VwGH Ra 2022/09/0137

VwGHRa 2022/09/01374.1.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A Anstalt öffentlichen Rechts in B, vertreten durch Mag. Gottfried Schmutzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3/18, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. Oktober 2022, LVwG‑752761/2/BP/NIF, betreffend Ansprüche nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13 Abs1
AVG §13 Abs2
B-VG Art133 Abs4
EpidemieG 1950 §33
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022090137.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom 21. Februar 2022 begehrte die revisionswerbende Partei eine Vergütung gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für die erfolgte Absonderung eines bei ihr beschäftigten Arbeitnehmers.

2 Mit Bescheid vom 29. August 2022 wies die Bezirkshauptmannschaft Urfahr‑Umgebung diesen Antrag mit der Begründung ab, dass er nicht rechtzeitig gestellt worden sei. Die gemäß § 49 Abs. 1 EpiG vorgesehene Frist von drei Monaten sei bereits abgelaufen gewesen. Der Antrag sei am Montag, dem 21. Februar 2022, um 18:31 Uhr bei der belangten Behörde mittels E-Mail eingelangt. Vor dem Hintergrund, dass unter anderem auf der Homepage der belangten Behörde eine Bekanntmachung abrufbar gewesen sei, mit der die Dauer der Amtsstunden ‑ unter anderem ‑ am Montag mit 7:00 bis 12:00 Uhr und 12:30 bis 17:00 Uhr festgelegt worden sei, sei der Antrag außerhalb der Amtsstunden eingebracht worden. Der Bekanntmachung sei auch der Hinweis zu entnehmen gewesen, dass Empfangsgeräte für Telefax und E-Mail zwar auch außerhalb der Amtsstunden empfangsbereit gehalten, diese jedoch nur während der Amtsstunden betreut und Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an diese Empfangsgeräte gerichtet würden, daher nicht entgegengenommen werden könnten und erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gälten.

3 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. z.B. VwGH 18.5.2022, Ra 2022/02/0081, mwN).

9 Die revisionswerbende Partei sieht die Zulässigkeit ihrer Revision darin gelegen, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage fehle, ob eine organisatorische Beschränkung im Sinn des § 13 Abs. 2 und 5 AVG auf materielle Fristen anwendbar sei.

10 Vorauszuschicken ist, dass es sich bei der Antragsfrist des § 33 EpiG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht um eine verfahrensrechtliche Frist, sondern um eine materiell‑rechtliche Frist handelt (vgl. etwa VwGH 22.6.2022, Ra 2021/09/0187, mwN).

11 § 13 Abs. 2 AVG normiert, dass schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden können, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen. Unter Anbringen gemäß § 13 Abs. 1 AVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber alle Arten von Verfahrenshandlungen zu verstehen, mit denen Beteiligte an eine Behörde herantreten können (vgl. etwa VwGH 6.7.2016, Ra 2016/08/0041), also auch Anträge auf Vergütung nach § 32 EpiG.

12 Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit Verfahrensmängel und eine „Verletzung tragender Grundsätze des Verfahrensrechts“ geltend macht, die damit begründet wird, dass das Verwaltungsgericht entgegen seiner Feststellungen in seiner rechtlichen Beurteilung eine tatsächliche Einbringung am „21. 03 .2022“ anführe, wird schon mangels einer Relevanzdarstellung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargetan (vgl. zum Erfordernis einer Relevanzdarstellung bei Verfahrensmängel VwGH 18.8.2017, Ra 2017/04/0022, mwN). Gegen die vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zu dem Datum der Aufhebung der Absonderung und dem tatsächlichen Einlangen des Antrags per E‑Mail bei der belangten Behörde am 21. Februar 2022 um 18:31 Uhr wendet sich die revisionswerbende Partei in der Zulässigkeitsbegründung darüber hinaus nicht.

13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. Jänner 2023

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