VfGH G168/2019

VfGHG168/201923.2.2021

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Wr Rettungs- und KrankentransportG auf Grund der Möglichkeit der Antragstellung auf Erteilung einer Bewilligung zum - im vorliegenden Fall zwar nicht angestrebten - Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes; keine verwaltungsstrafgerichtlichen Konsequenzen gegen die Verwendung der Bezeichnung "Krankenbeförderung" bei Transporten nach dem GelegenheitsverkehrsG 1996; kein Eingriff in die Rechtssphäre einer von einem Krankenbeförderungsdienst transportierten Schülerin

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Rettungs- und KrankentransportG Wr §2 Abs2, §4 Abs1, §10
VfGG §7 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:G168.2019

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG begehren die Antragsteller,

"[…] 1. §2 Abs2 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes – WRKG in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 1/2019 zur Gänze, in eventu in §2 Abs2 WRKG die Z1-4, 6 und 7, in eventu auch Z5,

[…] 2. im Einleitungssatz des §4 Abs1 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes – WRKG in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 1/2019 die Wortfolge ', sofern die zu befördernden Personen keiner fachgerechten Versorgung, Hilfe oder Betreuung durch Sanitäter bedürfen' und in dessen Z2 die Wortfolgen 'vor dem Transport,' und 'oder nach dem Transport',

[…] 3. §10 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes – WRKG in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 1/2019 zur Gänze"

 

als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die §§2 und 4 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes —WRKG, LGBl 39/2004, lauteten bis zum Ablauf des 31. März 2019 wie folgt:

"Krankentransportdienst

 

§2. (1) Aufgabe eines Krankentransportdienstes ist es, Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

 

(2) Der Transport von Personen, welche während des Transports nicht der medizinischen Betreuung durch Sanitäter bedürfen, ist von diesem Gesetz ausgenommen.

 

Abgrenzung

 

§4. (1) Vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes sind ausgenommen:

1. gewerbsmäßiger Transport von Personen, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist;

2. innerbetriebliche Hilfs- und Rettungsdienste.

 

(2) Durch dieses Gesetz werden Rechte und Pflichten zur Hilfeleistung nach anderen Gesetzen nicht berührt.

 

2. Das Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz —WRKG, LGBl 39/2004 idF LGBl 1/2019, lautet (seit 1. April 2019, ArtII LGBl 1/2019) auszugsweise wie folgt (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"1. ABSCHNITT

Allgemeine Bestimmungen

Rettungsdienst

 

§1. Aufgaben eines Rettungsdienstes sind:

1. Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen;

2. Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten, die anders nicht gewährleistet ist;

3. den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen;

4. akute Blut-, Blutprodukte- oder Organtransporte durchzuführen;

5. Sanitätsdienste zur Behandlung von akuten Erkrankungen oder Verletzungen bei Veranstaltungen mit dem hiefür erforderlichen Personal, den erforderlichen Einrichtungen und erforderlichen Transportmitteln bereit zu stellen;

6. die Bevölkerung in erster Hilfe zu schulen;

7. im zivilen Katastrophenschutz mitzuwirken.

 

Krankentransportdienst

 

§2. (1) Aufgabe eines Krankentransportdienstes ist es, Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

 

(2) Ein Krankentransport mit einem Krankentransportdienst im Sinne des Abs1 ist jedenfalls dann notwendig, wenn

1. kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen im Rahmen eines Transports einer medizinisch indizierten Betreuung oder Versorgung bedürfen,

2. zur Herstellung der Transportfähigkeit kranker, verletzter oder sonstiger hilfsbedürftiger Personen Maßnahmen medizinisch erforderlich sind, die eine aktive, körpernahe Arbeit mit oder an den zu befördernden Personen erfordern, wie insbesondere das fachgerechte Heben, Tragen, Umlagern oder Stabilisieren,

3. es medizinisch erforderlich ist, kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen liegend oder sitzend unter Einsatz eines Tragsessels oder einer Krankentrage oder von Geräten zum Immobilisieren (zB Schienen, Vakuummatratzen) fachgerecht zu transportieren,

4. besondere Hygiene- oder Desinfektionsmaßnahmen vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport von Personen, insbesondere von immungeschwächten oder infektiösen Personen, notwendig sind,

5. aus hinreichendem Grund anzunehmen ist, dass kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen während des Transports auf Grund einer Zustandsverschlechterung, insbesondere bei auftretenden Akutsituationen, einer fachgerechten Versorgung einschließlich der Verabreichung von Sauerstoff oder einer qualifizierten Durchführung von lebensrettenden Sofortmaßnahmen bedürfen,

6. wegen des psychischen Gesundheitszustandes der zu befördernden Person eine Selbstgefährdung oder eine Gefährdung Dritter nicht auszuschließen ist oder

7. sonstige vom Tätigkeitsbereich der Sanitäter gemäß dem Sanitätergesetz - SanG, BGBl I Nr 30/2002 in der Fassung BGBl I Nr 59/2018, umfasste Handlungen erforderlich sind.

 

[…]

 

Abgrenzung

 

§4. (1) Vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes sind ausgenommen, sofern die zu befördernden Personen keiner fachgerechten Versorgung, Hilfe oder Betreuung durch Sanitäter bedürfen:

1. die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, soweit es sich nicht um Krankentransporte oder Rettungsdiensteinsätze nach diesem Gesetz handelt,

2. die gewerbsmäßige Beförderung von Menschen mit Behinderung, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, und für welche vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport keine medizinische Notwendigkeit einer Betreuung durch Sanitäter gegeben ist, und

3. innerbetriebliche Hilfs- und Rettungsdienste.

 

(2) Durch dieses Gesetz werden Rechte und Pflichten zur Hilfeleistung nach anderen Gesetzen nicht berührt.

 

2. ABSCHNITT

Rettungs- und Krankentransportdienst

Öffentlicher Rettungsdienst

 

§5. (1) Die Stadt Wien ist zur Sicherstellung des Rettungsdienstes für das Gemeindegebiet verpflichtet. Zur Erfüllung dieser Aufgabe kann sie einen eigenen Rettungsdienst betreiben (öffentlicher Rettungsdienst). Sie kann sich aber auch der ausschließlichen oder teilweisen Tätigkeit bewilligter Rettungsdienste bedienen und einen Rettungsverbund organisieren.

 

(2) Der öffentliche Rettungsdienst hat den Anforderungen des §6 Abs2 Z2 und Z4 bis 10 zu entsprechen.

 

(3) Der Rettungsdienst nach Abs1 hat auch die Aufgabe eines Krankentransportdienstes zu erfüllen, wenn das Versorgungsangebot der privaten Krankentransportdienste nach §8 nicht ausreicht, um den Bedarf der Allgemeinheit an Krankentransporten zu decken.

 

Privater Rettungsdienst

 

§6. (1) Der Betrieb eines privaten Rettungsdienstes bedarf einer Bewilligung des Magistrats.

 

(2) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

[…]

 

(3) Ein Bewerber kann fehlende Erfordernisse nach Abs2 Z2, 6 und 7 auch durch privatrechtliche Vereinbarung mit einem in Wien bewilligten Rettungsdienst sicherstellen.

 

(4) Die Bewilligung ist unter Vorschreibung von Auflagen zu erteilen, die zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben eines Rettungsdienstes oder zur Gewährleistung gesundheitlicher, personeller, organisatorischer, technischer und sicherheitstechnischer Anforderungen erforderlich sind.

 

Berechtigungsumfang

 

§7. Rettungsdienste sind berechtigt, auch Leistungen eines Krankentransportdienstes zu erbringen.

 

Privater Krankentransportdienst

 

§8. (1) Der Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes bedarf einer Bewilligung des Magistrats.

 

(2) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. nach dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot des privaten Krankentransportdienstes ist ein Bedarf gegeben;

2. das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der Einsatzleitstelle in Wien und der Stellplätze der Transportmittel in Wien sind nachgewiesen;

3. gegen den Bewerber und dessen Vertreter nach außen bestehen keine Bedenken;

4. der Bewerber muss abhängig von der Größe und dem Leistungsangebot des Krankentransportdienstes über eine für die Erfüllung der Aufgabe des Krankentransportdienstes ausreichende Anzahl an Sanitätern und über eine ausreichende Anzahl an sonstigem ausgebildeten qualifizierten Personal verfügen;

5. der Bewerber muss abhängig von der Größe und dem Leistungsangebot des Krankentransportdienstes über eine für die Erfüllung der Aufgabe des Krankentransportdienstes ausreichende Anzahl an geeignet ausgestatteten Transportmitteln und über sonst zur Erfüllung der Aufgabe des Krankentransportdienstes erforderliche Einrichtungen verfügen;

6. der Bewerber muss über eine ständig erreichbare Einsatzleitstelle in Wien mit der erforderlichen ständigen personellen Besetzung und sachlichen Ausstattung für die sofortige Hilfeleistung und administrative Bewältigung verfügen;

7. der personelle Einsatz, der Einsatz von Transportmitteln und der Betrieb der Einsatzleitstelle muss rund um die Uhr gewährleistet sein;

8. der Bewerber muss einen ärztlichen Leiter bestellt haben, welcher über eine Qualifikation als Notarzt verfügt;

9. die Anlagen müssen so eingerichtet und ausgestattet sein, dass sie den baulichen, gesundheitlichen, technischen und sicherheitstechnischen Anforderungen entsprechen;

10. die personelle und sachliche Ausstattung muss den in einer Verordnung nach §13 festgelegten Anforderungen entsprechen.

 

(3) Ein Bewerber kann fehlende Erfordernisse nach Abs2 Z2, 6 und 7 auch durch privatrechtliche Vereinbarung mit einem in Wien bewilligten Rettungs- oder Krankentransportdienst sicherstellen.

 

(4) Die Bewilligung ist unter Vorschreibung von Auflagen zu erteilen, die zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgabe eines Krankentransportdienstes oder zur Gewährleistung gesundheitlicher, personeller, organisatorischer, technischer und sicherheitstechnischer Anforderungen erforderlich sind.

 

Unterlagen

 

§9. (1) Dem Antrag auf Bewilligungen nach §§6 und 8 sind die zur umfassenden Beurteilung des Vorhabens und zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen notwendigen Unterlagen anzuschließen.

 

(2) Insbesondere sind folgende Unterlagen anzuschließen:

1. Nachweis über das Bestehen des Rettungs- oder Krankentransportdienstes, wie zum Beispiel Auszug aus dem Firmenbuch oder Vereinsregister;

2. Nachweis über das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der Einsatzleitstelle und der Stellplätze der Transportmittel;

3. Strafregisterbescheinigung des Bewerbers und dessen Vertreter nach außen, die bei Vorlage nicht älter als drei Monate sein darf, oder bei EWR-Staatsangehörigen ein gleichartiger Nachweis des Heimat- oder Herkunftsstaates, sofern es sich um natürliche Personen handelt;

4. Betriebsbeschreibung, die jedenfalls das vorgesehene Leistungsangebot, die personelle Ausstattung, die technische Ausstattung, die Organisation, den Betriebsablauf und eine Beschreibung der Einsatzleitstelle zu beinhalten hat;

5. maßstabgerechte Pläne, Lagepläne der Einsatzleitstelle und der Stellplätze der Transportmittel sowie allenfalls weiterer Einsatzleitstellen und Einsatzstellen samt Baubeschreibung;

6. Beschreibung der einzusetzenden Transportmittel samt Ausstattung und personeller Besetzung;

7. Beschreibung der medizinischen und technischen Anlagen und Geräte;

8. geeignete Nachweise, wie zum Beispiel baubehördliche Fertigstellungsanzeige, Befunde und Prüfzertifikate, die bestätigen, dass die Einrichtungen, Transportmittel, technischen und medizinischen Anlagen und Geräte den baulichen, gesundheitlichen, technischen und sicherheitstechnischen Anforderungen und den in einer Verordnung nach §13 festgelegten Anforderungen entsprechen;

9. Hygieneplan, der die Maßnahmen zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Infektionen beschreibt;

10. Nachweis, dass ausreichend und ausgebildetes qualifiziertes Personal für einen Betrieb ohne Unterbrechung zur Verfügung steht;

11. ausreichend begründete Darlegung für einen Bedarf.

 

Bezeichnungsschutz

 

§10. Die Verwendung von Bezeichnungen, die den Anschein erwecken, dass es sich um einen Rettungs- oder Krankentransportdienst handelt oder dass Transportdienstleistungen im Sinne des vorliegenden Gesetzes mit entsprechender Bewilligung erbracht werden, ist ausnahmslos den nach diesem Gesetz berechtigten Rettungs- und Krankentransportdiensten vorbehalten.

 

[…]

 

6. ABSCHNITT

Strafbestimmungen

 

§32. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, sofern keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, wer:

1. eine Bezeichnung verwendet, die fälschlich den Anschein erweckt, dass es sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rettungsdienstes, eines bewilligten privaten Rettungsdienstes oder eines bewilligten privaten Krankentransportdienstes handelt;

2. einen privaten Rettungsdienst ohne Bewilligung des Magistrats betreibt oder Aufgaben eines Rettungsdienstes nach §1 ohne Bewilligung des Magistrats durchführt;

3. einen privaten Krankentransportdienst ohne Bewilligung des Magistrats betreibt oder die Aufgabe eines Krankentransportdienstes nach §2 ohne Bewilligung des Magistrats durchführt;

4. einen privaten Rettungsdienst entgegen den Bestimmungen des §6 Abs2 oder entgegen einer nach diesem Gesetz erlassenen Verordnung betreibt;

5. einen privaten Krankentransportdienst entgegen den Bestimmungen des §8 Abs2 oder entgegen einer nach diesem Gesetz erlassenen Verordnung betreibt;

6. die mit Bescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht einhält;

7. Entgegen §12 Abs1 Änderungen ohne Bewilligung des Magistrats durchführt oder eine schriftliche Anzeige nach §12 Abs3 unterlässt;

8. entgegen §14 Abs6 die Vornahme der behördlichen Befugnisse nicht ermöglicht;

9. die in §§15 bis 22, 25 Abs1 und 3 sowie 26 enthaltenen Pflichten verletzt;

10. entgegen §23 Abs1 die regelmäßig wiederkehrenden Überprüfungen unterlässt oder die vorgeschriebenen Zeitintervalle nicht einhält oder dem §23 Abs2 zuwiderhandelt;

11. entgegen §24 keinen ausreichenden Arzneimittelvorrat anlegt, den Arzneimittelvorrat nicht halbjährlich überprüfen lässt oder die Überprüfung nicht schriftlich dokumentiert;

12. vorsätzlich den vergeblichen Einsatz eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes veranlasst;

13. die in §27 Abs2 enthaltenen Pflichten verletzt.

 

(1a) Das Anbieten einer zum Aufgabenbereich eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes gehörenden Tätigkeit wird der Durchführung von Aufgaben eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes im Sinne des Abs1 gleichgehalten.

 

(2) Wer eine Verwaltungsübertretung nach Abs1 Z2 bis 7, Z9 bis 11 oder Z13 begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen.

 

(3) Wer eine Verwaltungsübertretung nach Abs1 Z1, 8 oder 12 begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 4.000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.

 

7. ABSCHNITT

Schluss- und Übergangsbestimmungen

 

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

 

§33. Die Gemeinde Wien hat die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen, ausgenommen das Verwaltungsstrafverfahren.

 

Bestehende Organisationen in Wien

 

§34. (1) Der Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs, die Johanniter-Unfall-Hilfe in Österreich, der Malteser Hospitaldienst Austria und das Österreichische Rote Kreuz, Landesverband Wien, gelten als bewilligte Rettungsdienste und bewilligte Krankentransportdienste nach §§6 und 8 und haben den Bestimmungen dieses Gesetzes zu entsprechen.

 

(2) Juristische Personen, die im alleinigen Eigentum einer der im Abs1 angeführten Organisationen stehen und Aufgaben als Rettungs- und Krankentransportdienst gemäß §§1 und 2 erfüllen, gelten ebenfalls als bewilligte Rettungsdienste und bewilligte Krankentransportdienste.

 

In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

 

§35. (1) Dieses Gesetz tritt mit dem der Kundmachung folgenden Monatsersten in Kraft.

 

(2) Mit In-Kraft-Treten dieses Gesetzes tritt das Gesetz betreffend das Rettungs- und Krankenbeförderungswesen in Wien (Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz), LGBl für Wien Nr 22/1965, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl für Wien Nr 5/2002, außer Kraft.

 

(3) Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes können bereits vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes erlassen und kundgemacht werden. Sie dürfen aber frühestens zugleich mit diesem Gesetz in Kraft gesetzt werden.

 

(4) Die Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§5 Abs2 und 6 Abs4 Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz, Amtsblatt der Stadt Wien Nr 50/2003, gilt als Gebührenordnung nach diesem Gesetz bis zur Erlassung einer neuen Gebührenordnung weiter.

 

Bewilligungen und anhängige Verfahren

 

§36. (1) Bewilligungen, die Rettungs- und Krankentransportdiensten auf Grund des Gesetzes betreffend das Rettungs- und Krankenbeförderungswesen in Wien (Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz), LGBl für Wien Nr 22/1965, erteilt wurden, gelten als Bewilligungen nach diesem Gesetz. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auch auf solche Bewilligungen Anwendung.

 

(2) Die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes fortzusetzen."

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die erstantragstellende Gesellschaft ist ein nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 konzessioniertes Mietwagenunternehmen mit rund 250 Mitarbeitern und hat die gewerbsmäßige Beförderung von mobilitätseingeschränkten Personen (vor allem von gehbehinderten Personen), die wegen Krankheit, Alters, Behinderung oder Verletzung nicht am öffentlichen Personenverkehr teilnehmen und auch nicht privat befördert werden können, zum Unternehmensgegenstand. Für die Transporte stehen rund 120 eigens umgebaute Transportfahrzeuge zur Verfügung. Die Beförderung von Kranken wird von der erstantragstellenden Gesellschaft im geschäftlichen Verkehr als "Krankenbeförderung" angeboten, beworben und erbracht, auch einige Fahrzeuge tragen die Aufschrift "Krankenbeförderung".

Zur Zulässigkeit ihres Antrags bringt die erstantragstellende Gesellschaft vor, die Neuregelung des §2 Abs2 WRKG durch die Novelle LGBl 1/2019 greife nachteilig in ihre Rechtssphäre ein, weil die Ausübung des Mietwagengewerbes in den in Z1 bis 7 leg cit angeführten Fällen bei Strafe verboten und die Beförderung von Personen in diesen Fällen Krankentransportdiensten im Sinn des WRKG vorbehalten werde. §4 Abs1 WRKG idF LGBl 1/2019 greife nachteilig in die Rechtssphäre der erstantragstellenden Gesellschaft ein, weil sie durch diese Bestimmung nicht (mehr) vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen werde. Schließlich greife §10 WRKG idF LGBl 1/2019 in ihre Rechtssphäre ein, weil ihr die Verwendung der Bezeichnung "Krankenbeförderung" bei Strafe verboten und diese Bezeichnung den Krankentransportdiensten im Sinn des WRKG vorbehalten werde. Die verwaltungsstrafbewehrten Verbote seien aktuell und würden unmittelbar durch das Gesetz erfolgen; Art und Ausmaß der Verbote seien unmittelbar durch das Gesetz bestimmt. Ein anderer zumutbarer Weg, die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, bestehe nicht. Die Provokation eines Verwaltungsstrafverfahrens sei unzumutbar und die Erlassung eines Feststellungsbescheides von der zuständigen Behörde wiederholt abgelehnt worden.

2. Die Zweitantragstellerin ist Schülerin der Heilstättenschule in Wien und wird dorthin unter Begleitung der sie betreuenden diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin mit einem Fahrzeug der erstantragstellenden Gesellschaft transportiert.

Die Zweitantragstellerin bringt zur Zulässigkeit ihres Antrages vor, dass sie verpflichtet werde, sich von einem Krankentransportdienst im Sinn des WRKG befördern zu lassen, und es anderen Dienstleistern – wie jedermann – bei Strafe (§32 Abs1 Z3 WRKG) verboten sei, sie zu befördern. Bei einer Beförderung durch einen Dienstleister ohne Bewilligung des Magistrates wäre auch die Zweitantragstellerin verwaltungsstrafrechtlich "haftbar", sie sei aber nicht schuldfähig. Die Strafbarkeit wegen Anstiftung und Beihilfe würde ihren gesetzlichen Vertreter als faktischen Auftraggeber der Beförderung treffen.

3. In der Sache bringen die Antragsteller mit eingehender Begründung vor, die angefochtenen Bestimmungen würden gegen die bundesstaatliche Kompetenzverteilung verstoßen; die Landesgesetzgebung habe keine Kompetenz zur Regelung von Krankentransporten. Die angefochtenen Bestimmungen würden weiters die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf unternehmerische Freiheit sowie auf Gleicheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzen, hinsichtlich der Zweitantragstellerin "auch" die Rechte auf Freizügigkeit der Person und auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie das Verbot der Benachteiligung Behinderter.

4. Die Wiener Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung begehrt wird. Der Zulässigkeit des Antrages hält die Wiener Landesregierung Folgendes entgegen:

"I. Zur Antragslegitimation:

 

Gemäß Art140 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgeführt, dass das Ziel eines Individualantrages in der Behebung der geltend gemachten Rechtsverletzung zu erblicken ist, sodass die Antragslegitimation nur dann bejaht werden kann, wenn die Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmung die Rechtsposition des Antragstellers dergestalt verändert, dass die behaupteten belastenden Rechtswirkungen entfallen. Würde dies trotz Aufhebung der bekämpften Bestimmung nicht eintreten, liegt die Antragslegitimation nicht vor (vgl z. B. VfSlgen. 10.593/1985, 12.750/1991, 13.397/1993, 16.825/2003, 18.235/2007).

 

Gemäß §62 Abs1 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG in der geltenden Fassung hat der Antragsteller in seinem Individualantrag im Einzelnen und spezifiziert darzulegen, worin der Eingriff der Norm in die Rechtssphäre des Antragstellers genau liegt und wie er sich auswirkt. Das Fehlen einer solchen Darlegung stellt einen inhaltlichen, nicht verbesserungsfähigen Mangel und somit ein Prozesshindernis dar (vgl z. B. VfSlgen. 17.111/2004, 18187/2007). Gefordert ist daher nicht bloß eine pauschale Behauptung, von einer Norm irgendwie betroffen zu sein, sondern sind konkrete Angaben, anhand derer eine Verletzung der Rechtssphäre des Antragstellers durch die jeweils angefochtenen Regelungen beurteilt werden kann, erforderlich. Bei der Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzungen hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl z. B. VfSlgen. 11.730/1988, 15.863/2000, 16.088/2001, 16.120/2001).

 

Der vorliegende Individualantrag erweist sich vor diesem Hintergrund mangels verletzter Rechtssphäre der Antragstellerinnen als unzulässig:

 

Die ***GesmbH ist im Standort ***, zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes (Beförderung mit Personenkraftfahrzeugen), zur Ausübung des Taxigewerbes, zur Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers sowie zur Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt, berechtigt. Der Erstantragstellerin wurde keine Bewilligung zum Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes in Wien nach den Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes — WRKG erteilt.

 

Die Erstantragstellerin führt in ihrem Antrag aus, dass sie sich auf die gewerbsmäßige Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen spezialisiert habe. Ihre Dienstleistungen würden vor allem die Beförderung gehbehinderter PatientInnen und deren Angehörigen zu und von Arztordinationen und Krankenanstalten, Therapieeinrichtungen, Kuranstalten und Tageszentren, von gehbehinderten Arbeitnehmerinnen zum und vom Arbeitsplatz, von gehbehinderten Schülerinnen zur und von der Schule sowie 'Privatfahrten', etwa zu Kultur- und sonstigen Freizeiteinrichtungen, umfassen.

 

Die Beförderung von PatientInnen und deren Angehörigen erfolge zumeist im Auftrag der Sozialversicherungsträger, die Beförderung von SchülerInnen im Auftrag der Magistratsabteilung 56 — Wiener Schulen. Das mit den Sozialversicherungsträgern vereinbarte Beförderungsentgelt würde unter anderem danach differieren, ob ein Patient in einem Fahrzeugsitz oder mittels Tragsessel befördert wird; das von der Magistratsabteilung 56 ausgeschriebene Beförderungsentgelt würde unter anderem danach unterscheiden, ob ein Schüler im Rollstuhl befördert wird oder nicht.

 

Gemäß §4 Abs1 WRKG, LGBl Nr 39/2004, in der Fassung LGBl Nr 1/2019, sind vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen, sofern die zu befördernden Personen keiner fachgerechten Versorgung, Hilfe oder Betreuung durch Sanitäter bedürfen:

 

1. die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, soweit es sich nicht um Krankentransporte oder Rettungsdiensteinsätze nach diesem Gesetz handelt,

 

2. die gewerbsmäßige Beförderung von Menschen mit Behinderung, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, für welche vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport keine medizinische Notwendigkeit einer Betreuung durch Sanitäter gegeben ist, und

 

3. innerbetriebliche Hilfs- und Rettungsdienste.

 

Die von der Erstantragstellerin als Unternehmensgegenstand genannte Beförderung von mobilitätseingeschränkten Personen, in deren Rahmen Menschen mit Behinderung vom Wohnort zum Arbeitsplatz, zur Schule oder zu Freizeitaktivitäten befördert werden würden, ist aufgrund der Bestimmung des §4 Abs1 Z2 WRKG vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen.

 

Gewerbliche Fahrtendienste sind zweifellos berechtigt, Beförderungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, so auch für RollstuhlfahrerInnen, anzubieten bzw Fahrten mit Personen durchzuführen, die im Rollstuhl sitzend befördert werden müssen. Es steht ihnen unbenommen frei, ihre Kraftfahrzeuge mit besonderen Vorrichtungen auszurüsten, um das barrierefreie Ein- und Aussteigen für RollstuhlfahrerInnen zu ermöglichen, beispielsweise durch Montage einer Rampe oder durch Einbau einer Hebevorrichtung.

 

Die ***GesmbH ist als Taxi- und Mietwagenunternehmen jedoch nicht berechtigt, für mobilitätseingeschränkte Menschen Tragsessel- oder Liegendtransporte anzubieten.

 

Gemäß §2 Abs1 WRKG ist es Aufgabe eines Krankentransportdienstes, Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

 

Die Bestimmung des §2 Abs1 WRKG wurde durch die am 1. April 2019 in Kraft getretene Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 nicht geändert. Aus der Bestimmung ergibt sich unverändert, dass zur Abgrenzung der gewerbsmäßigen Personenbeförderung von Krankentransporten nach dem Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz die medizinische Notwendigkeit einer Betreuung durch SanitäterInnen das ausschlaggebende Kriterium ist. Die Entscheidung der Frage, ob eine Betreuung durch SanitäterInnen medizinisch notwendig ist, ist jeweils im Einzelfall und nur durch ärztliche Anordnung zu treffen.

 

Gemäß §2 Abs2 WRKG ist ein Krankentransport mit einem Krankentransportdienst im Sinne des Abs1 jedenfalls dann notwendig, wenn

 

1. kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen im Rahmen eines Transports einer medizinisch indizierten Betreuung oder Versorgung bedürfen,

 

2. zur Herstellung der Transportfähigkeit kranker, verletzter oder sonstiger hilfsbedürftiger Personen Maßnahmen medizinisch erforderlich sind, die eine aktive, körpernahe Arbeit mit oder an den zu befördernden Personen erfordern, wie insbesondere das fachgerechte Heben, Tragen, Umlagern oder Stabilisieren,

 

3. es medizinisch erforderlich ist, kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen liegend oder sitzend unter Einsatz eines Tragsessels oder einer Krankentrage oder von Geräten zum Immobilisieren (z. B. Schienen, Vakuummatratzen) fachgerecht zu transportieren,

 

4. besondere Hygiene- oder Desinfektionsmaßnahmen vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport von Personen, insbesondere von immungeschwächten oder infektiösen Personen, notwendig sind,

 

5. aus hinreichendem Grund anzunehmen ist, dass kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen während des Transports auf Grund einer Zustandsverschlechterung, insbesondere bei auftretenden Akutsituationen, einer fachgerechten Versorgung einschließlich der Verabreichung von Sauerstoff oder einer qualifizierten Durchführung von lebensrettenden Sofortmaßnahmen bedürfen,

 

6. wegen des psychischen Gesundheitszustandes der zu befördernden Person eine Selbstgefährdung oder eine Gefährdung Dritter nicht auszuschließen ist oder

 

7. sonstige vom Tätigkeitsbereich der Sanitäter gemäß dem Sanitätergesetz – SanG, BGBl I Nr 30/2002 in der Fassung BGBl. I Nr 59/2018, umfasste Handlungen erforderlich sind.

 

Taxi- und Mietwagenunternehmen waren bereits vor Inkrafttreten der Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 und sind auch unverändert nach derzeitiger Rechtslage nicht berechtigt, Personen als SanitäterInnen zu beschäftigen oder Aufgaben eines Krankentransportdienstes im Sinne der Bestimmungen des WRKG zu übernehmen. Sie sind lediglich befugt, die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, welche vor und nach dem Transport sowie während des Transports nicht der qualifizierten Betreuung durch SanitäterInnen bedürfen und zu deren Durchführung sie nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt sind, mit Kraftfahrzeugen zu übernehmen.

 

Die durch die Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 nicht geänderte, von der Erstantragstellerin unbestritten gebliebene Bestimmung des §2 Abs1 WRKG definiert die Aufgabe eines Krankentransportdienstes, nämlich Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

 

Als geeignete Transportmittel im Sinne der Bestimmung des §2 Abs1 WRKG sind nicht nur Krankentransportwagen, sondern auch Medizinprodukte wie Krankentrage und Tragsessel zu nennen.

 

Der Einsatz von Krankentrage und Tragsessel ist – neben einer fachgerechten Handhabung dieser Medizinprodukte – mit einem Umlagern, Heben und Tragen der zu befördernden Person verbunden. Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten, zu welchen SanitäterInnen spezifisch ausgebildet werden, nämlich im Gegenstand 'Gerätelehre und Sanitätstechnik' gemäß §33 Abs1 Z9 des Bundesgesetzes über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter (Sanitätergesetz – SanG), BGBl I Nr 30/ 2002, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit Anlage 1 der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Ausbildung zum Sanitäter – Sanitäter-Ausbildungsverordnung – San-AV, BGBl II Nr 420/2003 (Bergungs- und Lagerungstechniken; Bergetuch, Einheitskrankentrage, Tragsessel, Fahrtrage, Rollstuhl).

 

Auch bereits vor Inkrafttreten der Novelle war ein Krankentransport gegeben, wenn PatientInnen im Rahmen eines Transports aus medizinischer Notwendigkeit einer besonderen physischen oder psychischen Hilfe oder Versorgung durch Sanitäterinnen bedurften. Im Sinne der in §§8 und 9 Abs1 SanG festgelegten Tätigkeitsbereiche des Sanitäters fielen auch bereits vor dem 1. April 2019 unter anderem die Herstellung der Transportfähigkeit von PatientInnen, die aktive, körpernahe Arbeit an oder mit der zu befördernden Person, wie insbesondere das Umlagern auf eine Krankentrage oder in einen Tragsessel, das Heben, Tragen oder Stabilisieren von PatientInnen sowie die Übernahme und Übergabe von PatientInnen in Zusammenhang mit einem Transport zweifellos in den Aufgabenbereich der SanitäterInnen und damit in die Kompetenz eines Krankentransportdienstes.

 

Durch die von der Erstantragstellerin bekämpfte Bestimmung des §2 Abs2 WRKG in der Fassung der Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 wird lediglich präzisiert, wann ein Krankentransport mit einem Krankentransportdienst im Sinne des Abs1 jedenfalls notwendig ist.

 

Aus der Bestimmung des §2 Abs2 WRKG in der Fassung der Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 ist keine Verdrängung gewerblicher Fahrtendienste aus ihrem Dienstleistungssektor ableitbar. Der medizinisch notwendige Transport von PatientInnen unter fachgerechter Betreuung durch SanitäterInnen war aufgrund der Bestimmung des §2 Abs1 WRKG auch bereits vor Inkrafttreten der Novelle einem Krankentransportdienst vorbehalten und hätte nicht von einem gewerblichen Fahrtendienst erbracht werden dürfen.

 

Der ***GesmbH ist es im Hinblick auf die Bestimmung des §23 Abs1 SanG nicht erlaubt, Personen als SanitäterInnen zu beschäftigen; sie ist auch nicht berechtigt, Aufgaben eines Krankentransportdienstes im Sinne der Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes zu übernehmen. Die Erstantragstellerin ist lediglich befugt, die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, zu deren Durchführung sie nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, mit Personenkraftfahrzeugen zu übernehmen.

 

Gemäß §3 Abs1 Z2 des Bundesgesetzes über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG), BGBl Nr 112/1996, in der Fassung vor dem 1. September 2020, dürfen Konzessionen für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen (Omnibussen oder Personenkraftwagen) unter Beistellung des Lenkers auf Grund besonderer Aufträge erteilt werden (Mietwagen-Gewerbe).

 

Gemäß §3 Abs1 Z3 GelverkG in der Fassung vor dem 1. September 2020 dürfen Konzessionen für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen, die zu jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden oder durch Zuhilfenahme von Fernmeldeeinrichtungen angefordert werden (mit Kraftfahrzeugen betriebenes Platzfuhrwerks-Gewerbe [Taxi-Gewerbe]), erteilt werden; diese Gewerbeberechtigung umfasst auch die alleinige Beförderung von Sachen, die von einer Person ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel getragen werden können, sowie die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises aufgrund besonderer Aufträge.

 

Eine Konzession nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 zur Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen berechtigt per definitionem nicht zur manuellen Beförderung einer auf einer Krankentrage liegenden oder einer in einem Tragsessel sitzenden Person.

 

§3 Abs1 Z2 GelverkG normiert als Kraftfahrzeuge für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im diesbezüglichen Klammerausdruck ausdrücklich 'Omnibusse oder Personenkraftwagen'; das Taxi-Gewerbe ist definitionsgemäß auf eine Beförderung mittels Personenkraftwagen beschränkt.

 

Die Bestimmungen des §3 Abs1Z2 und 3 GelverkG in der Fassung BGBl l Nr 83/2019, in Kraft ab 1. September 2020, nennen als Kraftfahrzeuge für die Personenbeförderung Omnibusse für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises unter Beistellung des Lenkers auf Grund besonderer Aufträge (Bestellungen) zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes sowie Personenkraftwagen, die zu jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden oder durch Zuhilfenahme von Kommunikationsdiensten angefordert werden, zur Ausübung des Personenbeförderungsgewerbes mit Pkw – Taxi. Somit sind auch ab 1. September 2020 die nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz zulässigen Transportmittel Omnibusse und Personenkraftwagen.

 

§2 Abs1 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967), BGBl Nr 267/1967, in der geltenden Fassung, definiert einen Personenkraftwagen als Kraftwagen (Z3), der nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist (Z5); einen Omnibus als Kraftwagen, der nach seiner Bauart und Ausrüstung zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für mehr als acht Personen Plätze aufweist (Z7) und einen Krankenwagen als Kraftfahrzeug der Klasse M zur Beförderung Kranker oder Verletzter, das zu diesem Zweck entsprechend ausgerüstet ist (Z28c).

 

Das Kraftfahrgesetz 1967 differenziert sohin in seinen Begriffsbestimmungen zwischen Personenkraftwagen, Omnibussen und Krankenwagen; diese Begriffe können daher auch nicht im Zusammenhang mit einer Konzession nach §3 Abs1 Z2 oder 3 GelverkG synonym verwendet werden.

 

In Anhang II der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr 715/2007 und (EG) Nr 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG werden zusätzliche Anforderungen für Krankenwagen festgelegt. Demnach muss der Patientenraum von Krankenwagen den Anforderungen der Norm EN 1789:2007 +A1: 2010 +A2:2014 'Rettungsdienstfahrzeuge und deren Ausrüstung – Krankenkraftwagen', außer deren Abschnitt 6.5 'Ausrüstungs-Tabellen', genügen.

 

Diese Europäische Norm legt Anforderungen an Konstruktion, Prüfungen, Betriebsverhalten und Ausrüstung von Krankenkraftwagen, die zum Transport von Kranken oder Verletzten verwendet werden, fest. Sie gilt für Krankenkraftwagen, in denen mindestens eine Person liegend auf einer Krankentrage transportiert werden kann.

 

Überdies definiert §2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Mindestanforderungen von Rettungs- und Krankentransportdiensten (Durchführungsverordnung zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz – WRKG), ABI. für Wien Nr 47/2015, einen Krankentransportwagen der Type 1 (KTW 1) als Krankenkraftwagen, der dem Transport von erkrankten, verletzten und anderen hilfsbedürftigen Personen dient, die gehfähig sind oder einen Rollstuhl benötigen und bei denen keine schweren gesundheitlichen Schäden zu befürchten sind, die aber aus medizinischen Gründen auf einen Transport unter sachgerechter Betreuung durch Rettungssanitäterinnen oder Rettungssanitäter angewiesen sind (Z8) und einen Krankentransportwagen der Type 2 (KTW 2) als Krankenkraftwagen, der dem Transport von erkrankten, verletzten und anderen hilfsbedürftigen Personen im Liegen oder Sitzen dient, bei denen keine schweren gesundheitlichen Schäden zu befürchten sind, die aber aus medizinischen Gründen auf einen Transport unter sachgerechter Betreuung durch Rettungssanitäterinnen oder Rettungssanitäter angewiesen sind (Z9).

 

Gemäß §3 dieser Durchführungsverordnung sind Krankentransportwagen der Type 1 mit mindestens einer Rettungssanitäterin oder einem Rettungssanitäter (Abs1) und Krankentransportwagen der Type 2 mit mindestens zwei Rettungssanitäterinnen oder Rettungssanitätern zu besetzen (Abs2). Zur Ausrüstung eines Krankentransportwagens der Type 2 zählen – im Unterschied zur Ausrüstung eines Krankentransportwagens der Type 1 – unter anderem eine Haupttrage/Fahrgestell und ein Tragsessel (Anlage, Lfd. Nr 1 und 6).

 

Eine Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen (Omnibussen oder Personenkraftwagen) unter Beistellung des Lenkers auf Grund besonderer Aufträge nach dem Gelegenheitsverkehrs–Gesetz 1996 beinhaltet allein im Hinblick auf den im Gesetz verwendeten oben zitierten Klammerausdruck nicht die Beförderung von Personen in Krankenwagen. Ebenso kann das Taxi-Gewerbe als Personenbeförderung mit Personenkraftwagen nicht die Beförderung mittels Krankenwagen mitumfassen.

 

Auch die Bestimmungen des §3 Abs1 Z2 und 3 GelverkG in der Fassung BGBl. I Nr 83/2019 nennen als Kraftfahrzeuge für die Personenbeförderung Omnibusse sowie Personenkraftwagen, nicht jedoch Krankenkraftwagen.

 

Eine Berechtigung zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen kann weder die Herstellung der Transportfähigkeit der zu befördernden Person, noch deren Umlagern in ein Medizinprodukt, noch deren Heben und Tragen unter Einsatz eines Medizinprodukts mitumfassen. Eine Konzession nach dem Gelegenheitsverkehrs–Gesetz 1996 zur Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen berechtigt nicht zum Tragen bzw zur manuellen Beförderung einer auf einer Krankentrage liegenden oder einer in einem Tragsessel sitzenden Person.

 

Die Erstantragstellerin ist im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigungen nicht befugt, Dienstleistungen von ihren KraftfahrzeuglenkerInnen, die über auch von Laien zulässigerweise zu leistende Hilfestellungen (etwa beim Ein- und Aussteigen in ein bzw aus einem Fahrzeug) oder über Hilfsleistungen, zu denen jedermann fähig, berechtigt und verpflichtet ist (wie beispielsweise Leistung erster Hilfe bei einem Verkehrsunfall), hinausgehen, erbringen zu lassen. Im Gewerbeumfang eines Taxi- oder Mietwagenunternehmens ist nicht mitenthalten, die zu befördernde Person von als FahrzeuglenkerInnen beschäftigten ArbeitnehmerInnen vor Fahrtantritt unter Verwendung einer Krankentrage oder eines Tragsessels beispielsweise aus einer Wohnung zum Kraftfahrzeug und nach der Fahrt vom Kraftfahrzeug in eine Ordination oder Krankenanstalt tragen zu lassen.

 

Das Umlagern einer zu befördernden Person in einen Tragsessel oder auf eine Krankentrage sowie das Heben und Tragen dieser Person zu einem Kraftfahrzeug sind SanitäterInnen vorbehaltene Tätigkeiten und gehen weit über die von einem Mietwagenlenker üblicherweise zu erbringenden Dienstleistungen hinaus; es können diese Tätigkeiten ohne jeglichen Zweifel nicht als Hilfestellungen für einen Kunden eines Mietwagenunternehmens beim Einsteigen in das Kraftfahrzeug angesehen werden.

 

Die ***GesmbH ist ein Taxi- und Mietwagenunternehmen und keine Einrichtung im Sinne der Bestimmung des §23 Abs1 SanG. Der Beruf bzw die Tätigkeiten eines Sanitäters dürfen nach dieser Bestimmung sohin von ihren FahrzeuglenkerInnen nicht ausgeübt werden. Wer jedoch ohne hiezu berechtigt zu sein, jemanden zur Ausübung einer unter das Sanitätergesetz fallenden Tätigkeit heranzieht, begeht gemäß §53 Abs2 SanG, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20.000,- Euro zu bestrafen.

 

Das Vorbringen der Erstantragstellerin, die Bestimmung des §4 WRKG in der Fassung LGBl für Wien Nr I/2019 würde nachteilig in ihre Rechtssphäre eingreifen, weil diese Bestimmung sie nicht mehr vom Anwendungsbereich des WRKG ausnehmen würde, ist unzutreffend.

 

Sowohl die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, soweit es sich nicht um Krankentransporte oder Rettungsdiensteinsätze handelt, als auch die gewerbsmäßige Beförderung von Menschen mit Behinderung, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, und für welche vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport keine medizinische Notwendigkeit einer Betreuung durch Sanitäter gegeben ist, sind vom Anwendungsbereich des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes ausgenommen, sofern die zu befördernden Personen keiner fachgerechten Versorgung, Hilfe oder Betreuung durch Sanitäter bedürfen.

 

Die Rechtssphäre eines gewerblichen Fahrtendienstes kann durch die Bestimmungen des §4 Abs1 WRKG in der Fassung LGBl für Wien Nr 1/2019 nicht nachteilig berührt sein, sofern das Unternehmen im Berechtigungsumfang seiner nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 erteilten Konzession tätig ist.

 

Das Vorbringen der Erstantragstellerin, die Bestimmung des §10 WRKG in der Fassung LGBl für Wien Nr 1/2019 würde nachteilig in ihre Rechtssphäre eingreifen, weil ihr die Verwendung der Bezeichnung 'Krankenbeförderung' bei Strafe verboten wäre, ist unzutreffend.

 

Gemäß §10 WRKG ist die Verwendung von Bezeichnungen, die den Anschein erwecken, dass es sich um einen Rettungs- oder Krankentransportdienst handelt oder dass Transportdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes mit entsprechender Bewilligung erbracht werden, ausnahmslos den nach dem Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz berechtigten Rettungs- und Krankentransportdiensten vorbehalten.

 

Die ***GesmbH verfügt in Wien über keine Bewilligung zum Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes. Sie war auch bereits vor Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmungen der Novelle zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz nicht befugt, eine Bezeichnung zu verwenden, die fälschlich den Anschein erweckt, dass es sich bei ihrem Taxi- und Mietwagenunternehmen um eine Einrichtung eines bewilligten privaten Krankentransportdienstes handeln würde.

 

Wenn die Erstantragstellerin vorbringt, die Bestimmung des §10 WRKG in der Fassung LGBl für Wien Nr 1/2019 würde nachteilig in ihre Rechtssphäre eingreifen, weil ihr die Verwendung der Bezeichnung 'Krankenbeförderung' bei Strafe verboten wäre, ist dies weiters insofern unzutreffend, als eine solche Auslegung vom Wortlaut der Bestimmung des §10 WRKG nicht gedeckt ist und auch dem Willen des Wiener Landesgesetzgebers zuwiderlaufen würde, zumal in den Erläuterungen zur Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 ausgeführt wird, dass der Begriff 'Krankenbeförderung' vom Bezeichnungsschutz nicht (mit)umfasst ist.

 

Die Rechtssphäre der Erstantragstellerin wird durch die Bestimmung des §10 WRKG in der Fassung LGBl für Wien Nr 1/2019 nicht nachteilig berührt.

 

Dem Vorbringen der Erstantragstellerin in Punkt 5.2.12. des Antrags, wonach rund 120 Fahrzeuge mit finanziell hohem Aufwand für eine barrierefreie Beförderung und zur Aufnahme von Rollstühlen, Tragsesseln und Krankentragen angeschafft und umgebaut worden wären, wird entgegengehalten, dass die Erstantragstellerin bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung bereits vor Tätigung der Investitionen hätte erkennen müssen, dass ihre Konzessionen insbesondere zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes und Taxigewerbes die Durchführung von PatientInnentransporten in mit Tragsessel und Krankentrage ausgerüsteten Krankenkraftwagen allein anhand des Wortlautes nicht abdecken. Da es sich hierbei jedoch um rein wirtschaftliche Interessen der Fahrtendienstunternehmer handelt, die keine rechtliche Betroffenheit begründen können (vgl VfGH vom 24.6.1999, Zlen G37/99, V11/99), liegt auch diesbezüglich keine ausreichende Antragslegitimation der Erstantragstellerin vor.

 

Es ist noch einmal festzuhalten, dass der Erstantragstellerin keine Bewilligung zum Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes in Wien nach den gesetzlichen Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes erteilt wurde.

 

Sohin zeigt sich, dass die Erstantragstellerin entgegen der gesicherten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht in ihrer Rechtsposition betroffen ist. Nach dieser ist nämlich derjenige, für den das Gesetz bloß faktische Wirkungen zeitigt, zur Anfechtung nicht berechtigt. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist vielmehr, dass das Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden Person berührt, in deren Rechtssphäre eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt (VfSlg 8009/1977).

 

Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass die ***GesmbH, welche laut Antrag auf die gewerbsmäßige Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen spezialisiert ist und vor allem die Beförderung gehbehinderter PatientInnen und deren Angehörigen zu und von Arztordinationen und Krankenanstalten, Therapieeinrichtungen, Kuranstalten und Tageszentren, von gehbehinderten ArbeitnehmerInnen zum und vom Arbeitsplatz, von gehbehinderten SchülerInnen zur und von der Schule sowie 'Privatfahrten', etwa zu Kultur- und sonstigen Freizeiteinrichtungen zu ihren Dienstleistungen zählt, durch die von ihr bekämpften Bestimmungen der Novelle zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz keinen nachteiligen Eingriff in dieses Leistungsangebot erfahren hat, da die gewerbsmäßige Beförderung von Menschen mit Behinderung, für welche vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport keine medizinische Notwendigkeit einer Betreuung durch Sanitäter gegeben ist, gemäß §4 Abs1 Z2 WRKG vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen ist.

 

Die Erstantragstellerin als Taxi- und Mietwagenunternehmen ist auch nach Inkrafttreten der Novelle weiterhin berechtigt, Beförderungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen durchzuführen. Sie war jedoch auch bereits vor Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmungen der Novelle zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz nicht befugt, aufgrund ihrer Berechtigungen zur Ausübung des Taxi- und Mietwagen-Gewerbes Personenbeförderungen unter Einsatz eines zu einem Krankenwagen umgerüsteten Kraftfahrzeugs bzw unter Verwendung einer Krankentrage oder eines Tragsessels durchzuführen. Die antragsgegenständlichen Bestimmungen der §§2, 4 und 10 WRKG in der Fassung der Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 stellen keinen Eingriff in die Rechtssphäre der Erstantragstellerin dar; sie sind ihr gegenüber nicht unmittelbar und aktuell wirksam. Die Regelungen entfalten der Erstantragstellerin gegenüber keine Rechtswirkungen, die sie im Wege eines Individualantrags geltend machen könnte. Eine Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen würde die Rechtsposition der Erstantragstellerin nicht verändern.

 

Die [minderjährige Zweitantragstellerin], welche laut Antrag im Zuge ihrer Geburt eine ausgeprägte Cerebralparese erlitten hat und nicht selbstständig gehen kann, ist Schülerin der [***].

 

Laut Vorbringen im Antrag würde [die Zweitantragstellerin] ihren Schulweg bewältigen, indem eine der sie betreuenden Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen sie am Morgen von der Wohnung ihres Vaters auf die Straße zu einem Fahrzeug der Erstantragstellerin, der ***GesmbH, tragen, auf einer Krankentrage fixieren und auf dem Weg zur Schule begleiten würde. Bei Bedarf würde das Fahrzeug zum Absaugen von Verschleimungen im Rachenbereich durch die Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin anhalten. Bei der Schule angekommen würde sie die Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin in die Klasse tragen und sich dann in einem Nebenraum für allenfalls erforderliche Interventionen bereithalten. Der Rückweg nach Unterrichtsende würde analog ablaufen. Wie den Ausführungen der Erstantragstellerin […] zu entnehmen ist, erfolgt die Beförderung der Zweitantragstellerin zum Zwecke des Schulbesuches im Auftrag und auf Rechnung der Magistratsabteilung 56–Wiener Schulen.

 

Die Magistratsabteilung 56 vergibt – nach Ausschreibung – Aufträge zur Beförderung behinderter Schülerinnen, sofern diese kein öffentliches Verkehrsmittel benützen können, zum Zwecke des Schulbesuches, zu für den Schulerfolg erforderlichen Therapien und Ausflugsfahrten im Rahmen des Schulbesuches an gewerbliche Fahrtendienste.

 

Die Zweitantragstellerin, die liegend in ihre Schule befördert werden muss, wäre aufgrund ihrer Behinderung nicht dadurch benachteiligt, wenn sie im Auftrag und auf Rechnung der Magistratsabteilung 56 zum Zwecke des Schulbesuchs nicht von der Erstantragstellerin, sondern von einem befugten Krankentransportdienst befördert werden würde. Die Rechte der Zweitantragstellerin insbesondere auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Freizügigkeit der Person und auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie das Verbot der Benachteiligung Behinderter können durch einen Liegendtransport zur Schule, der nicht von einem gewerblichen Fahrtendienst, sondern von einem Krankentransportdienst fachgerecht erbracht wird, denkunmöglich nachteilig berührt werden.

 

Die antragsgegenständlichen Bestimmungen der §§2, 4 und 10 WRKG in der Fassung der Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 stellen keinen Eingriff in die Rechtssphäre der Zweitantragstellerin dar; sie sind ihr gegenüber nicht unmittelbar und aktuell wirksam. Die Regelungen entfalten der Zweitantragstellerin gegenüber keine Rechtswirkungen, die sie im Wege eines Individualantrags geltend machen könnte. Eine Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen würde die Rechtsposition der Zweitantragstellerin nicht verändern.

 

Zu der von den Antragstellerinnen […] vorgebrachten Umwegsunzumutbarkeit, welche sie berechtige, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, ist festzuhalten, dass die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unter dem Begriff des 'Umwegs' sämtliche Möglichkeiten erfasst, die es einem Normunterworfenen ermöglichen, ein Verfahren anzustrengen, in dem die betreffende Norm anzuwenden ist. Auf die Erfolgsaussichten dieses Weges kommt es jedoch nicht an (VfSlgen. 13.754/ 1994, 15.030/1997 u.v.a.). Der Individualantrag nach Art140 Abs1 B‑VG soll daher nur dann offen stehen, wenn sonst kein anderer zumutbarer Weg möglich ist.

 

Die Erstantragstellerin hat bisher bei der für die Vollziehung des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes zuständigen Behörde keinen Antrag auf Erlassung eines Bewilligungsbescheides nach §8 WRKG eingebracht. Es ist derzeit auch kein Verfahren über die Bewilligung eines privaten Krankentransportdienstes anhängig. Die Voraussetzung der Umwegsunzumutbarkeit, als formelles Kriterium der Zulässigkeit des Antrags, ist somit nicht erfüllt."

 

5. Die Antragsteller haben eine Replik erstattet.

 

IV. Zulässigkeit

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).2. Der Antrag ist nicht zulässig:

2.1. Der Antrag der erstantragstellenden Gesellschaft ist, soweit er sich auf §2 Abs2 und auf §4 Abs1 WRKG bezieht, unzulässig, weil mit einem Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zum Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes (§§8 f. WRKG) ein anderer zumutbarer Weg besteht, die geltend gemachten Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl VfGH 6.10.2020, G121/2019 ua, und VfGH 6.10.2020, G126/2019 ua, auf deren Begründung hingewiesen wird). An der Zumutbarkeit dieses anderen Weges ändert auch der Umstand nichts, dass die erstantragstellende Gesellschaft – wie sie in ihrer Replik vorbringt – den Betrieb eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes nicht anstrebt.

2.2. Hinsichtlich §10 WRKG bringt die erstantragstellende Gesellschaft zu ihrer rechtlichen Betroffenheit lediglich vor, dass ihr die Verwendung der Bezeichnung "Krankenbeförderung" bei Strafe verboten sei.

2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat nach ständiger Rechtsprechung bei der Prüfung der aktuellen Betroffenheit vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 10.353/1985, 15.306/1998, 16.890/2003 und zuletzt VfGH 30.9.2020, G144/2020).

2.2.2. §10 WRKG idF LGBl 1/2019 behält die Verwendung von Bezeichnungen, die den Anschein erwecken, dass es sich um einen Rettungs- oder Krankentransportdienst handelt oder dass Transportdienstleistungen iSd WRKG mit einer entsprechenden Bewilligung nach dem WRKG erbracht werden, ausnahmslos den nach dem WRKG berechtigten Rettungs- und Krankentransportdiensten vor.

Zunächst ist die erstantragstellende Gesellschaft darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsstrafbestimmung des §32 Abs1 Z1 WRKG nicht an §10 leg cit anknüpft, sondern einen selbständigen Straftatbestand begründet. Zuwiderhandlungen gegen §10 WRKG stehen weder nach §32 Abs1 Z1 WRKG noch nach einer anderen Vorschrift dieses Gesetzes unter Verwaltungsstrafdrohung. Ein näheres Eingehen auf den Normgehalt des §32 Abs1 Z1 WRKG erübrigt sich daher, zumal diese – durch die WRKG-Novelle LGBl 1/2019 unverändert gebliebene – Bestimmung nicht angefochten wurde.

Die Gesetzesmaterialien (LG-12226-2018 WrLT, 20. GP, Blg. 35/2018, 1) halten zu §10 WRKG idF LGBl 1/2019 ausdrücklich fest:

"Der Bezeichnungsschutz wird ausgedehnt. Geschützt sind insbesondere die Bezeichnungen 'Rettungsdienst', 'Krankentransportdienst', 'Rettungstransport' und `Krankentransport´ sowie vergleichbare Begrifflichkeiten und Übersetzungen dieser Bezeichnungen in andere Sprachen. Nicht umfasst vom Bezeichnungsschutz ist der Begriff 'Krankenbeförderung' für die Durchführung der Fahrtendienste nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996."

Im Einklang mit der Äußerung der Wiener Landesregierung geht der Verfassungsgerichtshof daher davon aus, dass die Verwendung der Bezeichnung "Krankenbeförderung" bei der Durchführung von Beförderungsleistungen nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 nicht vom Bezeichnungsschutz nach §10 WRKG erfasst ist, wofür neben dem Wortlaut des §10 WRKG auch §4 Abs1 Z1 leg cit sowie eine verfassungs(kompetenzrechts)konforme Interpretation spricht.

Da somit der (einzig) von der antragstellenden Gesellschaft geltend gemachte Eingriff in ihre Rechtssphäre durch §10 WRKG nicht vorliegt, ist ihr Antrag, auch soweit er sich auf §10 WRKG bezieht, mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.

2.3. Die Zweitantragstellerin ist nicht Normadressatin der angefochtenen Bestimmungen des WRKG; diese berühren sie nicht in ihrer Rechtssphäre, sondern äußern allenfalls Reflexwirkungen, zumal die Zweitantragstellerin in ihrer Replik selbst angegeben hat, dass ihr Transport zur Schule "im Auftrag und auf Rechnung" einer näher bezeichneten Wiener Magistratsabteilung erfolgt. Der Antrag der Zweitantragstellerin ist daher schon aus diesem Grund mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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