Normen
VfGG §34
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit
ZPO §530 Abs1 Z7
VfGG §34
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit
ZPO §530 Abs1 Z7
Spruch:
I. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
II. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. 1. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 3. November 2003 wurde ein mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 30. September 2003 über die Antragstellerin verhängtes Aufenthaltsverbot im Instanzenzug bestätigt.
Die Behandlung ihrer gegen diesen Bescheid gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. Februar 2004, B16/04-6, gemäß Art144 Abs2 B-VG abgelehnt. Der Verfassungsgerichtshof führte zur Begründung aus, dass die in der Beschwerde behaupteten Rechtsverletzungen zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes wären. Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, insbesondere der Frage, ob von der belangten Behörde innerstaatliche einfachgesetzliche oder gemeinschaftsrechtliche Normen anzuwenden waren, seien spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen (Hinweis auf VfSlg. 14886/1997). Soweit die Beschwerde aber insoweit verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe (Hinweise auf VfSlg. 11857/1988 und 13660/1993).
2. Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2004, beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 5. August 2004, stellte die Einschreiterin den Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem genannten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes abgeschlossenen Verfahrens. Gleichzeitig beantragt sie die Zuerkennung der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung. Als Grund für die Wiederaufnahme macht sie geltend, dass die Vorarlberger Landesregierung ihrem Ehemann mit Bescheid vom 19. Juli 2004 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen habe. Einen besseren Beweis "für die Vollintegration" und damit verbunden für die Unzumutbarkeit der Rückkehr in ihren Heimatstaat als die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an ihren Ehemann gebe es nicht. Die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft stelle ein novum productum dar, weil es eine neue Rechtslage schaffe. Außerdem stelle es ein novum repertum dar, weil es das bereits in der Beschwerde vorgetragene Argument der "Vollintegration" des Ehemannes der (damaligen) Beschwerdeführerin besser unterstütze als jedes andere.
II. 1. Der Wiederaufnahmeantrag ist unzulässig.
1.1. Zufolge §34 VfGG kann eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur in den Fällen der Art137, 143 und 144 B-VG stattfinden. Für die Wiederaufnahme eines Verfahrens in Fällen des Art144 B-VG gelten, da §34 VfGG eine nähere Regelung nicht enthält, nach §35 VfGG sinngemäß die Bestimmungen der ZPO (§§530 ff). Der Verfassungsgerichtshof hat daher bei der Entscheidung über den vorliegenden Antrag auf die Bestimmung des §538 Abs1 ZPO über das Vorprüfungsverfahren sinngemäß anzuwenden, wonach eine Wiederaufnahmeklage insbesondere dann zurückzuweisen ist, wenn sie nicht auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe (§530 Abs1 Z1 bis 7 ZPO) gestützt ist (vgl. VfSlg. 8983/1980, 11313/1987, 11985/1989, 12872/1991, 12993/1992, 13196/1992, 13969/1994, 14015/1995, 14101/1995 und 14128/1995).
1.2. Der vorliegende Antrag stützt sich ausdrücklich auf den Wiederaufnahmegrund nach §530 Abs1 Z7 ZPO.
§530 Abs1 ZPO lautet - auszugsweise - wie folgt:
"§530. (1) Ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, kann auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden;
1. - 6. ...
7. wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung in früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde."
1.3. Dem Antrag ist entgegenzuhalten, dass die in dieser Bestimmung angesprochenen Tatsachen oder Beweismittel nur dann einen Wiederaufnahmegrund darstellen, wenn deren Berücksichtigung im Rahmen der dem Verfassungsgerichtshof zukommenden - beschränkten - Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis (im vorliegenden Fall also unter dem Gesichtspunkt der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte) im verfassungsgerichtlichen Verfahren eine der Partei günstigere Entscheidung möglich erscheinen lässt (vgl. VfSlg. 9126/1981, 14858/1997). Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Beschwerdeverfahren nach Art144 B-VG als Prüfungsmaßstab die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides heranzuziehen (vgl. zB VfSlg. 8704/1979, 8780/1980, 8926/1980, 9763/1983 und 14089/1995). Der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg, dessen neuerliche Anfechtung im Wege der Wiederaufnahme des verfassungsgerichtlichen Verfahrens ermöglicht werden soll, wurde der Antragstellerin nach ihren eigenen (in ihrer Beschwerdeschrift zu B16/04 enthaltenen) Angaben am 24. November 2003 zugestellt. Der von der Antragstellerin vorgelegte Bescheid über die Verleihung der Staatsbürgerschaft an ihren Ehemann ist jedoch erst nach dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangen. Es ist daher ausgeschlossen, dass die Sicherheitsdirektion im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides Kenntnis von diesem - erst später entstandenen - Umstand bzw. "Beweismittel" haben konnte. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, dass einer Behörde, die es unterlässt, im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch gar nicht vorhandene Beweismittel zu berücksichtigen, der Vorwurf der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht gemacht werden kann. Selbst dann, wenn das von der Wiederaufnahmewerberin vorgelegte "Beweismittel" dem Verfassungsgerichtshof bereits im Zeitpunkt der Fällung des Beschlusses B16/04-6 zur Verfügung gestanden wäre, hätte die Entscheidung des Gerichtshofes für die Antragstellerin somit nicht günstiger ausfallen können. Es ist daher im vorliegenden Fall von vornherein ausgeschlossen, dass der von der Antragstellerin vorgelegte Bescheid eine für sie günstigere Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bewirkt hätte.
2. Damit erweist sich die von der Antragstellerin angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos, sodass ihr Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß §63 Abs1 ZPO iVm. §35 VfGG abzuweisen war.
3. Der Wiederaufnahmeantrag war mangels Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§34 2. Satz VfGG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)