Normen
B-VG Art137 / Bescheid
GrundversorgungsG-Bund 2005 §2, §3, §9
VfGG §41
B-VG Art137 / Bescheid
GrundversorgungsG-Bund 2005 §2, §3, §9
VfGG §41
Spruch:
I. Die Klage wird zurückgewiesen.
II. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung
I. 1. Mit der auf Art137 B-VG gestützten und gegen die "Republik Österreich (Bund), vertreten durch den Bundesminister für Inneres" gerichteten Klage begehren die Kläger, ihnen jeweils für Mietentgelt bei individueller Unterbringung für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis 28. Februar 2006 den Betrag von € 660,-- sowie ab 1. März 2006 monatlich € 220,--, den Erst- und Zweitklägern ab 1. April 2006 einen Betrag von je € 180,-- und den Dritt- und Viertklägern ab 1. September 2005 einen monatlichen Betrag von je € 80,--, alles samt 4% Zinsen seit Fälligkeit zu bezahlen. Begründend führen die Kläger aus, dass sie Asylwerber seien und über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügten. Sie hätten zuletzt vom "Asylzentrum - Servicestelle der Landesleitstelle Grundversorgung" die Grundversorgung nach dem Bundesbetreuungsgesetz erhalten. Seit 1. September 2005 bzw. 1. März 2006 werde die Grundversorgung jedoch nicht mehr ausgezahlt.
Zur Zulässigkeit der Klage bringen die Kläger vor, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Materie handle, die im Rahmen der Hoheitsverwaltung vollzogen werde, weshalb beim Recht auf Versorgung von einem öffentlich-rechtlichen Anspruch auszugehen sei. Der einzelne Asylwerber verfüge über ein subjektives Recht auf Gewährung der Versorgung "bei Nichtvorliegen von negativen Voraussetzungen, wobei die Behörde den Ausschluss der Versorgung mit Bescheid zu verfügen hat". Sämtliche Kläger seien hilfsbedürftig und nicht in der Lage, den Lebensbedarf einschließlich Unterbringung aus eigenen Kräften und Mitteln zu beschaffen. Zudem führen die Kläger aus:
"Ein [...] Bescheid wurde bis dato nicht erlassen bzw. von der Behörde faktisch verweigert, sodass den Klägern nur mehr die Möglichkeit bleibt, die Gewährung der Versorgung mit Klage beim Verfassungsgerichtshof nach Artikel 137 B-VG zu erzwingen. Versorgungsleistungen stellen vermögensrechtliche Ansprüche im weiteren Sinne an den Bund dar, diese Ansprüche sind weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen, weshalb die gegenständliche Klage eingebracht wird."
2. Die beklagte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Antrag stellte, die Klage wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen, in eventu abzuweisen. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage tritt die beklagte Partei den Klagsausführungen mit der Begründung entgegen,
"dass die Säumnis einer Behörde bzw. deren allfällige Weigerung einen Bescheid zu erlassen, nicht dazu führt, dass die Rechtssache sodann nicht mehr durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sondern dass als Rechtsmittel gegen die Säumnis der Behörde ein Devolutionsantrag einzubringen ist, bei Säumnis auch der sachlichen in Betracht kommenden Oberbehörde steht das Rechtsmittel der Säumnisbeschwerde zur Verfügung. Weiters kann die Säumnis einer Behörde bzw. deren Weigerung (fristgerecht) rechtmäßig zu handeln, Amtshaftungsansprüche begründen, für die der ordentliche Rechtsweg offen steht."
II. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
Nach §2 Abs1 des Bundesgesetzes, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern in Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 - GVG-B 2005), leistet der Bund Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes. Im gleichen Ausmaß sorgt der Bund für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren zurückgewiesen oder unter bestimmten Umständen abgewiesen wurde, bis die Fremden das Bundesgebiet verlassen. Aus bestimmten Gründen, wie z. B. die fortgesetzte oder nachhaltige Gefährdung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung der Betreuungseinrichtung, kann die Grundversorgung von der Behörde eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Bestimmte Asylwerber können auch gemäß §3 Abs1 GVG-B von der Versorgung ausgeschlossen werden. §2 Abs1 und 4 und §3 GVG-B idF BGBl. I Nr. 100/2005 lauten wie folgt:
"Gewährung der Versorgung
§2. (1) Der Bund leistet Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§1 Z5). Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren
1. zurückgewiesen oder
2. abgewiesen wurde, wenn der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird,
bis diese das Bundesgebiet verlassen, solange sie in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht sind.
[...]
(4) Die Versorgung von Asylwerbern und sonstigen Fremden gemäß Abs1, die
1. die Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung der Betreuungseinrichtungen (§5) fortgesetzt und nachhaltig gefährden oder
2. gemäß §38a Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991 aus der Betreuungseinrichtung weggewiesen werden,
kann von der Behörde eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Diese Entscheidung darf jedoch nicht den Zugang zur medizinischen Notversorgung beschränken.
[...]
Ausschluss von der Versorgung und Kostenersatz
§3. (1) Von der Versorgung gemäß §2 können ausgeschlossen werden:
[...]
4. Asylwerber, die nicht an der Feststellung des für die Asylverfahrensführung notwendigen Sachverhalts mitwirken.
§2 Abs4 letzter Satz gilt.
(2) Asylwerber oder sonstige Fremde gemäß §2 Abs1, die zum Zeitpunkt der Versorgung ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mittel bestreiten können, ist von der Behörde der Ersatz der notwendigen Betreuungskosten vorzuschreiben."
§9 GVG-B regelt die Behördenzuständigkeit und lautet folgendermaßen:
"Behörden
§9. (1) Das Bundesasylamt ist Behörde erster Instanz.
(2) Über Berufungen gegen die Entscheidungen der Behörde erster Instanz entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern.
(3) Hat die Behörde erster Instanz eine Entscheidung gemäß §64 Abs2 AVG getroffen, können die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern der Berufung über Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(3a) Die örtliche Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate richtet sich nach der Örtlichkeit, an der dem Betreuten zuletzt Grundversorgung im Sinne dieses Bundesgesetzes gewährt wurde. Wurde die Aufnahme in die Grundversorgung von Beginn an verweigert, ist für Berufungen der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel das Zulassungsverfahren nach den asylrechtlichen Vorschriften geführt wird oder wurde. Ansonsten richtet sich die Zuständigkeit nach dem Sitz der Behörde erster Instanz (Abs1). Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden durch Einzelmitglied.
(3b) Der Bundesminister für Inneres kann Amtsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit sowohl zugunsten als auch zum Nachteil des Fremden binnen sechs Wochen nach Zustellung an die Behörde erster Instanz erheben.
(4) Zur Führung von Verwaltungsstrafverfahren gemäß §10 ist die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde berufen."
III. Die Klage ist unzulässig:
1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder auf dem ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
Die Zulässigkeit einer Klage nach Art137 B-VG setzt somit u. a. voraus, dass eine bescheidmäßige Erledigung des Anspruches durch eine Verwaltungsbehörde nicht in Betracht kommt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben:
2. Wie sich aus der unter Pkt. III. dargestellten Rechtslage ergibt, haben Asylwerber im Zulassungsverfahren sowie bestimmte andere Fremde ex lege Anspruch auf Grundversorgung nach dem GVG-B, soweit nicht besondere (negative) Voraussetzungen vorliegen. Unter diesen gesetzlich determinierten Voraussetzungen kann die Behörde den anspruchsberechtigten Personen die Grundversorgung einschränken oder gar entziehen (§2 Abs4 GVG-B) oder diese Personen von der Versorgung ausschließen (§3 Abs1 leg. cit.).
Ist eine nach dem GVG-B anspruchsberechtigte Person der Auffassung, ihr werde - ohne dass dem ein entsprechender Bescheid vorausgegangen ist - die Grundversorgung zu Unrecht verweigert, kann sie beim Bundesasylamt eine bescheidmäßige Erledigung beantragen. Dem steht auch nicht entgegen, dass das GVG-B nur in den oben dargestellten Fällen einen von Amts wegen ergehenden Bescheid vorsieht (siehe zu einem insofern ähnlichen Thema VfSlg. 15.711/2000, 17.534/2005).
Gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes, wie auch im Falle der Säumnis, kann bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern gemäß §9 GVG-B ein Rechtsmittel erhoben werden.
Da somit über den in der Klage geltend gemachten Anspruch mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde abzusprechen ist, erweist sich die Klage als unzulässig und ist daher zurückzuweisen, ohne dass auf das weitere Vorbringen der beklagten Partei einzugehen war.
IV. 1. Die Kostenentscheidung gründet auf §41 VfGG, wonach dem unterliegenden Teil (im Verfahren nach Art137 B-VG) auf Antrag der Ersatz der Prozesskosten auferlegt werden kann. Nach Lage des vorliegenden Falles war es jedoch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig, im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof die Finanzprokuratur mit der Vertretung des Bundes zu betrauen (vgl. auch VfSlg. 9281/1981, 9507/1982, 15.041/1997, VfGH 13.10.2005, A2/05).
2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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