OLG Wien 34R47/15d

OLG Wien34R47/15d19.5.2015

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Löschung der Marke ***** über die als Kostenrekurs zu wertende Berufung des Antragsgegners (Rekursinteresse: EUR 3.292,88) gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 2.12.2014, Nm 21/2013‑6,7, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2015:03400R00047.15D.0519.000

 

Spruch:

Die als Kostenrekurs zu wertende Berufung und der eventualiter erhobene Kostenrekurs werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner ist schuldig, dem Antragsteller die mit EUR 248,06 (darin EUR 41,34 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung

Der Antragsteller brachte am 5.4.2013 einen Schriftsatz ein, mit dem er die Löschung der Wortbildmarke ***** aus dem Löschungsgrund der Bösgläubigkeit nach § 34 MSchG beantragte.

Der Antragsgegner erstattete mit Schriftsatz vom 10.6.2013 eine Gegenschrift, in der er die mangelnde Berechtigung des Löschungsantrags behauptete.

Nach Einlangen einer Stellungnahme des Antragstellers am 6.3.2014 beraumte die Vorsitzende der Nichtigkeitsabteilung am 3.11.2014 für den 17.12.2014 die mündliche Verhandlung an (ON 4).

Die Rechtsabteilung des Patentamts bewilligte in der Folge mit Beschluss vom 12.11.2014 über Antrag des Antragsgegners die Löschung der angegriffenen Marke mit Wirksamkeit vom 4.11.2014 (ON 5).

Daraufhin beraumte die Vorsitzende der Nichtigkeitsabteilung die Verhandlung ab und setzte dem Antragsteller eine Frist von einem Monat zur Stellung eines Antrags auf Durchführung des Verfahrens; außerdem räumte sie beiden Parteien ein, innerhalb derselben Frist ergänzende Kostenverzeichnisse vorzulegen (irrig ebenfalls ON 5). Von letzterer Möglichkeit machten beide Parteien Gebrauch (ON 6 und 7).

Mit dem angefochtenen Beschluss verfügte die Vorsitzende der Nichtigkeitsabteilung die Einstellung des Löschungsverfahrens und verpflichtete den Antragsgegner zum Kostenersatz von EUR 3.292,88 (darin EUR 435,48 USt und EUR 680,-- Barauslagen). Die angefochtene Marke sei mit Wirkung vom 4.11.2014 gelöscht worden. Da der Antragsteller nicht auf der Durchführung des Verfahrens beharrt habe, sei das Verfahren gemäß § 35 Abs 5 MSchG iVm § 117 PatG einzustellen. Die Kostenentscheidung sei Folge der Anwendung von § 117 erster Halbsatz PatG.

Gegen die Kostenentscheidung dieses Beschlusses richtet sich die als Kostenrekurs zu wertende Berufung des Antragsgegners aus den Rekursgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Er beantragt primär, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, in eventu, ihm die von seinem Vertreter mit Antrag vom 27.11.2014 verzeichneten Kosten zuzusprechen. Zusätzlich führt der Antragsgegner noch einen (weiteren) Kostenrekurs aus, der zunächst gleichlautende Rekursanträge enthält und zusätzlich hilfsweise noch die Herabsetzung des zugesprochenen Kostenersatzes auf EUR 1.986,44 brutto anstrebt.

Der Antragsteller beantragt, dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Kostenrekurs ist verspätet.

1. Gemäß § 84 Abs 2 zweiter Satz ZPO, der auch im Rechtsmittelverfahren nach dem MSchG anzuwenden ist (näher unten Punkt 3.), ist die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels, eines Rechtsbehelfs oder von Gründen unerheblich, wenn das Begehren deutlich erkennbar ist (vgl RIS-Justiz RS0109396 [T6]). Damit hindert die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels nicht seine Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise (RIS-Justiz RS0036258) und zwar einerlei, ob sie auf einem Fehler oder einem Irrtum des Rechtsmittelwerbers beruht (Kodek in Fasching/Konecny 2 §§ 84, 85 ZPO Rz 56). Die Frage, ob ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf nur falsch bezeichnet oder ein der ZPO widersprechender Verfahrensschritt beabsichtigt wurde, kann nur durch Auslegung des Vorbringens im Einzelfall beantwortet werden (RIS-Justiz RS0036258 [T12]; Gitschthaler in Rechberger, ZPO4 §§ 84‑85 Rz 7). Wenn in der Anfechtungserklärung genau differenziert wird und auch nach dem Rechtsmittelantrag nur ein Teil der Entscheidung angefochten wird, dann ist aus den Rechtsmittelausführungen nicht abzuleiten, dass die Entscheidung zur Gänze angefochten wird (RIS-Justiz RS0036410).

2. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist daher der Rechtsmittelvortrag auf seine Zielrichtung zu untersuchen. Nicht nur aus den Rechtsmittelanträgen selbst, sondern auch aus dem weiteren Vorbringen ergibt sich eindeutig, dass sich der Antragsgegner nicht gegen die Einstellung des Verfahrens, sondern nur gegen die im angefochtenen Beschluss weiters enthaltene Verpflichtung zum Kostenersatz mit dem wesentlichen Argument wendet, für die Frage der Kostenersatzpflicht müsse berücksichtigt werden, warum er die Löschung des angegriffenen Zeichens beantragt habe (vgl Punkte I.2. in der „Berufung“ und II.2. im „Kostenrekurs“). Damit ist das Rechtsmittel (in seiner Gesamtbetrachtung) dem Grundsatz falsa demonstratio non nocet folgend als Kostenrekurs aufzufassen. Ein Verbesserungsverfahren war daher nicht einzuleiten (Kodek in Fasching/Konecny² §§ 84, 85 ZPO Rz 52; Gitschthaler in Rechberger, ZPO4 §§ 84‑85 Rz 7).

3. Nach § 40 MSchG können Endentscheidungen der Nichtigkeitsabteilung durch Berufung an das Oberlandesgericht Wien angefochten werden, wobei auf das Verfahren § 141 Abs 2 PatG anzuwenden ist. Ein Einstellungsbeschluss ist gemäß § 117 letzter Satz PatG als Endentscheidung anzusehen (Koppensteiner, Markenrecht4 231; Dokalik in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 40 Rz 2). Nach den Materialien sollen für das Rechtsmittelverfahren grundsätzlich die Bestimmungen der ZPO zur Anwendungen kommen (vgl § 141 Abs 2 Einleitungssatz PatG und allg Kucsko, MSchG3 75).

Aus § 122 Abs 1 PatG (auf den § 35 Abs 5 MSchG verweist) ergibt sich hingegen für alle Kosten(ersatz)fragen die sinngemäße Anwendbarkeit von § 55 ZPO, wonach die in einem Urteil enthaltene Entscheidung über den Kostenpunkt ohne gleichzeitige Anfechtung der Entscheidung in der Hauptsache nur mittels Rekurs angefochten werden kann. Die Wendung „vorbehaltlich § 117“ in § 122 Abs 1 PatG ist nach Ansicht des Rekursgerichts nicht so zu verstehen, dass in den Fällen, in denen die Nichtigkeitsabteilung nach § 117 PatG entscheidet, ausnahmsweise auch die isolierte Bekämpfung der Kostenentscheidung mit Berufung (bei einer zweimonatigen Frist) möglich wäre. Der Vorbehalt bezieht sich vielmehr nur auf die inhaltlichen Regelungen des § 117 PatG, unter welchen Umständen der einen oder der anderen Partei ein Kostenersatz gebührt. Das ist daraus abzuleiten, dass § 117 PatG hier die Grundsätze der ZPO nur mit Abweichungen übernimmt.

An die Stelle gebührenreduzierter Kostenberufungen ist daher mit dem Inkrafttreten der Patent- und Markenrechtsnovelle 2014, BGBl I 2013/126, zum 1.1.2014 der Kostenrekurs nach § 55 ZPO getreten. Demnach kann der in einer Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung enthaltene Ausspruch über den Kostenpunkt ohne Anfechtung in der Hauptsache nur mehr mittels Kostenrekurs angefochten werden. Die Rekursfrist ergibt sich dabei ohne weiteres aus § 41 Abs 3 MSchG iVm § 521 Abs 1 ZPO, auf den § 142 Abs 3 Einleitungssatz PatG verweist, sodass anstelle der zweimonatigen Berufungsfrist nach § 141 Abs 2 Z 2 PatG für die Erhebung des Kostenrekurses die 14-tägige Rekursfrist des § 521 Abs 1 ZPO zur Anwendung kommt. § 142 PatG enthält keine von der ZPO abweichenden Rekursfristen für die Bekämpfung von Entscheidungen der Nichtigkeitsabteilung (anders als § 141 PatG in Bezug auf Berufungen und § 143 in Bezug auf Revisionen).

Zur Klarstellung ist auch auf den Unterschied zur Bekämpfung von Entscheidungen der Technischen Abteilung und der Rechtsabteilung hinzuweisen; die dortigen Rekursfristen (§ 139 Z 2 PatG iVm § 35 Abs 5 MSchG) spielen im vorliegenden Verfahren keine Rolle.

Auf diese Rechtslage wies die Nichtigkeitsabteilung auch ausdrücklich in der Rechtsmittelbelehrung hin.

4. Der angefochtene Beschluss wurde dem Antragsgegnervertreter am 9.12.2014 zugestellt, das Rechtsmittel jedoch erst am 4.2.2015 beim Patentamt eingebracht. Ausgehend von den obigen Grundsätzen und dem Umstand, dass sich der Rekurswerber nicht gegen den Ausspruch der Verfahrenseinstellung gewendet hat, erweist sich die als Kostenrekurs zu wertende Berufung ebenso wie der Eventualkostenrekurs als verspätet; beide waren zurückzuweisen. Eine Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Argumenten hat daher zu unterbleiben.

5. Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren stützt sich auf § 35 Abs 5 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 142 Abs 3 Z 1 PatG, §§ 41 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO. Ausgehend von der Qualifikation des Rechtsmittels als bloßer Kostenrekurs hat der Antragsteller wegen des Hinweises auf die Verspätung des Kostenrekurses Anspruch auf Ersatz der Kosten der „Berufungsbeantwortung“, allerdings nicht wie verzeichnet auf Basis TP 3B RATG, sondern nur nach TP 3A I Z 5 lit b RATG (vgl insoweit auch Om 12/01 PBl 2002, 126; Om 3/12 PBl 2012, 208; Om 11/12; allg Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 142), sodass nach § 23 Abs 3 RATG auch nur ein Einheitssatz von 60 % und keine Verbindungsgebühr zusteht. Als Bemessungsgrundlage ist außerdem nur das Kostenrekursinteresse heranzuziehen.

6. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 42 MSchG iVm § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig (zB Dokalik in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 41 Rz 16).

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