Spruch:
1) Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf I*****F***** GmbH richtiggestellt.
2) Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1786,79 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 297,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war Arbeitnehmer der Beklagten, die ein Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen betreibt. Er wurde an die Nebenintervenientin (in der Folge: Beschäftigerin) zur Arbeitsleistung überlassen.
Am 18. 8. 1999 verschuldete er im Beschäftigerbetrieb als Staplerfahrer einen Arbeitsunfall, bei dem eine Stammarbeiterin der Beschäftigerin schwer verletzt wurde. Der Kläger hatte gegenüber der Geschädigten keine Aufseherfunktion inne.
Mit rechtskräftigem Urteil des Erstgerichtes vom 18. 4. 2003 wurde der Kläger schuldig erkannt, der Verletzten für die von ihr erlittenen Verletzungen und Verletzungsfolgen EUR 32.008,- sowie Zinsen von EUR 1.122,15 an Schadenersatz sowie Prozesskosten von EUR 8.093,35 zu zahlen. Ein Mitverschulden wurde der Verletzten nicht angelastet. Der Kläger hat die ihm auferlegten Beträge bereits gezahlt.
Er begehrt nunmehr von der Beklagten den Ersatz der an die Verletzte geleisteten Beträge und der eigenen Prozesskosten von EUR 6.957,76 (insgesamt daher EUR 48.181,26). Er stützte diese Forderung auf § 3 Abs 2 DHG. Der aus dieser Bestimmung resultierende Vergütungsanspruch bestehe in voller Höhe, weil ihm höchstens ein minderer Grad des Versehens vorgeworfen werden könne.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe keine Regressansprüche, weil die Beklagte von der Geschädigten nicht hätte in Anspruch genommen werden können. Es seien weder die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 1313a ABGB noch jene für eine Haftung nach § 1315 ABGB gegeben. Subsidiär komme auch noch § 333 Abs 1 ASVG zur Anwendung.
Die Nebenintervenientin berief sich ebenfalls auf § 333 Abs 1 ASVG und bestritt einen Regressanspruch des Klägers.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es verwies auf § 3 Abs 2 DHG, wonach der Dienstnehmer, der auf Grund eines rechtskräftigen Urteils einem Dritten den durch ein Versehen zugefügten Schaden ersetzt habe, die Vergütung des Geleisteten vom Dienstgeber verlangen könne, wenn der Schaden durch einen minderen Grad des Versehens zugefügt worden sei, der Dienstgeber auf Grund der §§ 1313a bis 1316 ABGB zum Ersatz des Schadens in Anspruch hätte genommen werden können und das Verlangen des Dienstnehmers der Billigkeit entspreche. Das Verhalten des Klägers sei nicht grob fahrlässig gewesen. Es sei daher zu prüfen, ob die Geschädigte die Beklagte in Anspruch hätte nehmen können. § 1313a ABGB komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, weil zwischen der Beklagten und der Geschädigten kein Vertragsverhältnis bestanden habe. Obwohl die herrschende Auffassung dies für den Regelfall verneine, könne aber ein Anspruch der Geschädigten gegen die Beklagte auf den Arbeitsvertrag zwischen der Beklagten und dem Kläger gestützt werden, der angesichts der speziellen Konstellation Schutzwirkungen zu Gunsten der verletzten Dienstnehmerin der Beschäftigerin entfalte.
Mit dem angefochtenen Urteil änderte das Berufungsgericht diese Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Die Ersatzpflicht nach bürgerlichem Recht sei bei einer Verletzung am Körper durch einen Arbeitsunfall nur für den Arbeitgeber (§ 333 Abs 1 ASVG) und die ihm gleichgestellten Personen (§ 333 Abs 4 ASVG) auf vorsätzliche Schadenszufügung beschränkt. Mitbedienstete des Verletzten, die diesem Personenkreis nicht angehörten, hafteten hingegen für die Folgen der von ihnen zugefügten Verletzungen auch dann nach allgemeinen Grundsätzen, wenn es sich um einen Arbeitsunfall handle.
Der vom Kläger geltend gemacht Anspruch nach § 3 Abs 2 DHG setze voraus, dass der Dienstgeber aufgrund der §§ 1313a bis 1316 ABGB oder auf Grund einer anderen gesetzlichen Verpflichtung vom Dritten zum Ersatz des Schadens in Anspruch hätte genommen werden können. Dies sei hier nicht der Fall: Eine vertragliche Beziehung zwischen der Verletzten und der Beklagten existiere nicht. Auch aus der von einem Teil der Lehre vertretenen Auffassung, dass sich der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht der anderen Arbeitnehmer bediene und daher dem geschädigten Arbeitnehmer - als dem „Dritten iSd § 3 DHG - gemäß § 1313a ABGB für das Verschulden des schädigenden Arbeitskollegen als seines Erfüllungsgehilfen einzustehen habe, sei für den Kläger nichts zu gewinnen, weil die Beklagte jedenfalls gegenüber der Verletzten als Stammarbeiterin der Beschäftigerin keine Fürsorgepflicht treffe. Vertragsgegenstand der Arbeitnehmerüberlassung sei die Bereitstellung eines Arbeitnehmers zum Zweck der Arbeitsleistung. Der Leiharbeitnehmer sei nicht Erfüllungsgehilfe des Überlassers (seines Arbeitgebers), der daher auch nicht für eine schlechte Arbeitsleistung seines Arbeitnehmers hafte. Folgte man hingegen der Auffassung des Klägers, wären die in ein und dem selben Betrieb unter den gleichen Arbeitsbedingungen und dem gleichen Betriebsrisiko tätigen Leiharbeitskräfte gegenüber den Stammarbeitern haftungsrechtlich besser gestellt, weil sie das Haftungsrisiko für Kollegenschädigungen auf den Arbeitskräfteüberlasser überwälzen könnten, während dies Nichtleiharbeitern verwehrt sei, weil in ihrem Fall Schädiger und Verletzter den gleichen Dienstgeber hätten, der durch das Dienstgeberhaftungsprivileg des § 333 ASVG geschützt sei.
Der Meinung des Erstgerichtes, der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Arbeitsvertrag sei als Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter (ua der Verletzten) zu qualifizieren, sei in Übereinstimmung mit der Lehre nicht zu folgen. Dass der Kläger im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses als Staplerfahrer beschäftigt gewesen sei, bedeute nicht, dass eine vertragliche Begünstigung der Arbeitskollegen im Beschäftigerbetrieb beabsichtigt gewesen sei und eine über das gesetzliche Ausmaß hinausgehende Haftung habe übernommen werden sollen.
Auch § 1014 ABGB komme als Anspruchsgrundlage für einen Anspruch der Geschädigten gegen die Beklagte nicht in Betracht, weil § 3 DHG als speziellere Norm der Risikohaftung nach § 1014 ABGB vorgehe. Davon abgesehen, sei der konkrete Auftrag von der Beschäftigerin erteilt worden und sei in deren Risikosphäre zu verrichten gewesen, auf die die Beklagte keinen Einfluss gehabt habe. Der Beschäftigerbetrieb stehe daher eine möglichen Risikohaftung näher als der Überlasser. Die Beklagte treffe für den vom Kläger verschuldeten Schaden keine Haftung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
1) Zur Richtigstellung der Parteibezeichnung:
Die Beklagte hat mitgeteilt, sie habe ihre Firma von I*****GesmbH in I***** F*****GesmbH geändert. Die Einsicht in das Firmenbuch ergab, dass diese Mitteilung zutrifft. Die Bezeichnung der Beklagten war daher in diesem Sinne richtig zu stellen.
Rechtliche Beurteilung
2) Zur Entscheidung in der Sache:
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Revisionswerber bestreitet nicht, dass der von ihm geltend gemachte Regressanspruch nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 3 Abs 2 DHG zur Voraussetzung hat, dass die Beklagte auf Grund der §§ 1313a bis 1316 ABGB oder auf Grund einer anderen gesetzlichen Verpflichtung von der beim Arbeitsunfall verletzten Stammarbeiterin der Beschäftigerin in Anspruch hätte genommen werden können. Diese Voraussetzung erachtet der Revisionswerber als gegeben, weil der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Arbeitsvertrag ebenso wie der zwischen der Beklagten und der Beschäftigerin abgeschlossene Überlassungsvertrag als Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter zu qualifizieren sei.
Dem ist nicht zu folgen.
Der Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ist - von hier nicht interessierenden besonderen Fallkonstellationen abgesehen - nach völlig herrschender Auffassung kein Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter (Kerschner, DHG² § 3 Rz 16; ders, JBl 1991, 250 [Glosse zu 3 Ob 556/90]; Reischauer in Rummel³ § 1313 Rz 4; s auch Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 14/22 FN 60; aM nur Fischer, ZAS 1970, 9 ff [10]). Dieser auch vom Berufungsgericht geteilten Auffassung schließt sich der Oberste Gerichtshof an. Aus dem Arbeitsvertrag zwischen den Beteiligten können daher keine Ansprüche der verletzten Stammarbeiterin der Beschäftigerin gegen die Beklagte abgeleitet werden.
Dass die Beklagte von der Verletzten in Anspruch hätte genommen werden können, weil der Überlassungsvertrag zwischen der Beklagten und der Beschäftigerin Schutzwirkungen zu Gunsten der verletzten Stammarbeiterin entfalte, sodass die Beklagte für das Verhalten des Klägers gegenüber der Verletzten hafte, ist ebenfalls unzutreffend. Die dazu angestellten Überlegungen des Revisionswerbers verkennen Charakter und Inhalt des Überlassungsvertrages und die daraus resultierenden Verpflichtungen. Nach ständiger Rechtsprechung ist Vertragsgegenstand der Arbeitnehmerüberlassung die Bereitstellung eines Arbeitnehmers zum Zweck der Arbeitsleistung. Dieser ist aber nicht Erfüllungsgehilfe des Überlassers (seines Arbeitgebers), der nicht für eine schlechte Arbeitsleistung seines Arbeitnehmers haftet. Der Überlasser haftet lediglich für die durchschnittliche berufliche oder fachliche Qualifikation und die Arbeitsbereitschaft des überlassenen Arbeitnehmers (RIS-Justiz RS0021287; zuletzt etwa 7 Ob 256/03b; 8 ObA 203/02i). Damit ist aber der Auffassung des Klägers, wonach der Überlasser ein ganz bestimmtes Verhalten des Überlassenen gegenüber der Stammbelegschaft des Beschäftigers schulde und wonach der Überlassene Erfüllungsgehilfe des Überlassers sei, von vornherein der Boden entzogen.
Der Revisionswerber hält all dem entgegen, dass diese Auffassung der in § 7 AÜG zum Ausdruck kommenden haftungsmäßigen Gleichstellung der Überlassungskräfte mit den eigenen Arbeitnehmern des Beschäftigers widerspreche. Wenn nämlich ein Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebs einen Vertragspartner des Beschäftigers schädige, könne er sich bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 3 DHG beim Beschäftiger regressieren, da der geschädigte Vertragspartner den Beschäftiger aufgrund des § 1313a ABGB in Anspruch hätte nehmen können. Dem überlassenen Arbeitnehmer sei hingegen nach der Auffassung des Berufungsgerichts der Regress gegen seinen Arbeitgeber verwehrt, was eine nicht gerechtfertigte Schlechterstellung bedeute. Diese Ausführungen verkennen den Inhalt der vom Revisionswerber selbst zitierten Bestimmung des § 7 AÜG. Nach dieser Bestimmung gelten nämlich auch zwischen dem Beschäftiger und der überlassenen Arbeitskraft die Regelungen des DHG, sodass der Beschäftiger auch gegenüber einer ihm überlassenen Arbeitskraft Arbeitgeber iSd DHG ist (vgl dazu RdW 2003/35). Daher kommen dem überlassenen Arbeitnehmer auch gegenüber dem Beschäftiger alle im DHG enthaltenen Haftungsbegünstigungen zugute (näher etwa Geppert, AÜG 93 f). Die vom Revisionswerber behauptete Schlechterstellung ist daher nicht gegeben.
Hingegen würde - wie schon das Berufungsgericht richtig hervorgehoben hat - der Rechtsstandpunkt des Klägers auf eine nicht begründbare Besserstellung der überlassenen Arbeitnehmer gegenüber den Stammarbeitnehmern im Beschäftigerbetrieb hinauslaufen. Der Kläger hat selbst in seiner Berufungsbeantwortung darauf hingewiesen, dass im Bereich des Haftungsausschlusses des § 333 ASVG der (Stamm-)arbeitnehmer, der einen anderen (Stamm-)arbeitnehmer am Körper verletzt und zum Schadenersatz herangezogen wird, üblicherweise keine Regressmöglichkeit gegen den Dienstgeber hat, weil dieser durch das Dienstgeberhaftungsprivileg des § 333 ASVG geschützt ist. Der Standpunkt des Klägers würde nun bedeuten, dass der im Beschäftigerbetrieb tätige überlassene Arbeitnehmer in der gleichen Situation einen Regressanspruch gegen den Überlasser hätte und daher haftungsrechtlich gegenüber den Stammarbeitern des Beschäftigers bevorzugt wäre, die den von ihnen ersetzten Schaden endgültig zu tragen hätten.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu § 1014 ABGB werden vom Revisionswerber nicht bestritten.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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