Normen
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
AHG §2 Abs3
ASFINAG-G §15
Brenner-Autobahn-FinanzierungsG §1
BStFG 1996 §5
EG (bis 2000 EG-Vertrag) Art10
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
AHG §2 Abs3
ASFINAG-G §15
Brenner-Autobahn-FinanzierungsG §1
BStFG 1996 §5
EG (bis 2000 EG-Vertrag) Art10
Spruch:
Die Klagen werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. 1. Die vorliegenden, beim Verfassungsgerichtshof am
25. September 2000 eingelangten, auf Art137 B-VG gestützten Klagen
richten sich gegen die "Republik Österreich" (gemeint wohl: den
Bund). Die klagenden Parteien - alle samt
Güterbeförderungsunternehmen mit Sitz in Österreich - begehren von
der beklagten Partei die Rückzahlung des bzw. eine Entschädigung für
das von ihnen behaupteterweise der Höhe nach zu Unrecht
entrichtete(n) Benützungsentgelt(s) für die Brenner Autobahn. Weiters
wird jeweils die Feststellung begehrt, daß die "beklagte Partei im
Ausmaß von 60% der von der klagenden Partei im Zeitraum 15.8.2000
(A23/00 und A25/00) bis zur Erlassung des Urteils des Gerichtshofs
der Europäischen Gemeinschaften im ... Vertragsverletzungsverfahren
... Rs C-205/98 bezahlten Brenner-Mautgebühren haftet". (Im Verfahren
A26/00 ist der Beginn des Haftungszeitraums mit 1.8.2000, im Verfahren A27/00 mit 16.8.2000 benannt.)
Sie bringen dazu vor, daß sie mit (ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmten) Lastkraftfahrzeugen bzw. Fahrzeugkombinationen, deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 Tonnen betrage und die mehr als 3 Achsen aufwiesen, unter anderem im Zeitraum 1. Juli 1995 bis 20. September 2000 die Gesamtstrecke der A 13 (Brenner Autobahn) befahren hätten. Für die Benützung dieser Autobahn sei aufgrund eines "von der beklagten Partei geschaffenen halb offenen Maut-Systems" eine Mautgebühr zu entrichten gewesen. Ihre Einhebung sei bei Benützung der Brenner Autobahn von den Mautstellen Innsbruck West oder Innsbruck Ost bis zur italienischen Grenze bei der Hauptmautstelle Schönberg erfolgt.
Aufgrund von Tariferhöhungen sei vom 1. Februar 1996 bis 30. Juni 1999 für die Einzelfahrt auf der Gesamtstrecke im Normaltarif für lärm- und schadstoffarme Fahrzeuge S 1.150,--, für alle übrigen Fahrzeuge S 1.500,-- und für Nachtfahrten S 2.300,-- zu entrichten gewesen. Seit 1. Juli 1999 habe der Tarif für lärm- und schadstoffarme Fahrzeuge "laut Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten" S 1.070,--, für alle übrigen Fahrzeuge S 1.420,-- und für Nachtfahrten S 2.140,-- betragen.
Die Abrechnung und Einhebung der Mautgebühren, die von den klagenden Parteien teilweise in bar aufgrund von Einzelabrechnungen, teilweise bargeldlos über Verrechnungsgesellschaften bezahlt worden seien, sei bis 31. Dezember 1996 für die beklagte Partei durch die Alpen Straßen AG, ab 1. Jänner 1997 durch die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG erfolgt. Insgesamt hätten die klagenden Parteien im klagsgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juli 1995 bis 18. August 2000 für von ihnen durchgeführte Gütertransporte mehrere Mio S an Brenner-Mautgebühren an die beklagte Partei bzw. die ASFINAG geleistet.
Unter Hinweis auf den Schlußantrag des Generalanwaltes in dem beim Europäischen Gerichtshof zZ Rs. C-205/98 anhängigen (nach Klagseinbringung mit Urteil vom 26. September 2000 abgeschlossenen) Vertragsverletzungsverfahren zwischen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und der Republik Österreich, aus dem hervorgehe, daß die Republik Österreich in Ansehung der Brennermaut gegen die Bestimmungen des Art7 litb und h der Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten verstoßen habe, führen die klagenden Parteien sodann aus:
"Da nach der Judikatur des EuGH die Mitgliedstaaten von einzelnen Rechtsträgern zu Unrecht geleistete Zahlungen zurückzuerstatten haben, und zwar in effektiver und das Gemeinschaftsrecht nicht diskriminierender Weise (vgl. EuGH Rs C-130/79 , Express Dairy Foods, Slg 1980, 1887, RN 1214; Rs C-199/82 , San Giorgio, Slg 1983, 3595; Rs 240/87, Deville, Slg 1988, 3513, RN 11), besteht auf Grundlage dieser Judikatur des EuGH gegen die beklagte Partei der klagsgegenständliche Rückforderungsanspruch der von der klagenden Partei im Zeitraum 1.7.1995 bis 15.8.2000 zu viel geleisteten Brenner-Mautgebühren.
Die Durchführung des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs hat nach der Judikatur des EuGH auf Grundlage des nationalen Erstattungsrechts zu erfolgen, weshalb im gegenständlichen Fall die Rückerstattung der zu viel geleisteten Brenner-Mautgebühren infolge deren zivilrechtlicher Natur nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften, in concreto unter Stützung auf §1431 ABGB zu erfolgen hat, da die zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei respektive der ASFINAG abgeschlossenen Gestattungsverträge auf Durchfahrt über die Brenner-Mautstrecke infolge Verstoßes gegen die in diesem Schriftsatz genannten EG-Richtlinien teilnichtig zustande gekommen sind, aus welcher Teilnichtigkeit ein bereicherungsrechtlicher Rückersatzanspruch der anteilig zu viel geleisteten Brenner-Mautgebühren resultiert.
Sollte §1431 ABGB als Grundlage des klagsgegenständlichen Rückersatzanspruchs nicht in Erwägung gezogen werden, wird das Klagebegehren hilfsweise auf sämtliche sonst in Frage kommenden nationalen Bereicherungsansprüche, subsidiär auf die gemeinschaftsrechtliche Judikatur zum bereicherungsrechtlichen Ausgleich und den in der Judikatur des EuGH festgelegten Grundsatz der Erstattung gemeinschaftsrechtswidrig erhobener Abgaben im Sinne der oben zitierten Judikatur gestützt."
Neben den nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Bereicherungsansprüchen werde - so die klagenden Parteien weiter - das Klagebegehren ausdrücklich auch "auf Ansprüche nach gemeinschaftsrechtlichem Staatshaftungsrecht infolge Verletzung des Gemeinschaftsrechts" gegründet:
"Anspruchsvoraussetzung einer Haftung eines Mitgliedstaates nach gemeinschaftsrechtlichem Staatshaftungsrecht ist zunächst eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts, die ... in einer Verletzung der Art7 litb bzw. Art7 lith der unmittelbar wirksamen
Richtlinie 93/89/EWG bzw. Art7 Abs4 und Art7 Abs9 der unmittelbar wirksamen Richtlinie 1999/62/EG nach Ansicht der klagenden Partei liegt.
Ein Staatshaftungsanspruch gegen den Mitgliedstaat ist nach der Judikatur des EuGH gegeben, gleichgültig welches mitgliedstaatliche Organ den Verstoß begangen hat und ob der Verstoß durch ein Handeln oder Unterlassen bewirkt wurde. Als weitere Haftungskriterien wurden durch die Judikatur festgelegt, dass die Rechtsnorm, gegen die verstoßen wurde, bezwecken muss, dem Einzelnen Recht zu verleihen, dass der Verstoß weiters hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß und dem entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehen muss (vgl. dazu Eilmannsberger, Rechtsfolgen und subjektives Recht im Gemeinschaftsrecht. Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der Staatshaftungsdoktrin des EuGH (1996) 31 ff mit zahlreichen Verweisen auf die Staatshaftungsjudikatur des EuGH).
Die genannten drei wesentlichen (erg.: Kriterien) sieht der EuGH als 'erforderlich und ausreichend' für die Begründung des Entschädigungsanspruchs an (EuGH Rs 46/93 und 48/93 Brasserie de Pecheur SA ua Slg. 1996, I-1143).
Auch ein schuldhaftes, rechtswidriges und schadenskausales Verhalten der zuständigen Behörden bei Erlassung von Verordnungen begründet demnach eine Haftungspflicht des Bundes im Rahmen der Staatshaftung.
Da im gegenständlichen Fall aufgrund des §3 Abs1
Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 in Form (von) Beschlüsse(n) der
Bundesregierung ... Verordnungen ergangen sind, mit denen der
Mauttarif für die Benützung der Brennerautobahn festgelegt wurde,
diese ... Maut-Gebührenordnung jedoch den ...
gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien 93/89/EWG über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten und 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge widerspricht, ist im gegenständlichen Sachverhalt die Rechtswidrigkeit des Organverhaltens der obersten Verwaltungsorgane der beklagten Partei evident.
...
Bezüglich des Organverschuldens wird §1 Abs1 AHG sinngemäß anzuwenden sein, wonach grundsätzlich für jeden Grad des Verschuldens, also sowohl für Vorsatz als auch für grobe und leichte Fahrlässigkeit gehaftet wird."
2. Der beklagte Bund (Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) erstattete unter Aktenvorlage Gegenschriften, in denen er jeweils das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach zur Gänze bestritt.
II. Diesem Vorbringen liegt folgende Sach- und Rechtslage zugrunde:
1. a) Gemäß §1 erster Satz des BG vom 3. Juni 1964 betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner, BGBl. 135, idF BGBl. 638/1975 (im folgenden: BAFinG) hat der Bund für die Benützung der A 13 Brenner Autobahn ein Entgelt einzuheben, welches in allgemeinen Richtlinien nach Fahrzeuggattungen und Entfernungen (vom für die Bundesstraßenverwaltung zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen; vgl. §4 BAFinG) festzusetzen ist. Die Höhe des Entgelts kann auch von anderen Merkmalen abhängig gemacht werden, insoweit dies im Interesse der Wirtschaftlichkeit des Straßenbetriebes geboten ist (§1 zweiter Satz BAFinG). Gemäß §2 Abs1 leg.cit. wurde die Herstellung, Erhaltung und Finanzierung sowie die Einhebung des (vom Bund zu erhebenden) Benützungsentgeltes und der aus Nebenbetrieben gezogenen Entgelte einer Kapitalgesellschaft (der Brenner Autobahn AG, die auf der Grundlage des BG betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, BGBl. 826/1992, mit der Arlberg Straßentunnel AG zur Alpen Straßen AG (im folgenden: ASAG) verschmolzen wurde; vgl. auch §2 Abs3 ASFINAG-G idF BGBl. I 130/1997) übertragen.
b) Gemäß ArtII §1 des BG vom 8. Oktober 1982, BGBl. 591, (im folgenden: ASFINAG-G) hatte der Bund eine ihm in allen Anteilen vorbehaltene Aktiengesellschaft ("Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG"; im folgenden: ASFINAG) zu errichten, deren gesetzlicher Aufgabenbereich sie als Finanzierungsgesellschaft zur Aufbringung, Verwaltung und Verteilung von Geldmitteln für die Erfüllung von öffentlichen Aufgaben (Bundesstraßenbau) auswies (§2 ASFINAG-G). Den Bundesstraßengesellschaften (darunter die Brenner Autobahn AG; später die ASAG) wurden die Einnahmen aus den von ihnen namens des Bundes eingehobenen Benützungsentgelten insoweit überlassen, als sie damit ihre angemessenen Personal- und Verwaltungskosten, die Kosten der Einhebung der Benützungsentgelte und den Erhaltungsaufwand decken können und zur Deckung dieser Aufgaben allfällige Zuschüsse der Bundesländer und sonstige Einnahmen nicht ausreichen. Benützungsentgelte, die nicht zur Deckung dieser Aufgaben dienten, waren an die ASFINAG abzuführen (§4 Abs1 ASFINAG-G id Stammfassung; im wesentlichen gleichlautend auch §4 Abs1 leg.cit. idF BGBl. 419/1991).
c) Mit dem am 1. Mai 1996 in Kraft getretenen BundesstraßenfinanzierungsG (BStFG 1996) (= Art20 des StrukturanpassungsG 1996, BGBl. 201) wurde die Finanzierung des hochrangigen Bundesstraßennetzes neu geregelt:
§1 Abs1 BStFG 1996 (id Stammfassung) sah vor, daß die Benützer unter anderem von Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) eine fahrleistungsabhängige Maut zu leisten haben. Die Einhebung der Maut hatte der Bund den Bundesstraßengesellschaften (§§1 und 3 des BG betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, BGBl. 826/1992) zu übertragen (§1 Abs1 letzter Satz BStFG 1996 id Stammfassung). Diese waren zur Abführung der zeitabhängigen Maut an den Bund verpflichtet (§9 Abs1 BStFG 1996 id Stammfassung); andererseits hatte der Bund die Mauteinnahmen den Bundesstraßengesellschaften für die Deckung der Einhebungskosten sowie der Kosten für Tilgungserfordernisse und Zinsenaufwand aus Kreditoperationen zu überlassen (§10 leg.cit.).
Mit der Einhebung einer fahrleistungsabhängigen Maut sollte 1998 begonnen werden (§2 BStFG 1996 id Stammfassung; der Beginn der Einhebung wurde durch die Novelle BGBl. I 107/1999 aufgeschoben). Für jene Straßenstrecken, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des BStFG 1996 (i.e. 1. Mai 1996) bereits von den Bundesstraßengesellschaften bemautet wurden (darunter die Brenner Autobahn), bestimmte (und bestimmt) §5 allerdings, daß "(d)ie Festsetzung der Mauttarife und die Ausnahmen von der Entgeltleistung ... durch die Bestimmungen dieses Gesetzes solange unberührt (bleiben), als die Mauteinhebung nicht gemäß §2 erfolgt".
d) Mit dem InfrastrukturfinanzierungsG 1997, BGBl. I 113, ebenfalls ein sog. Sammelgesetz, wurden die Rahmenbedingungen für die Mauteinhebung neuerlich geändert:
Danach liegt das (prinzipielle) Recht zur Mauterhebung weiterhin beim Bund (§1 Abs1 erster Satz BStFG 1996 idF des ArtV des BG BGBl. I 113/1997). Der Bund hat diese Aufgaben - wie sich aus dem (als ArtI des InfrastrukturfinanzierungsG 1997 erlassenen) ASFINAG-ErmächtigungsG 1997 ergibt - jedoch nicht selbst wahrzunehmen, sondern "auszugliedern":
Das ASFINAG-ErmächtigungsG verpflichtete nämlich den Bundesminister für Finanzen, der ASFINAG - in die gemäß §1 leg.cit. u. a. die vom Bund gehaltenen Anteile der ASAG als Sacheinlage einzubringen waren - rückwirkend ab 1. Jänner 1997 das Recht der Fruchtnießung u.a. an den bestehenden Bundesautobahnen zu übertragen (§2) und ihr das Recht einzuräumen, die Einhebung von Mauten und Benützungsgebühren von sämtlichen Nutzern der dem Fruchtgenußberechtigten übertragenen Straßen entsprechend den Bestimmungen des BStFG 1996 und der sonstigen gesetzlich festgelegten Mauten und Benützungsgebühren vorzunehmen (§6). Dies ist offenbar auch geschehen (vgl. Pkt. I. Abs2 und III. Abs1 des Fruchtgenußvertrages). Den Materialien (RV 698 BlgNR 20. GP) zufolge werden demnach die Mauten und Benützungsgebühren "in Hinkunft in Namen und auf Rechnung der ASFINAG" (S 11) bzw. "durch die ASFINAG im eigenen Namen und auf eigene Rechnung" (S 13) eingehoben.
Unter einem wurde bestimmt, daß als Unternehmensgegenstand der ASFINAG insbesondere die Finanzierung, die Planung, der Bau und die Erhaltung von (u.a.) Bundesstraßen A (Bundesautobahnen), die Einhebung von Mauten und Benützungsgebühren von den Nutzern dieser Straßen sowie die Bedienung von näher umschriebenen Verbindlichkeiten vorzusehen ist (§2 Abs1 ASFINAG-G idF des ArtII des InfrastrukturfinanzierungsG 1997).
2. a) Vom 1. Jänner 1992 bis 30. Juni 1995 galt - so die beklagte Partei in ihren Gegenschriften - folgende "Mautregelung" für Lastkraftwagen mit mehr als 3 Achsen für die Gesamtstrecke:
Einzelkarte für nicht lärmarme Lastkraftwagen S 1.000,--
Einzelkarte für lärmarme Lastkraftwagen S 750,--
"Hundert-Punkte-Karte" S 4.000,--
"Hundert-Fahrten-Karte" S 50.000,--
Bei Verwendung der "Hundert-Punkte-Karte" kostete eine einzelne Fahrt S 600,--, bei Kauf einer "Hundert-Fahrten-Karte" kostete eine Fahrt S 500,-- für lärmarme Lastkraftwagen.
Im Zeitraum vom 1. Juli 1995 bis 31. Jänner 1996 betrug der Preis für eine Einzelkarte auf der Gesamtstrecke einheitlich, d.h. sowohl für nicht lärmarme als auch für lärmarme Lastkraftwagen mit mehr als 3 Achsen S 1.000,--; die oben genannten "Karten" wurden abgeschafft.
Vom 1. Februar 1996 bis 30. Juni 1999 galt hinsichtlich der Gesamtstrecke für Lastkraftwagen mit mehr als 3 Achsen folgendes:
Einzelkarte für lärm- und schadstoffarme LastkraftwagenS 1.150,--
für alle übrigen S 1.500,--
für Nachtfahrten S 2.300,--
Wie sich aus den von der beklagten Partei vorgelegten Akten ergibt, teilte der (damalige) Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten 1995 und 1996 der ASAG unter Berufung auf das mit dem Bundesminister für Finanzen hergestellte Einvernehmen die Tarifänderungen brieflich mit.
Gleiches gilt für die Bekanntgabe der ab 1. Juli 1999 wirksamen (neuerlichen) Änderung der Mauttarife für Lastkraftwagen mit vier oder mehr Achsen auf der Gesamtstrecke der A 13 Brenner Autobahn an die ASFINAG. Ab diesem Zeitpunkt betrug das Entgelt:
für Fahrzeuge, die mindestens der Kategorie
"EURO I" der RL 88/77/EWG entsprechen S 1.070,-- für Fahrzeuge ohne "EURO-Einstufung"
S 1.420,--
für alle Fahrzeuge für Nachtfahrten (22.00 bis 5.00 Uhr) S 2.140,--
b) Diesen Tariffestlegungen ging - so die beklagte Partei in ihren Gegenschriften - eine Reihe politischer Entscheidungen voraus:
"Eine Entschließung des Nationalrates vom 6.4.1995 sah die Setzung von Maßnahmen zur Beschleunigung des Umstieges auf umweltfreundliche Fahrzeuge im Staßenverkehr (Wert- und 100-Fahrten-Karten nur für Euro 1 Fahrzeuge) sowie in einem nächsten Schritt weitere Mautanpassungen im Sinne von Kostenwahrheit vor.
Der Tiroler Landtag forderte am 17.5.1995 in einem diesbezüglichen Beschluss die zuständigen Regierungsstellen des Bundes ua auf, die Mauttarife auf der Brenner-Autobahn nach einem konkreten Vorschlag so zu verändern, dass den auch von der Europäischen Kommission verfolgten ökologischen Aspekten durch entsprechende Tarifstaffelungen mehr Rechnung getragen wird. Nach Aufhebung der Tarifbegünstigungen für Mehrfachfahrten per 1.7.1995 stellte sich der Österreichische Nationalrat in einer von allen Parteien mitgetragenen Parlamentarischen Entschließung vom 16.11.1995 voll hinter diese Tiroler Forderung und forderte die Bundesregierung auf, die entsprechenden Schritte zu setzen. Die Bundesregierung hat am 9.1.1996 den Beschluss gefasst, die Entschließung des Nationalrates umzusetzen und die Mauttarife der Brenner Autobahn ab 1.2.1996 entsprechend dem Tiroler Landtagsbeschluss anzuheben."
3. Mit Urteil vom 26. September 2000, Rs. C-205/98 , erkannte der Europäische Gerichtshof über eine von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen die Republik Österreich gemäß Art169 (nunmehr: 226) EGV erhobene Klage bezüglich der mit 1. Juli 1995 und 1. Februar 1996 vorgenommenen Erhöhungen des Mauttarifs (in Spruchpunkt 1) für Recht:
"Die Republik Österreich hat gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten verstoßen, indem sie zum 1. Juli 1995 und 1. Februar 1996 die Maut für die Gesamtstrecke der Brennerautobahn, einer Transitstrecke durch Österreich, auf der überwiegend Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mindestens 12 t verkehren, die für den Güterkraftverkehr bestimmt und in anderen Mitgiedstaaten zugelassen sind, erhöht hat, nicht aber für die Teilstrecken dieser Autobahn, die ganz überwiegend von Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mindestens 12 t benutzt werden, die ebenfalls für den Güterkraftverkehr bestimmt sind und in Österreich zugelassen sind. Des Weiteren hat sie gegen ihre Verpflichtung aus Artikel 7 Buchstabe h derselben Richtlinie verstoßen, indem sie die genannte Maut nicht nur zur Kostendeckung für den Bau, den Betrieb und den weiteren Ausbau der Brennerautobahn erhoben hat."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
1. a) Zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes in den vorliegenden Klagssachen gemäß Art137 B-VG führen die klagenden Parteien - unter Hinweis darauf, daß die Rückforderung von für die Benutzung der Brenner Autobahn entrichteter "Mautgebühren" nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sei, "da das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 die zivilrechtliche Einhebung" vorsehe, - aus:
"In der gegenständlichen Klagsschrift wird eine Anspruchskonkurrenz insofern geltend gemacht, als einerseits die gegen die beklagte Partei gerichteten Ansprüche der klagenden Partei auf nationales und gemeinschaftsrechtliches Bereicherungsrecht, andererseits auf gemeinschaftsrechtliches Staatshaftungsrecht infolge Verletzung von Gemeinschaftsrecht gestützt werden.
Jedenfalls hinsichtlich der von der klagenden Partei relevierten Anspruchsgrundlage in Form der Staatshaftungsansprüche ist im gegenständlichen Fall die suppletorische Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG erfüllt, da nach herrschender Lehre Staatshaftungsansprüche wegen Verletzung des Gemeinschaftsrechtes nach Art137 B-VG geltend zu machen sind (vgl. dazu Mayer, B-VG2, (1997) Art137 B-VG II Pkt. 4. unter Verweis auf weitere Literatur)."
Hinsichtlich der geltend gemachten Bereicherungsansprüche gehen die klagenden Parteien grundsätzlich davon aus, daß es sich dabei um "vermögensrechtliche Ansprüche, die im ordentlichen Rechtsweg auszutragen sind", handelt, stützen ihre Klagen beim Verfassungsgerichtshof jedoch hilfsweise auf Art137 B-VG.
b) Die beklagte Partei bestreitet die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf den privatrechtlichen Charakter der "Maut" und der daraus abzuleitenden Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte über Streitigkeiten betreffend deren Höhe.
2. Damit ist die beklagte Partei im Ergebnis im Recht:
a) Da weder die oben (Pkt. II) referierten Vorschriften eine ausdrückliche Bestimmung betreffend die Rückforderung zu Unrecht eingehobener Benützungsentgelte oder sonstige haftungsrechtliche Regelungen enthalten noch eine allenfalls denkbare Rückabwicklung aufgrund einer bescheidmäßigen Erledigung in Betracht kommt, weil weder die Benutzung der Brenner Autobahn hoheitlich gestattet wird noch die Festlegung (der Höhe) des für die Benützung zu entrichtenden Entgelts gegenüber den Benutzern, noch dessen Einhebung bescheidmäßig erfolgt, steht fest, daß über die geltend gemachten Ansprüche nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist. Es bleibt daher zu untersuchen, ob ein vermögensrechtlicher Anspruch gegeben ist, der im ordentlichen Rechtsweg auszutragen ist.
b) Betrachtet man die geltend gemachten Ansprüche, so kann daran, daß sie auf Leistung eines Ausgleichs (seitens des Bundes) für die durch das (behaupteterweise) zu hoch bemessene Benützungsentgelt verursachten vermögensrechtlichen Nachteile gerichtet sind, kein Zweifel bestehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen einen der in Art137 B-VG genannten Rechtsträger jedenfalls dann in einer die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ausschließenden Weise im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, wenn sich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch aus §1 JN herleiten läßt (VfSlg. 12.049/1989). Für die Zuordnung eines Rechtsanspruches zu den "bürgerlichen Rechtssachen" und die daraus folgende Zuständigkeit der Zivilgerichte gemäß §1 JN ist maßgeblich, ob die Rechtsordnung die betreffenden Rechtsverhältnisse einem privatrechtlichen oder einem öffentlich-rechtlichen Regime unterworfen hat und welcher rechtlichen Handlungsformen sich eine Gebietskörperschaft, die eine Leistung verlangt hat und deswegen in Anspruch genommen wird, bedient (VfSlg. 12.049/1989 mwH).
In Ansehung von Schadenersatzansprüchen (worunter ihrer Art nach auch Ansprüche auf Entschädigung wegen Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes zu verstehen sind; vgl. VfSlg. 3287/1957, 13.079/1992) hat der Verfassungsgerichtshof - ausgehend von der Natur des Klagsanspruchs (vgl. VfSlg. 2759/1954, 5257/1966, 5519/1967) - in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß diese grundsätzlich, soweit sie nicht ausnahmsweise vor eine Verwaltungsbehörde verwiesen sind, auch dann als im ordentlichen Rechtsweg - sei es nach dem ABGB oder nach dem Amtshaftungsgesetz - geltend zu machende Privatrechte anzusehen sind, wenn sie auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruhen (vgl. VfSlg. 3287/1957, 6512/1971, 8065/1977, 13.079/1992, 14.952/1997).
Angesichts dieser Judikatur kann kein Zweifel daran bestehen, daß die klagenden Gesellschaften ihre Ansprüche insofern im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen haben, als sie diese direkt auf bereicherungsrechtliche oder schadenersatzrechtliche Regelungen des ABGB stützen.
c) Die Ansprüche werden in den Klagen aber auch aus dem Gemeinschaftsrecht hergeleitet.
aa) Den klagenden Parteien ist zuzustimmen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (9.11.1983, Rs. 199/82, San Giorgio, Slg. 1983, 3595, Rz. 12; 2.2.1988, Rs. 309/85, Barra, Slg. 1988, 355; 6.7.1995, Rs. C-62/93 , Soupergaz, Slg. 1995, I-1883; 9.2.1999, Rs. C-343/96 , Dilexport, Slg. 1999, I-579, Rz. 23) mit einem Urteil dieses Gerichtshofes, das eine (innerstaatliche) "Abgabe" für gemeinschaftsrechtswidrig hält, die aus Art10 EGV abzuleitende Verpflichtung des betroffenen Mitgliedstaates einhergeht, dem einzelnen diese rechtswidrig erhobene "Abgabe" zu erstatten.
Weiters hat der Europäische Gerichtshof - in Fortentwicklung des primären Gemeinschaftsrechts - unter bestimmten Voraussetzungen das Entstehen von gemeinschaftsrechtlich grundgelegten Staatshaftungsansprüchen angenommen (näher zB Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht, 1998, 168 ff.): Seiner Auffassung zufolge sind die Mitgliedstaaten zum Ersatz jener Schäden verpflichtet, die den einzelnen durch solche Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, die den Staaten zuzurechnen sind.
Allerdings richten sich in Ermangelung einheitlicher gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften Gewährung, Umfang und Verfahren in Ansehung von Erstattungsansprüchen nach den jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften (vgl. zB EuGH 16.12.1976, Rs. 33/76, Rewe, Slg. 1976, 1989; 16.12.1976, Rs. 45/76, Comet, Slg. 1976, 2043; 14.12.1995, Rs. C-312/93 , Peterbroek, Slg. 1995, I-4599), und auch die Durchsetzung der Staatshaftungsansprüche hat "im Rahmen des nationalen Haftungsrechts" zu erfolgen, wobei "die im Schadenersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten materiellen und formellen Voraussetzungen nicht ungünstiger sein" dürfen, "als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und sie dürfen nicht so ausgestaltet sein, daß sie es praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, die Entschädigung zu erlangen" (vgl. EuGH, verb. Rs. C-6 und 9/90, Francovich, Slg. 1991, I-5357, Rz. 42 f.; verb. Rs. C-46/93 und C-48/93 , Brasserie du Pcheur, Slg. 1996, I-1029, Rz. 67).
Demnach ergibt sich aus dem (allfälligen) Bestehen derartiger Ansprüche in den vorliegenden Fällen allein unmittelbar noch nichts für die Beantwortung der Frage, wer zur Entscheidung über die Ansprüche aus dem Gemeinschaftsrecht zuständig ist, denn dessen Bedeutung geht über den materiellen Anspruch nicht hinaus.
bb) Der österreichische Gesetzgeber hat die Frage, vor welcher staatlichen Behörde und in welchem Verfahren gemeinschaftsrechtlich begründete Erstattungs- oder Staatshaftungsansprüche geltend zu machen sind, nicht ausdrücklich geregelt. Die Frage ist daher - da eine Lösung, der zufolge im österreichischen Recht derartige Ansprüche nicht durchsetzbar sein sollen, aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen ausscheidet - nach den allgemeinen Grundsätzen der Zuständigkeitsverteilung vorzunehmen, wie sie sich in der österreichischen Rechtsordnung finden (vgl. insbesondere die schon referierte Entscheidung VfSlg. 12.049/1989), wobei freilich den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen, wie sie der Europäische Gerichtshof in den vorher zitierten Entscheidungen formuliert hat, Rechnung getragen werden muß.
Zu prüfen ist daher zunächst und losgelöst von der Frage, ob für den jeweils in den Klagen geschilderten Sachverhalt ein (Rück-)Ersatz oder eine Entschädigung qua Gemeinschaftsrecht gebührt, ob darüber an sich im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden ist; die Frage, ob das Gesetz oder das Gemeinschaftsrecht die behaupteten Ansprüche auch tatsächlich einräumt, berührt die Zulässigkeit des Rechtsweges nämlich nicht.
Dazu hat der Verfassungsgerichtshof folgendes erwogen:
Soweit die geltend gemachten Erstattungs- bzw. Staatshaftungsansprüche im Gemeinschaftsrecht wurzeln, können sie nicht als privatrechtliche Ansprüche angesehen werden. Sie entspringen nämlich einer Norm des primären Gemeinschaftsrechts bzw. dessen Weiterentwicklung durch den Europäischen Gerichtshof, welche die Mitgliedstaaten zur Entschädigung bzw. Staatshaftung verpflichten, und damit einer ohne Zweifel nicht privatrechtlichen Norm (vgl. Rebhahn, Staatshaftung bei Verletzung von
Gemeinschaftsrecht und Umsetzung in Österreich, in: ÖJK (Hrsg.),
Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat: Österreich als Mitglied der Europäischen Union, 1999, S 149 (174)). Die aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Rechtsansprüche können also nicht ohne weiters "dem privatrechtlichen Regime" zugeordnet werden, worauf der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 12.049/1989 primär abgestellt hat; wohl aber kann im gegebenen Zusammenhang der zweite in dieser Entscheidung bezogene Anknüpfungspunkt analog herangezogen werden, nämlich der nach der Qualifikation der rechtlichen Handlungsformen, deren sich eine Gebietskörperschaft bedient hat, als sie die gemeinschaftsrechtswidrige Leistung verlangt bzw. ermöglicht hat. Nach den die referierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes tragenden Grundgedanken ist daher die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte dann gegeben, wenn das Handeln des Staatsorgans, das zum gemeinschaftsrechtlich begründeten Erstattungs- oder Staatshaftungsanspruch geführt hat, ein privatrechtliches war.
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 8937/1980 feststellte, ist die Brenner Autobahn eine Bundesstraße, deren Benützung der Bund der Allgemeinheit gegen ein ihm zufließendes Entgelt überlassen hat. Dies trifft jedenfalls für die Rechtslage vor Wirksamkeitsbeginn des vom Bundesminister für Finanzen mit der ASFINAG aufgrund des ASFINAG-ErmächtigungsG abgeschlossenen Fruchtgenußvertrages zu. Danach hatte die ASFINAG auf Basis dieses Vertrages die Mautentgelte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einzuheben. Für den gesamten klagsgegenständlichen Zeitraum war - wie sich aus den oben wiedergegebenen Bestimmungen (vgl. insbesondere §§1 f. BAFinG; auch unter dem Regime des BStFG 1996 und des ASFINAG-ErmächtigungsG hat sich daran nichts geändert, vgl. §5 BStFG 1996) ergibt - das Benützungsentgelt vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festzusetzen (vgl. auch die Vollzugsklausel im BAFinG). Nach vorherrschender Ansicht tritt der Bundesminister bei Ausübung dieses Ingerenzrechtes nicht als Träger von hoheitlichen Funktionen in Erscheinung, sodaß die im Gesetz genannten "allgemeinen Richtlinien" als privatrechtliche Willenserklärungen mit der Intention pflichtenbegründender Wirkung gegenüber den Sondergesellschaften anzusehen sind (vgl. Funk, Sondergesellschaften in der Bundesstraßenverwaltung, ÖZW 1984, S 65 (73); Aicher, Zivil- und gesellschaftsrechtliche Probleme, in: Funk (Hrsg.), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte, 1981, S 191 (244), sieht in der Bestimmung des §1 BAFinG eine Regelung, mit der "zugunsten des Trägergemeinwesens die Geschäftstätigkeit der ausgegliederten Kapitalgesellschaft insofern beschränkt wird, als sich das Trägergemeinwesen selbst gewisse Agenden zurückbehält ...").
Der in den Klagen geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung jenes Teils des Benützungsentgeltes, der - wie aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes in der Rs. C-205/98 dem Grunde, freilich nicht der Höhe nach feststeht - gemeinschaftsrechtswidrig abverlangt wurde, ist daher ein im Gemeinschaftsrecht wurzelnder Erstattungs- oder Haftungsanspruch. Die Qualifikation des Anspruchs als Anspruch bereicherungsrechtlicher oder schadenersatzrechtlicher Natur könnte im Hinblick darauf, daß seit dem Abschluß des Fruchtgenußvertrages mit Wirkung 1. Jänner 1997 die Benützungsentgelte von der ASFINAG im eigenen Namen eingehoben wurden, insbesondere für diesen Zeitraum zweifelhaft sein; die Frage braucht indes hier (noch) nicht beantwortet zu werden, weil es zunächst nur um die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über die gegen den Bund geltend gemachten Ansprüche geht. Hiefür kommt es aber nicht darauf an, ob man die Auffassung vertritt, daß der Umstand, daß der Bund die Gesellschaftsanteile der ASFINAG hält und die Höhe der Benützungsentgelte (für die Brenner Autobahn) nach wie vor vom für die Bundesstraßenverwaltung zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festgesetzt wird, ausreicht, das Bestehen eines Erstattungsanspruches gegenüber dem Bund anzunehmen, oder aber meint, daß der Bund bei dieser Konstellation nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen für Schäden haftet, für die er bloß insofern Verantwortung trägt, als er sie durch nicht entsprechende Umsetzung der maßgeblichen Richtlinie verursacht hat.
cc) Die Einhebung der Mautentgelte war somit im gesamten klagsgegenständlichen Zeitraum stets als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung des Staates bzw. einer privatrechtsförmigen Tätigkeit eines ausgegliederten Rechtsträgers zu qualifizieren und die Festlegung der Höhe der Mautentgelte erfolgte dabei stets durch die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung. Angesichts dessen sind die ordentlichen Gerichte zuständig, über die klagsweise geltend gemachten, auf Gemeinschaftsrecht gestützten Erstattungs- bzw. Staatshaftungsansprüche zu befinden, wobei es deren Sache ist zu entscheiden, ob die Festlegung der Höhe der Mautentgelte "in Vollziehung der Gesetze" (§1 AHG) oder privatrechtsförmig erfolgt ist.
dd) An der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ändert auch - wie eine Übertragung der Grundgedanken der vom Gerichtshof etwa in VfSlg. 3287/1957 und 13.079/1992 vertretenen Auffassung auf die vorliegende Konstellation ergibt - nichts, wenn der Grund für das Fehlverhalten des handelnden Staatsorgans in einem Fehler des Gesetzgebers zu suchen ist. Insofern ist es von den klagenden Parteien nicht richtig, mit einem Teil der Lehre undifferenziert immer dann eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG anzunehmen, wenn der Grund für die gemeinschaftsrechtliche Rechtswidrigkeit in einem "legislativen Unrecht" liegt (vgl. die Hinweise bei Potacs, Die Europäische Union und die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, Gutachten, 14. ÖJT, Bd. I/1, S 66 ff.). Vielmehr besteht eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes in diesem Fall bloß dann, wenn die anspruchsbegründenden Handlungen oder Unterlassungen nicht einem hoheitlich tätig gewordenen Vollzugsorgan oder einem privatrechtsförmig tätig gewordenen Staatsorgan, sondern unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen sind, etwa weil eine Ermächtigung eines Staatsorgans zu einer entsprechenden Tätigkeit gesetzlich (zB bei Untätigbleiben des Gesetzgebers bei der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben) gar nicht vorgesehen ist. Immer dann aber, wenn der Kläger seinen Anspruch auf eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts stützt, die er der Vollziehung zurechnet, so sind grundsätzlich - anderes mag in Ansehung des §2 Abs3 AHG iVm Art137 B-VG gelten (was aber in diesem Verfahren dahingestellt bleiben kann) - die Amtshaftungsgerichte zuständig (so zutreffend Rebhahn, aaO, S 176); gleiches gilt mutatis mutandis, wenn das Staatsorgan, dem der Kläger das anspruchsbegründende gemeinschaftsrechtswidrige Staatshandeln zurechnet, privatrechtsförmig tätig wurde: Auch diesfalls sind die ordentlichen Gerichte zuständig, darüber zu befinden.
ee) Da nun in concreto die - überhöhte - Einhebung der Mautentgelte privatrechtsförmig für den Bund bzw. ab 1. Jänner 1997 von der ASFINAG im eigenen Namen aufgrund einer Festlegung durch die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung erfolgte und eben diese Handlungen von Bundesorganen die gemeinschaftsrechtlichen Erstattungs- bzw. Schadensersatzansprüche begründet haben sollen, ergibt sich nach dem Gesagten - sowohl für die Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche auf Rückerstattung bzw. Entschädigung als auch für die begehrte Feststellung des Bestehens eines Staatshaftungsanspruches - die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, wobei für dieses Ergebnis vom Verfassungsgerichtshof die - von den ordentlichen Gerichten zu beantwortende - Frage nicht gelöst zu werden braucht, ob das anspruchsbegründende Handeln ein privatrechtsförmiges war oder "in Vollziehung der Gesetze" erfolgte.
d) Der Verfassungsgerichtshof ist demnach nicht zuständig, weshalb die Klagen ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen waren (§19 Abs3 Z2 lita VerfGG).
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