Normen
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
Nö JagdG 1974 §37
RechtsanwaltstarifG §23. TP2
VfGG §41
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
Nö JagdG 1974 §37
RechtsanwaltstarifG §23. TP2
VfGG §41
Spruch:
Die Klage wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Gemeinde zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit EUR 92,14 bestimmten Prozesskosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Begründung
I. 1. Dr. DI L hatte den Fruchtgenuss an einer zum Genossenschaftsjagdgebiet "Kasten" gehörenden Liegenschaft. Mit mehreren an den Obmann des Jagdausschusses und die Gemeinde 3072 Kasten bei Böheimkirchen gerichteten Schreiben beantragte Dr. DI L die Bekanntgabe und Überweisung der Jagdpachtschillinge für die Jahre 2000, 2001, 2002 und 2003. Dieses Begehren wurde mit Schreiben der Gemeinde Kasten vom 24. Juni 2003 mit der Begründung abgelehnt, dass es sich beim Jagdpachtschilling um eine Holschuld handle, die durch die Vorlage eines Erlagscheines nicht in geeigneter Form zeitgerecht angenommen worden sei, weshalb sie zugunsten der Gemeindekassa verfallen sei.
2. Mit der vorliegenden Klage gemäß Art137 B-VG begehrt die Verlassenschaft des mittlerweile verstorbenen Dr. DI L, vertreten durch den erbserklärten Erben, der Verfassungsgerichtshof möge die Gemeinde Kasten als beklagte Partei schuldig erkennen, der klagenden Partei den Betrag von EUR 576,21 samt 4 vH Zinsen aus EUR 384,14 seit 30. Juni 2003 und aus EUR 192,07 seit 30. Mai 2004 sowie die Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Der Anspruch der klagenden Partei gründe sich gegenüber der beklagten Gemeinde auf die "direkt oder zumindest analog anzuwendenden Bestimmungen des Bereicherungsrechts bzw. stelle er allenfalls einen Verwendungsanspruch (vgl §1041 ABGB) dar".
In der Klage werden ua. auch Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §37 Abs5 zweiter Satz des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (NÖ JG), LGBl. Nr. 6500 idgF, vorgetragen.
3. §37 NÖ JG regelt die Aufteilung des Pachtschillings in einem gemeinschaftlichen Genossenschaftsjagdgebiet (die in der Klage als verfassungswidrig gerügte Bestimmung ist hervorgehoben):
"§37
Aufteilung des Pachtschillings
(1) Der Jagdpachtschilling, einschließlich eines im Sinne des §15 Abs4 etwa entrichteten Entgeltes, ist abzüglich der die Jagdgenossenschaft belastenden Kosten auf alle Eigentümer der das Genossenschaftsjagdgebiet bildenden Grundstücke unter Zugrundelegung des Flächenausmaßes der Grundstücke aufzuteilen. Dabei haben jedoch jene Grundstücke außer Betracht zu bleiben, auf denen die Jagd ruht (§17 Abs1 und 2).
(2) Der auf einen Jagdeinschluß (§14 Abs3) entfallende Pachtschilling ist nur unter die Eigentümer jener Grundstücke, die den Jagdeinschluß bilden, zu verteilen.
(3) Innerhalb von vier Wochen nach dem jeweiligen Erlag des jährlichen Pachtschillings hat der Jagdausschuss ein Verzeichnis der auf die einzelnen Grundbesitzer nach dem zugrundegelegten Maßstab (Abs1) entfallenden Anteile durch zwei Wochen im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Auflegung ist mit dem Beifügen kundzumachen, daß Beschwerden gegen die Feststellung der Anteile innerhalb zweier Wochen, von dem Anschlage der Kundmachung an gerechnet, schriftlich beim Obmann des Jagdausschusses einzubringen sind. Eingebrachte Beschwerden sind von dem Obmann des Jagdausschusses ohne Verzug der Bezirksverwaltungsbehörde zur Entscheidung vorzulegen. Die Gemeinde hat dem Jagdausschuß in die zur Berechnung der Pachtschillingsanteile erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren.
(4) Gegen diese Entscheidung ist eine Berufung nicht zulässig.
(5) Nach rechtskräftiger Bestimmung der Anteile hat der Obmann des Jagdausschusses diese dem Grundeigentümer auszufolgen. Anteilbeträge, die binnen einer kalendermäßig festzusetzenden und kundzumachenden Frist von vier Wochen nicht behoben werden, verfallen zugunsten der Gemeindekassa."
4. Die beklagte Gemeinde Kasten brachte durch einen Rechtsanwalt eine Gegenschrift ein, in der beantragt wird, die Klage kostenpflichtig abzuweisen. Die eingegangene Stellungnahme der Niederösterreichischen Landesregierung bestreitet in erster Linie die Klagslegitimation im Hinblick auf Art137 B-VG.
II. Die Klage ist nicht zulässig:
1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die Länder, die Gemeinden und die Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
Im vorliegenden Fall kann die klagende Partei den von ihr behaupteten Anspruch im ordentlichen Rechtsweg geltend machen:
2.1. Der Anspruch des Grundeigentümers gegen die Jagdgenossenschaft auf Ausfolgung des Anteilsbetrages am Pachtschilling ist zivilrechtlicher Natur. Streitigkeiten aus diesem Rechtsverhältnis fallen als bürgerliche Rechtssachen in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (vgl. VfSlg. 11.660/1988).
Die vorliegende Klage richtet sich jedoch nicht gegen die Jagdgenossenschaft, sondern gegen die Gemeinde Kasten, zu deren Gunsten der in Streit stehende Pachtschilling gemäß §37 Abs5 zweiter Satz Nö. Jagdgesetz verfallen ist. Der Kläger stützt seinen geltend gemachten Anspruch auf eine Bereicherung der beklagten Partei zufolge einer - seiner Ansicht nach - verfassungswidrigen gesetzlichen Regelung.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat einen - insoweit auch vergleichbaren - Fall bereits entschieden, in welchem - wie hier - vor dem Gerichtshof nach Art137 B-VG ein Bereicherungsanspruch aus der behaupteten Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht wurde, die den Verfall privatrechtlicher Ansprüche vorgesehen hatte. Der Verfassungsgerichtshof vertrat dazu die Auffassung, dass diese Norm "ihrem Inhalt nach ... grundsätzlich eine Regelung auf dem Gebiete des Privatrechtes" sei (VfSlg. 5386/1966 - Verfall von Wertpapieren nach dem Wertpapierbereinigungsgesetz 1954 und dem Reststückegesetz 1958 zugunsten des Bundes).
2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings wiederholt ausgesprochen, dass für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht gegeben ist, wenn der Vermögenszuwachs auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruht, wie zB dann, wenn es um die Rückforderung von Zahlungen geht, die in Erfüllung einer besonderen gesetzlichen Verpflichtung zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts erfolgt sind (zB VfSlg. 10.279/1984 betreffend die Klage eines Trägers der Sozialversicherung auf Rückzahlung von an den damaligen Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger geleisteten Beiträgen, mwN aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).
Letzteres trifft hier aber nicht zu: Die als verfassungswidrig gerügte Bestimmung des §37 Abs5 zweiter Satz NÖ JG regelt den Verfall eines Anspruches, der schon in der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als ein solcher privatrechtlicher Natur beurteilt worden ist, zugunsten der Gemeinde. Der Umstand, dass der Verfall unmittelbar kraft Gesetzes eintritt, macht den Anspruch noch nicht zu einem öffentlich-rechtlichen. Über einen solchen Anspruch hat daher ein ordentliches Gericht zu entscheiden.
3. Die Klage war daher wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lita VfGG).
4. Die der obsiegenden beklagten Partei gebührenden Kosten waren gemäß §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 Abs2 ZPO nach dem RATG auszumessen. Die Gegenschrift war nur nach TP2 des RATG zu honorieren (vgl. VfSlg. 11.395/1987, 12.313/1990). Der zugesprochene Kostenbetrag enthält 120 vH Einheitssatz (vgl. §23 Abs6 RATG) sowie Umsatzsteuer in Höhe von EUR 15,36.
5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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