European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:00600R00031.25H.0306.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Kostenentscheidung wird ersatzlos aufgehoben.
Die Nebenintervenientin ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 668,59 (darin EUR 111,43 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Der Kläger nimmt die Beklagte mit der wesentlichen Behauptung, ihrer Rechtsvorgängerin seien bei der Beratung und Begleitung eines Unternehmens(teil)verkaufs mehrere Fehler unterlaufen, auf insgesamt EUR 870.554,67 in Anspruch, die er als Steuernachzahlung leisten habe müssen. Die Beklagte bestreitet die Ansprüche und beantragt Klagsabweisung, grob zusammengefasst weil kein Beratungsfehler vorliege, es am Kausalzusammenhang fehle und kein Schaden im Rechtssinn eingetreten sei. Die Nebenintervenientin erklärte, dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beizutreten, zusammengefasst weil die Nebenintervenientin der Beklagten Anteile an deren Rechtsvorgängerin verkauft habe, sodass ihr im Falle des Prozessverlusts Regressansprüche drohen würden. Der Kläger beantragte die Zurückweisung der Nebenintervention, da die Nebenintervenientin letztlich lediglich ein wirtschaftliches Interesse am Obsiegen der Beklagten habe.
Mit dem angefochtenen Beschluss ließ das Erstgericht die Nebenintervention zu und verpflichtete den Kläger zum Kostenersatz gegenüber der Nebenintervenientin im Umfang von EUR 8.418,60.
Das Erstgericht stützte die Kostenentscheidung auf § 41 Abs 1 ZPO. Aufgrund der Zulässigkeit der Nebenintervention habe der Kläger der Nebenintervenientin die Kosten des Zwischenstreits zu ersetzen. Mangels Einwendungen des Klägers gegen die Kostennote der Nebenintervenientin seien jene der Entscheidung zu Grunde zu legen.
Dagegen richtet sich der Kostenrekurs des Klägers mit dem Ziel, dass der Nebenintervenientin keine Kosten zugesprochen werden mögen.
Die Nebenintervenientin beantragt in ihrer Kostenrekursbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
1. Das Gericht hat bei der Entscheidung über die Zulassung des Nebenintervenienten (Domej in ZPO-ON § 18 Rz 15 mwH) wie in jedem anderen selbständigen Zwischenstreit eine Kostenentscheidung nur über jene Kosten zu fällen, die allein diesem Streit zuzuordnen sind (Schindler/Schmoliner in ZPO-ON § 52 Rz 10 mwH). Kosten von Prozesshandlungen, die im Hauptverfahren verwertbar sind, sind im Rahmen der Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits hingegen nicht zuzusprechen (Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 1.319 mwH). Voraussetzung für eine Kostenentscheidung im Zwischenstreit ist daher, dass tatsächlich Mehrkosten verursacht wurden, die ohne den Zwischenstreit nicht entstanden wären (vgl M. Bydlinski in Fasching3 § 48 ZPO Rz 1 iVm Rz 12 ff).
2.1. Der Kläger wendet sich zunächst gegen den Kostenersatz für den Beitrittsschriftsatz ON 13. Die Nebenintervenientin habe darin auch zur Hauptsache einen vorbereitenden Schriftsatz erstattet.
Dem entgegnet die Nebenintervenientin, dass jede Nebenintervention einen Schriftsatz bedinge, da anderweitig der Beitritt nicht erklärt werden könne. Der Beitrittsschriftsatz sei daher notwendig gewesen. Aufgrund der Kostenminimierungspflicht sei der vorbereitende Schriftsatz mit dem Beitrittsschriftsatz verbunden worden. Demnach sei „völlig klar, dass der Beitrittsschriftsatz ein völlig abgrenzbarer kostenverursachender Schriftsatz für die Nebenintervention, welche von der klagenden Partei (ungerechtfertigt) bestritten wurde, darstellt“.
2.2. Im Zwischenstreit ersatzfähig sind vom allgemeinen Verfahrensaufwand abgrenzbare Schriftsätze, die nur den Zwischenstreit betreffen, wenn darin kein Vorbringen zur Hauptsache erstattet wurde (vgl Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 1.319 mwH).
Da der Beitrittsschriftsatz auch Vorbringen in der Hauptsache enthält, ist über diese Kosten im Zwischenstreit nicht zu entscheiden. Außerdem wäre – wie die Nebenintervenientin selbst aufzeigt – ohne den Schriftsatz der Streitbeitritt nicht möglich gewesen. Der Aufwand wäre daher auch ohne Zwischenstreit angefallen, der erst später durch den klägerischen Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention (ON 15) ausgelöst wurde.
3.1. Weiters zieht der Rekurs den Kostenzuspruch für die Verhandlung ON 16 in Kritik. Inhaltlich des Protokolls wurden nach Verhandlungsbeginn um 11:00 Uhr zunächst die Schriftsätze ON 1 (Klage), ON 3 (Klagebeantwortung), ON 8 und ON 11 (vorbereitende Schriftsätze) sowie ON 13 und ON 15 (Streitbeitritt samt vorbereitendem Schriftsatz und Zurückweisungsantrag hinsichtlich der Nebenintervention) vorgetragen (ON 16.3, S 1). Dann wurde über die Zulässigkeit der Nebenintervention verhandelt (ON 16.3, S 1 bis 3). Nachdem das Gericht erklärt hatte, schriftlich über die Nebenintervention zu entscheiden, wurde in der Hauptsache weiterverhandelt: Die Parteien legten die Urkunden vor und gaben Urkundenerklärungen ab (ON 16.3, S 4). Festgehalten ist, „dass heute mit den Anwesenden durchaus umfangreich und in guter Atmosphäre die Sach- und Rechtslage erörtert wird. Es werden die wesentlichen Probleme dieses Rechtsstreites aufgezeigt und haben alle Parteien hier die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es werden auch kurze Vergleichsgespräche geführt“ (ON 16.3, S 4). Sodann ist die Erörterung der Schlüssigkeit des Klagebegehrens und der Reaktion der Vertreter der Hauptparteien darauf protokolliert (ON 16.3, S 4 f). Schließlich erörterte das Gericht das weitere Prozessprogramm, ehe es die Verhandlung auf unbestimmte Zeit erstreckte (ON 16.3, S 5).
3.2. Der Kläger weist nun darauf hin, dass demnach in der vorbereitenden Tagsatzung nicht nur zum Zwischenstreit verhandelt wurde. Die Verhandlung habe zu einem großen Teil die Hauptsache betroffen.
Die Nebenintervenientin dagegen führt aus, dass dem für den Zwischenstreit gelegten Kostenverzeichnis des Klägers zu entnehmen sei, dass „in die zweite Stunde hinein“ über die Nebenintervention verhandelt worden sei. Die Verhandlung „über die vorbereitende Tagsatzung“ habe somit keinen weiteren Aufwand verursacht. Die Tagsatzung habe „alleine für den Zwischenstreit drei halbe Stunden gedauert“.
3.3. Abgrenzbare, im Zwischenstreit ersatzfähige Kosten stellen Verhandlungen dar, in denen nur zum Zwischenstreit, nicht jedoch in der Hauptsache verhandelt wurde; wurde hingegen auch in der Sache verhandelt oder wurden Vergleichsgespräche geführt, so bleibt der Aufwand weiter verwertbar (Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 1.319 mwH).
Dass die in Rede stehende Verhandlung auch das Hauptverfahren betraf, stellt die Nebeninterventientin mit Blick auf den Inhalt des Protokolls mit gutem Grund nicht in Abrede. Dass der Verhandlungsaufwand für die Frage der Zulassung der Nebenintervention eineinhalb Stunden ausmachte, ist dem Protokoll allerdings nicht zu entnehmen: Beginn und Ende der Verhandlung über die Zulassung der Nebenintervention sind nicht protokolliert.
Die von der Nebenintervenientin behauptete Dauer von eineinhalb Stunden für die Verhandlung über ihren Beitritt kann nicht als bescheinigt angenommen werden: Bei einer Gesamtdauer der Verhandlung von eindreiviertel Stunden würde diesfalls nur mehr eine Viertelstunde auf den Schriftsatzvortrag, die Beweisaufnahme durch Urkunden samt Urkundenerklärungen, das „durchaus umfangreiche“ Rechtsgespräch, die Erörterung der Schlüssigkeit der Klage und die Erörterung des weiteren Prozessprogramms entfallen, was doch unplausibel erscheint. Insbesondere lässt der Umfang der eingebrachten Schriftsätze der Hauptparteien vermuten, dass das Aufzeigen der „wesentlichen Probleme dieses Rechtsstreites“ eine nicht zu vernachlässigende Zeitspanne in Anspruch nahm. Vielmehr scheint es daher möglich, dass die Verhandlung über die Hauptsache – wie vom Kläger behauptet – „zu einem großen Teil“ die Hauptsache betroffen hat. Ein Ausmaß von mehr als einer Stunde würde dazu führen, dass die Verhandlung über die Nebenintervention keine Zusatzkosten verursachte.
Dass auch der Klagevertreter mit der Kostennote einen Aufwand von zwei Stunden verzeichnete, lässt schon deshalb nicht auf ein „Anerkenntnis“ einer zweistündigen Verhandlung über die Zulassung der Nebenintervention schließen, weil die Kostennote ua Positionen für die Schriftsätze ON 1, 5 und 8 sowie die Pauschalgebühr für die Klage enthält (ON 16.2, S 1), die ganz offensichtlich mit dem Zwischenstreit nichts zu tun haben.
4.1. Schließlich führt die Nebenintervenientin ins Treffen, dass der Kläger keine Einwände gegen das Kostenverzeichnis der Nebenintervenientin erhoben hat – „wohl im Bewusstsein, dass keine Kosten, die nicht unmittelbar mit der Nebenintervention im Zusammenhang stehen, verzeichnet wurden“. Insoweit sei ein Anerkenntnis der verzeichneten Kosten erfolgt.
4.2. § 54 Abs 1a ZPO normiert, dass das „am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (§ 193) dem Gericht zu übergebende Kostenverzeichnis“ Gericht und Gegner auszuhändigen ist; damit wird eine 14-tägige Frist zur Stellungnahme eröffnet; soweit der anwaltlich vertretene Gegner keine Einwendungen erhebt, hat das Gericht die Kostenverzeichnisse seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Daraus wird abgeleitet, dass nur die am Schluss der Verhandlung iSd § 193 ZPO gelegte Kostennote einwendungspflichtig ist; hingegen sind von dieser Regelung sämtliche anderen Konstellationen ausgeschlossen, in denen eine Partei während des Verfahrens erster Instanz Kosten verzeichnet, insbesondere die Kostenentscheidung infolge eines Zwischenstreits (Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 1.59 mwH). Das Unterbleiben einer Einwendung ist daher auch hier bedeutungslos.
5.1. Da zusammengefasst ein abgrenzbarer Kostenmehraufwand für im Hauptverfahren nicht verwertbare Prozesshandlungen des Zwischenstreits nicht aktenkundig ist, war im Zwischenstreit keine Kostenentscheidung zu treffen, sodass die dennoch ergangene Kostenentscheidung ersatzlos zu beheben ist.
5.2. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO, 11 RATG. Im Zwischenstreit über seine Zulassung kann auch der Nebenintervenient bei mangelndem Erfolg kostenersatzpflichtig werden (vgl RIS-Justiz RS0035436). Ein Streitgenossenzuschlag steht jedoch nicht zu, weil am Zwischenstreit nur der Nebenintervenient und die seinen Beitritt bestreitende Partei beteiligt sind (RIS-Justiz RS0106174 [T1]).
5.3. Der Revisionsrekurses ist wegen § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.
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