OGH 9ObA92/93

OGH9ObA92/9319.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Vera Kremslehner und Mag.Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei mj.Christian H*****, vertreten durch die gesetzliche Vertreterin Johanna H*****, Angestellte, ebendort, diese vertreten durch Dr.Reinhard Tögl und Dr.Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Manfred F*****, Schlosser, ***** vertreten durch Dr.Jörg Herzog, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung (Streitwert S 51.000) und S 50.000 sA, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.Februar 1993, GZ 8 Ra 119/92-18, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 13.Juli 1992, GZ 32 Cga 30/92-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 6.789,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.131,60 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage der Qualifikation des Beklagten als Aufseher im Betrieb gemäß § 333 Abs 4 ASVG im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend gelöst, so daß es insoweit genügt, auf die Begründung des angefochtenen Urteiles hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers zu entgegnen:

Die Funktion des Aufsehers im Betrieb erfordert nur, daß der betreffende Arbeitnehmer zur Unfallszeit eine mit einem gewissen Pflichtenkreis und mit Selbständigkeit verbundene Stellung im Betrieb innehatte und daher für das Zusammenspiel persönlicher und technischer Kräfte verantwortlich war. Auf die Dauer der Funktion oder eine in der betrieblichen Hierarchie gehobene (leitende) Stellung kommt es hingegen nicht an (Arb 8.919, 10.265, 10.429; DRdA 1987/4 [Albert]; SZ 60/96 = JBl 1988, 457). Eine besonders leitende Funktion mit einem erhöhtem Risiko für die Folgen der Führungstätigkeit muß nicht vorliegen. Es reicht aus, daß der ganze Arbeitsgang einer Arbeitspartie auftragsgemäß geleitet wird; die Qualifikation der dabei zu leistenden Arbeiten ist nicht entscheidend. Damit kam aber dem Beklagten für die Zeit der Montagearbeit gegenüber dem Kläger als Lehrling die Stellung eines Aufsehers im Betrieb und damit eine Gleichstellung mit dem Arbeitgeber zu (9 Ob A 192/88; 9 Ob A 242/92).

Da der Beklagte als Leiter der Arbeitspartie eingeteilt war, ist es unerheblich, ob ihm der Kläger als Lehrling, Hilfsarbeiter oder Geselle gegenüberstand, weil mit der Stellung des Beklagten im Unfallszeitpunkt jedenfalls der gewisse Pflichtenkreis und die für einen Aufseher im Betrieb erforderliche Selbständigkeit verbunden war.

Inwieweit sonst bei einer gemeinsamen Arbeit jeder Hilfsarbeiter oder Geselle gegenüber einem auszubildenden Lehrling als Aufseher im Betrieb oder als "gewöhnlicher" Arbeitskollege (vgl ecolex 1991, 638) einzustufen ist, braucht im vorliegenden Fall nicht untersucht zu werden.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß er keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 333 ASVG hat (Arb 6.681; SZ 44/48 EvBl 1979/102; SZ 61/62 mwH; ecolex 1991, 638; auch SZ 62/206). Die Ausführungen des Revisionswerbers bilden keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Das Argument des Klägers, er könne als Lehrling nie Schadenersatz erhalten, weil er es immer mit anderen (= übergeordneten) Arbeitskräften zu tun habe, ist verfehlt, weil es nicht auf die Stellung in der betrieblichen Hierarchie, sondern auf die tatsächliche Leitungsfunktion des betreffenden Arbeitnehmers ankommt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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