Normen
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
FremdenG 1997 §10 Abs2 Z3
FremdenG 1997 §14 Abs2
FremdenG 1997 §49
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
FremdenG 1997 §10 Abs2 Z3
FremdenG 1997 §14 Abs2
FremdenG 1997 §49
Spruch:
Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide in dem durch das BVG BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern, zuhanden des Beschwerdevertreters, die mit je 27.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer, türkische Staatsangehörige (Erst- und Drittbeschwerdeführer geboren am 21. Jänner 1980, Zweitbeschwerdeführerin geboren am 21. Jänner 1983), reisten mit einem am 15. Dezember 1997 ausgestellten, bis 30. Juni 1998 gültigen Visum D (Aufenthaltsvisum) nach Österreich ein und stellten vom Inland aus am 29. Mai 1998 (mithin jeweils vor Vollendung des 21. Lebensjahres) einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zwecks Familiengemeinschaft mit ihrem Vater. Dieser hat 1990 eine Österreicherin geheiratet und besitzt seit 1995 die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Beschwerdeführer sind Geschwister; während die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich die Schule besucht, gehen die beiden anderen hier einer Beschäftigung nach.
2. Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 12. April 1999 bzw. 12. Mai 1999 wurden die beantragten Erstniederlassungsbewilligungen gemäß §10 Abs2 Z3 iVm §§47 und 49 FrG 1997 nicht erteilt. Als Begründung wurde im wesentlichen angeführt, daß den Beschwerdeführern Einreisetitel mit Gültigkeit bis 30. Juni 1998 erteilt worden seien, sie nach Ablauf der Einreisetitel ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen seien und sich deshalb seit 1. Juli 1998 zufolge den Bestimmungen des §31 FrG 1997 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Der nicht rechtmäßige Aufenthalt stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung und damit auch gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung dar. Der Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung stehe somit der Versagungsgrund des §10 Abs2 Z3 FrG 1997 entgegen.
3. Die dagegen eingebrachten Berufungen wurden mit Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg jeweils vom 11. August 1999 abgewiesen. In der Begründung dieser Bescheide bekräftigte die Berufungsbehörde die Ansicht, daß der Versagungsgrund des §10 Abs2 Z3 FrG 1997 vorliege. Nach einer Zusammenfassung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und einer inhaltlichen Zitierung der §§8 Abs1 und Abs3, 10 Abs2 Z3, 47 Abs3, 49 Abs1 FrG 1997 und des Art8 Abs2 EMRK führte die Berufungsbehörde als Begründung an, daß zu prüfen sei, ob die Berufungswerber auch berechtigt seien, die Entscheidung über die Erstniederlassungsbewilligung im Inland abzuwarten. Die Berufungswerber seien im Jänner 1998 mit einem Einreisetitel, nämlich einem Aufenthaltsvisum (Visum D), ausgestellt von der österreichischen Vertretungsbehörde in Ankara, gültig bis 30. Juni 1998, in das Bundesgebiet eingereist. Einreisetitel seien im Bundesgebiet grundsätzlich nicht verlängerbar und es könne ein entsprechender Antrag auf Ausstellung eines neuerlichen Einreisetitels nur vom Ausland aus eingebracht werden. Im Inland dürfe ein Verlängerungsantrag nur im Hinblick auf einen Aufenthaltstitel gestellt werden. Bei fristgerechter Einbringung führe der Verlängerungsantrag gemäß §31 Abs4 FrG 1997 dazu, daß sich ein Fremder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Verlängerungsantrag rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Da die Fremden jedoch bisher über keinen Aufenthaltstitel verfügten, könnten die von ihnen eingebrachten Anträge nicht als derartige Verlängerungsanträge gewertet werden. Die Berufungswerber hätten somit - richtigerweise - Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt, welche jedoch die obgenannten Wirkungen nicht mit sich brächten. Vielmehr seien derartige Fremde nur dann weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet, wenn ihr Aufenthalt anderweitig geregelt sei. Da die Aufenthaltsvisa der Fremden am 30. Juni 1998 abgelaufen seien, liege seit diesem Zeitpunkt keine Aufenthaltsberechtigung nach österreichischem Recht mehr vor. Die belangte Behörde führte im Bescheid des Erstbeschwerdeführers (die Bescheide der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers sind gleichlautend) nach Erläuterung von europarechtlichen Vorschriften zum Aufenthaltsrecht in ihrer Begründung weiters aus:
"Da sich der Berufungswerber sohin seit Ablauf seines Einreisetitels mit 30.6.98, somit zwischenzeitlich über ein Jahr, unrechtmäßig in Österreich aufhält, stellt er eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar. Gerade in Zeiten eines zunehmenden Zuwanderungsdruckes besteht ein besonderes öffentliches Interesse daran, dass sich Fremde an die den Aufenthalt und die Einreise regelnden Bestimmungen halten. So kann nur auf diese Weise ein geregeltes und geordnetes Fremdenwesen garantiert und der Zuzug bzw. Wanderbewegungen von Fremden kontrolliert werden. Der Berufungswerber hat dieses geregelte Fremdenwesen durch seine Verhaltensweisen unterwandert und stellt damit eine Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung dar. Damit liegen jedoch die Voraussetzungen des §10 Abs2 Ziff. 3 Fremdengesetz vor.
Insbesondere im Hinblick auf die negative Vorbildwirkung und die angestrebte Gleichbehandlung mit jenen Fremden, die entsprechend den österreichischen Gesetzen die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Ausland abwarten, wird von der Möglichkeit der Versagung des Aufenthaltstitels Gebrauch gemacht."
Letztlich nahm die Berufungsbehörde eine Interessensabwägung vor, die (insbesondere) unter Heranziehung des nur sechsmonatigen legalen Aufenthaltes in Österreich zu Lasten der Beschwerdeführer ausfiel. Hiebei wurde auch berücksichtigt, daß sich die Mutter und eine (weitere) Schwester der Beschwerdeführer nach wie vor in der Türkei befänden.
II. 1. Gegen diese Berufungsbescheide richten sich vorliegende Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, in welchen die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit unter Berufung auf Art7 Abs1 B-VG iVm dem BVG BGBl. 390/1973, Art14 und Art8 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der Bescheide beantragt wird.
2. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch keine Gegenschrift erstattet.
III. 1. Die im gegebenen Zusammenhang in Betracht zu ziehenden Bestimmungen im Fremdengesetz 1997, BGBl. I 75 (§§10 Abs2 Z3, 14 Abs2, 47 Abs3 und 49 Abs1) lauten auszugsweise wie folgt (Hervorhebungen nicht im Original):
"Versagung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels
§10. ...
(2) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels kann wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§8 Abs3 Z2) insbesondere versagt werden, wenn
...
3. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
...
Verfahren bei der Erteilung der Einreise-
und Aufenthaltstitel
§14. ...
(2)Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. ...
Aufenthaltsberechtigung begünstigter
Drittstaatsangehöriger
§47. ...
(3) Begünstigte Drittstaatsangehörige sind folgende Angehörige eines EWR-Bürgers:
- 1. Ehegatten;
- 2. Verwandte in absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus sofern ihnen Unterhalt gewährt wird;
- 3. Verwandte und Verwandte des Ehegatten in
aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt gewährt wird.
Angehörige von Österreichern
§49. (1) Angehörige von Österreichern gemäß §47 Abs3, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, genießen Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt. Solche Fremde können Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen. Die Gültigkeitsdauer der ihnen die beiden ersten Male erteilten Niederlassungsbewilligung beträgt jeweils ein Jahr."
2. Die entsprechende Regelung im §6 Abs2 Aufenthaltsgesetz 1992, BGBl. 466 idF BGBl. 351/1995 zum Prinzip der Antragstellung vom Ausland aus lautete (auszugsweise):
"§6. ...
(2)Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der
Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine
Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ... schließlich
für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß §2 Abs3 Z4 festgelegt ist. ..."
Sichtvermerksversagungsgründe waren nach der früheren Rechtslage im §10 Fremdengesetz 1992, BGBl. 838, geregelt, der auszugsweise lautete:
"Sichtvermerksversagung
§10.(1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
- 4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
..."
Die Bundesregierung hat zum Aufenthaltsgesetz 1992 für die Jahre 1995, 1996 und 1997 Verordnungen über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz erlassen, die jeweils folgende Bestimmung über die Zulässigkeit der Inlandsantragstellung enthielten (vgl. BGBl. 408/1995, BGBl. 854/1995, BGBl. 707/1996):
"Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden, von:
...
Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§3 Abs1 Z1 (des) Aufenthaltsgesetz(es)), die gemäß §14 Abs3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde."
IV. Die Beschwerden, deren meritorischer Erledigung Verfahrenshindernisse nicht entgegenstehen, erweisen sich als gerechtfertigt.
1. Grundsätzlich sind Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gem. §14 Abs2 FrG 1997 vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 25. Februar 1997, VfSlg. 14.747, folgendes zum Prinzip der Antragstellung vom Ausland aus, damals im §6 Abs2 AufG 1992 geregelt, dargetan:
"Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der Entstehungsgeschichte liegt der Sinn der maßgeblichen Bestimmung darin, daß der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich gestellt wird, der Antragsteller also den Ausgang des Verfahrens in seinem Heimatland abzuwarten hat und erst dann einreist, wenn ihm die Bewilligung zum Aufenthalt in Österreich antragsgemäß erteilt worden ist."
2. Im vorliegenden Fall ist, da der Vater der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist und die Beschwerdeführer bei Antragstellung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, die besondere Vorschrift des §49 FrG 1997 für Angehörige von Österreichern zu beachten (§49 Abs1 iVm §47 Abs3 FrG 1997), die ausnahmsweise eine Inlandsantragstellung vorsieht.
Die belangte Behörde geht bei der Interpretation dieser Sonderbestimmung für Angehörige von Österreichern strikt vom Gesetzeswortlaut aus und erlaubt nur eine Antragstellung vom Inland aus mit gültigem Einreisetitel, nicht jedoch das Abwarten bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung über die Niederlassungsbewilligung bei zwischenzeitlich abgelaufenem Einreisetitel. Im konkreten Fall sieht die Verwaltungsbehörde unabhängig vom Verfahrensstand einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland nur bis zum Ablauf des Visums (30. Juni 1998) als gegeben; sie qualifiziert den Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich ab 1. Juli 1998 als rechtswidrig (§31 FrG 1997) und damit als Verstoß gegen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Sinne des §10 Abs2 Z3 FrG 1997.
3. Mit Beziehung auf die ausnahmsweise zulässige Inlandsantragstellung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger hat der VwGH im Erkenntnis vom 3. April 1998, Zl. 96/19/1940, zur gleichartigen Bestimmung der früheren Rechtslage folgendes ausgesprochen:
"Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber durch die in §6 Abs2 dritter Satz in Verbindung mit §2 Abs3 Z. 4 AufG enthaltene Verordnungsermächtigung an die Bundesregierung .... näher umschriebene Gruppen von Fremden, die sich nach dem Ende ihrer Aufenthaltsbewilligung weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, die Möglichkeit zur Antragstellung im Inland einzuräumen, zu erkennen gegeben, daß er die vom unrechtmäßigen Aufenthalt solcher zur Antragstellung im Inland berechtigter Fremder ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens nicht für so gravierend erachtet, daß daraus die gemäß §10 Abs1 Z. 4 FrG maßgebliche Prognose abzuleiten wäre, auch ihr weiterer Aufenthalt aufgrund einer zu erteilenden Bewilligung werde die öffentliche Ordnung (auf diesem Gebiet) gefährden. ... (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/19/2066)."
Der Verwaltungsgerichtshof bringt damit klar zum Ausdruck, daß ein zwischenzeitlich unrechtmäßiger Aufenthalt nach Ablauf der Aufenthaltsbewilligung allein nicht als ein derart gravierender Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung zu werten ist, als daß er zum Versagungsgrund der Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit führte. Im Hinblick auf die bestehende vorübergehende Aufenthaltsberechtigung für Angehörige von Österreichern (§49 Abs1 FrG 1997) und den Sinn der damit verbundenen, ausnahmsweise zulässigen Inlandsantragstellung im Gegensatz zum Grundsatz der Antragstellung vom Ausland aus, ist der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vorbehaltlos beizupflichten.
4. In ständiger Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof den Standpunkt eingenommen, daß ein Bescheid das nur österreichischen Staatsbürgern verfassungsgesetzlich gewährleistete Gleichheitsrecht insbesondere dann verletzt, wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides Willkür übt. Willkür wird von der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ua. dann angenommen, wenn die Behörde den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber die Rechtslage im besonderen Maße, gehäuft oder völlig verkennt. Grundsätzlich das gleiche gilt im Hinblick auf den Schutzumfang des durch das BVG BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander für dieses Fremden zustehende Recht (vgl. VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Es ist der Verwaltungsbehörde unter Bezugnahme auf §31 FrG 1997 zwar zuzustimmen, daß nach Ablauf des Aufenthaltsvisums der weitere Verbleib in Österreich nicht mehr als rechtmäßig angesehen werden kann, doch ist dieser Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung keineswegs als so schwerwiegend zu bewerten, als daß daraus die für die Handhabung des §10 Abs2 Z3 FrG 1997 maßgebliche Prognose einer Beeinträchtigung besonders wichtiger Rechtsgüter abzuleiten wäre. Unter Bedachtnahme auf die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im vorhin zitierten Erkenntnis folgt aus den dargelegten Erwägungen, daß im Fall rechtzeitiger Antragstellung vor Ablauf des Einreisetitels (wobei unter rechtzeitiger Antragstellung nicht etwa eine gezielt mißbräuchliche Ausnützung der Rechtslage, z. B. durch eine Antragseinbringung am letzten Tag der Gültigkeit des Visums, hinzunehmen wäre) der daran anschließende Verbleib in Österreich über die Gültigkeit des Einreisetitels hinaus, um den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, noch keinen so gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung darstellt, als daß darob eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit durch den Fremden anzunehmen wäre.
Überdies läge es bei Anwendung des §49 FrG 1997 entsprechend dem Verständnis der belangten Behörde ausschließlich oder zumindest regelmäßig in der Hand der Fremdenbehörden, insbesondere im Hinblick auf deren momentane Arbeitsbelastung, ob eine Entscheidung noch vor Ablauf des Einreisetitels gefällt wird oder nicht. Auch unter diesem Aspekt würde die Interpretation des §49 FrG 1997 im Sinne der belangten Behörde im Effekt eine Ungleichbehandlung von Fremden untereinander zur Folge haben und entspräche nicht der deutlich erkennbaren Absicht des Gesetzgebers.
Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer bereits ein Monat vor Ablauf der Gültigkeit ihres Einreisetitels den Antrag auf Niederlassungsbewilligung gestellt. Der weitere Verbleib in Österreich über die Gültigkeit des Visums hinaus, um den Ausgang ihres Verfahrens abzuwarten, stellt zwar an sich ein unrechtmäßiges Verhalten dar, bildet aber - auch unter Bedachtnahme auf die von ihnen nicht beeinflußbare Dauer des Verwaltungsverfahrens - keinesfalls einen so gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung, als daß eine Versagung der begehrten Niederlassungsbewilligung damit gerechtfertigt werden könnte.
Die Beschwerdeführer wurden sohin infolge der Fehlinterpretation der Rechtslage durch die Verwaltungsbehörde in dem durch das BVG BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.
Die Bescheide waren daher schon aus diesem Grund aufzuheben.
V. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 4.500,-- S auf die Umsatzsteuer.
VI. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.
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