VwGH Ra 2019/03/0053

VwGHRa 2019/03/005318.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Dr. K B in W, vertreten durch die Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 25. Februar 2019, Zl. LVwG 41.25-437/2019-2, betreffend Anerkennung einer Ausbildungsveranstaltung nach § 36 RL-BA 2015 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Plenum des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer; weitere Partei:

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz), zu Recht erkannt:

Normen

RAO 1868 §1 Abs2 litf
RAO 1868 §15 Abs2
RAO 1868 §2
RAO 1868 §2 Abs1
RAO 1868 §21b
RAO 1868 §21b Abs1
RAO 1868 §28 Abs1 litm
RAO 1868 §30 Abs1
RAO 1868 §5 Abs1
RAPG 1985 §2 Abs2
RAPG 1985 §7
RLBA 2015 §33 Abs1
RLBA 2015 §34 Abs1
RLBA 2015 §34 Abs3
RLBA 2015 §35 Abs1
RLBA 2015 §36
RLBA 2015 §37
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030053.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom 27. September 2018 beantragte die Revisionswerberin bei der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, ihre Teilnahme an der Veranstaltung "Die österreichischen Höchstgerichte und die europäischen Gerichtshöfe zwischen Recht, Wirtschaft und Politik" der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz vom 4. Mai 2012 als Ausbildungsveranstaltung gemäß § 36 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL-BA 2015) anzuerkennen. 2 Mit Bescheid vom 23. Oktober 2018 wies das Plenum des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer diesen Antrag ab. Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Revisionswerberin zum Zeitpunkt der Teilnahme an der genannten Ausbildungsveranstaltung bei keiner Rechtsanwaltskammer in Österreich in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen gewesen sei. Aus dem klaren Wortlaut des § 34 Abs. 1 RL-BA 2015 ergebe sich, dass die Tätigkeit des Rechtsanwaltsanwärters und die Absolvierung von Ausbildungsveranstaltungen zeitgleich erfolgen solle. Da die Revisionswerberin zum Zeitpunkt der Absolvierung der Veranstaltung keine Rechtsanwaltsanwärterin gewesen sei, sei der Antrag abzuweisen.

3 Mit Beschwerdevorentscheidung des Plenums des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 22. Jänner 2019 wurde die von der Revisionswerberin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde abgewiesen.

4 Nach rechtzeitiger Erhebung eines Vorlageantrages wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (VwG) die Beschwerde mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis vom 25. Februar 2019 unter Ergänzung der den Bescheid stützenden Rechtsgrundlagen als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

5 In der Begründung seiner Entscheidung hielt das VwG nach Darstellung des Verfahrensgangs und unter Anführung der gesetzlichen Bestimmungen (zusammengefasst) fest, dass nur jene Ausbildungsveranstaltungen anerkannt werden könnten, welche in einem Zeitraum absolviert worden seien, in welchem der Teilnehmer bzw. die Teilnehmerin an dieser Veranstaltung bereits den Status eines Rechtsanwaltsanwärters bzw. einer Rechtsanwaltsanwärterin aufweise. Der Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der RL-BA 2015 stelle ausdrücklich auf Rechtsanwaltsanwärter ab, sodass kein Zweifel an dieser Sichtweise entstünde. Da der Wortinterpretation Vorrang gegenüber anderen Auslegungsmethoden zukomme, wäre ein Abweichen vom klaren Wortlaut nur dann zulässig, wenn eindeutig feststehe, dass von Gesetzgeberseite etwas anderes gewollt worden wäre. Dafür gebe es jedoch keinen Anhaltspunkt. Fallbezogen sei unstrittig, dass die Revisionswerberin im Zeitpunkt der Absolvierung der gegenständlichen Ausbildungsveranstaltung nicht in eine Liste als Rechtsanwaltsanwärterin eingetragen gewesen sei und diese Voraussetzung erst seit 1. November 2015 durch die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter bei der Rechtsanwaltskammer Wien erfüllt sei. Die beantragte Anerkennung der Ausbildungsveranstaltung sei somit zu Recht abgelehnt worden. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Revisionswerberin zum Zeitpunkt des Besuchs der Ausbildungsveranstaltung als Assistenzprofessorin tätig gewesen und ihr diese Zeit als "Ersatzzeit" bescheidmäßig anerkannt worden sei. Für die Anerkennung einer im Rahmen einer bescheidmäßig anerkannten "Ersatzzeit" absolvierten Veranstaltung mangle es an einer entsprechenden rechtlichen Grundlage.

Ausbildungsveranstaltungen dienten gemäß § 35 Abs. 1 RL-BA 2015 der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt. Auch unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelungen der §§ 34 ff RL-BA 2015, wonach nur derartige Veranstaltungen gemeint sein könnten, in denen Rechtsanwaltsanwärtern eine Interaktion zwischen theoretischer Schulung und praktischer Anwendung des Gelernten im Rahmen der Rechtsberatung und -vertretung, die Gegenstand der Berufsausbildung sei, geboten werden solle, ergebe sich die mangelnde Anrechnungsfähigkeit bei Absolvierung von Ausbildungsveranstaltungen während der Ersatzzeit. Es habe sich bei den Ausbildungsveranstaltungen um solche zu handeln, welche zeitnah zur Rechtsanwaltsprüfung absolviert würden. 6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit der insbesondere begehrt wird, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und der Revisionswerberin Kostenersatz zuzusprechen. 7 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Rechtsfrage, ob die Anerkennung einer nicht von der jeweiligen Rechtsanwaltskammer in ihrem Sprengel durchgeführten Veranstaltung als Ausbildungsveranstaltung die Eintragung des Teilnehmers in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter zum Zeitpunkt des Besuchs der Veranstaltung voraussetze und ob dies auch dann gelte, wenn der Besuch der Veranstaltung in den anerkannten Zeitraum praktischer Verwendung, die nicht zwingend im Inland bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft oder einem Rechtsanwalt zu verbringen sei (Ersatzzeit), falle. Darüber hinaus fehle es an Rechtsprechung, welche Prüfungskompetenz einer Rechtsanwaltskammer hinsichtlich der Person des Antragstellers zukomme. Schließlich stelle sich die Rechtsfrage, ob es ausreichend sei, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen sei.

8 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie den Ausführungen der Revision entgegentrat und die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.

 

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 1. Zur Zulässigkeit:

11 Entgegen der im Wesentlichen lediglich den Wortlaut des Art. 133 Abs. 4 B-VG wiedergebenden Begründung des VwG ist die Revision - wie in dieser zutreffend vorgebracht - schon deshalb zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den hier maßgebenden Bestimmungen der §§ 34 ff RL-BA 2015, insbesondere im Hinblick auf die vorliegend entscheidungswesentliche Frage, ob im Rahmen einer Ersatzzeit absolvierte Veranstaltungen als Ausbildungsveranstaltungen gemäß § 36 RL-BA 2015 anzurechnen sind, nicht besteht.

12 2. In der Sache:

13 Die Revision ist jedoch nicht begründet.

14 Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, lauten (auszugsweise) wie folgt:

"I. Abschnitt.

Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft.

§ 1. (1) Zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in (...) bedarf es keiner behördlichen Ernennung, sondern lediglich der Nachweisung der Erfüllung der nachfolgenden Erfordernisse und der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte. (§§ 5 und 5a)

(1a) (...)

(2) Diese Erfordernisse sind:

  1. a) (bis) c) (...)
  2. d) die praktische Verwendung in der gesetzlichen Art und Dauer;
  3. e) die mit Erfolg zurückgelegte Rechtsanwaltsprüfung;
  4. f) die Teilnahme an den nach den Richtlinien für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern erforderlichen Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von höchstens 42 Halbtagen;

    g) (...)

    (...)

§ 2.

(1) Die zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erforderliche praktische Verwendung hat in der rechtsberuflichen Tätigkeit bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft und bei einem Rechtsanwalt zu bestehen; sie kann außerdem in der rechtsberuflichen Tätigkeit bei einem Notar oder, wenn die Tätigkeit für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft dienlich ist, bei einer Verwaltungsbehörde, an einer Hochschule oder bei einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater bestehen. Die Tätigkeit bei der Finanzprokuratur ist der bei einem Rechtsanwalt gleichzuhalten. Die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt ist nur anrechenbar, soweit diese Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird; (...)

(2) Die praktische Verwendung im Sinn des Abs. 1 hat fünf Jahre zu dauern. Hievon sind im Inland mindestens sieben Monate bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft und mindestens drei Jahre bei einem Rechtsanwalt zu verbringen.

(3) Auf die Dauer der praktischen Verwendung, die nicht zwingend bei Gericht, einer Staatsanwaltschaft oder einem Rechtsanwalt im Inland zu verbringen ist, sind auch anzurechnen:

1. Zeiten einer an ein Studium des österreichischen Rechts (§ 3) anschließenden universitären Ausbildung bis zum Höchstausmaß von sechs Monaten, wenn damit im Zusammenhang ein weiterer rechtswissenschaftlicher akademischer Grad erlangt wurde;

2. eine im Sinn des Abs. 1 gleichartige praktische Verwendung im Ausland, wenn diese Tätigkeit für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft dienlich gewesen ist;

3. eine sonstige praktische rechtsberufliche Tätigkeit im In- oder Ausland, wenn diese Tätigkeit für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft dienlich gewesen und sie unter der Verantwortung einer entsprechend qualifizierten Person oder Stelle erfolgt ist.

Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer hat Leitlinien dazu zu beschließen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß praktische Verwendungen im Sinn der Z 2 und 3 angerechnet werden; diese Leitlinien haben insbesondere auch Angaben dazu zu enthalten, welche Anforderungen von jener Stelle oder Person, bei der die praktische Verwendung absolviert oder von der diese überwacht wird, zu erfüllen und in welcher Form die erforderlichen Nachweise über Art und Inhalt der praktischen Verwendung zu erbringen sind. Die Leitlinien sind auf der Website der Rechtsanwaltskammer zu veröffentlichen und dort dauerhaft bereitzustellen.

(4) Die praktische Verwendung kann frühestens vom erfolgreichen Abschluss eines Studiums des österreichischen Rechts (§ 3) an gerechnet werden. Eine mehrfache Berücksichtigung von Zeiten nach Abs. 1 bis 3 ist ausgeschlossen.

II. Abschnitt.

Rechte und Pflichten der Rechtsanwälte.

(...)

§ 21b. (1) Der Rechtsanwalt hat für eine umfassende Ausbildung des Rechtsanwaltsanwärters entsprechend dem Berufsbild des Rechtsanwalts Sorge zu tragen und ihn dementsprechend hauptberuflich zu verwenden.

(2) (...)

III. Abschnitt

Die Rechtsanwaltskammer und deren Ausschuß.

(...)

§ 28. (1) Zu dem Wirkungskreise des Ausschusses gehören:

  1. a) (bis) 1) (...)
  2. m) die Durchführung, gegebenenfalls die Anerkennung von für

    Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen gemäß den vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien; bei im Ausland absolvierten Ausbildungsveranstaltungen

ist der Ausschuss jener Rechtsanwaltskammer für die Entscheidung über die Anerkennung zuständig, in deren Liste der antragstellende Rechtsanwaltsanwärter eingetragen ist;

n) (...)

(...)

§ 30.

(1) Um die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter zu erwirken, ist beim Eintritt in die Praxis bei einem Rechtsanwalt die Anzeige an den Ausschuss unter Nachweis der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Nachweis des Abschlusses eines Studiums des österreichischen Rechts (§ 3) zu erstatten. Die Zeit der praktischen Verwendung bei einem Rechtsanwalt (§ 2 Abs. 2) wird erst von dem Tag des Einlangens dieser Anzeige an gerechnet.

(...)

V. ABSCHNITT

Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

(...)

§ 37. (1) Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag kann Richtlinien erlassen

  1. 1. (bis) 2a. (...)
  2. 3. für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern, im besonderen über Art, Umfang und Gegenstand von Ausbildungsveranstaltungen, die den Erfordernissen des RAPG zu entsprechen, auf die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs vorzubereiten haben und an denen der Rechtsanwaltsanwärter als Voraussetzung für die Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung teilzunehmen hat, sowie für die Anrechenbarkeit ihrer praktischen Verwendung; in den Richtlinien kann den Rechtsanwaltsanwärtern auch die Möglichkeit eingeräumt werden, an einem Teil der Ausbildungsveranstaltungen erst nach Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung und vor Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte teilzunehmen;

    (...)"

    15 Die maßgeblichen Bestimmungen des Rechtsanwaltsprüfungsgeset zes (RAPG), BGBl. Nr. 556/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2017, lauten wie folgt:

    "§ 2. (1) Die Rechtsanwaltsprüfung kann nach Abschluss eines Studiums des österreichischen Rechts (§ 3 RAO) und einer praktischen Verwendung im Ausmaß von drei Jahren, hievon mindestens sieben Monate bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft und mindestens zwei Jahre bei einem Rechtsanwalt, abgelegt werden.

(2) Voraussetzung für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung ist überdies die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen.

...

§ 7. Dem Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung sind beizuschließen Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis, rechtswissenschaftliches Universitätsdiplom, die Zeugnisse über die praktische Verwendung des Prüfungswerbers, der Beleg über die Einzahlung der Prüfungsgebühr und der Nachweis der Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen."

16 Die nach § 37 Abs. 1 Z 3 RAO vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL-BA 2015) lauten (auszugsweise) wie folgt:

"8. Teil

Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter

§ 33. (1) Der Rechtsanwalt hat seinen Rechtsanwaltsanwärtern die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs 2 lit f RAO im gesetzlich erforderlichen Ausmaß und in angemessenem Verhältnis zur Dauer des Dienstverhältnisses zu ermöglichen.

(2) Fallen solche Ausbildungsveranstaltungen in die Normalarbeitszeit des Rechtsanwaltsanwärters, so gilt seine Abwesenheit von der Kanzlei als berechtigte Dienstverhinderung.

(3) Die angemessenen Kosten für Ausbildungsveranstaltungen nach § 1 Abs 2 lit f RAO (Seminargebühren) sind in der gesetzlich vorgeschriebenen Anzahl dieser Ausbildungsveranstaltungen und nach Maßgabe des § 33 Abs 1 vom Rechtsanwalt zu tragen.

§ 34. (1) Rechtsanwaltsanwärter haben an Ausbildungsveranstaltung im Ausmaß von mindestens 42 Halbtagen teilzunehmen.

(2) Ausbildungsveranstaltungen von mindestens 24 Halbtagen sind als Voraussetzung für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 2 Abs 2 RAPG zu besuchen.

(3) Die Rechtsanwaltskammern werden die Teilnahme eines Rechtsanwaltsanwärters an Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 12 Halbtagen als rücksichtswürdigen Grund nach § 15 Abs 2 RAO werten.

§ 35. (1) Ausbildungsveranstaltungen dienen der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt. Sie haben die Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG zu vermitteln, wobei auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG Bedacht zu nehmen ist.

(2) Ein anrechenbarer Ausbildungshalbtag hat mindestens drei Stunden zu umfassen.

§ 36. Rechtsanwaltskammern haben gemäß § 28 Abs 1 RAO nur solche Veranstaltungen als Ausbildungsveranstaltungen anzuerkennen, die den Kriterien des § 35 entsprechen und in ihrem Sprengel stattfinden.

§ 37. Die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen ist schriftlich nachzuweisen. Dieser Nachweis hat zu enthalten:

  1. 1. Veranstalter und Referenten;
  2. 2. Thema und Art der Ausbildungsveranstaltung;
  3. 3. Datum und Dauer der Ausbildungsveranstaltung; und
  4. 4. den Nachweis, dass eine Rechtsanwaltskammer eine in ihrem

    Sprengel, jedoch nicht von ihr durchgeführte Ausbildungsveranstaltung gemäß § 28 Abs 1 lit m RAO anerkannt hat."

    17 Im gegenständlichen Revisionsfall ist unstrittig, dass die Revisionswerberin zum Zeitpunkt der Teilnahme an der Veranstaltung am 4. Mai 2012 weder bei einem Rechtsanwalt tätig noch bei einer Rechtsanwaltskammer in Österreich in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen war. Vielmehr war die Revisionswerberin zum Zeitpunkt des Besuchs der genannten Veranstaltung als Assistenzprofessorin an einer inländischen Rechtswissenschaftlichen Fakultät tätig. Ihre Tätigkeit als Assistenzprofessorin im Zeitraum vom 1. August 2011 bis 31. August 2012 wurde der Revisionswerberin mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 25. September 2018 gemäß § 2 Abs. 1 RAO als Zeiten praktischer Verwendung, die nicht zwingend im Inland bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft oder einem Rechtsanwalt zu verbringen sind (sogenannte Ersatzzeiten), angerechnet. Seit 1. November 2015 ist die Revisionswerberin als Rechtsanwaltsanwärterin bei der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen.

    18 Voraussetzung für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft sind unter anderem die praktische Verwendung in der gesetzlichen Art und Dauer, die mit Erfolg abgelegte Rechtsanwaltsprüfung und die Teilnahme an den nach den Richtlinien für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern erforderlichen Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von höchstens 42 Halbtagen (§ 1 Abs. 2 lit. d bis f RAO).

    19 Ebenso fordert das RAPG für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen (§ 2 Abs. 2 RAPG).

    20 Nähere Regelungen dazu wurden gemäß § 37 Abs. 1 Z 3 RAO in den Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL-BA 2015) getroffen. Nach deren § 34 Abs. 1 haben Rechtsanwaltsanwärter an Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 42 Halbtagen teilzunehmen. Ausbildungsveranstaltungen dienen gemäß § 35 Abs. 1 RL-BA 2015 der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt. Sie haben Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG zu vermitteln, wobei auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 29 RAPG Bedacht zu nehmen ist. Gemäß § 33 Abs. 1 RL-BA 2015 hat der Rechtsanwalt seinen Rechtsanwaltsanwärtern die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. f RAO im gesetzlich erforderlichen Ausmaß und in angemessenem Verhältnis zur Dauer des Dienstverhältnisses zu ermöglichen. § 36 RL-BA 2015 sieht schließlich vor, dass die Rechtsanwaltskammern gemäß § 28 Abs. 1 RAO nur solche Veranstaltungen als Ausbildungsveranstaltungen anerkennen dürfen, die den Kriterien des § 35 RL-BA 2015 entsprechen und in ihrem Sprengel stattfinden.

    21 Der Wortlaut der hier maßgeblichen Bestimmung des § 34 Abs. 1 RL-BA 2015, wonach Rechtsanwaltsanwärter an Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 42 Halbtagen teilzunehmen haben, stellt zunächst klar auf die "Teilnahme" eines "Rechtsanwaltsanwärters" an den Ausbildungsveranstaltungen ab (argum.: "Rechtsanwaltsanwärter haben (...) teilzunehmen"). Ausgehend vom Wortlaut dieser Bestimmung muss die Eigenschaft als "Rechtsanwaltsanwärter" somit im Zeitpunkt der Teilnahme an der Ausbildungsveranstaltung gegeben sein. Dieses Auslegungsergebnis wird durch zahlreiche weitere Bestimmungen untermauert: § 37 Abs. 1 Z 3 RAO, welcher die Ermächtigung zur Richtlinienerlassung darstellt, spricht von "Ausbildungsveranstaltungen (...) an denen der Rechtsanwaltsanwärter (...) teilzunehmen hat". Ebenso wird in diversen Bestimmungen der RAO und des RAPG auf die erforderliche "Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen" hingewiesen (§ 2 Abs. 2 RAPG, § 7 RAPG, § 1 Abs. 2 lit. f RAO). Auch die Regelung des § 33 Abs. 1 RL-BA 2015, wonach der Rechtsanwalt seinen Rechtsanwaltsanwärtern die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zu ermöglichen hat, geht explizit von der Teilnahme eines Rechtsanwaltsanwärters an den Ausbildungsveranstaltungen aus (argum.: "hat seinen Rechtsanwaltsanwärtern die Teilnahme (...) zu ermöglichen"). In § 34 Abs. 3 RL-BA 2015 wird festgelegt, dass die "Teilnahme eines Rechtsanwaltsanwärters an Ausbildungsveranstaltungen" im Ausmaß von mindestens 12 Halbtagen als rücksichtswürdiger Grund nach § 15 Abs. 2 RAO zu werten ist. Angesichts des unmissverständlichen Wortlauts dieser Bestimmungen, welche allesamt auf die "Teilnahme" eines Rechtsanwaltsanwärters abstellen, ist zunächst festzuhalten, dass eine Person in ihrer Eigenschaft als "Rechtsanwaltsanwärter" bzw. als "Rechtsanwaltsanwärterin" an den Ausbildungsveranstaltungen im Sinne der RL-BA 2015 teilzunehmen hat.

    22 Es ist daher in weiterer Folge zu klären, wer als "Rechtsanwaltsanwärter" im Sinne dieser Bestimmungen anzusehen ist, nämlich, ob die Eigenschaft als "Rechtsanwaltsanwärter" - wie das VwG meint - eine Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter voraussetzt oder ob - wie die Revisionswerberin vermeint - der Begriff "Rechtsanwaltsanwärter", mangels eindeutiger Legaldefinition und somit aufgrund des Ergebnisses einer systematischen Interpretation, für die gesamte Zeit der praktischen Verwendung iSd § 2 RAO und somit auch für eine Tätigkeit während der anerkannten Ersatzzeiten sowie für die Tätigkeit bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft herangezogen werden kann.

    23 Wie bereits ausgeführt, ist Voraussetzung für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft unter anderem die praktische Verwendung in der gesetzlichen Art und Dauer (§ 1 Abs. 2 lit. d RAO). 24 § 2 Abs. 2 RAO sieht demnach vor, dass die praktische Verwendung im Sinn des § 2 Abs. 1 leg. cit. fünf Jahre zu dauern hat. Hievon sind im Inland mindestens sieben Monate bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft und mindestens drei Jahre bei einem Rechtsanwalt zu verbringen. Neben den zwingenden praktischen Tätigkeiten bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft in der Dauer von sieben Monaten und bei einem Rechtsanwalt in der Dauer von drei Jahren (Kernzeit) kann die restliche Zeit der praktischen Verwendung (Ersatzzeit) in der rechtsberuflichen Tätigkeit bei einem Notar oder, wenn die Tätigkeit für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft dienlich ist, bei einer Verwaltungsbehörde, an einer Hochschule oder bei einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater bestehen. Ebenso sind die in § 2 Abs. 3 leg. cit. genannten Zeiten auf die Dauer der praktischen Verwendung, die nicht zwingend bei Gericht, einer Staatsanwaltschaft oder einem Rechtsanwalt im Inland zu verbringen ist, anzurechnen. 25 Daraus ergibt sich zunächst, dass auch die von der Revisionswerberin absolvierte und als Ersatzzeit angerechnete Tätigkeit als Assistenzprofessorin zu der in § 2 RAO vorgesehenen praktischen Verwendung zählt.

    26 Die Gesetzesmaterialien (RV 847 BlgNR 13. GP 9) führen zu § 2 RAO wie folgt aus:

    "(...) Nach Abs. 1 hat die praktische Verwendung jedenfalls in einer rechtsberuflichen Tätigkeit bei Gericht und bei einem Rechtsanwalt zu bestehen. Als rechtsberufliche Tätigkeit bei Gericht ist die Tätigkeit als Rechtspraktikant, Richteramtsanwärter oder Richter, als solche bei einem Rechtsanwalt die Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter zu verstehen. Diese Tätigkeiten, die auch nach der derzeitigen Rechtslage als entsprechende praktische Verwendung betrachtet werden, sind schon ihrem Wesen nach als für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs dienlich anzusehen. (...)"

    27 Ausweislich dieser Gesetzesmaterialien ist die "Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter" klar auf die rechtsberufliche Tätigkeit bei einem Rechtsanwalt beschränkt. Hingegen ist eine Person während ihrer rechtsberuflichen Tätigkeit bei Gericht oder bei einer Staatsanwaltschaft wie auch während ihrer rechtsberuflichen Tätigkeiten in den anerkannten Ersatzzeiten, etwa bei einer Hochschule, nicht als "Rechtsanwaltsanwärter" anzusehen. 28 Die anrechenbare praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt ist gemäß § 30 Abs. 1 letzter Satz RAO überdies von der Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter abhängig, zumal die Zeit der praktischen Verwendung bei einem Rechtsanwalt erst als dem Tag des Einlangens der für diese Eintragung erforderlichen Anzeige gerechnet wird (vgl. dazu auch Vitek in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10 (2018) § 30 Rz 2, 11). Zudem ist die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt gemäß § 2 Abs. 1 RAO nur anrechenbar, soweit diese Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird.

    29 Nach den Gesetzesmaterialien ist als "Rechtsanwaltsanwärter" somit nur anzusehen, wer hauptberuflich eine rechtsberufliche Tätigkeit bei einem Rechtsanwalt ausübt und in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen ist, demnach nur eine Person während ihrer praktischen Verwendung bei einem Rechtsanwalt im Sinne des § 2 Abs. 1 RAO.

    30 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch der Verfassungsgerichtshof es für vertretbar erachtete, dass nach der RAO jemand erst mit der Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter zum Rechtsanwaltsanwärter im funktionellen Sinn wird (vgl. VfGH 16.12.1998, B 261/97).

    31 Unter Zugrundelegung dieses Ergebnisses ist eine Ausbildungsveranstaltung somit nur dann gemäß § 36 RL-BA 2015 anzuerkennen, wenn diese während der Zeit der praktischen Verwendung bei einem Rechtsanwalt absolviert wird und der Teilnehmer bereits zum Zeitpunkt der Teilnahme an der Veranstaltung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen war.

    32 Zum selben Ergebnis gelangt man im Übrigen auch unter Einbeziehung des systematischen und teleologischen Zusammenhangs der die Ausbildungsveranstaltung regelnden Bestimmungen:

    33 § 21b Abs. 1 RAO normiert eine umfassende Ausbildungspflicht des Rechtsanwalts gegenüber seinem Rechtsanwaltsanwärter. In diesem Zusammenhang sieht § 33 Abs. 1 RL-BA 2015 vor, dass der Rechtsanwalt seinen Rechtsanwaltsanwärtern die Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen zu ermöglichen hat. Ausbildungsveranstaltungen dienen gemäß § 35 Abs. 1 RL-BA 2015 der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt.

    34 Ziel der Ausbildungsveranstaltungen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dem Rechtsanwaltsanwärter die für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung und für die anschließende Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Die vielfältigen Anforderungen an das Wissen und die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts im Allgemeinen, wie sie auch in den Prüfungsgegenständen der Rechtsanwaltsprüfung zum Ausdruck kommen, machen es dabei erforderlich, die Ausbildung des Rechtsanwaltsanwärters so zu gestalten, dass ein breit gestreutes Grundlagenwissen verbunden mit entsprechenden praktischen Fähigkeiten insbesondere zur Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung sowie zum Abfassen von entsprechenden Schriftsätzen und Verträgen, vermittelt wird (vgl. VwGH 27.1.2016, Ro 2015/03/0044).

    35 In Zusammenschau der normierten umfassenden Ausbildungspflicht des Rechtsanwalts, in dessen Rahmen dem Rechtsanwaltsanwärter die Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen zu ermöglichen ist, und des dargelegten Ziels der Ausbildungsveranstaltungen, welches auf eine Verwertbarkeit für die rechtsanwaltliche Aufgabenstellung abstellt (vgl. erneut VwGH 27.1.2016, Ro 2015/03/0044), ergibt sich, dass eine Verknüpfung zwischen den verpflichtend zu absolvierenden Ausbildungsveranstaltungen und der praktischen Verwendung bei einem Rechtsanwalt als Rechtsanwaltsanwärter hergestellt werden soll. § 21b RAO verpflichtet den Ausbildungsanwalt zur umfassenden Ausbildung des Rechtsanwaltsanwärters, dies umfasst auch die Absolvierung der Ausbildungsveranstaltungen im vorgesehenen Umfang. Hauptzweck der Arbeit als Rechtsanwaltsanwärter ist nämlich die Ausbildung und Vorbereitung für den Rechtsanwaltsberuf (vgl. dazu Vitek, RAO, § 21b Rz 2). Eine derart enge Verflechtung zwischen dem Erfordernis der Ausbildung des Rechtsanwaltsanwärters, wozu auch die Ausbildungsveranstaltungen zählen, und seiner rechtsberuflichen Tätigkeit bei einem Rechtsanwalt ergibt sich auch daraus, dass die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt gemäß § 2 Abs. 1 RAO schon aufgrund der gesetzlich vorgegebenen Mindestdauer von drei Jahren sowie dem Erfordernis der Hauptberuflichkeit der Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 RAO) jedenfalls den Mittelpunkt der Berufsausbildung zum Rechtsanwalt bilden soll. Ausgehend davon ist dem VwG zuzustimmen, dass dem Rechtsanwaltsanwärter durch die Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen eine Interaktion zwischen theoretischer Schulung und praktischer Anwendung des Gelernten im Rahmen der Rechtsberatung und -vertretung, die Gegenstand der Berufsausbildung ist, geboten werden soll.

    36 Somit führt auch eine systematische Interpretation der anzuwendenden Bestimmungen unter Berücksichtigung ihrer Zielsetzungen zum Ergebnis, dass Ausbildungsveranstaltungen im Sinne der RL-BA 2015 nur dann gemäß § 36 RL-BA 2015 anzuerkennen sind, wenn diese während der praktischen Verwendung bei einem Rechtsanwalt absolviert werden.

    37 Ausgehend davon erweist sich die Rechtsansicht des VwG, wonach die Anerkennung einer Ausbildungsveranstaltung die Eigenschaft als Rechtsanwaltsanwärter und damit die Eintragung in eine Liste der Rechtsanwaltsanwärter zum Zeitpunkt der Teilnahme an der Ausbildungsveranstaltung voraussetzt, als zutreffend. 38 Soweit die Revisionswerberin schließlich die mangelnde Prüfkompetenz der belangten Behörde vorbringt, ist festzuhalten, dass es der belangten Behörde, welcher gemäß § 28 Abs. 1 lit. m RAO iVm § 36 RL-BA 2015 die Anerkennung von für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen obliegt, nicht verwehrt sein kann, das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen der Anrechnung zu prüfen. Dies umfasst neben den inhaltlichen Voraussetzungen einer Ausbildungsveranstaltung jedenfalls auch in der Person des Antragstellers gelegene Merkmale, wie etwa die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter. Eine derartige Prüfkompetenz ist insbesondere deshalb erforderlich, da die erfolgte Anerkennung einer Ausbildungsveranstaltung durch eine Rechtsanwaltskammer gemäß § 37 RL-BA 2015 gemeinsam mit den weiteren Angaben (§ 37 Z 1 bis 3 RL-BA 2015) den schriftlichen Nachweis der Teilnahme an den verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen darstellt. Ein derartiger Nachweis der Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen ist etwa für die Ausstellung der großen Legitimationsurkunde (§ 34 Abs. 3 RL-BA 2015 iVm § 15 Abs. 2 RAO), für die Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung (§ 7 RAPG) sowie für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte (§ 5 Abs. 1 RAO iVm § 1 Abs. 2 lit. f RAO) erforderlich. Eine weitere Prüfung betreffend die Voraussetzungen einer Ausbildungsveranstaltung findet dann nicht mehr statt.

    39 Zusammenfassend kommt das VwG somit zutreffend zum Ergebnis, dass die Anerkennung einer Ausbildungsveranstaltung gemäß § 36 RL-BA 2015 - neben den an eine derartige Veranstaltung gestellten inhaltlichen Erfordernissen - voraussetzt, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Teilnahme an der Ausbildungsveranstaltung als Rechtsanwaltsanwärter tätig war und in eine Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen war. Veranstaltungen, die während den anerkannten Ersatzzeiten oder in Zeiten der praktischen Verwendung bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft absolviert werden, sind hingegen nicht anzuerkennen.

    40 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    41 Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

    14.

    Wien, am 18. Dezember 2019

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte