit Wirksamkeit vom Jänner 1975 gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht.
Bei der Veranlagung der Bf. zur Umsatzsteuer für das Jahr 1975 behandelte das Finanzamt die Einbringung des Einzelunternehmens als Geschäftsveräußerung im ganzen iS des §4 Abs7 UStG 1972, wobei die Gesamtsumme der von der KG übernommenen Verbindlichkeiten des Einzelunternehmens und der Wert des Gesellschaftsrechtes der Kommanditistin als ein Entgelt für die eingebrachten Besitzposten angesehen wurde. Der Übertragungsvorgang wurde insoweit als umsatzsteuerpflichtig behandelt, als nicht die Befreiungsvorschriften des §6 Z8 UStG 1972 hinsichtlich der Übertragung des Barvermögens, der Forderungen, Wertpapiere und Beteiligungen und §6 Z9 litb UStG 1972 hinsichtlich der Gewährung von Gesellschaftsrechten an der KG Anwendung fanden. Die mit dem eingebrachten Umlaufvermögen im Zusammenhang stehenden Vorsteuern wurden unter Anwendung des §12 Abs11 UStG 1972 hinsichtlich des Teilbetrages des Einbringungsvorganges, der gemäß §6 Z9 litb UStG 1972 unecht umsatzsteuerfrei ist, berichtigt. (Die mit den eingebrachten Warenvorräten zusammenhängende Vorsteuer im Betrage von 203696,58 S wurde mit einem Betrage von 82802,66 S als nicht abziehbar erklärt.)
Die gegen den Bescheid des Finanzamtes erhobene Berufung wurde von der Finanzlandesdirektion für Ktn. mit Bescheid vom 28. November 1978 als unbegründet abgewiesen.
Bei der Beratung über diese Beschwerde sind beim VfGH Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der im Spruch genannten Worte im §6 Z9 litb UStG 1972 entstanden. Der VfGH hat daher gemäß Art140 Abs1 B-VG am 2. Dezember 1983, B4/79-12, beschlossen, diese Gesetzesstelle von Amts wegen zu prüfen (G90/83).
2. Zu G106/84:
Der Bf. zu B76/80 war Alleininhaber einer im Handelsregister unter der Firma 'M B KG & CO.' (mit dem Sitz P) eingetragenen Strickwarenfabrik. Mit Gesellschaftsvertrag vom 10. September 1974 gründete er zusammen mit der in M ansässigen GesmbH & Co KG 'B KG & Co.' (bestehend aus zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung) eine KG, in die der Bf. gegen Gewährung einer Kommanditbeteiligung in Höhe von 8 Millionen Schilling sein Einzelunternehmen samt Aktiven und Passiven einbrachte. Die KG - eine sogenannte "doppelstöckige" GesmbH & Co. KG (bestehend aus einer GesmbH & Co. KG als Komplementär ohne Einlage und F B als Kommanditist mit einer Einlage von 8 Millionen Schilling) - führt die Firma des bisherigen Einzelunternehmens fort.
Nachdem der Bf. aus der Einbringung seines Unternehmens in die neue KG keine umsatzsteuerlichen Folgerungen zog, kam es 1978 nach einer Betriebsprüfung zur Berichtigung der an den Bf. bereits ergangenen Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1973 und 1974. Im berichtigten Umsatzsteuerbescheid 1974 behandelte das Finanzamt die Einbringung des Unternehmens in die neugegründete KG als steuerbaren Umsatz iS des §1 Abs1 Z1 UStG 1972, nämlich als Geschäftsveräußerung im ganzen (§4 Abs7: Bemessungsgrundlage ist das Entgelt für die auf den Erwerber übertragenen Gegenstände und Rechte - Besitzposten -, die Befreiungsvorschriften bleiben unberührt und übernommene Schulden können nicht abgezogen werden). Soweit die Gegenleistung für die Einbringung des Unternehmens des Bf. in die neu gegründete KG in der Übernahme von Schulden bestand, behandelte die Behörde den Umsatz als steuerpflichtig, soweit sie aber in der Gewährung von Gesellschaftsrechten bestand, als unecht umsatzsteuerfrei nach §6 Z9 litb UStG, da sie den Erwerb des Kommanditanteiles des Bf. an der neuen KG als einen iS des §6 Abs1 Z4 KVG kapitalverkehrsteuerpflichtigen Vorgang beurteilte. Sie unterwarf den nicht umsatzsteuerfreien Teil der Umsatzsteuer und anerkannte nur in diesem Ausmaß einerseits die mit den eingebrachten Warenvorräten zusammenhängenden Vorsteuern andererseits einen Kürzungsbetrag für der Selbstbrauchsteuer unterliegende eingebrachte Anschaffungen (§29 Abs10 UStG). Der gegen die Umsatzsteuerbescheide erhobenen Berufung gab die Finanzlandesdirektion für 1973 Folge, für 1974 aber nur insoweit, als sie den Wertanteil des Gesellschaftsrechtes am Gesamtwert der Gegenleistung mit 48, 82 vH (Finanzamt 48,38 vH) festsetzte, wodurch sich eine Umsatzsteuer in Höhe von 1431070 S (statt 2009796 S) ergab. (Die mit den eingebrachten Warenvorräten zusammenhängende Vorsteuer von 1547537,89 S wurde mit einem Betrage von 404681,67 S als nicht abziehbar erklärt.)
Mit Beschluß vom 5. März 1984, B76/80-9, hat der VfGH beschlossen, auch in diesem Verfahren die im Spruch genannten Worte des §6 Z9 litb UStG 1972 von Amts wegen zu prüfen (G106/84).
3. Gegen die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle hat der VfGH das Bedenken, daß sie mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz in Widerspruch steht. Seine Bedenken hat der VfGH wie folgt dargestellt:
"a) Die vorliegende Einbringung eines Einzelunternehmens in eine KG ist gemäß §6 Abs1 Z4 KVG kapitalverkehrsteuerpflichtig, da zu den persönlich haftenden Gesellschaftern der KG eine Kapitalgesellschaft gehört (im folgenden hier kurz GesmbH & Co KG genannt). Gleichzeitig liegt in der Einbringung von Sachwerten in eine Gesellschaft gegen Einräumung von Gesellschaftsrechten umsatzsteuerlich ein steuerbarer Leistungsaustausch (tauschähnlicher Umsatz im Sinne des §3 Abs14 UStG 1972) vor, sofern in eine Gesellschaft eingebracht, liegt eine Geschäftsveräußerung im ganzen im Sinne des §4 Abs7 UStG 1972 vor. Um die für solche und ähnliche Vorgänge auftretende doppelte steuerliche Belastung mit Kapitalverkehrsteuer für die Kapitalgesellschaft (hier:
GesmbH & Co KG) und Umsatzsteuer für den Ersterwerber von Gesellschaftsrechten an einer Kapitalgesellschaft (hier: GesmbH & Co KG) zu verhindern, hat der Umsatzsteuergesetzgeber im §6 Z9 litb erster Halbsatz UStG 1972 eine sogenannte unechte Umsatzsteuerbefreiung normiert (vgl. RV 145 BlgNR 13. GP, S 30). Die vorliegende Einbringung des Unternehmens in die GesmbH & Co KG war für die Beschwerdeführerin somit zwar nicht umsatzsteuerpflichtig, sie verlor aber insoweit als die Gegenleistung der GesmbH & Co KG in der Gewährung von Gesellschaftsrechten und nicht in der Übernahme von Schulden bestand, gemäß §12 Abs3 iVm §12 Abs11 UStG 1972 früher bereits geltend gemachte Vorsteuerabzüge, die sich aus den vom Einzelunternehmen in die GesmbH & Co KG eingebrachten Warenvorräten ergeben hatten. Dem VfGH erscheint nun aber vorerst das Mittel des Gesetzgebers, um das ohne Zweifel zulässige Ziel der Verhinderung der doppelten steuerlichen Belastung ein und desselben Vorganges zu erreichen, bedenklich (vgl. VfGH v 28. 2. 1983 G123/81 u.a.).
Es tritt für den in Frage stehenden Vorgang zwar an die Stelle der grundsätzlich 18prozentigen Umsatzsteuerbelastung die scheinar wesentlich geringere 2 prozentige Kapitalverkehrsteuerbelastung. Die Verhinderung der doppelten steuerlichen Belastung wird daher nicht nur beseitigt, sondern die getroffene Regelung bewirkt scheinbar sogar eine Begünstigung. Diese Begünstigung wird aber - so erscheint es vorerst dem VfGH, wie es auch der vorliegende Fall besonders kraß zeigt - in jenen Fällen, in denen bei dem umsatzsteuerbefreiten Umsatz Vorsteuern angefallen sind, u.U. weit übertroffen durch den Nachteil des nachträglichen Verlustes des Vorsteuerabzuges für bisher getätigte, umsatzsteuerpflichtige Aufwendungen des einbringenden Unternehmers, der für die Einbringung Gesellschaftsrechte erwirbt. Diese Begünstigung in Form einer niedrigeren Besteuerung eines ansonst doppelt besteuerten Vorganges bzw. keiner Besteuerung des das Unternehmen in die Gesellschaft Einbringenden, da ja grundsätzlich kapitalverkehrsteuerpflichtig die Kapitalgesellschaft (im vorliegenden Fall die GesmbH & Co KG) ist, erscheint nun nicht die generelle und völlig undifferenzierte Versagung des Vorsteuerabzuges in solchen Fällen auf seiten des normalerweise umsatzsteuerpflichtigen und vorsteuerabzugsberechtigten, die Sacheinlage in die Gesellschaft einbringenden Unternehmers zu rechtfertigen. Diese unechte Umsatzsteuerbefreiung scheint in Fällen, die mit dem Verlust hoher Vorsteuerbeträge einhergehen, vielmehr wettbewerbsverzerrend zu wirken und damit dem Grundprinzip des heute geltenden Mehrwertsteuersystems, nämlich der Wettbewerbsneutralität des Systems, zu widersprechen. So führte die RV selbst bei Einführung des neuen Mehrwertsteuersystems zu den in diesem System grundsätzlich einen Fremdkörper darstellenden Befreiungen wie folgt aus (RV 145 BlgNR 13. GP, S 22):
'Jede Befreiung und besondere Regelung für irgendwelche Tatbestände, die der normalen Besteuerung nicht entsprechen, sind im Rahmen eines Steuersystems grundsätzlich ein Fremdkörper. Insbesondere die Mehrwertsteuer ist wie kaum eine andere Steuerform gegen jede Art von Ausnahmeregelung allergisch. Das ergibt sich zwangsläufig aus ihrer Systematik, deren Zweck es ist, innerhalb der Unternehmerkette durch die Technik des Vorsteuerabzuges eine umsatzsteuerliche Belastung und damit verbunden eine kumulative Wirkung zu vermeiden und die Steuerbelastung erst auf der Letztverbraucherstufe wirksam werden zu lassen. Der Fremdkörper 'Befreiung' oder 'Sonderregelung' muß daher bei einer Mehrwertsteuer besonders vorsichtig gehandhabt werden, wenn er nicht das ganze Steuersystem so durchlöchern soll, daß es ungenügend und nicht mehr praktikabel wird. Die naheliegende Folge solcher Überlegungen wäre die Verweigerung jeglicher Befreiung oder Sonderregelung, doch darf nicht verkannt werden, daß wichtige Gründe für die Sonderbehandlung gewisser Tatbestände sprechen. Es gilt daher zwischen diesen beiden Erfordernissen den Weg zu finden, der dem einen gerecht wird und dem anderen nicht schadet.'
Der Umstand, daß ein Vorgang von zwei Steuern getroffen wird, für die es verschiedene Steuerschuldner gibt, erscheint vorerst dem VfGH jene dem System der Mehrwertsteuer grundsätzlich fremde Befreiung, mit der der Verlust sämtlicher Vorsteuern einhergeht, nicht zu rechtfertigen.
Die Verknüpfung von Kapitalverkehrsteuerpflicht und unechter Umsatzsteuerbefreiung erscheint dem Gerichtshof allein schon deshalb fragwürdig und dem System der Mehrwertsteuer widersprechend, als die jeweils in Frage kommenden Steuerschuldner - die GesmbH & Co KG gemäß §10 Abs1 iVm §6 Abs1 Z4 KVG einerseits und der mittels Sacheinlage in die Gesellschaft eintretende Unternehmer gemäß §19 Abs1 UStG 1972 andererseits - verschiedene Steuersubjekte sind, also eine doppelte steuerliche Belastung im eigetlichen Sinn in Form der mehrfachen Besteuerung eines Steuersubjektes für ein und dasselbe Steuerobjekt (vgl. ...) nicht vorliegt.
Bedenken wegen Verstoßes gegen das Prinzip der Wettbewerbsneutralität des Mehrwertsteuersystems und Gleichheitsbedenken erscheinen auch in bezug auf die dem Strukturverbesserungsgesetz unterliegende Einbringung von Einzelunternehmen in Gesellschaften gegeben, die gemäß §13 StruktVG echt umsatzsteuerbefreit sind.
Ob die Möglichkeit besteht, §6 Z9 litb UStG so auszulegen, daß dem einbringenden Unternehmer ein Optionsrecht zusteht - wie es der VfGH für den blinden Trafikanten im Zusammenhang mit seiner unechten Umsatzsteuerbefreiung gemäß §6 Z10 UStG 1972, VfSlg. 8942/1980, ausgesprochen hat, wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu erörtern sein.
c) Die in Prüfung gezogene Bestimmung scheint daher dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz zu widersprechen."
4. Die Bundesregierung hat zu G90/83 folgende Äußerung erstattet, auf die sie auch im Verfahren zu G106/84 verweist.
"I. 1. Anlaßfall für die Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens G90/83 ist die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GesmbH & Co KG.
Der VfGH sieht eine Verletzung des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatzes darin, daß zwar die Einbringung des Unternehmens in die GesmbH & Co KG gemäß §6 Z9 litb UStG 1972 von der Umsatzsteuer befreit ist, jedoch gemäß §§12 Abs3 iVm 12 Abs11 UStG 1972 früher bereits geltend gemachte Vorsteuerabzüge, die sich aus den vom Einzelunternehmer in die GesmbH & Co KG eingebrachten Warenvorräten ergeben, rückgängig zu machen sind.
2. Zur vorliegenden Problematik ist zunächst folgendes festzuhalten:
Dem Gesetzesprüfungsverfahren liegt als Sachverhalt die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GesmbH & Co KG gegen Einräumung von Gesellschaftsrechten zugrunde, ein Vorgang also, der wirtschaftlich als Einheit anzusehen ist.
Die Einbringung des Einzelunternehmens in die GesmbH & Co KG ist gemäß §6 Abs1 Z4 KVG kapitalverkehrsteuerpflichtig, da zu den persönlich haftenden Gesellschaftern der KG eine Kapitalgesellschaft (GesmbH) gehört. Gleichzeitig liegt in der Einbringung von Sachwerten in eine Gesellschaft gegen Einräumung von Gesellschaftsrechten umsatzsteuerrechtlich ein steuerbarer Leistungsaustausch vor. Der wirtschaftlich eine Einheit bildende Sachverhalt wäre somit verkehrsteuerrechtlich doppelt belastet, was aus steuersystematischen Gründen nicht wünschenswert ist. Im Österreichischen Steuerrecht gibt es daher schon seit langem eine (unechte) Umsatzsteurbefreiung für diesen Tatbestand, dessen Stellenwert auch an Hand eines Vergleiches mit den umsatzsteuerlichen Lösungen für das vorliegende Problem in der BRD diskutiert werden soll:
Nach §2 Nr. 11 des deutschen UStG vom 30. Jänner 1932, RGBl. I S 39 f, waren ua 'die Leistungen, soweit sie eine Steuerpflicht nach dem Kapitalverkehrsteuergesetze Teil I (Gesellschaftsteuer) begründen', von der Besteuerung ausgenommen, also nicht steuerbar.
Gemäß §4 Nr. 9 des deutschen UStG vom 16. Oktober 1934, RGBl. I S 942 f, wurden erstmals die Umsätze, die unter das Kapitalverkehrsteuergesetz Teil I (Gesellschaftsteuer) fallen, von der Umsatzsteuer befreit.
Diese Befreiungsbestimmung wurde in das deutsche UStG 1967 übernommen (§4 Nr. 9a), wobei allerdings die Möglichkeit des Verzichts auf diese Steuerbefreiung eingeräumt war. Gemäß §9 UStG 1967 konnten Unternehmer, die nach §4 Nr. 6, 8, 9a, 12 oder 19 steuerfreie Umsätze an andere Unternehmer für deren Unternehmen ausführen, dem Finanzamt erklären, daß sie diese Umsätze der Besteuerung unterwerfen wollen.
Die Befreiung der unter Teil I des Kapitalverkehrsteuergesetzes (Gesellschaftssteuer) fallenden Umsätze ist im deutschen UStG 1980 weggefallen. In der Begründung des Regierungsentwurfes zum UStG 1980 heißt es hierzu:
'Die 6. Richtlinie sieht für diese Umsätze keine Steuerbefreiung vor, weil es sich um Umsätze im Unternehmensbereich handelt, bei denen weitgehend die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges besteht.'
Die Steuerbefreiung für Umsätze, die unter das Kapitalverkehrsteuergesetz, Teil I (Gesellschaftsteuer), fallen, wurde auch in das österreichische Umsatzsteuerrecht übernommen (zB §4 Abs1 Z9 lita UStG 1959, §6 Z9 litb UStG 1972). Grund für die Aufnahme dieser Befreiungsbestimmung war, wie auch den EB zur RV zu §6 Z9 UStG 1972 zu entnehmen ist, die Vermeidung einer doppelten Besteuerung von Umsätzen, die anderen Verkehrsteuern unterliegen. Eine Möglichkeit des Verzichts auf die Anwendung der Befreiungsbestimmung des §6 Z9 litb UStG 1972 - ähnlich wie sie im §9 des deutschen UStG 1967 vorgesehen war - wurde in das UStG 1972 nicht aufgenommen, und zwar auch im Hinblick auf die mit einer vollen (auf alle gleichartigen Befreiungstatbestände abgestellten) oder teilweisen (auf den jeweiligen Einzeltatbestand abgestellten) Optionsmöglichkeit verbundenen Probleme, die - wie die in der Bundesrepublik Deutschland gemachten Erfahrungen zeigen - kaum befriedigend gelöst werden können.
Die Steuerbefreiung für Umsätze, die unter das Kapitalverkehrsteuergesetz, Teil I (Gesellschaftsteuer), fallen, ist somit keinesfalls neu. Festzuhalten ist jedenfalls, daß diese Bestimmungen bisher nie als verfassungswidrig - weil dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend - berurteilt wurden.
3. Einer gesonderten Erörterung bedarf die vom VfGH zitierte Auffassung von Gaier. Zum Verlust des Vorsteuerabzuges bei Einbringung von Sacheinlagen in Kapitalgesellschaften (SWK 1978, A II, 22): Danach würde die Vorsteuerbefreiung nur genau für den von der Gesellschaftsteuer betroffenen Vorgang gelten, d.i. der Erwerb der Gesellschaftsrechte, nicht aber auch für die Gegenleistung, d.i. die Einbringung von Sacheinlagen, sodaß im vorliegenden Fall §6 Z9 litb UStG 1972 auf die im Anlaßfall eingebrachten Sacheinlagen gar nicht angewendet hätte werden dürfen.
Eine grammatische Interpretation des §6 Z9 litb UStG 1972 iVm §2 Z1 und §6 Abs1 Z4 KVG mit diesem Ergebnis ist sicher nicht denkunmöglich. Bisher wurde allerdings in Judikatur und Praxis davon ausgegangen, daß der Erwerb von Gesellschaftsrechten gegen Sacheinlagen als wirtschaftlich einheitlicher Vorgang zu sehen sei, sodaß sich die Steuerbefreiung des UStG auf den gesamten Tauschvorgang beziehe. Wenn daher auch die Möglichkeit einer Auslegung der zitierten Bestimmungen im Sinne Gaiers nicht völlig verneint werden kann, glaubt die Bundesregierung angesichts der bisher üblichen Sicht des vorliegenden Problems doch davon ausgehen zu müssen, daß §6 Z9 litb UStG 1972 von der im Anlaßverfahren belangten Behörde zu recht herangezogen wurde.
Ergänzend darf darauf hingewiesen werden, daß die von Gaier, aaO, angestellten Überlegungen zur Gänze auch auf die vor dem UStG 1972 geltende Rechtslage angewendet hätten werden können und zwar auch das Argument, daß die jeweils in Frage kommenden Steuerschuldner verschiedene Steuersubjekte sind und daß damit eine doppelte steuerliche Belastung im eigentlichen Sinn in Form der mehrfachen Besteuerung eines Steuersubjektes für ein und dasselbe Steuerobjekt nicht vorliegt. Dieselben Überlegungen, die nunmehr Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des §6 Z9 litb UStG 1972 aufkommen lassen, hätten auch bisher, zB bei der Beurteilung des §4 Z9 lita UStG 1959, angestellt werden können. Weder bei der Prüfung der Identität der Rechtsvorgänge, wie sie Voraussetzung für eine Doppelbesteuerung ist (VwGH vom 14. Mai 1970, Z 774/1969), noch bei der Frage der steuerlichen Behandlung des Einbringens des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft (VwGH vom 21. September 1959), Z 1793/1956 und Z 427/58) oder bei Prüfung der Frage, ob es dem Gleichheitsgrundsatz entspricht, wenn nach dem Kapitalverkehrsteuergesetz GesmbH & Co KGs den Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden (VfSlg. 5481/67), sind aber Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des §4 Abs1 Z9 lita UStG 1959 aufgekommen.
4. Der VfGH hat seine Bedenken gegen die Gleichheitsmäßigkeit des §6 Z9 litb UStG 1972 auch damit begründet, daß die zitierte Bestimmung einen wettbewerbsverzerrenden Effekt habe in jenen Fällen, die mit dem Verlust hoher Vorsteuerbeträge einhergehen:
Nun ist es zwar richtig, daß ein Vorzug des Mehrwertsteuersystems in der Wettbewerbsneutralität liegt und daß es auch ein Grund für die Einführung des neuen Systems war, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Diese Überlegungen kommen auch in den parlamentarischen Materialien zum Gesetz zum Ausdruck.
Dieser Gedanke ist zwar ein rechtspolitisches und steuerpolitisches Motiv des Gesetzgebers für die Einführung des Mehrwertsteuersystems, nicht jedoch handelt es sich hier um ein im Gesetz verankertes Prinzip. Weder im UStG 1972 selbst noch in einer anderen gesetzlichen Norm wurde dieser Grundsatz jemals ausdrücklich festgelegt. Dieses Ordnungssystem wurde somit vom Gesetzgeber niemals festgeschrieben und kann daher auch nicht als Maßstab für die Beurteilung von Bestimmungen herangezogen werden, die diesem Grundsatz nicht entsprechen.
Die verfassungsgesetzlich normierte Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nicht mit 'Wettbewerbsneutralität', wie sie im System der Umsatzsteuer verstanden wird, gleichgesetzt werden. Wettbewerbsneutralität im System der Mehrwertsteuer bedeutet insbesondere, daß eine Beeinflussung des Wettbewerbs zugunsten mehrstufiger Unternehmen oder von Unternehmen mit hoher Wertschöpfung (lohnintensive Betriebe) unter gleichzeitiger Benachteiligung einstufiger Unternehmen bzw. Unternehmen mit geringer Wertschöpfung (materialintensive Unternehmen) vermieden werden soll (vgl. Kranich - Siegl - Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Einführung, Anm. 21). 'Wettbewerbsneutral' bedeutet im System der Mehrwertsteuer aber nicht, daß nur Letztverbraucher mit Umsatzsteuer belastet werden dürfen oder jede Kumulativwirkung im Unternehmensbereich vermieden werden muß.
Abgesehen davon, daß es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, innerhalb eines von ihm geschaffenen Ordnungssystems einzelne Tatbestände auf eine nicht systemgerechte Art zu regeln, wenn sachliche Grunde dies rechtfertigen (VfSlg. 5862), und abgesehen davon, daß der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen kann und auf atypische Fälle nicht Bedacht zu nehmen braucht (VfSlg. 3595, 4176, 5318, 8002, 8475, 8871), kann somit der Umstand, daß eine Bestimmung des UStG 1972 nicht wettbewerbsneutral sei oder den dem Mehrwertsteuersystem zugrundeliegenden politischen Einschätzungen widerspricht, noch nichts über die Verfassungswidrigkeit dieser Norm aussagen.
5. Der VfGH hat weiters gleichheitsrechtliche Bedenken auch insofern geltend gemacht, als die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GesmbH & Co KG im Strukturverbesserungsgesetz mit der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft nicht gleichgesetzt wird (vgl. §13 Abs1 StruktVG).
Der Umstand, daß die Einbringung eines Betriebes oder eines Teilbetriebes in eine Kapitalgesellschaft im Sinne des ArtIII StruktVG gemäß §13 Abs1 leg. cit. als nicht steuerbarer Umsatz gilt, während die Einbringung in eine GesmbH & Co KG gegen Gesellschaftsrechte nicht unter das Strukturverbesserungsgesetz fällt und damit zwar umsatzsteuerbar, aber nach §6 Z9 litb UStG 1972 von der Umsatzsteuer befreit ist, scheint deshalb im vorliegenden Zusammenhang keine Gleichheitswidrigkeit des Umsatzsteuergesetzes bewirken zu können, weil selbst dann, wenn in dieser Verschiedenheit eine Gleichheitswidrigkeit gesehen werden müßte, der Sitz der Gleichheitswidrigkeit nicht die nunmehr in Prüfung gezogene Bestimmung wäre, sondern allenfalls die Regelung des Strukturverbesserungsgesetzes, die ein verschiedenes rechtliches Regime für verschiedene Fälle vorsieht.
Die Bestimmung des §6 Z9 litb erster Satz UStG 1972 kann daher aus diesem Grund nach Auffassung der Bundesregierung nicht gleichheitswidrig sein.
Vollständigkeitshalber sei im übrigen darauf hingewiesen, daß die im Strukturverbesserungsgesetz enthaltene Differenzierung zuungunsten der GesmbH & Co KG nicht willkürlich ist, sondern ihren wirtschafts- und gesellschaftsrechtspolitischen Sinn darin hat, die allzugroße Verbreitung der - zum Zeitpunkt der Erlassung des StruktVG - noch neuen und daher noch nicht entsprechend bewährten Gesellschaftsform der GesmbH & Co KG nicht zu fördern; immerhin handelt es sich hiebei ja um eine Gesellschaftsform, in der ein Gesellschaftstypus denaturiert wird, indem als persönlch haftender Gesellschafter eine in ihrer Haftung beschränkte juristische Person tritt.
Es muß dem rechtspolitischen Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers überlassen bleiben, gewisse Gesellschaftsformen zu fördern oder von Förderungen auszuschließen, solange eine solche Differenzierung nicht willkürlich und dadurch exzessiv ist. Es ist dem Gesetzgeber - außer im Fall des Exzesses - durch den Gleichheitssatz nicht verwehrt, seine rechts-, wirtschafts- und steuerpolitischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen. Die 'Richtigkeit' solcher Maßnahmen ist vom VfGH nicht zu überprüfen (VfSlg. 3766, 4973, 5267, 5268, 5292, 5513, 5692, 5862, 6030, 6255, 6419, 6425, 6485, 6922, 7010, 7359, 7558, 7844, 7864, 7996, 8012).
6. Darüber hinaus darf die Bundesregierung jedoch auch auf die Konsequenzen des Erkenntnisses VfSlg. 8942/1980 und ihre Bedeutung für das vorliegende Problem eingehen: In diesem Erkenntnis hat der VfGH festgestellt, daß die - der vorliegenden Bestimmung durchaus vergleichbare - unechte Umsatzsteuerbefreiung des §6 Z10 UStG 1972 nicht mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch steht, und zwar deshalb, weil es durch den Wortlaut des §6 Z10 UStG nicht ausgeschlossen wird, 'daß die (unechte) Steuerbefreiung nur eintritt, wenn außer dem Nachweis (des jeweiligen Tatbestandes) auch eine Willenserklärung vorliegt, sie in Anspruch nehmen zu wollen, wenn also ein Antrag gestellt wird, der auch darin bestehen kann, daß die Steuerbefreiung in der Umsatzsteuererklärung in Anspruch genommen wird. Gemäß §20 UStG ist Veranlagungszeitraum für die Umsatzsteuer das Kalenderjahr. Steuerpflichtige haben gemäß §21 Abs4 UStG für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr die Umsatzsteuererklärung abzugeben.
Damit steht ... Steuerpflichtigen jedenfalls jährlich bei Abgabe der
Umsatzsteuererklärung die Möglichkeit offen, zu wählen, ob sie die
Steuerbefreiung im Sinne des §6 Z ... UStG in Anspruch nehmen wollen
oder nicht.'
Dieses Erkenntnis scheint also davon auszugehen, daß ein gleichheitswidriger Effekt einer Bestimmung, die eine unechte Umsatzsteuerbefreiung vorsieht, dann nicht angenommen wird, wenn es der Steuerpflichtige in der Hand hat, den Eintritt der (unechten) Steuerbefreiung und der damit verbundenen Folge des Verlustes des Vorsteuerabzuges zu vermeiden.
Dieses Argument würde, wie die Bundesregierung vermeint, auch im vorliegenden Fall die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung stützen:
Die negativen Auswirkungen der Befreiungsbestimmung des §6 Z9 litb UStG 1972 im Falle der Einbringung von Sachwerten in eine GesmbH & Co KG gegen Gewährung von Kommanditanteilen (Verlust des Vorsteuerabzuges bzw. Berichtigung des Vorsteuerabzuges gemäß §12 Abs10 und 11 UStG 1972) lassen sich völlig legal dadurch vermeiden, daß die Sachwerte vorerst in eine aus natürlichen Personen bestehende KG eingebracht werden. Dies zieht, obwohl dieser Vorgang steuerpflichtig ist, im Hinblick auf die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges bei der KG keine nachteiligen Folgen nach sich. Tritt sodann eine GesmbH als Kompementär in die KG bei gleichzeitiger Umwandlung der Stellung des bisherigen Kompementärs in die eines Kommanditisten ein, so entsteht hiedurch kein neues Steuersubjekt. Diese Umwandlung würde sohin keinen der Umsatzsteuer unterliegenden Vorgang auslösen. Eine allfällige Einbringung von Sachwerten durch die GesmbH fiele ebenfalls nicht unter die Bestimmung des §6 Z9 litb UStG 1972, sodaß infolge der Steuerpflicht dieses Vorganges auch kein Vorsteuerverlust eintreten könnte.
Die Existenz einer solchen Möglichkeit bedeutet nach Auffassung der Bundesregierung, daß die als gleichheitswidrig angesehenen Anwendungsfälle des §6 Z9 litb UStG 1972 sich nicht notwendigerweise und zwingend aus dem Gesetz ergeben. Sie sind vielmehr Folge einer Entscheidung des Steuerpflichtigen, für ein ganz bestimmtes Vorgehen zur Erreichung eines Zwecks, der in anderer Weise auch ohne den inkriminierten Verlust des Vorsteuerabzuges erreicht werden könnte. Die Tatsache, daß ein Normadressat ohne zwingende Notwendigkeit von einer rechtlichen Regelung in für ihn nachteiliger Weise Gebrauch gemacht hat, kann aber keine Unsachlichkeit der Regelung selbst bewirken."
Die Bundesregierung beantragte, die in Prüfung gezogenen Worte nicht als verfassungswidrig aufzuheben, im Eventualfall für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr festzusetzen.
5. Die Bf. zu B4/79 hat zur Äußerung der Bundesregierung eine Stellungnahme abgegeben.
II. 1. Der VfGH hatte in den diese Verfahren einleitenden Beschlüssen vorläufig angenommen, daß die Beschwerden zulässig seien und daß er die in Prüfung gezogene Bestimmung bei der Entscheidung über die Beschwerden anzuwenden habe. Diesen Annahmen des Gerichtshofes ist im Verfahren nicht entgegengetreten worden.
2. Die Beschwerdeverfahren, die den Anlaß zu diesen Gesetzesprüfungsverfahren bilden, sind, da alle Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.
3. Zur Frage der Präjudizialität hat der VfGH erwogen, ob eine verfassungskonforme Auslegung in der Weise möglich ist, daß es sich bei der Einbringung von Sacheinlagen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten um zwei Umsätze, nämlich den Umsatz der Einbringung der Sacheinlage durch den Unternehmer und den Umsatz der Gesellschaftsrechte durch die GesmbH & Co KG handelt, wobei nur letzterer Umsatz der Umsatzsteuerbefreiung gemäß §6 Z9 litb UStG unterliege. Diese Auslegung hätte zur Folge, daß die Umsatzsteuerbefreiung der in Prüfung gezogenen Bestimmung nur für die GesmbH & Co KG zur Anwendung käme, nicht aber für den Umsatz des Unternehmers, der sein Unternehmen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine GesmbH & Co KG einbringt. Die Nichtanwendung der "unechten" Umsatzsteuerbefreiung für den einbringenden Unternehmer würde des weiteren bewirken, daß es zu keiner Berichtigung bereits geltend gemachter Vorsteuern gemäß §12 Abs10 und 11 UStG kommen könnte.
Nach §10 Abs1 KVG ist Steuerschuldner die Kapitalgesellschaft. Im Rahmen des §6 KVG ist die GesmbH (oder AG) & Co KG einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt und iS des §10 Abs1 KVG als "Kapitalgesellschaft" anzusehen (vgl. auch VfSlg. 5165/1965, 5481/1967 und 6536/1971).
Der VfGH stimmt in diesem Punkt der Auffassung der Bundesregierung zu, wonach der Erwerb von Gesellschaftsrechten gegen Sacheinlagen als ein wirtschaftlich einheitlicher Vorgang zu sehen ist, sodaß sich die Steuerbefreiung des UStG auf den gesamten Tauschvorgang (Einbringung von Sacheinlagen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) bezieht. Daher erscheint dem VfGH eine verfassungskonforme Auslegung iS der Ausführungen von Gaier (SWK 1978, A II, 22) nicht möglich. Dieses Ergebnis wird zudem gestützt durch die Erläuterungen zu §6 Z9 litb UStG (RV 145 BlgNR XIII. GP), wonach Grund für die Umsatzsteuerbefreiung war, eine doppelte Besteuerung dieser Umsätze, die auch den Verkehrsteuern unterliegen, zu vermeiden.
In beiden genannten Anlaßfällen hat somit der VfGH bei der Entscheidung über die bei ihm angefochtenen Beschwerden die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen anzuwenden.
4. Die Gesetzesprüfungsverfahren sind daher zulässig.
III. In der Sache hat der VfGH erwogen:
1. Die Bundesregierung meint, daß sich die negativen Auswirkungen der Befreiungsbestimmung der geprüften Gesetzesstelle (Verlust des Vorsteuerabzuges bzw. Berichtigung des Vorsteuerabzuges gemäß §12 Abs10 und 11 UStG) "völlig legal dadurch vermeiden" lassen, "daß die Sachwerte vorerst in eine aus natürlichen Personen bestehende KG eingebracht werden". Sie meint offensichtlich damit, daß der KG keine Kapitalgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin angehört, denn eine Kapitalgesellschaft könnte ja problemlos ebenfalls Kommanditistin sein. Dabei übersieht die Bundesregierung aber, worauf die Bf. zu B4/79 in ihrer Stellungnahme zutreffend verweist, daß dies eine andere (zusätzliche) steuerliche Belastung, nämlich die Rechtsgeschäftsgebühr nach §33 TP16 GebG auslöst und darüber hinaus der - zivilrechtlich nicht erzwingbaren - Zustimmung sämtlicher Mitgesellschafter bedürfte, wobei der einzelne Mitgesellschafter eine Ablehnung einer derartigen "Übergangsform" überhaupt nicht begründen müßte, aber diese Ablehnung damit begründen könnte, daß er eine weitere persönliche Haftung nicht in Betracht zieht, sondern gerade und ab sofort eine beschränkte Haftung (als Kommanditist) anstrebt (vgl. hiezu auch §§130, 159 Abs1 HGB).
2. Es ist der Bundesregierung zuzustimmen, daß es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, innerhalb eines von ihm geschaffenen Ordungssystems einzelne Tatbestände auf eine nicht systemgerechte Art zu regeln. Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang jedoch - ebenfalls zutreffend - darauf, daß es hiefür erforderlich ist, daß sachliche Gründe dies rechtfertigen. Der VfGH hat bereits in seinen Einleitungsbeschlüssen ausgeführt, daß er für den mit der hier angewendeten Umsatzsteuerbefreiung verbundenen gänzlichen oder teilweisen Verlust des rechtlich und wirtschaftlich sehr bedeutenden Vorsteuerabzuges keine sachlichen Gründe erkennen kann. Der VfGH bleibt bei dieser Auffassung aus den Überlegungen, die in den Unterbrechungsbeschlüssen angestellt wurden.
3. Der Hinweis der Bundesregierung, daß der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen kann und auf atypische Fälle nicht Bedacht zu nehmen braucht, ist zwar an sich zutreffend, im vorliegenden Fall aber nicht verständlich. Die Bundesregierung vermeint dazu, daß die zuungunsten der GesmbH & Co KG vorliegende Differenzierung
"ihren wirtschafts- und gesellschaftsrechtspolitischen Sinn darin hat, die allzugroße Verbreitung der - zum Zeitpunkt der Erlassung des StruktVG - noch neuen und daher noch nicht entsprechend bewährten Gesellschaftsform der GesmbH. & Co KG nicht zu fördern"
und führt weiter aus:
"...; immerhin handelt es sich hiebei ja um eine Gesellschaftsform, in der ein Gesellschaftstypus denaturiert wird, indem als persönlich haftender Gesellschafter eine in ihrer Haftung beschränkte juristische Person tritt."
Soweit die Bundesregierung darauf verweist, daß die Rechtsform einer GesmbH. & Co KG im Zeitpunkt der Erlassung des StruktVG (1969) eine neue Einrichtung war, ist ihr zu entgegnen, daß dies aus folgenden Gründen unrichtig ist: Einerseits hat der OGH bereits im Jahr 1962 (SZ XXXV/88) gestützt auf seine Judikatur aus dem Jahr 1906 (ua. E vom 20. Juni 1906, SprR Nr. 194, AC 2589; vgl. dazu auch VfSlg. 5165/1965 und die dort angeführte Entscheidung des Reichsgerichtes vom 4. Juli 1922, RGZ 105, 101 ff.) die handelsrechtliche Zulässigkeit der GesmbH & Co KG ausgesprochen. Andererseits hat der Gesetzgeber selbst im §6 Abs1 Z4 KVG 1934 (DRGBl. 1, S 1058) diese Rechtsform anerkannt (vgl. überdies zur heutigen Rechtslage §29 GmbHG idF BGBl. 82/1974, §9 Abs4 GewO 1973, §110 Abs6 ArbVerfG, §5 Abs1 Z3 KWG und §69 Abs3 KO idF des InsolvenzrechtsänderungsG 1982, BGBl. 370). Dies hat auch in der Judikatur des VfGH und VwGH entsprechenden Niederschlag gefunden (VfSlg. 5165/1965; VwGH 26. 3. 1969, Z 541/67, LÖStZB 1969/213; vgl. zu letzterem Gassner, in Kastner - Stoll, Die GesmbH & Co KG, 78 FN 48). Diese Rechtsform war schon im Jahr 1969 weit verbreitet (vgl. Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht II, 186 ff; Kastner, Grundriß des Österr. Gesellschaftsrechts, 132 f; Straube in Kastner - Stoll, Die GesmbH & Co KG, 18 f. und Gassner in Kastner - Stoll, Die GesmbH & Co KG, 76 FN 34). Hingewiesen sei auch auf den Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 8. 10. 1963, Z 35971-9a/63, (abgedruckt in Jiresch - Langer, Körperschaftssteuergesetz 1966, 1967, 8 f.), aus dem sich die grundsätzliche Anerkennung der in Frage stehenden Rechtsform durch die Finanzverwaltung bereits im Jahr 1963 ergibt.
Auch die überwiegende (neuere) Rechtslehre und die Rechtsprechung weisen die handelsrechtliche (Roswitha Doralt in Kastner - Stoll, Die GesmbH & Co KG, 33 ff, insbesondere 55 f, zur Judikatur 65 FN 164) und steuerrechtliche (Gassner in Kastner - Stoll, Die GesmbH & Co KG, 67 ff, insbesondere 74 f) Anerkennung dieser Rechtsform nach (zur Bedeutung und Anerkennung der GesmbH & Co KG vgl. auch Straube in Kastner - Stoll, Die GesmbH & Co KG, 1 ff, insbesondere 10 ff, 14 - betreffend die dt Judikatur, 15 - FN 104 betreffend die Judikatur des OGH und 18 ff).
Die Darstellung der Bundesregierung, daß sich die Regelung der doppelten steuerlichen Belastung nur zuungunsten der GesmbH & Co KG auswirkt, ist schon allein deshalb unrichtig, weil diese Benachteiligung - worauf die Bf. zu B4/79 zutreffend hinweist - nicht nur bei der Einbringung eines Einzelunternehmens als Sacheinlage durch einen Kommanditisten in eine GesmbH & Co KG oder AG & Co KG besteht, sondern ganz allgemein bei jedem gesellschaftsteuerpflichtigen Vorgang, der unter §2 Z1 (aber auch Z2) KVG fällt. Darunter fallen auch alle Sachleistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft aufgrund einer durch das Gesellschaftsverhältnis oder im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (also zB Unternehmenseinbringung, aber auch Einbringung einzelner Sachen in eine GesmbH oder eine AG, also auch in eine Kapitalgesellschaft selbst und unmittelbar). Die zeitlich befristeten Einzelausnahmen nach dem StruktVG gelten nur für einzelne, angeführte Fälle.
4. Der VfGH hat auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Abs10 - 12 des §12 UStG 1972 in Betracht zu ziehen, die ihren Sitz in der geprüften Gesetzesbestimmung haben.
Es trifft zwar zu (Kranich, ÖStZ 1977, 188), daß eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges in der Regel aus Anlaß einer Veräußerung, insbesondere bei unter Inanspruchnahme des vollen Vorsteuerabzuges errichteten Mietwohnungen in Frage kommen wird, wenn die Wohnungen innerhalb des Berichtigungzeitraumes als Eigentumswohnungen veräußert werden, ein Fall, der in den Anlaßfällen aber zweifellos nicht vorliegt. Der Wortlaut des Gesetzes (§12 Abs10 - 12 UStG) läßt aber nach Auffassung des VfGH eine Auslegung in dem Sinne nicht zu, daß die Rechtsfolgen dieser Gesetzesbestimmungen durch die (zwingende) Anwendung des §6 Z9 litb UStG ausgeschlossen werden. Dadurch entsteht aber der - sachlich durch nichts gerechtfertigte - nachträgliche Verlust des Vorsteuerabzuges hinsichtlich der in die Gesellschaft gemäß §4 Abs7 UStG eingebrachten Besitzposten, wodurch eine sachlich in keiner Weise gerechtfertigte Ungleichbehandlung entsteht, die überdies wegen der damit zusammenhängenden Wettbewerbsverzerrung besonders schwerwiegend den Grundsätzen des UStG widerspricht.
Wie sich nämlich aus den Erläuterungen zum UStG 1972 ergibt (145 BlgNR XIII. GP) war es das Ziel des UStG 1972
"auch in Österreich auf ein Umsatzsteuersystem überzugehen, das sich weder auf den innerstaatlichen, noch auf den zwischenstaatlichen Wettbewerb nachteilig auswirkt ..."
Es ist kein Grund im Verfahren hervorgekommen, der geeignet ist, sachlich zu rechtfertigen, weshalb dieser sich schon aus dem Gleichheitssatz ergebende Grundsatz durch die Normierung einer unechten Umsatzsteuerbefreiung, die mit dem Verlust hoher Vorsteuern verbunden ist, in sein Gegenteil verkehrt wird.
Die Bedenken des VfGH im Unterbrechungsbeschluß haben sich daher als zutreffend erwiesen.
IV. Zu bemerken ist - worauf auch alle Parteien übereinstimmend hingewiesen haben -, daß der Wortlaut der angewendeten Steuerbefreiung - im Gegensatz zum ersten Satz der Z10 - eine Interpretation, die dem Steuerpflichtigen ein Optionsrecht in dem Sinne einräumt, daß er auf die Steuerbefreiung verzichten kann, nicht zuläßt. Die Überlegungen des Erk. VfSlg. 8942/1980 können aus diesem Grunde in vorliegenden Fall nicht zu einer verfassungskonformen Auslegung führen.
Da diese Auslegung nicht möglich ist und auch sonst - wie unter Punkt III. näher ausgeführt - keine sachliche Rechtfertigung dafür zu finden war, daß mit der Anwendung der in Prüfung gezogenen Umsatzsteuerbefreiung generell und völlig undifferenziert der Verlust des Vorsteuerabzuges verbunden ist, wodurch sich die grundsätzlich als Begünstigung gedachte Umsatzsteuerbefreiung des §6 Z9 litb UStG im Falle hoher Vorsteuern geradezu zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken kann, war die geprüfte Gesetzesstelle als verfassungswidrig aufzuheben.
V. Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art140 Abs5 und 6 B-VG.
Um dem Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich geeignete Ersatzregelung zu ermöglichen, wird für die Aufhebung eine angemessene Frist festgelegt.
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