European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:00400R00037.25A.0402.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 3.054,60 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt – soweit für das Berufungsverfahren noch relevant – die Rückzahlung von Spielverlusten, die er bei verbotenen Online-Glücksspielen auf der von der Beklagten betriebenen Website ** erlitten habe. Insgesamt habe er EUR 65.493,67 eingezahlt und EUR 28.372,81 ausbezahlt erhalten, sodass sich ein Saldo von EUR 37.120,86 ergebe. Die Einzahlungen habe er zwar in den Kryptowährungen „trx“ (Tron), „ltc“ (Litecoin), „bch“ (Bitcoin Cash) und „btc“ (Bitcoin) geleistet. Dennoch könne er den Betrag in Euro zurückfordern, weil die Kryptowährungen einem stark schwankendem Börsenkurs unterlägen. Bei einer Rückübertragung der Kryptowährungseinheiten würde es möglicherweise – abhängig vom aktuellen Kurs der Kryptowährungen – zu krassen Missverhältnissen nicht nur der seinerzeitigen Ein- sondern auch der Auszahlungen und dem heutigen Wert der Kryptowährungen kommen. Eine Rückübertragung in Kryptowährungseinheiten sei daher unmöglich, jedenfalls aber ungeeignet, um die bereicherungsrechtliche Wertverschiebung auszugleichen. Lediglich eventualiter begehre der Kläger die Rückzahlung der geleisteten Einsätze (abzüglich der Auszahlungen) in den jeweiligen Kryptowährungen.
Die Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Sie wandte (in der Hauptsache) im Wesentlichen ein, dass die Klage unschlüssig sei, weil der Kläger zum Umrechnungskurs der Kryptowährungen kein ausreichendes Vorbringen erstattet habe. Krypotwährungen seien im Übrigen unkörperliche, vertretbare, bewegliche, verbrauchbare und schätzbare Sachen, sodass eine Rückübertragung der Kryptowährungseinheiten weder unmöglich noch untunlich sei. Abgesehen davon seien die österreichischen Glücksspielgesetze ohnehin unionsrechtswidrig, weshalb diese nicht anwendbar seien und gar kein verbotenes Online-Glücksspiel vorliege.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht (das außerdem die Einreden der internationalen und örtlichen Unzuständigkeit rechtskräftig verwarf und die Unterbrechungsanträge der Beklagten ebenso rechtskräftig abwies; Spruchpunkt I) das auf Rückzahlung in Euro gerichtete Hauptbegehren ab (Spruchpunkt II.1). Dem Eventualbegehren auf Rückzahlung in den jeweiligen Krypowährungseinheiten gab es hingegen statt (Spruchpunkt II.2). Außerdem verpflichtete es die Beklagte zum Kostenersatz (Spruchpunkt II.3).
Seiner Entscheidung legte es den auf den Seiten zwei und drei des Urteils wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde, worauf gemäß § 500a ZPO verwiesen werden kann.
In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht – soweit noch von Bedeutung – zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Spieleinsätze zurückfordern könne. Diese habe der Kläger in Kryptowährungseinheiten getätigt. Da er die Kryptowährungseinheiten jederzeit wieder über den vom ihm herangezogenen Finanzdienstleister („**“) in Euro umwandeln könne, sei eine Rückabwicklung „in natura“ weder unmöglich noch untunlich. Die Bestimmung des § 907b ABGB beziehe sich nur auf (staatliches) „Fiat-Geld“, jedoch nicht auf Kryptowährungen. Der Kläger habe daher nur Anspruch auf Rückersatz der hingegebenen Kryptowährungseinheiten.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel). Er beantragt, das Urteil dahin abzuändern, dass dem Hauptbegehren und nicht (nur) dem Eventualbegehren stattgegeben werde. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Kläger meint primär, die Bestimmung des § 907b ABGB sei entgegen der Ansicht des Erstgerichts (zumindest analog) auch auf Kryptowährungen anwendbar, handle es sich bei diesen doch – zumindest nach internationalem bzw europarechtlichem Verständnis – um so genannte „virtuelle Währungen“.
Die Ausführungen sind jedoch nicht zielführend, weil § 907b Abs 1 ABGB – unabhängig davon, ob man Kryptowährungen unter den Begriff „Geldschulden“ im Sinn dieser Bestimmung subsumiert oder nicht – bereits aus anderen Gründen nicht anwendbar ist. § 907b Abs 1 ABGB ändert nämlich nichts am Inhalt einer Fremdwährungsschuld, sondern räumt lediglich dem Schuldner einer solchen (hier: Beklagte) das Recht ein, mit befreiender Wirkung anstatt in fremder Währung in Euro zu bezahlen („Ersetzungsbefugnis“). Dem Gläubiger (hier: Kläger) erwächst hingegen daraus kein Recht (Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 907b Rz 5 mwN). Dies Bestimmung bietet daher keine Grundlage für die vom Kläger begehrte Zahlung in Euro.
2. Weiters steht der Kläger in seiner Berufung nach wie vor auf dem Standpunkt, die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung in Kryptowährungseinheiten sei unmöglich bzw untunlich. Die erlittenen Verluste seien in Kryptowährungen realisiert und in diesen Kryptowährungseinheiten an das Konto („Wallet“) der Beklagten abgeführt worden, womit sich diese im „Wallet“ der Beklagten von fremden (anderen) Kryptowährungseinheiten nicht mehr unterscheiden ließen. Diese seien in den jeweiligen „Blockchains“ aufgegangen, weshalb es technisch gar nicht mehr möglich sei, die Transaktionen der jeweiligen konkreten Kryptowährungseinzahlungen bzw -auszahlungen rückgängig zu machen.
2.1. Der Entreicherte kann mit der Kondiktion die geleistete Sache zurückfordern, wenn die Rückgabe möglich und tunlich ist. Bestand die Leistung in einer Handlung, so ist dafür ein „dem verschafften Nutzen angemessener Lohn“ (§ 1431 ABGB) zu zahlen. Dasselbe gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Rückgabe einer geleisteten Sache nicht möglich oder nicht tunlich ist. Der Empfänger hat in Analogie zu § 1323 ABGB ein angemessenes Entgelt zu leisten, dessen Höhe sich im Sinne des § 1431 ABGB nach dem verschafften Nutzen richtet (RS0108262).
2.2. In der österreichischen Lehre ist unstrittig, dass virtuelle Währungen den Sachbegriff und nicht den Geldbegriff erfüllen (Völkel, Privatrechtliche Einordnung virtueller Währungen, ÖBA 2017, 385; Fleißner, Eigentum an unkörperlichen Sachen am Beispiel von Bitcoins, ÖJZ 2018/56, 438 f). Die Lehre zum deutschen Recht vertritt ebenfalls die Auffassung, dass zB Bitcoins kein (E-)Geld sind. Sie sind als virtuelle Währung bloße Rechnungseinheiten, Wertverschaffungsschuld und modifizierte Bringschuld (vgl OLG Linz 2 R 31/20x mwN).
Es handelt sich dabei um unkörperliche (Völkel, aaO; Helmich in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 292 ABGB, Rz 8/1) und verbrauchbare (Zoppel in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar5 § 301 ABGB, Rz 1 mwN) Sachen. Da sie einen Verkehrs- und Tauschwert aufweisen, werden virtuelle Währungen zu den schätzbaren Sachen gezählt (Völkel, aaO).
Darüber hinaus werden virtuelle Währungen als vertretbare Sachen qualifiziert. Die Unterscheidung zwischen vertretbaren und unvertretbaren Sachen erwähnt das ABGB nicht ausdrücklich. Vertretbar sind Sachen, die im Verkehr nur nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt werden. Unvertretbar sind hingegen Sachen, die im Verkehr nach individuellen Merkmalen bestimmt werden. Werden vertretbare Sachen geschuldet, ist eine Gattungsschuld anzunehmen. Ist der Inhalt eines Schuldverhältnisses eine unvertretbare Sache, liegt meist eine Speziesschuld vor (Zoppel, aaO). Bei den Einheiten virtueller Währungen handelt es lediglich um Datensätze auf der so genannten „Blockchain“. Die einzelnen Einheiten unterscheiden sich nicht voneinander. Es kommt auch nicht auf die Besonderheiten des einzelnen Stücks an. Deshalb sind Währungseinheiten vertretbare Sachen (Völkel, aaO).
2.3. Da es sich somit bei der Pflicht der Beklagten, die Kryptowährungseinheiten zurückzuzahlen, nicht um eine Spezies- sondern eine Gattungsschuld handelt, verfängt die Argumention des Klägers, es sei technisch unmöglich, die einzelne Transaktion rückgängig zu machen und dem Kläger die spezifische (von ihm hingegebene) Kryptowährungseinheit (im Sinne eines Datensatzes auf der Blockchain als Äquivalent zu einer herkömmlichen, bestimmten einzelnen Münze) herauszugeben, nicht. Die Kondiktion nach § 1435 ABGB, die primär durch Rückstellung „in natura“ zu erfolgen hat (Rummel in Rummel, ABGB3 § 1435 Rz 10) ist also entgegen der Ansicht des Klägers aus diesem Grund weder unmöglich noch untunlich, weil dem Kläger ohne Weiteres gleichwertige, andere Einheiten dieser Kryptowährungen verschafft werden können. Somit kann er sich nicht darauf stützen, dass ihm die Beklagte als Leistungsempfängerin in Analogie zu § 1323 ABGB ein angemessenes Entgelt für den verschafften Nutzen zu leisten hätte (vgl RS0016322).
3. Schließlich meint der Kläger, die Rückzahlung in Kryptowährungen sei auch deshalb untunlich, weil die Kryptowährungen (zum Teil „rasanten“) Wert- bzw Kursschwankungen ausgesetzt seien, was entweder zu einer weiteren Schädigung des Klägers oder sogar zu dessen unrechtmäßiger Bereicherung führen könnte.
3.1. Dabei übersieht der Kläger jedoch, dass Wertänderungen in einer Marktwirtschaft bei sämtlichen vertretbaren Sachen (sofern sie nicht einer staatlichen Preisregelung bzw -bindung unterliegen) vorkommen. Das gilt selbst für (vertretbare) Sachen des täglichen Bedarfs, wie beispielsweise Zucker oder Mehl. Denkt man die Argumentation des Klägers daher konsequent zu Ende, würde das im Endeffekt dazu führen, dass eine Naturalrestitution – weil dadurch aufgrund von Wertschwankungen eine gleichwertige Ersatzlage nicht mehr hergestellt werden kann – praktisch niemals stattfinden könnte. Kursverluste bzw -gewinne können daher schon aus diesem Grund an der „Tunlichkeit“ der Naturalrestitution nichts ändern, zumal diese den Kläger ja genauso träfen, wenn er die Kryptowährungseinheiten nicht als Spieleinsätze verwendet, sondern in seinem Vermögen behalten hätte. Darauf, dass ihn die Beklagte dadurch geschädigt habe, dass sie Spieleinsätze nur in Kryptowährungseinheiten entgegen genommen hat, welche der Kläger andernfalls gar nicht erworben hätte (dh dass sie ihn sozusagen zum Erwerb bei einem Dritten „verleitet“ hat), hat er sich im Verfahren erster Instanz nicht gestützt (wobei im Übrigen auch die Ausführungen in der Rechtsrüge derartiges nicht hinreichend deutlich erkennen lassen).
3.2. Abgesehen davon ist in Bezug auf die vom Kläger letztendlich angestrebte gleichwertige Ersatzlage auch mit der von ihm vorgenommenen Umrechnung in Euro-Beträge nichts zu gewinnen. Wie er selbst in seiner Rechtsrüge erkennt, unterliegen auch „staatliche Währungen“ im Verhältnis zu anderen Währungen („äußeren“) Kursschwankungen. Darüber hinaus sind sie aber auch („inneren“) Wertänderungen (durch Preis- bzw Kaufkraftänderungen, also Inflation oder allenfalls auch Deflation) ausgesetzt. Daher unterscheidet sich auch (staatliches) Geld insoweit nicht von anderen (vertretbaren) Sachen, weshalb – schon nach der Marx‘schen Geldwerttheorie – die Funktion des Geldes als allgemeines Äquivalent prinzipiell von jeder beliebigen Ware übernommen werden könnte. Währungen wie der Euro sind daher nur scheinbar eine absolute Bezugsgröße, weshalb mit der vom Kläger vorgenommenen Umrechnung in einem bestimmten Zeitpunkt – unter Außerachtlassung dieser inneren und äußeren Wertentwicklungen des Euros selbst – auch keine gleichwertige Ersatzlage in dem vom Kläger verstandenen Sinn hergestellt werden kann (zumindest aber wäre das bisherige Vorbringen unter diesem Gesichtspunkt unschlüssig). Da somit das Ziel des Klägers auch durch eine bloße Umrechnung nicht erreicht wird, können (selbst „rasante“) Kursschwankungen nicht zu einer „Untunlichkeit“ der (bereicherungsrechtlichen) Naturalrestitution führen.
4. Allerdings steht es einem Geschädigten auch dann, wenn die Naturalherstellung sowohl möglich als auch tunlich ist, frei, entweder die Wiederherstellung des vorigen Zustands oder Geldersatz zu verlangen („Wahlrecht des Geschädigten“, Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1323 ABGB Rz 7). Seine Position gleicht damit der eines Gläubigers einer Wahlschuld im Sinn des § 906 ABGB (RS0112887). Daher wird die Naturalherstellung im Sinn des § 1323 ABGB grundsätzlich schon dann als untunlich angesehen, wenn der Geschädigte sie nicht wünscht (RS0088999).
4.1. Bereits in der Entscheidung 1 Ob 46/11p hat der Oberste Gerichtshof allerdings in Bezug auf „volatile Wertpapiere“ ausgeführt, dass der einem Geschädigten im Fall der Untunlichkeit der Naturalrestitution eingeräumte Anspruch auf Ersatz des gemeinen Werts bzw Schätzwerts im Schädigungszeitpunkt aber auf die Fälle zugeschnitten ist, in denen es um die reale Beschädigung (oder Zerstörung) einer körperlichen Sache geht, aber nicht etwa um den Verlust „volatiler“ Wertpapiere durch deren unberechtigten Verkauf. Das Wahlrecht des Geschädigten dürfe nämlich nicht in berechtigte Interessen des Schädigers eingreifen. Eine Forderung eines Klägers auf Ersatz des gemeinen Werts im Zeitpunkt der Schädigung (iSd Wiederbeschaffungswerts/Austauschwerts) bedeute aber nichts anderes, als die Überwälzung seines (allgemeinen) wirtschaftlichen Risikos als Anleger auf die beklagte Bank, deren (hier) haftungsbegründendes Verhalten grundsätzlich nicht kausal für den finanziellen Nachteil sei, den der Kläger durch einen gefallenen Kurs erlitten haben soll. Aufgabe des Schadenersatzrechts sei es zudem, dem Geschädigten einen Ausgleich zu verschaffen, und nicht, ihn zu bereichern. Dieser Ausgleichsfunktion trage die in § 1323 ABGB enthaltene Anordnung, alles in den vorigen Stand zurückzuversetzen, vorrangig Rechnung. Der Geschädigte soll so gestellt werden, wie er ohne schädigendes Ereignis stünde. Bei hypothetischem Verlauf hätte der Kläger den jetzt geforderten Verkaufswert der Wertpapiere aber nicht lukriert. Dieser Gedanke, eine Bereicherung des Geschädigten zu vermeiden, liege beispielsweise jener Judikatur zugrunde, die bei Anschaffung einer neuen anstelle der zerstörten Sache einen Abzug „neu für alt“ vornehme. Auch darin zeige sich, dass das Prinzip des objektiv-abstrakten Schadenersatzes auf Basis des gemeinen Werts zum Schädigungszeitpunkt nicht unbedingt gelte (1 Ob 46/11p mwN).
4.2. Diese Grundsätze lassen sich auf die hier vorliegende Konstellation übertragen, und zwar unabhängig davon, ob sich der Kläger auf Bereicherungsrecht oder Schadenersatz stützt. Denn der Kläger hätte – wie bereits ausgeführt – allfällige Kurverluste auch dann zu tragen, wenn er die Kryptowährungseinheiten nicht bei Online-Glücksspielen gesetzt, sondern in seiner „Wallet“ behalten hätte. Dass er einen bereits im Erwerb dieser Einheiten bei einem Dritten liegenden Schaden geltend machen will, hat er – wie oben bereits dargestellt – nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, weshalb sich diesbezüglich auch keine Fragen nach dem Adäquanz- und Rechtswidrigkeitszusammenhang des Verhaltens der Beklagten stellen.
5. Schlussendlich führt der Kläger (allfällige) praktische Schwierigkeiten ins Treffen, die seiner Ansicht nach einer Naturalrestitution entgegenstehen.
5.1. Es kommt aber nicht darauf an, ob eine Rechtsanwaltskanzlei überhaupt eine „Wallet als Fremdgeldaccount“ eröffnen darf. Denn dass die Leistung an den Rechtsanwalt erfolgt, ist nicht zwingend, kann doch die Beklagte die Judikatsschuld schuldbefreiend auch (direkt) an den Kläger zahlen. Sollte der Kläger damit auf § 19a RAO hinauswollen, bezieht sich diese Bestimmung nur auf die Verfahrenskosten, die aber selbstredend ohnehin in Euro zugesprochen wurden. Auch aus § 19 RAO ergibt sich keine Verpflichtung der Gegenpartei, die (Haupt-)Leistung direkt an den Rechtsanwalt zu erbringen.
5.2. Ebenso wenig können steuerrechtliche Fragen (gemeint wohl im Zusammenhang mit allfälligen Kursgewinnen des Klägers) gegen die Möglichkeit oder „Tunlichkeit“ der Naturalrestitution sprechen, zumal nicht ersichtlich ist, warum diese nicht im dafür vorgesehenen Verwaltungsweg geklärt werden können sollen.
6. Ausgehend von den obigen Ausführungen liegen auch die vom Kläger geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel (zur Natur von Kryptowährungen, den Transaktionsmöglichkeiten und zur Aufbewahrung der Einheiten sowie zur Unmöglichkeit der Rückforderung konkreter Währungseinheiten) nicht vor, wobei es sich dabei ohnehin teilweise um – einer Feststellung nicht zugängliche – Rechtsfragen handelt.
Zusammengefasst war der Berufung daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 50 iVm 41 ZPO. Insoweit war bei den von der Beklagten verzeichneten Kosten zu berücksichtigen, dass diese ihren Sitz auf Curacao hat. Leistungen eines österreichischen Rechtsanwaltes für einen ausländischen Unternehmer gelten als am Ort des Empfängers erbracht (Empfängerlandprinzip) und unterliegen jener Umsatzsteuer, die dort, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt, zu entrichten ist. Die Leistungen des Rechtsvertreters der Beklagten unterliegen daher nicht der österreichischen Umsatzsteuer (RS0114955 [T2, T5]). Verzeichnet der österreichische Anwalt im Prozess – wie hier – dennoch kommentarlos 20 % Umsatzsteuer, so wird im Zweifel nur die österreichische Umsatzsteuer angesprochen (§ 54 Abs 1 ZPO, RS0114955). Die zu entrichtende ausländische Umsatzsteuer kann stattdessen nur dann zugesprochen werden, wenn die Höhe des ausländischen Umsatzsteuersatzes allgemein bekannt ist (4 Ob 142/22v). Da das bezogen auf Curacao (und auch die Niederlande) nicht der Fall ist, kommt ein Zuspruch der Umsatzsteuer nicht in Betracht.
Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil die Rechtsfrage, ob ein Gläubiger in einer Konstellation wie der hier vorliegenden die Rückzahlung nur in Kryptowährungseinheiten verlangen oder stattdessen einen in Euro umgerechneten Betrag begehren kann, von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bislang – soweit überblickbar – noch nicht beantwortet wurde und über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
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